Cover Shoga - Seilschaften

Shoga - Seilschaften

Bondage lernen und lehren

03.04.22
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Cover Shoga - Seilschaften

Episodenblog

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Bondage lernen und lehren

Ich habe Shoga bei Braunschweig besucht. Er ist 33 Jahre alt und fühlt sich oben und vor allem mit dem Seil sehr wohl, obwohl er erst ein paar Jahren BDSM "gefunden" hat.

Heute geht es um Seil, um Lernen und Lehren und darum eine Location für Bondage-Affine Menschen in Braunschweig zu finden und zu öffnen.

Und dann bekomme ich noch eine kleine Seilkunde und darf endlich mal Fragen, wozu man Feuer, Pflegespülung und andere Dinge braucht um Seil toll zu machen.

Kontakt zu Shoga:

Das Ding der Woche:

Ding der Woche

Kapitelmarken

00:00:00
Intro
00:00:38
Einleitung
00:01:56
Begrüßung
00:02:10
Multifunktionszimmer
00:03:26
Spät angefangen, dann aber schnell
00:09:19
Hier gehöre ich hin
00:10:35
Rolle: Oben
00:13:05
Folge zu Japan
00:13:43
Was und Warum?
00:19:00
Seilbondage
00:23:26
Am Knoten gescheitert
00:27:17
Onlinekurse mitgemacht
00:32:06
Workshopbesuch
00:35:48
Bondagekurse geben
00:38:05
TJ Beastboy - Go Godzilla On Ya Frikkn City
00:39:26
Fehlerkultur
00:51:29
Das Vorgespräch
00:58:07
Sexarbeiter weil Bondage sexuell ist
01:06:43
Die sexpositive Location
01:11:02
Das Konzept und das liebe Geld
01:18:21
Bürokratie
01:28:09
Aber das wird doch dann Arbeit
01:32:22
Wann geht's los?
01:34:42
Das Ding der Woche
01:40:16
Seilkunde, Seile machen
01:49:46
Der Katzenstreu-Trick
01:51:06
Endknoten Rasierpinsel
01:52:00
Endeknoten 2
01:53:00
Endeknoten 3
01:54:00
Endeknoten 4
02:02:37
Verabschiedung
Das Transcript wurde von Die Fähe bearbeitet. - Vielen Dank!
Atmo *Podcast-Musik*Intro*
Sebastian Herzlich willkommen zu Folge 70 der Kunst der Unvernunft, dem Podcast, in dem Menschen über BDSM sprechen. Mein Name ist Sebastian Stix und diesmal bin ich nach Braunschweig gereist und habe Shoga besucht. Er ist 33 Jahre alt, Top und ja, er hat BDSM vor gar nicht allzu langer Zeit entdeckt, war sogar in Japan, hat aber BDSM erst danach entdeckt, wie ärgerlich. Und heute geht es vor allem um die Sache mit dem Seil, um Bondage und um Raum für Shibari. Und damit meine ich nicht den Raum im übertragenen Sinne, sondern es geht wirklich um einen Raum, um einen Platz, wo man lehren und lernen kann, wie das mit dem Seil funktioniert. Wie plant er dieses Projekt? Was für Hindernisse sind da? Und ich sage nur Parkplätze. Und wie bringt man das über die Bühne? Wie bringt man Menschen Dinge bei? Und wie lernt man auch selbst? All darüber sprechen wir. Und zum Schluss schauen wir doch mal, wie man Seile veredeln kann. Und ich konnte auch endlich mal fragen, warum man Weichspüler, Katzenstreu und Feuer dabei braucht. Los geht's mit Folge 70 mit Shoga.
Atmo *Intro Musik spielt*
Sebastian Ich bin in die Nähe von Braunschweig gereist und habe Robert besucht. Hallo.
Shoga Hallo Sebastian.
Sebastian Ich kann nicht nur Robert zu dir sagen, sondern auch Shoga. Du bist 33 Jahre alt. Wir sitzen jetzt hier in deinem, was ist das hier für ein Zimmer?
Shoga Ehm. *überlegt* Wie beschreibt man das? Ich würde sagen, mittlerweile ist es ein Multifunktionszimmer. Also seit zwei Jahren ist es irgendwie noch Teil meines Büros, des Arbeitslebens. Rechts hinter dir irgendwie die Sprossenwand zum Trainieren und irgendwann später ist dann diese Holz, Slash, Bambus Konstruktion eingezogen und irgendwann wurde es jetzt, was man hier irgendwie neben uns sieht so Foto Hintergründe dazu gekommen dass man das irgendwie als Fotostudio benutzen kann, also, Spielzimmer, Büro und Fotostudio in einem quasi und ein Privatfitness-Studio oder sowas.
Sebastian Genau und dann haben wir hier noch so ein Futon liegen und einen Schreibtisch und dann steht hier auch noch so der Bock aus dem Sportunterricht auch noch. Sehr schön. Ist schon der Raum hier, der auch am wenigsten hallt und wir haben gutes Wetter erwischt, ein bisschen Sonne sehe ich hier sogar ein bisschen. Ja, schön, dass ich hier sein kann. Und wir reden über alles mögliche. Also ich habe hier stehen so Dinge wie, du hast was mit Bondage zu tun, dann reden wir über eine mögliche Location. Du bist Sexarbeiter. Über Stammtische, Workshops, Szene und oh mein Gott, alles quasi. Wahnsinn. Wo fangen wir an? Ich würde sagen vorne?
Shoga Ganz vorne gerne.
Sebastian Okay, also deine Eltern haben sich kennengelernt. *lacht* nicht ganz.
Shoga Vor langer, langer Zeit.
Sebastian Mhm. Ja, dein BDSM-Leben. Also wenn du jetzt 33 bist, dann bist du seit, wie lange bist du schon dabei?
Shoga Ja, ich sage es selber, das habe ich irgendwo mal geschrieben, dass ich spät dazugekommen bin, was ich mittlerweile für mich aber nicht mehr als wertend oder schlimm empfinde, weil ich lebe das mittlerweile, ich bin da froh darüber, dass ich es irgendwann tatsächlich ausleben konnte und lebe das jetzt seit so fünf bis sechs Jahren grob aus. Da hat das zumindest angefangen und die Geschichte dahinter, wie ich da hingekommen bin, ist ja eigentlich ein bisschen komplizierter. Tatsächlich, dass ich ein halbes Jahr im Ausland war, in Japan war und während dieser Zeit eben, du hast sie gerade kennengelernt, meine Haupt- oder meine Langzeitpartnerin, wie auch immer wir sie schimpfen, mit der ich jetzt bald elf Jahre zusammen bin. Und ich habe irgendwann am Anfang meiner Promotion vor eben grob sechs Jahren beschlossen, ich gehe jetzt mal erstmal ein halbes Jahr ins Ausland. So ging es ja los.
Sebastian Wo ging es hin?
Shoga Nach Japan, nach Tokio. Es gibt eine Kooperation mit der Uni hier eben, dass man dort eben von denen bezahlt wird, um dort lokal an seinem eigenen Projekt zu forschen. Das ist eigentlich total die tolle Sache. Wenn nicht jetzt, wann dann, war sozusagen die Frage dahinter.
Sebastian Aber vorher, so einen BDSM-Einschlag gab es bei dir gar nicht?
Shoga Gar nicht. Ich meine, jeder von uns kennt diese schöne Titelmelodie oder die auf irgendwelchen einschlägigen Plattformen unterwegs sind. Und dann gibt es ja diese tollen Filmchen mit diesem tollen Schloss vorne dran. Und die kannte ich alle. Also mir war diese Welt vollkommen bewusst, dass sie da ist, aber ich habe einfach das nie so als "ich muss das jetzt unbedingt selber ausleben" empfunden. Ich habe es auch nicht vermisst, muss man dazu sagen. Ja, ich weiß nicht, ich glaube, ich würde einfach sagen, ich hätte damals andere Prioritäten. Also ich bin nach dem Abi schon mal ins Ausland in die Schweiz gegangen, dann habe ich gesagt, nee, arbeiten möchte ich gar nicht so. Dann habe ich irgendwie gesagt und meine Mutter stolz gemacht, wo wir von meiner Mutter geredet haben, also ganz am Anfang. Ich gehe jetzt doch studieren, ich mache jetzt was Richtiges. Okay, ich mache jetzt nicht mehr so Blödsinn und haue einfach direkt nach dem Abi ab. Und dann kam das Studium und dann hatte ich einfach andere Dinge zu tun. Das hat sich dann einfach nicht ergeben. Und dann kam eben der besagte Auslandsaufenthalt und wie es so kommen musste, war es für die schon bestehende Beziehung natürlich, wenn sie also elf Jahre schon besteht, muss sie natürlich in der Mitte irgendwie vor fünf oder sechs Jahren eben diese nicht Pause gehabt haben. Aber es war zumindest eine schwere, herausfordernde Zeit, weil sich bei meiner Partnerin eben was verändert hat, also vom Studium ins Berufsleben einzusteigen. Das war also ganz richtig viel Veränderung. Ja, und dann hat man sich so ein bisschen auseinandergelebt. Sie war zwar trotzdem fünf Wochen bei mir vor Ort und es war schon ein bisschen anders, muss man sagen. Und dann hat sie währenddessen eben jemanden online zumindest kennengelernt, nicht getroffen, also es gab jetzt irgendwie keinen Betrug oder irgendwas, sondern man hat sich einfach ein bisschen auseinandergelebt und dann hat sie ganz offen und ehrlich direkt, ich glaube auf der Fahrt vom Flughafen nach Hause noch gesagt, "Ich habe da irgendwie jemanden kennengelernt, vielleicht ist so Polyamorie was, was ein tolles Konzept wäre." Und ich war natürlich erstmal so vollkommen geschockt.
Sebastian Moment, das heißt Poly trat noch vor BDSM in dein Leben?
Shoga Kann man definitiv so sagen, ja. Ich glaube, das war so ein bisschen eine Mischung. Wir haben dann erstmal geguckt. Natürlich erstmal muss man sich wiederfinden. Wie ist das Ganze? Wie sind die Gefühle für die andere Person? So ging das im Endeffekt los. Und dann haben wir gesagt, okay, dann gehen wir irgendwie in diesen Joy-Club und melden uns doch mal als Paar an. Und dann hatten wir irgendwie so ein paar Treffen und dann wollten uns Paare treffen, aber die wollen sich dann irgendwie sofort bei jemandem zu Hause treffen, habe ich damals schon gesagt, also das ist nichts für mich und nichts für uns, so irgendwie eine offene Beziehung, wo man irgendwie mit jemand anderem mal Sex haben kann, das war nicht unseres, es ist nicht unseres. Genau und dann ging es eben weiter, dass ich bewusst mich über andere Online-Dating-Plattformen umgeguckt habe und dann habe ich meine Ex-Partnerin von damals kennengelernt und das war dann quasi von 0 auf 200 Prozent der Einstieg in BDSM irgendwie.
Sebastian Okay, das ging also dann von ihr aus. Oder also irgendwer ist ja immer da, der sagt, du, ich muss dir mal was erzählen und dann kommt das ganze Zeug. Und dann muss es ja auch noch zufälligerweise passen. Also in dem Moment, wo das nicht mehr etwas ist, was es auf der Welt gibt, sondern etwas, was du jetzt machen sollst, das ist ja immer dann nochmal so ein Umbruch. Weil in dem Moment muss man sich ja damit auseinandersetzen, dass man jetzt in eine andere Welt eintaucht oder dass man jetzt plötzlich zu dem gehört, was es halt gibt. Wie war das für dich? Schwierig?
Shoga Ich kann dir gar nicht genau sagen, Wie es jetzt dazu gekommen ist, dieses, ich muss mich dir gegenüber outen, dass ich irgendwie ein Teil der BDSM-Community bin, da weiß ich gar nicht mehr, wie das dazu kam. Vielleicht sind wir irgendwie mal drüber gestolpert, mal drüber geredet, vielleicht stand in dem Profil auch irgendwas drin, wo ich nachgefragt habe. Ich weiß aber sehr wohl, dass sie, sie kommt ja auch aus der Nähe, hat aber sehr, sehr viele kinky Freunde, in Anführungsstrichen, die aus Hamburg kommen. Und ich weiß, dass wir sehr, sehr schnell irgendwie auf so einer Sin Insane, also so einer Fetisch-BDSM-Party im Catonium in Hamburg waren und zwar sehr, sehr früh, nachdem wir schon zusammen waren. Und...
Sebastian *unterbricht* Sie hat dich aber erstmal mit hingenommen.
Shoga Sie hat mich da erstmal mit hingenommen und ich wusste natürlich, was das ist und so weiter und so fort. Und es gibt da so eine Art, ich nenne es mal Vorglühen, das ist es aber nicht, sondern man trifft sich eben so mit doch relativ vielen Leuten, 30, 40 Leute, das ging damals ja noch. Einfach zu Hause, man hat irgendwie gequatscht und dann ist man zusammen zu der Party gegangen. Also richtig toll. Und selbst dort vor Ort die Stimmung, das waren natürlich irgendwie kinky Gespräche. Ich weiß, dass im Nebenraum liefen immer Pornos, da konnte man sich reingucken und gucken. Dann hat man so geguckt, was machen die denn da oder so ein, oh, da trägt jemand Handschuhe oder, oh, Kondome in einem Porno, wie toll ist das denn, ne, solche Gespräche tauchen dann dort im Endeffekt auf und das war einfach toll und dann sind wir zur Party gegangen und dann gab es irgendwie, keine Ahnung, ich weiß es nicht, nackte Männer, es gab nackte Frauen, es gab Halsbänder, es gab irgendwie Leute, die verhauen wurden und es war so, ich stand da quasi drin und dachte mir so, ja, das ist alles voll super, hier, hier gehöre ich hin, so war das im Endeffekt. Es war also nicht so, dass ich diesen Schockmoment hatte, *überlegt* dass es sich irgendwie komisch oder seltsam angefühlt hat oder dass ich gedacht habe, "was machen die hier" oder ich fühle mich deswegen schlecht, sondern es war einfach ein, ich kannte das schon und jetzt habe ich auf einmal Zugang.
Sebastian Also wirklich so ein Zuhause ankommen, das ist mein Wohnzimmer. Das muss ich auch bestätigen. Auf meiner ersten Party, ich hatte vorher tatsächlich ein bisschen Schiss und Party und wer weiß, was da alles ist und wie das ist. Und dann war ich da und das war so ein auch, ach ja, hier wohne ich quasi. Also hier sind die Menschen so, wie sie sein sollen, wie ich mir das wünsche. Wir haben jetzt noch nicht gesagt, wie du spielst. Oben, unten, Switch, wie bist du drauf? Und wie hast du das rausgekriegt vor allem? Das ist ja immer die eine spannende Frage, wo man sich einsortiert.
Shoga Für mich war irgendwie von Anfang an klar, ich spiele erstmal oben. Also ich hatte immer schon diese grunddominanten Züge, sag ich mal. Ich war immer sehr, sehr selbstständig. Ich habe immer in bestimmten Aktionen, also zu Schulzeiten schon, sei es Abi-Zeitungen, irgendwelche Events, die wir gemacht haben, die Führung in der Leitung übernommen. Das hat mir einfach sehr gelegen und ich habe da irgendwie Spaß dran.
Sebastian Aber gerade dann ist es ja so, dass man dann vielleicht doch die andere Seite ausprobieren mag. Also gerade wenn man immer das Dominante schon automatisch in sich hat. Also ich halte das immer nicht für Gott gegeben, dass man dann auch dahin kommt und der sprechende Hut sagt einem auch nicht, du bist Sub, du bist Top.
Shoga Wo ich mich zumindest erstmal wohl gefühlt habe, sagen wir es mal so. Wir kommen sicherlich da noch drauf zu sprechen, wie der Einstieg insgesamt ja nicht, sag ich mal, super einfach war oder unkompliziert war, sondern mir ist ja nicht alles sofort leicht gefallen. Also zumindest in diesem Moment hat es sich erstmal gut angefühlt, erstmal zu bestimmen. Sagen wir es mal so vielleicht. Und um jetzt diese Frage zu komplettieren, ich schließe das zumindest nicht aus, dass ich mal ein bisschen Kontrolle abgebe. Dann aber zumindest in einem gewissen Maße, wo ich entsprechendes Vertrauen dazu habe.
Sebastian Ja, ich glaube, da ist auch einfach diese Lernkurve wichtig. Am Anfang probiere ich intuitiv und ich glaube, dass das auch sehr schönes BDSM ist, wenn man noch ohne viel zu viel Wissensballast einfach mal Dinge ausprobiert, und wenn dann das Wissen dazukommt, dann hinterfragt man das ja eh nochmal. Ich glaube, da ist auch gar nichts falsch dran, einfach mal zu sagen, "Okay, dann machen wir halt Quatsch." Ich mag diesen Faden Japan jetzt noch nicht ganz loslassen. Du warst dort und hast dort dein Projekt vervollständigt, aber BDSM fand dort nicht statt.
Shoga Leider nein.
Sebastian Das ist die verpasste Gelegenheit des Lebens, ne?
Shoga Wenn man hört, welche tollen Bakushis, also Meister im Shibari quasi dort sind und wo man hätte lernen können, dann ist das im Nachhinein betrachtet wirklich, wirklich schade, dass das weder BDSM noch Bondage irgendwie total Teil meines Lebens war und ich nicht diese Chance haben könnte irgendwie das wahrzunehmen, weil ich hatte genug Freizeit. Die Wochenenden hatte ich ja frei.
Sebastian Ja, und es gab ja sogar an den Unis Kurse, wenn ich das richtig verstanden habe, dass dort das auch Teil am Campus sein konnte. Ich werde mal gucken, ob ich in den Show Notes noch eine Folge verlinke. Da habe ich in einer Live-Sendung mit einem Mädel aus Japan gesprochen. Die hat das auch ein bisschen erzählt, was sie da alles erlebt hat und vor allem auch was nicht. Und dass man eben doch über die Uni da ein bisschen da auch reinschnuppern konnte. Faszinierend. Das ist hier, glaube ich, undenkbar.
Shoga Glaube ich ist hier nicht denkbar, ja. Schade eigentlich, dass man da irgendwie nicht mehr macht, ja.
Sebastian Okay, Party, Hamburg, angekommen, alles schön und ab dann läuft es ja von allein, ne?
Shoga *ironisch* Ja, ist immer ein Selbstläufer, total einfach, man hat nie Probleme.
Sebastian Genau.
Shoga Auch Poly-Partnerschaften laufen immer super, keine Probleme.
Sebastian Ja, wunderbar, es war schön, dass ich hier war, es ist alles gut.
Sebastian und Shoga *beide lachen*
Sebastian Okay, erste Party. Selber auch schon aktiv geworden oder hast du mal zum Gucken gehabt?
Shoga Nee, die erste Party. Wir haben auf den Partys selber nie viel gespielt tatsächlich, das muss man dazu sagen. Fand ich aber auch irgendwie nicht schlimm, weil für mich war es einfach Teil des Ganzen zu sein, erst mal reinzukommen. Das war eben meine Anfangsphase. Was schaust du so?
Sebastian Guck gelegentlich da aufs Display, ob du gut ausgepegelt bist. Also nicht stören davon.
Shoga Ah, gut. [Pause] Also auf der ersten Party haben wir nicht wirklich gespielt. Und danach die Partys eben auch nicht, weil es ging nicht ums Spielen in dem Moment für mich, auch wenn ich das mittlerweile gerne machen würde, mehr in der Öffentlichkeit spielen. Wobei das tue ich jetzt zumindest zum Teil im Bondage und vor anderen Fesseln ja schon, aber damals war es eher so, dass es darum ging, Teil des Ganzen zu sein, sich inspirieren zu lassen. Das fand ich gerade in der Anfangsphase unglaublich wichtig, zu gucken, ein Gefühl dafür zu bekommen, was machen andere, was ist vielleicht schön, was könnte mir auch gefallen. Und zwar nicht aus irgendwelchen Online-Quellen oder Pornos, sondern auf dem realen Leben. Du kannst mit Menschen sprechen, du kannst sagen, oh, das ist ja cool, was ist das? Und dann wurden irgendwelche E-Stim-Geräte ausprobiert an verschiedenen Leuten. Dann kann man das auch mal an sich selbst testen. Also dass man einfach mal so ein bisschen da reinkommt, was es gibt, was ist möglich. Ja. Und sich einfach inspirieren lässt.
Sebastian Ja, ich glaube, da finde ich auch nochmal die Bandbreite sehr heftig. Auf der einen Seite habe ich Informationsseiten im Netz. Das ist Wissen. Das vermittelt mir aber in der Regel kein Gefühl. Außer, dass da immer steht, achte auf dein Gegenüber. Dann habe ich die Pornos. Die sind doch recht technisch. Und dann, ja, was würdest du sagen, auch mit deiner Erfahrung jetzt, wenn du auf eine Party gehst, was bekommst du an Wissensmehrwert, den du eben nicht über Onlinequellen bekommst? Was ist anders?
Shoga Ich würde sagen, das ist genau das gleiche, wie wenn ich jetzt einen Workshop wie vor zwei Wochen besuche, wo es um das Thema Bondage geht. Ich kann natürlich mir irgendwelche Online-Quellen, YouTube-Videos oder die einschlägigen Quellen, die es eben im Internet gibt, angucken und irgendwie ein Video angucken. Aber im Zweifel wird reine langweilige in Anführungsstrichen Technik vermittelt. Aber die ganzen Details, auf die man achten muss, die das Ganze dann besonders machen, gerade wenn man jemanden fesselt, dann mit dem Menschen zu interagieren, was im Moment wichtig ist, dass man irgendwie auf Körpersignale hört, da gehen die meisten Leute einfach in den Videos nicht drauf ein, sondern da geht es dann darum, leg das Seil hier lang, leg es dort lang, hier machst du folgenden Knoten und dann bist du fertig. So. Und um natürlich dieses Muster zu lernen oder was ich mal mache, ist mal nachzugucken, weil du kannst nicht diese hunderten verschiedenen Mustern, die sich in vielleicht nur Nuancen unterscheiden, die kannst du gar nicht alle auseinanderhalten und behalten natürlich. Also dort mal nachzugucken, um so ein Detail sich anzugucken, das ist okay. Aber wenn es darum geht, Tipps und Tricks zu erlernen, dann ist es genau das gleiche, wenn ich auf einen Workshop gehe, als wenn ich zu einer Party gehe. Die Frage ist immer, warum gehst du da hin?
Sebastian Ja, das ist die Frage, warum gehst du auf Partys? Was willst du da?
Shoga Genau, das ist die gleiche natürlich. Was will ich da mitmachen? Die kann ich natürlich überall stellen. Also Partys ist einerseits, ich finde die Atmosphären toll. Wir waren irgendwie auf einer Fetischparty auf der Flowers in Bismal. Da war weniger BDSM, aber es war trotzdem eine Fetischparty. Und es war einfach schön, unter Gleichgesinnten, in Anführungsstrichen "verrückten" Leuten zu sein. War einfach schön. Da ging es vielleicht eher um den Partyanteil, die Outfits, Latex und solche Geschichten. Bei einer BDSM-Party kann man sich sicherlich fragen, inwiefern man selber dorthin fährt, um zu spielen. Vielleicht auch nur, um mal zu gucken. Sicherlich Anfängerinnen werden sicherlich auch mal dorthin gehen und sich einfach mal das angucken. Aber diesen Teil wirst du überall haben. Und ich glaube, diese Intentionen verschieben sich auch mit der Zeit. Also damals war es für mich ganz klar ein, ich möchte dort hingehen und mir das mal angucken. Was gibt es eigentlich? Und heutzutage würde ich sagen, okay, ich weiß ungefähr, wo ich stehe, was mein BDSM ist, was ich gerne mag. Und würde dort vielleicht eher hinfahren, um Leute zu treffen, die ich schon kenne, wäre der eine Teil, um mit denen einfach zu quatschen, weil das eine super Möglichkeit ist, weil da im Zweifel sowieso jeder kann. Und der andere Teil wäre sicherlich, in der Öffentlichkeit oder vor Publikum zu fesseln. Das ist eben ein Punkt, den ich natürlich jetzt erst so retrospektiv sagen kann, warum gehe ich da hin? Das fällt danach immer ein bisschen leichter als später.
Sebastian Ja, ich glaube, das ist dieser Punkt am Anfang. Man guckt, was die Leute machen, dann lernt man die Leute kennen und dann geht man wegen der Leute hin und macht dann noch zusätzlich Sachen. Ich glaube, dass das sich tatsächlich ein bisschen verändert und verschiebt. Und wenn man dann auch irgendwo ist und dann trifft man die Leute wieder, dann, ich glaube, das ist dann der wichtigste Punkt schon, dass man einfach diese Möglichkeit hat, die ganzen BDSMigen Menschen konzentriert zu treffen. Das braucht man auch einfach. Jetzt hast du schon so oft Anspielungen zum Thema Bondage gemacht. Klär mich mal auf, dein Kink. Also wenn ich jetzt heute dich frage, BDSM, was magst du, was machst du so, was ist wichtig für dich? Ich sehe hier schon, ich habe die Spreizstange gesehen, ich sehe unfassbar viele Seile, ich sehe ein paar Rohrstöcke, du hast eben auch einen Rohrstockrest noch entsorgt. Also was tust du, was ist dein Kink?
Shoga Ich glaube, heutzutage kann ich das relativ einfach beantworten. Ich mag Bondage, also Shibari vor allem, oder wie man das jetzt auch immer nennen mag. Auf jeden Fall Bondage mit Seilen nennen wir es jetzt einfach mal. Rope Bondage oder Seil Bondage. Das ist, würde ich sagen, wo ich aktuell den meisten Spaß dran habe, einfach weil es... Eine tolle Freizeitbeschäftigung ist, weil man muss dranbleiben und man kann da eben tolle Momente mit erleben. Du kannst jetzt natürlich hinter dich gucken auf diese tolle kleine Fotowand von meiner zweiten Partnerin. Und die Beziehung ist gerade mal nicht mal ein Jahr alt und das ist irgendwie so ein, wo ich einfach gerne drauf gucke, das war übrigens mein Geburtstagsgeschenk.
Sebastian Ja, das ist ein Bilderrahmen, wo einfach, nein, ist kein Bilderrahmen, ist ein Rahmen, wo mit Seil ganz viele Bilder festgemacht sind, mit Wäscheklammern und ja, ich sehe auf den einzelnen Bildern einfach, da haben Menschen Spaß miteinander und mit Seil vor allem ganz viel Augenkontakt dabei. Ja, schön und auch viel davon hier drin.
Shoga Genau, ein Teil ist hier drin, ein Teil oben in der Mitte ist vor der besagten Fetischparty. Da sind Workshop-Bilder dabei, da ist links oben Urlaub dabei und im Endeffekt ist das eben der Teil für mich einfach mit Seil einerseits Spaß haben, man muss es ja nicht voll BDSM und sexuell betreiben, das muss man ja nicht. Man kann es auch einfach als, ich sag es mal, meditatives Mittel benutzen, einfach um sich miteinander zu beschäftigen. Also andere Leute können sich, sag ich mal, auf einen Sofa zusammensetzen und einen Film gucken, ich kann einfach jemanden fesseln. Das kann ich auch. Also ich kann damit auch einfach gut abschalten.
Sebastian Und nebenbei noch einen Film laufen lassen?
Shoga Nein, das möchte ich nicht.
Sebastian Das geht nicht. Warum geht das nicht? Das ist doch eine handwerkliche Tätigkeit, die prädestiniert dafür ist, dass man währenddessen irgendwas guckt. *kichert*
Shoga Ich würde sagen, das kommt jetzt darauf an, welche Intentionen du dabei hast. Und da es mir vor allem um die Interaktion geht, um das Miteinander und ich entsprechend Empathie aufbringen muss und mein Gegenüber lesen muss, da kann ich nicht auf einen Film gucken, auf die Handlung mitverfolgen und dann gleichzeitig Konzentration und Aufmerksamkeit geben. Das funktioniert nicht. Also ich muss dann in dem Moment fokussiert sein. Das ist eben das, was ich sehr, sehr schön finde. Für mich zumindest funktioniert das sehr, sehr gut. Ich kann dabei abschalten. Also ich kann zwei Stunden am Stück fesseln, ich kann eine tolle intensive Session haben und in den zwei Stunden habe ich genau nichts anderes gedacht, außer wir zwei, Seil und dann eben schauen, was brauchst du, welche Signale gibst du mir. Man sagt ja oft eben Seil als Kommunikationsmittel. Also wehrst du dich sehr viel, gibst du dich hin und dann ist man eben ganz schnell auch in anderen Bereichen des BDSM. Wenn man irgendwie so um den D/s-Anteil eben spricht, also wie sehr gibt sich jemand hin oder wie ready, sag ich mal, ist jemand, das kann ja damit schon losgehen. Und dann kann man natürlich die Seile dazu nutzen, viele weitere Teile des BDSM mit einzubauen, sei es irgendwie so D/s-Komponenten, sei es irgendwie Erniedrigungen. Ich kann natürlich auch irgendwie Impact Play, also Schlagen mit aufnehmen. Ich kann... *überlegt* Wachs mache ich sehr gerne. Da oben liegen zwei Messer, die hast du noch nicht erwähnt. So Knifeplay. Das sind alles tolle Sachen, die man damit einfach kombinieren kann. Das ist eben das, worauf wir zum Sprechen kommen wollten. Was ist mein BDSM? Was mache ich gerne? Das war definitiv eine lange Reise. Ich habe vor rund zwei Jahren mit dem Bondage eigentlich angefangen, um vielleicht das mal als Einstieg zu sagen. Und seitdem hat sich mein BDSM entsprechend weiterentwickelt.
Sebastian Also Bondage kam erst später dazu, was hast du denn vorher alles probiert, um dann bei Bondage hängen zu bleiben? Und was sind vielleicht auch die Sachen, die sich vielleicht als nicht so toll herausgestellt haben? Man greift ja auch einfach mal ins Klo und stellt fest, das ist nicht meins oder das funktioniert einfach nicht, wie man sich das überlegt hat.
Shoga Ich denke, da muss ich jetzt ein bisschen unterscheiden zwischen so zwei Phasen, wie ich sie beschreiben würde. Und zwar einmal gab es den Teil mit der Ex-Partnerin, mit der ich zum BDSM gekommen bin. Da habe ich auch ein bisschen was ausprobiert, aber wir haben zum Beispiel auch Bondage ausprobiert. Weil ich wusste, sie mag das gerne. Aber ich bin damals an einem Single-Column-Teil gescheitert. Irgendwo ist ja noch so ein schwarzes Buch hier im Schrank. Von einem Autor aus Hamburg. Da habe ich so durchgeblättert und dachte mir so, ja, okay, dann probieren wir das mal. Aber wenn es jetzt darum geht, du siehst ein tolles Bild und willst es nachfesseln und du beherrschst ja nicht mal den Standardknoten und dann hast du vielleicht auch keine Geduld oder ich bin jemand, ich hab's dann gerne perfekt, das muss halt funktionieren, ich will es möglichst perfekt und möglichst gut machen. Und mir fehlte damals entweder die Geduld, ich kann nicht sagen, was damals das Problem war, aber zu Beginn war das eben sehr frustrierend für mich.
Sebastian Ja, das ist ja meine Situation seit mittlerweile ewig. Ich kann nen Knoten lernen, wurde mir auch schon öfter beigebracht und am nächsten Tag ist er weg. Das ist tatsächlich frustrierend. Ich kann zwar Sachen machen, aber die sind einfach nie schön. Muss ich ganz ehrlich gestehen. Also wie hast du diesen Bruch hinbekommen, weg von diesem Frust hin zu, oh, da passieren Dinge. Also gab es da ein zufälliges Erfolgserlebnis vielleicht oder hast du es dir einfach stur in den Kopf gesetzt und gesagt, ich will das jetzt. Also wo kommt es her, dass du den Wechsel hingekriegt hast?
Shoga Der Umbruch war eigentlich relativ einfach. Also nachdem diese Beziehung eben zu Ende gegangen ist, wusste ich immer noch nicht, wo mein Teil des BDSM war. Ich fand es sehr schwer reinzukommen, weil ich habe nicht viel Input bekommen. Was möchtest du, habe ich gefragt und dann kam nicht viel zurück. Und dann kam vielleicht ein, mach doch einfach mal. Das fällt mir immer sehr schwer reinzukommen. Irgendwie mit jemandem zu spielen, wenn ich keinen Input bekomme. Es fällt mir super, super einfach, in so einen Dialog zu treten. Da kann man über Grenzen sprechen oder auch Wünsche oder was vielleicht möglich ist. Und dann kann man ja auch in der Session nachfragen. Es ist ja nicht alles in Stein gemeißelt, bevor eine Session beginnt. Man darf währenddessen ja auch kommunizieren.
Sebastian Nein.
Shoga *sarkastisch* Nein, nein, Kommunikation ist ganz böse.
Sebastian Deshalb benutzen wir ja Knebel und Augenbinden und Ohrstöpsel, damit man bloß nicht kommuniziert.
Shoga Achso, habe ich das falsch gemacht.
Sebastian Nein, finde ich aber schön, wenn du sagst, du brauchst Input, dann ist das ja im Prinzip eine Dienstleistung, wenn du Top bist. Also es gibt diese verklärte romantische Vorstellung, Sub sagt, mach doch einfach, weil das, was spannend ist, dass man ja machtlos ist, dass Dinge mit einem passieren und jetzt soll man darauf Einfluss nehmen und Input liefern. Das ist natürlich schwierig. Also das wäre jetzt eine Person, die jetzt mit dir nicht so gut harmoniert, habe ich das Gefühl, wenn die sagt, mach einfach alles, was du willst, Hauptsache du machst, was du willst. Und dann kommt da nichts raus. Also könntest du damit umgehen im Moment?
Shoga Heutzutage wäre es anders als damals.
Sebastian Was hat sich verändert?
Shoga Damals wusste ich nicht, was mir selber gefällt, was ich gerne mag, woran ich Spaß habe. Also wenn du die gesamte BDSM-Palette vor dir hast und jemand sagt dir, such dir etwas aus, dann fiel es mir zumindest damals relativ schwer zu sagen, okay, das probiere ich aus, weil das Problem ist, du kennst vielleicht alle Farben gar nicht. Du siehst vielleicht nur durch einen kleinen Schlitz auf etwas. Das heißt, es war für mich eigentlich viel einfacher, um Zugang zu bekommen, wenn ich schon jemanden an der Hand habe, der das ein paar Jahre macht. Ich fand ich es für mich viel, viel einfacher. Wenn wir zusammen spielen wollen, dann gib mir noch so zwei, drei Punkte, die dir gefallen. Und dann kann man daran arbeiten, dann kann ich das ausbauen, das gefällt mir, dann kann ich das selber ausbauen. Und das hat eben leider nicht stattgefunden. Und was dann eben dieser Umbruch für mich war, war, dann ist diese Beziehung eben leider Anfang Corona einfach aus zeittechnischen, organisatorischen Gründen auseinandergegangen. Und kurz danach habe ich gesagt, jetzt muss ich was ändern. Ich habe jetzt überhaupt gar keinen Zugang mehr zu BDSM. Das war für mich dieser Umbruch und genau vor diesen zwei Jahren eben habe ich dann über eine ausgeprägte Google-Suche ein Domina-Studio in Berlin gefunden, was eben eine ganz einprägsame, einfache Domain hat, die irgendwie was mit SM und Kursen im Namen hat.
Sebastian Ja, die mussten ja vor zwei Jahren alle ein bisschen umsteuern, überhaupt noch einen Namen zu haben Und finde ich eigentlich sehr schön, dass sie dann fast alle gesagt haben, okay, wir bieten online was an, weil dadurch ist die Schwelle natürlich auch viel niedriger und man kann auch ein bisschen vergleichen.
Shoga Genau.
Sebastian Was für einen Kurs haben sie angeboten, auf den du aufgesprungen bist?
Shoga Ich weiß gar nicht mehr, welcher das war. Ich glaube, es war irgendwas zum Thema Dominanz und dann gab es, glaube ich, auch irgendwie was zu Rollen. Aber es ging schon eher so Einsteiger, was ist BDSM, welche Richtung gibt es. Es wurden irgendwie so verschiedene Fantasien auch durchgesprochen, die man haben kann. Rollenspiele sind tatsächlich nicht meins. Ich schlüpfe selber nicht gerne in Rollen. Ich bin gerne ich selber. Das mag ich doch sehr gerne. Und ja, das war irgendwie ganz schön und dann habe ich eben noch einen zweiten Online-Kurs damals besucht, ich weiß gar nicht mehr, welcher das war und dann habe ich gesagt, okay, jetzt gehst du den nächsten Schritt und es war zum Glück möglich, dass es einen Präsenz-Workshop, Anfänger 1 für Bondage in Berlin gab und das war ich weiß nicht warum, aber ich bin dort hingegangen, natürlich alleine, ich war natürlich aufgeregt so wie auch bei den ersten Partys haben wir jetzt von gar nicht mehr angesprochen, aber du sagtest, das wollte ich noch aufgreifen. Natürlich war ich auch damals nervös. Es war nicht so, dass ich da hingegangen bin und gesagt habe... Ja, ich habe das beste Outfit an, weil Outfits für Männer, naja, sind begrenzt.
Sebastian Können wir auch nochmal darüber sprechen.
Shoga Auf jeden Fall war ich natürlich nervös und ich hatte mir kurz vorher ein paar Seile bestellt und habe die notdürftig irgendwie fertig gemacht. Schrecklich, sage ich dir.
Sebastian Wie fertig gemacht? Man bestellt sie und dann kann man sie benutzen.
Shoga Ja, idealerweise ist das so einfach.
Sebastian Ja, so würde ich das jetzt sehen, ganz klar.
Shoga Das ist wieder dieses Anspruch an sich selber haben. Ich habe gesagt, ich möchte Rohmaterial haben, ich möchte lernen, wie man das veredelt und fesselfertig macht. Und ich möchte, diesen Prozess finde ich eben toll, weil, du hast die Seile angesprochen, die hinter dir hängen. Für mich hat das irgendwie was sehr, sehr Schönes, wenn ich weiß, okay, aus diesem Seil, mit dem ich gerade fessel, da kenne ich die Geschichte dahinter. Das finde ich persönlich einfach sehr schön. So wie, keine Ahnung, wenn du den Rohrstock benutzt, dann hast du vielleicht selber geschält und gewässert und den pflegst du, als Beispiel. Finde ich einfach eine sehr schöne, Wertschätzung des Ganzen.
Sebastian Das hat einen gewissen romantischen Touch. Das ist wirklich das Werkzeug, du hast dir sorgsam im Vorfeld Zeit genommen, um die Sachen dann zu benutzen. Zum Thema Seilveredlung, das habe ich mir jetzt gerade mal notiert, das bauen wir nachher noch mal ein bisschen mit ein. Das würde ich gerne einmal mit dir komplett durchexerzieren wollen, weil ich habe noch so Dinge, dass Menschen irgendwas gekocht haben und dann sind die in trocken gekocht und Flammen aufgegangen und alles das Mögliche. Ich weiß gar nicht, warum man Seil kochen soll, aber gut, das erklärst du mir später hoffentlich. Du hast wirklich, also zu Beginn Corona den kompletten Zugang zu BDSM verloren mit der Person. Da muss ich mal fragen, gab es da nicht noch andere Kontakte und Menschen, die du auch kennengelernt hast mit ihr zusammen, die dann noch da waren oder ist einfach dieses komplette Umfeld mit verschwunden?
Shoga Das ist tatsächlich mit verschwunden und ich bin da gar nicht böse drum, es war bei sowas, sondern es waren ihre Freunde, ihre Gruppe, die aber in Hamburg war und ich bin einfach ja nie in Hamburg. Sie hatte dort noch einen weiteren Partner in Hamburg und natürlich war das sehr, sehr einfach. Alles, also.
Sebastian Das muss man auch gar nicht so im Detail ausführen.
Shoga Nee, gar nicht, gar nicht. Also mit Abbruch dieser Beziehung ist tatsächlich dann dieser Freundeskreis oder dieser Bekanntenkreis einfach weggefallen, weil ich selber nicht groß in Hamburg unterwegs bin. Und es gab damals einfach keine Kontakte, weil dafür waren die Kapazitäten nicht da und dafür muss man ehrlicherweise auch sagen, dafür gab es zu viele in Anführungsstrichen Baustellen in diesem Polykonstrukt, weil man darf nicht vergessen, die Beziehung war offen. Kurz danach habe ich sie kennengelernt und dann war klar, okay, wir wollen eigentlich eine Poly-Beziehung führen und es soll nicht nur eine offene Beziehung sein mit verschiedenen Spielpartnerinnen oder Affären oder wie auch immer man das nennen möchte, sondern es war für mich oder uns klar, für mich sind das mehr oder weniger gleichgestellte Partnerschaften, da muss man Zeit investieren und wir sitzen jetzt hier in dem Haus. Das Haus, das haben wir aber die ersten zwei Jahre dieser Öffnung Slash Poly-Einlebensphase einfach noch nebenbei renoviert. So, du kannst dir vorstellen.
Sebastian Nebenbei.
Shoga Genau. Jetzt kann man darüber streiten, ob wir eine Beziehung nebenbei geführt haben oder das Haus nebenbei renoviert haben. So oder so kann man sagen, das war einfach eine Mammutaufgabe.
Sebastian Das ist ja auch ein verbindendes Element, ganz ehrlich, wenn man zusammen ein Haus erschafft oder zumindest die Renovierung macht. Und das sind ja auch Dinge, die einfach, ja, sie verbinden eben, ganz klar. Ich finde es gut, dass du dann vor zwei Jahren gesagt hast, okay, ich mache jetzt hier Online-Kurse mit, also ich tue etwas, weil es hätte ja auch sein können, dass das dein Ausstieg aus BDSM im Grunde ist. War da schon klar, ohne BDSM geht es nicht?
Shoga Das würde ich definitiv unterschreiben. Ich will nicht sagen, dass ich hier gesessen habe und verzweifelt bin deswegen, aber ich habe schon gesagt, ich brauche jetzt irgendwas zu tun und es ist nicht irgendwie ein Hobby suchen, wo ich jetzt in den Keller gehe und dort irgendwas mache oder mir eine Werkstatt baue oder *überlegt* mein Stiefvater, der macht irgendwie so Modellautos und so weiter, sammelt die und verändert die. Das war alles nicht meins, sondern es war schon klar, dass wenn ich mir jetzt ein Hobby suche, eine Beschäftigung suche, dass es dann auf jeden Fall BDSM sein muss. Und dann bin ich komischerweise und lustigerweise eigentlich auf diesen Anfänger-Workshop gekommen. Und wie ich ja gerade schon sagte, ich bin da hingefahren, ich hatte schlechte Seile dabei, ich hatte mir ein Hotel gebucht.
Sebastian Die musste man selber mitbringen? Die gibt es dann gleich dazu. Ich würde da nämlich bei so einem Workshop tatsächlich ohne Seile auftauchen, ganz klar.
Shoga Es gab dort Seile, ich glaube es steht auch immer noch oder stand auf der Webseite drauf, dass man dort welche bekommen kann. Da habe ich mir gedacht, bevor ich da jetzt irgendwie Geld oder eine Miete für Seile zahlen musste, weil ich hatte ja keine Ahnung, dann bringe ich halt meine eigene mit. Und ich habe immer gedacht, naja, wenn ich mit den Seilen fessel, dort, die ich eh schon habe, ist es schöner, weil die kann ich mit nach Hause nehmen, die kenne ich schon. Das war so meine Idee dahinter. Und naja, auf jeden Fall gab es dort Seile, die waren einfach viel schöner als die, die ich damals hatte. Die habe ich mittlerweile auch nicht mehr. Und das war einfach toll, ich habe dann dort jemanden *kurze Pause* nicht kennengelernt, sondern mit jemandem fesseln müssen, das war ein Mann, ich würde sagen Mitte 40, war nicht seine erste Bondage-Erfahrung. Und dann musste ich ihn fesseln und er mich und das war also ganz schön diesem Stigma zu entgehen, dass der Rigger, also die fesselnde Person männlich ist und die gefesselte Person idealerweise eine schlanke, zierliche Frau ist, also das war einfach so vollkommen normal, dort in diesen Workshop zu kommen und dann hat man quasi ja dort geswitcht und deswegen war das auch eine sehr, sehr tolle Erfahrung dort, weil am Ende des Ganzen wurde ich selber professionell, in Anführungsstrichen, vom Kursleiter gefesselt, unter die Decke gehangen und das war für mich der ausschlaggebende Punkt, dort weiterzumachen, weil ich selber die Erfahrung als passiver Part quasi mit als allererstes hatte und dann habe ich gesagt, okay, da bleibe ich dran, das will ich weitermachen. Und irgendwie, ich weiß nicht warum, aber wenn du einfach sechs, sieben, acht Stunden quasi die zwei wichtigen Knoten erklärt bekommst, dann sitzen sie und ich war jetzt erst vor ein paar Wochen wieder bei ihm, weil wir uns privat sehr, sehr gut verstehen und befreundet sind, um ihm ein bisschen dabei zu helfen, diesen Workshop vorzubereiten, aber auch, und da wollen wir später vielleicht drüber sprechen, über diese mögliche Location zu sprechen. Dass ich einfach mal gucke, wie andere Leute dabei sind, das zu lernen, welche Probleme sie haben und was man ganz klar gesehen hat und das kannst du unterschreiben, das kann ich unterschreiben und das geht sicherlich allen anderen so, wenn du zwei Stunden den einen Knoten machst, sitzt der gut. Danach machst du einen anderen Knoten zwei Stunden, dann sitzt der zweite Knoten gut. Und wenn du dann wieder zurückkommst zum ersten Knoten, dann scheitern bestimmt 50, 60, 70 Prozent der Leute. Und das ist nicht böse gemeint, da muss man sich auch nicht schlecht für fühlen, sondern das ist einfach so, dass man solche Sachen leider sehr, sehr schnell und einfach vergisst und da muss man leider einfach dranbleiben.
Sebastian Jetzt sehe ich aber, das ist gerade mal zwei Jahre her und noch zwei Corona-Jahre, wo man nicht viel Kontakt hat und du bringst jetzt anderen Menschen auch Bondage bei.
Shoga Das ist zumindest das Ziel. Ich habe das schon in kleinem Rahmen gemacht und ich möchte das auch weiterhin machen.
Sebastian Ja, ich finde die Lernkurve spannend, weil es gibt ja dieses, "ja ich kann das, ich habe mich damit beschäftigt, ich habe das geübt und jetzt kann ich das anderen Menschen beibringen" oder eben der große Nimbus, nein, da muss man mindestens 20 Jahre durch die Welt gereist sein und alle Knoten immer wieder und zehntausendfach, also ist immer so die Frage, wird man besser, wenn man 20 Jahre lang Erfahrung sammelt oder ist ein Knoten einfach ein Knoten? Du merkst, ich bin da ein bisschen ketzerisch, aber im Grunde... viel kann ich einem Knoten doch, wenn er sitzt, nicht verkehrt machen.
Shoga Das ist definitiv richtig. Ich glaube, da kann man ganz verschiedene Sachen jetzt einschmeißen. Also mein erster Lehrer sagt immer, du wirst im Bondage nur dann selber gut, wenn du nicht viel fesselst, sondern wenn du viele verschiedene Leute fesselst. Weil jeder Körper fesselt sich unterschiedlich, also jeder hat andere irgendwie, Körpermaße, jeder hat andere Problemzonen, jeder Mensch hat irgendwie die Nerven ein bisschen anders liegen, oder ist vielleicht weniger dehnbar das heißt, das macht es eigentlich vielleicht auch erst spannend wenn du nicht jede Fesselung an jeder Person durchführen kannst, das wäre vielleicht *bricht ab*
Sebastian Achso. Das ist natürlich mein Problem, wenn ich ein YouTube Tutorial habe als Beispiel, dann sehe ich, das sieht genau so aus und ja, mein Bunny wird nicht eine Kopie der Person auf dem Bildschirm sein.
Shoga Ja, sei es schon. Du machst diese typische Hand-hin-an-Rücken-Fesslung, also einen TK. Und was machst du denn, wenn deine Seilpartnerin oder dein Seilpartner das überhaupt gar nicht hinbekommt? So, dann änderst du es ab. So, und dann passieren im Regelfall die Fehler, weil man sich dachte, naja, es ist ja ähnlich. So, jetzt habe ich kurz den Faden verloren. Was war die Ursprungsfrage?
Sebastian Faden verlieren ist super, wir reden ja die ganze Zeit über Fäden. Der Erfahrungszuwachs über vier Jahre, was verbessert man da noch?
Shoga Und das Lehren, ob man nicht erstmal lange lehren möchte.
Sebastian Genau, also wie lange muss ich lernen, um zu lehren? Und wem bringe ich eigentlich was bei? Also wie ist da so in der Shibari-Welt, wie ist die Hierarchie aufgebaut und wann kriegt man seine Gesellen- und Meisterprüfung?
Shoga Auch da kann man, denke ich, sehr, sehr verschieden drauf reagieren. Ich muss immer an einen Song denken, von TJ Beastboy, glaube ich, der, glaube ich, rappt. Wenn du aufhörst zu lernen, kannst du kein Lehrer sein oder sowas. Ich habe den Songtext gerade nicht mehr 100% vor Augen, aber das finde ich einfach toll, weil sobald du aufhörst Lehrer zu sein oder zu lernen, kannst du irgendwie kein Lehrer sein, sondern das ist eigentlich das, was ich auch aus der Uni kenne. Ich meine, im Uni-Dasein habe ich ein Praktikum besucht und im nächsten Semester habe ich dieses gelernte Wissen direkt an Leute oder an andere Studierende weitergegeben. Und wieso nicht genau das gleiche hier machen? Ich glaube, das ist tatsächlich mehr oder weniger eine Hilfe für mich auf jeden Fall zu sagen, das, was ich vor kurzer Zeit noch selber gelernt habe und richtig gemacht habe, warum nicht dieses Wissen sofort weitergeben? Natürlich sollte das eben von dir das Wissen sein und nicht einfach nur eine Kenntnis darüber, sondern ich sollte schon beibringen, warum mache ich das, wie ist es aufgebaut, was ist das Prinzip dahinter.
Sebastian Aber wer bewertet denn, jetzt bist du soweit, jetzt kannst du das weitervermitteln?
Shoga Ich glaube da gehört eine große Portion Selbstreflexion dazu, sich selber nicht zu überschätzen. Das ist glaube ich gerade im Bondage mit dem Seil sehr sehr wichtig, sich selber gut einschätzen zu können und ich glaube viele überschätzen sich auch und machen irgendwas nach und in der Regel funktioniert das dann auch. Und, naja, manchmal eben auch nicht. Da gibt es vielleicht einen Nervenschaden. Und selbst wenn es nur ein kleines bisschen tauber Haut ist, vielleicht machen sich da viele keine Gedanken drüber, aber dann habe ich trotzdem einen Nervenschaden, einen sensitiven, also einen Nerven getroffen, der irgendwie für die Sensitivität der Haut da ist. Es gibt irgendwie motorische und sensorische Nerven und eine taube Stelle, da habe ich trotzdem einen kleinen Nervenschaden gemacht. Und für viele ist es vielleicht kein Problem, wenn du so ein bisschen taube Haut hast, aber im Endeffekt hast du dann trotzdem einen körperlichen Schaden zugefügt. Und viele Leute sagen.
Sebastian *unterbricht* Das möchtest du nicht? Also es kann ja sein, dass man ein gewisses kalkuliertes Risiko eingeht und auch sagt, nee, ich möchte an einem bestimmten Punkt ran und bestimmte Sachen, die man jetzt auch anfängt an, absolut davon abrät. Ich nehme mal den Klassiker, das Seil um den Hals. Das ist ein unfassbares Tabu, das macht man niemals. Ich sehe aber eine Menge sehr professionell gefesselte Bilder, wo eben genau das zu sehen ist. Also da scheint es offenbar verschiedene Level zu geben.
Shoga Ich denke, man muss da vorher klar darüber reden, was man machen möchte. Und das ist genau dieser dritte Punkt. Ich unterrichte nicht auf dem Level, auf dem ich gerade bin, sondern ich unterrichte ein, zwei, drei Level unter mir. Das ist quasi diese Anekdote dazu. Sprich, wenn ich jetzt etwas gelernt habe auf einem bestimmten Level, dann kann ich das nicht, werde ich das nicht sofort weitergeben, sondern ich werde mein eigenes Wissen darüber festigen, ich werde dann vielleicht Nachfragen stellen, werde das ausprobieren und wenn ich damit zufrieden bin, dann würde ich das überlegen weiterzugeben. Aber dann werde ich das gleiche machen wie in der universitären Umgebung auch. Ich werde mir also ein Lernkonzept überlegen. Wie vermittle ich dieses Wissen? Welche Punkte sind vielleicht besonders wichtig? Das muss ich auch auch überlegen.
Sebastian Jetzt sind wir ganz schön gesprungen von, ich habe ein, zwei, drei Kurse besucht, auch in Präsenz, zu ich bringe anderen Menschen bei, wie man fesselt. Mhm. Wie kommt es? Also weil erstmal User zu sein und dann auch selber zu fesseln, okay. Aber wer hat dich eingeladen oder wer hat dir gesagt, zeig mal her, wie das geht? Wie hast du diesen Sprung geschafft und wie lange ist das eigentlich her?
Shoga Boah, das kann ich gar nicht so pauschal beantworten. Ich glaube, ich habe einfach Lust, anderen was beizubringen. Sonst wäre ich nicht so lange an der Uni, sonst würde ich nicht diese ganze Sache mitmachen. Das macht ja Spaß. Also Wissen weiterzugeben macht Spaß und ich finde gerade im Shibari, wenn man drin ist und eigentlich sieht, wie viel Blödsinn passiert, wie viel, okay, das muss man vielleicht anders formulieren. Es ist nicht Blödsinn, aber wo ich heutzutage, sag ich mal, mit einem geschulten Auge vielleicht drauf gucke und sage, okay, das sieht nicht so sauber aus, das macht vielleicht dort kein Problem, aber es könnte zum Problem werden. Dann kommt sicherlich immer diese zweite Komponente mit hinzu. Für ein Foto fesseln ist immer noch was anderes, als wenn ich in der Session zu Hause bin, vielleicht keinen Fotografen dabei habe. Also da muss man sicherlich diese Realität irgendwie ein Stück weit voneinander abgrenzen, um zu sagen, das was man auf Fotos sieht von irgendwelchen professionellen Riggern, die wissen was sie machen und da können wir gleich noch mal über das Halsseil drüber reden. Das heißt nicht, dass ich das zu Hause auch machen würde. Also da sollte man unterscheiden zwischen einem Seil, was ich nach vorne wie ein Halsband ziehe. Das kann ich erstmal machen. Ich muss da nicht dran ziehen und jemanden wegreißen. Das ist erstmal vielleicht ein schönes Gefühl. Bisschen was anderes ist es, wenn ich das nach hinten ziehe und Luft abrücke oder einen Blutstau verursache, dann bekomme ich jemanden, wenn ich das kann, auch in fünf Sekunden in die Ohnmacht. So, das möchte man vielleicht nicht, weil das ist überhaupt nicht cool. Gerade nicht, wenn eine Person hier am Bambus hängt oder an einem Ring hängt. Dann möchte ich sie nicht strangulieren und dann hängt sie da und ist bewusstlos. Und dann muss ich mir sehr schnell Gedanken machen, wie kriege ich die Person, die da oben hängt, hier runter.
Sebastian Das ist jetzt aber ein spannender Punkt. Jetzt sind wir schon bei Gefahren. Und ich habe manchmal das Gefühl, wenn ich mich als Bondage-Laie oute, dann bekomme ich von den Menschen 80% Gefahren und Don't do this zu hören und vielleicht 20% mach es doch so. Ist es wirklich so schlimm, weil ganz ehrlich, im Moment lese ich nicht häufig genug, dass Leute beim Bondage größeren Schaden davon getragen haben. Also entweder werden alle Menschen so gut geschult, dass nichts passiert oder aber ja dieses Verhältnis empfinde ich vielleicht anders als es wirklich ist. Also wenn du jetzt einen Anfängerkurs gibst, wie viel Warnung bekommen die und wie viel Zeit zum Lernen ist eigentlich so im prozentualen Verhältnis? Kannst du da vielleicht ein bisschen was zu sagen?
Shoga Man muss sehr unterscheiden zwischen, dass ein Unfall tatsächlich irgendwie die Runde macht oder ob man es im kleinen Rahmen halten will. Wenn du dir überlegst, du hast einen Namen in der Szene, sowohl groß als auch klein und du bekommst das Label aufgedrückt, diese Person hat schon mal einen Schaden verursacht. Dann ist da schon schnell die Frage, fesselt mit dem noch irgendjemand. Jeder ist sich bewusst, dass es bestimmte Risiken gibt oder hoffentlich bewusst. Viele werden das vielleicht auch einfach machen, aber wir müssen natürlich jetzt sehr unterscheiden zwischen Leuten, die das zuhause auf dem Sofa als Deko machen. Andere, die das so eben bei einer schönen Session machen, also sexuell jemanden fixieren wollen, vielleicht an Deckenhaken oder Wandhaken, aber nicht in die Luft hängen wollen. Und dann gibt es vielleicht noch die, ich nenne es jetzt mal Königsklassen oder mehrere Königsklassen, vielleicht am Bambus oder am Ringfesseln. Und dann gibt es ja noch die Vertikalsuspension, also an so einem Balken kann ich ja auch jemanden aufhängen.
Sebastian Jetzt zeigst du mir einen Balken, der senkrecht an der Wand ist, mit ein paar Ösen dran.
Shoga Genau, also ursprünglich würde dieser Balken im Raum stehen, frei im Raum, dass du ein Seil um den Balken drumherum legen kannst.
Sebastian Also an den Laternenmast fesseln.
Shoga Quasi genau und das Problem dabei ist eben, dass du eine sehr, sehr senkrechte Last in den Körper kriegst, das heißt du musst sehr genau wissen, was du machst. Ich hatte mal mit besagtem Bondage-Lehrer hier ein Spinnennetz gemacht, einfach aus Deko-Zwecken, dann haben wir mich in dieses Spinnennetz gehängt. Und das ist genau das gleiche, dass du quasi senkrecht nach unten gezogen wirst. Das heißt, du liegst nicht auf der Seite oder auf dem Rücken oder auf dem Bauch oder irgendwie schräg im Raum, sondern wirklich senkrecht.
Sebastian Da hast du ja nicht viele Haltepunkte.
Shoga Genau, du musst eben schon sehr genau wissen, was du eigentlich machst, was du fesselst. Das ist, würde ich sagen, aus meiner aktuellen Sicht irgendwie das Schwerste zum Fesseln.
Sebastian Okay, wir sind aber jetzt noch bei diesem Verhältnis. Du hast schon recht, wenn bekannt wird, dass jemand mal Mist gebaut hat. Hm. Eigentlich gehören ja, wir lernen ja, Fehler gehören dazu. Wer viel macht, macht auch Fehler. Das heißt, er hat auch Erfahrung. Also wäre das ja eigentlich positiv. Aber ich habe auch den Eindruck, wenn jemand da, wenn was passiert, dann ist der Mensch raus. Also das scheint die Szene nicht sehr verzeihen zu wollen, weil es ist ja irgendwie auch klar, ich würde auch mit niemandem einen Tandem-Fallschirmsprung machen, wenn ich weiß, dem ist schon mal jemand runtergefallen.
Shoga Ich denke, da kann man zwei Meinungen aufgreifen, die ich aus meiner persönlichen Wahrnehmung in der Szene sehe. Die eine Aussage, das eine Stigma ist vielleicht, jedem passieren mal Fehler, auch den besten. Und es gibt aber die anderen Leute, die sagen, das muss nicht so sein. Das ist eigentlich nur eine Aussage, dass du dich nicht sauber, ja, sauber gebildet hast. Ich kann dir vielleicht einen Link zu einem englischsprachigen Artikel mal schicken, wo genau das was so ein bisschen diskutiert wird, wo es einmal, ja wo es quasi um das Lehren geht und was man lehrt. Und ich glaube, da ist schon der wichtige Unterschied, wie ich das Ganze angehe. Weil wenn ich eine Fesselung mache und ich entweder dieses Muster nachfessel von einem Video, ist es was anderes, als wenn ich das vielleicht ein paar Jahre studiert habe oder mich damit zumindest ein bisschen beschäftigt habe, warum diese Fesselung so ist, wie sie ist. Dass ich jeden Schritt nachvollziehen kann, dass ich bei jedem Schritt weiß, warum lege ich das Seil an diese Stelle, mit welcher Spannung. Und dann dürfen auch meiner Meinung nach, was heißt Fehler passieren.
Sebastian Also die Frage ist ja auch, okay, fragen wir mal konkret, sind dir schon Fehler passiert?
Shoga Die Frage ist, was du als Fehler betitelst.
Sebastian Die Dinge, die du mit deinem Wissenstand hättest richtiger machen können und die unangenehm waren.
Shoga Ja sicherlich, das eine war mit Sicherheit mal das Seil zu schnell über Haut ziehen, das ist Punkt eins, das heißt auf Kleidung fesseln ist das anders als auf Haut, wenn aber eine Person irgendwie vielleicht ein bisschen schwitzt, das ist noch unangenehmer, ja also das ist dann wieder dieses, okay diese kleinen Tricks, die man vielleicht auf einem Workshop sieht, wie man ein Seil vernünftig an der Haut lang zieht oder kleine Tricks bekommt, um das besser zu machen, das als Beispiel.
Sebastian Und das würde ich ja vielleicht als unangenehm, möglicherweise hast du mal eine kleine Verbrennung, aber das ist jetzt nichts schwerwiegendes.
Shoga Aber das selbst, das würde ich schon sagen, das ist im Endeffekt nicht meine Intention dahinter. Weil das sieht im Zweifel, wenn du es hier hast, halt auch nicht schön aus. Und die bleibt dann vielleicht auch ein bisschen.
Sebastian Du zeigtest auf den Oberarm.
Shoga Also hatte ich da noch nicht, sondern wir hatten es mal an einem Oberschenkel. Aber im Zweifel möchte ich das vielleicht gar nicht. Einen wirklichen Fehler oder Schaden habe ich noch nicht verursacht. Aber natürlich war es mal so, als meine Partnerin dort mal hing, sagte sie, irgendwie sitzt das nicht richtig. Mein Daumen kribbelt so ein bisschen. Dann habe ich gesagt, okay, dann fesseln wir dich ab. So, und das ist uns auch ein paar Mal passiert, weil wir jetzt nach und nach natürlich rausfinden mussten, wie diese Fesselung für sie funktioniert. Und da gab es vor zwei Wochen den letzten finalen Workshop und wir sind seit quasi von Beginn an dabei, diese typische Fesselung, die man eigentlich für vieles als Grundlage benutzt oder benutzen kann, ich nenne es mal zu perfektionieren. Das ist dann was, wo ich sage, diese Fesselung würde ich jetzt aktuell nicht jemandem beibringen. Und umso komischer gucke ich immer, wenn man das irgendwie versucht, Anfängern beizubringen. Weil da geht es dann im Zweifel darum hier, das ist diese Fesselung, fessel die mal so und so nach wo ich mir denke, in der Regel kann das gut gehen, wenn du jemanden daran nicht aufhängst aber trotzdem kann eine Person so falsch fesseln, dass es trotzdem zu einem Blutstau kommt und wenn du einen Blutstau hast, kannst du im Zweifel Nervenschaden nicht mehr merken. Also da muss man immer sehr genau gucken, welche Effekte kann das vielleicht haben und die typischen Fehler sind ja irgendwie, dass man irgendwie Nerven trifft zum Beispiel.
Sebastian Ja, aber ich merke schon, da hast du echt hohen Perfektionsanspruch. Auf der anderen Seite sehe ich natürlich immer gerade Anfänger, die wollen ja auch ein bisschen, nein, Anfänger empfinden es natürlich als motivierend, wenn sie schnell erste Ergebnisse haben. Das habe ich auch in meinem Beruf. Man kriegt immer sehr schnell einen Effekt hingeworfen. Das dauert fünf Minuten, dann denkt man, wow, habe ich erst letzte Woche wieder gehabt. Und die nächsten drei Stunden findet man überhaupt heraus, wie dieser Effekt zustande kam und was da eigentlich dahinter steckt. Also da zäumt man das ein bisschen anders auf. Ist das nicht bei allem eigentlich auch möglich und beim Bondage eigentlich auch?
Shoga Ja, definitiv, ich denke schon. Ich denke, die Panikmache und dieses Bewusstsein schaffen ist einfach sehr wichtig.
Sebastian Die Panikmache ist wichtig?
Shoga Nein. Okay, man muss einfach sagen, es können einfach böse Verletzungen passieren. So, das ist möglich, aber man muss sicherlich jemanden, der das im Bett zu Hause benutzen möchte oder ein bisschen am Boden auf dem Sofa, den muss man nicht irgendwie den Horror heiß machen, dass jemand von oben runterfällt und sich das Genick bricht quasi.
Sebastian Ja, das ist ja diese Risikoabwägung, wo man einfach echt ein bisschen schauen muss, gehe ich als Bunny, welches Risiko wäge ich ab? Ich wäge ja nicht die Fesselung ab, sondern ich wäge ab, inwieweit ich meinem Gegenüber vertraue, in der kritischen Situation aufmerksam genug zu sein und zu merken, hier läuft was schief. Ich glaube, darum geht es an der Stelle.
Shoga Und dann ist natürlich die nächste Frage, weiß die gefesselte Person, was alle Risiken sind, wie ist das Vorgespräch, auch da könnte man jetzt ein riesengroßes Buch aufmachen, was gehört in ein Vorgespräch, ich sehe das vielleicht noch an manchen Stellen ein bisschen kritischer als andere vielleicht. Und sicherlich über welche Risiken, über welche Techniken redet man, was will man vorher besprechen, was ist aber auch vielleicht, Irgendwie eben in meinem Ermessensspielraum, da sind wir ja so ein bisschen wieder am Anfang, wo jemand mir sagt, fessel mich. Und ich sage, okay, mache ich. Aber natürlich muss ich so ein paar Sachen wissen, sonst geht es einfach nicht.
Sebastian Also wenn ich jetzt sage, fessel mich, wie lange braucht das Vorgespräch und die weitere Vorbereitung und auch vielleicht die körperliche Begutachtung, bis du mich hier aufhängst?
Shoga Das kommt sehr darauf an, wie kommunikativ du bist.
Sebastian Ich bin sehr kommunikativ. Ich habe keine Ahnung und weiß überhaupt nicht, was ich rede. Vielleicht ist das so der Punkt. Ich weiß überhaupt nicht, was ich will und was ist. Das heißt, du wirst auch darauf angewiesen, die richtigen Fragen zu stellen. Einfach mal so vom Gefühl her. Ist das eher was, wo wir jetzt dann drei Stunden da alles durchgehen oder ist das eher eine Sache von einer Viertelstunde, wo du sagst, okay, da kann ich schon mal die wichtigsten Sachen abfragen und weiß, in welche Richtung die Reise geht.
Shoga Ja, also ich würde behaupten, ich bekomme sehr schnell ein Gefühl dafür, wie jemand sich vielleicht Gedanken gemacht hat oder belesen hat. Also ob du selber vollkommen neu bist und keine Ahnung hast, dann würde ich dich Stand aktuell vielleicht nicht unbedingt hier hinhängen, weil ich mir sage, das ist wieder so ein persönliches Ding, du kennst deinen Körper nicht, du kannst vielleicht deinen Körper gar nicht einschätzen. Gerade auch was irgendwie Belastung oder Adrenalin oder Kreislauf angeht. Du kannst es vielleicht gar nicht wissen. So und dann ist es einfach ein erhöhtes Risiko für mich auch, dass du vielleicht gar nicht in der Lage bist zu kommunizieren, wie nah an der Grenze bist du eigentlich, dass du gleich ohnmächtig wirst. So, das heißt, dann würde ich im Zweifel sagen, okay, pass auf, wir fangen locker am Boden an, wir gucken mal und dann kann man dich erstmal so fesseln, dass du, gerade bei Anfängern ist es ja vielleicht so, dieses Gefühl der Eingeschränktheit überwiegt da einfach. Das heißt, ich bin überhaupt gar kein Freund zu sagen, ich baller dich jetzt voll unter die Decke und dann hast du die tollste Zeit deines Lebens. Zumindest meine persönliche Ansicht ist da, naja, das kann ich auch beim zweiten, dritten, vierten, fünften Mal machen, da geht dann nichts verloren. Natürlich würdest du dieses heftig krasse Erlebnis haben, natürlich willst du diesen, keine Ahnung, vollen Schlag ins Gesicht in Anführungsstrichen haben, der dich wach macht und wach rüttelt und das geilste Erlebnis ist, von dem du jahrelang erzählen kannst. Aber genauso Kleinigkeiten kannst du am Boden machen, wenn du sehr, sehr mit dem Seil kommunizierst, wenn du versuchst, mit jemandem, wie gesagt, über das Seil zu kommunizieren, zu gucken, wie jemand auf das Seil reagiert, auf ganz kleine Gesten. Jetzt sind wir wieder in diesem Teil des BDSM, wie jemand sich führen lässt. Das finde ich sehr, sehr, sehr spannend. Oder wenn man irgendwo ein bisschen mehr Zug drauf gibt, wie die Person vielleicht atmet. Also diese Kleinigkeiten oder ein Stöhner kommt. Das finde ich ganz, ganz toll. Und im Zweifel bekommst du davon am Ende nicht so viel mit. Und im Gegenteil kann es dann aber helfen zu sagen, okay, wenn ich dich jetzt hier hinhänge und ich hier ein bisschen ziehe, ein bisschen mehr Spannung draufgebe. Dann kann ich vielleicht eine Atmung irgendwann hören oder mitbekommen. Bist du jetzt eher an der Grenze oder ist es eher ein, Okay, das strengt uns an, aber es ist okay. Und das ist also dann sehr abhängig davon, wie dieses Gespräch dann laufen wird, zu sagen, achso, du hast schon zwei Jahre gefesselt, du hast schon mal gehangen. Welche Probleme hast du? Hast du Probleme? Hast du irgendwelche Grenzen? Wie sieht es mit Seil im Schritt aus? Das ist immer so eine Frage, die ich stelle, weil das für mich eine klare sexuelle Komponente ist, die man auf jeden Fall vorher ansprechen sollte. So und wenn man diese wesentlichen wichtigen Dinge geklärt hat, wie Verletzungen und so weiter und so fort, hast du genug getrunken, gegessen, geht es dir gut, möchtest du irgendwas haben, irgendwas nicht haben, dann kann man dich da im Endeffekt auch hinhängen, kurze Zeit, aber das ist eben super individuell.
Sebastian Das heißt aber, wenn du jetzt bei den Live-Sendungen zum Beispiel dann gehört hast, ja, ich war auf meinem ersten Bondage-Stammtisch und hab das erste Mal ein Seil zu spüren bekommen und hing dann auch gleich. Dann müsstest du doch irre werden, wenn du das hörst. *lacht* Also das ist ja Realität, ne?
Shoga Das ist Realität, ja.
Sebastian Man kann jetzt hier so viel sagen, wie man will, das macht man nicht, das gehört sich nicht, da gibt es auch gute Gründe für. Fakt ist aber doch, ich meine Kunst der Unvernunft, das ist nicht alles vernünftig, was da ist. Inwieweit kann man das tolerieren, dass das eben auch einfach anders ist, dass dann Menschen eben dahin gehen und sagen, hier, ich möchte mal hängen, macht das mal jemand. Ich habe vorher mit Seilen noch nichts zu tun gehabt und da wird sich in der Regel immer jemand finden, der sagt, ja klar, machen wir. Und dann passiert es.
Shoga Das hat für mich tatsächlich ein bisschen gedauert, dort nicht zu schnell zu urteilen oder auch nicht meine eigenen Ansprüche auf andere zu projizieren. Also, wenn andere Leute dieses Risiko verkraften können, dass sie eine quasi bondage-ferne Person in die Decke hängen, dann sollen sie das machen. Aber wenn ich dann meine Grenze tiefer setze und sage, du bist so unerfahren, das ist mir zu viel Risiko, dann mache ich das im Zweifel nicht. Ich hatte letztens jemanden hier, ähnliches Ding. Das erste Mal irgendwo gefesselt, gehangen, dann hierher gekommen. Dann hier nur am Boden gearbeitet, tolles Feedback bekommen, fast meditativ, super entspannt alles. Dann haben wir am Ende diese Fesselung ausprobiert, weil ich wissen wollte, wie flexibel ist die Person, wo kann man die Arme hinmachen, wie ist es mit Spannung, wie fühlt sich das vielleicht an. Und dann sagte mir die Person, letztes Mal habe ich diese Fesselung nicht gut ausgehalten, da ist mir der Daumen eingeschlafen. Und dann hat es Klick gemacht. Ach, deswegen war auf dem Bild, was ich gesehen habe, waren auch die Arme frei und nicht nur eingefesselt. Das ist im Zweifel dann dort alles gut gelaufen. Und der Daumen wäre vielleicht eingeschlafen. Das hätte man das vielleicht drangelassen, wäre da ein Nervenschaden irgendwie daraus entstanden. Natürlich ist es gut gelaufen. Natürlich ist dann erst mal das Gesamterlebnis positiv. Aber für mich ist es immer so ein persönlicher Anspruch, na ja, das würde ich nie gerne wollen, die Fesselung zu ändern, weil eben so ein Fehler entsteht. Ja, sollen die Leute eben das machen, was in ihr Risikoprofil passt? Wir sagen ja immer, idealerweise ist man BDSM 18+. Natürlich ist es, nicht jeder hat seine erste Erfahrung ab 18, das wissen wir durch den Podcast ja auch schon. Und ich denke, da muss man einfach hoffentlich an den gesunden Menschenverstand appellieren, der nicht immer da ist, sich selber nicht zu überschätzen. Und ich weiß durchaus, dass es auch ein Problem sein kann, dass man vielleicht sich selber überschätzt und das hat bei mir auch jetzt durch die vielen Jahre Beziehung und Polybeziehung, das bekomme ich auch von meiner Partnerin immer wieder zu hören, dass ich mich sehr verändert habe, ich sehr viel empathischer geworden bin. Ich bin sehr, sehr viel selbstreflektierend, hinterfrage mich nicht nur in Berufswegen, sondern auch in privaten Fragen, aber auch Bondage selber. Was kann ich mir zutrauen und wie kann ich mich real einschätzen quasi?
Sebastian Ja, ich glaube, das ist so ein Stück Demut, den man erlernen muss, dass man einfach besser fährt, wenn man sich selber mehr hinterfragt. Obwohl es natürlich immer ein tolles Gefühl ist zu wissen "ich kann das". Und das ist ja auch gesellschaftlich etwas, was gefördert wird, dass Menschen dieses Ego aufbauen und wissen, ich kann das, ich schaffe das. Ist nur die Frage, in welchen Lebensbereichen das eben noch positiv ist und wo das gut passt. Ich gucke hier so ein bisschen auf die Uhr und stelle fest, wir müssen ein bisschen schneller durch die Themen switchen. Das ist ein bisschen fürchterlich sowas. Jetzt habe ich am Anfang schon angekündigt, du bist Sexarbeiter. Das ist erklärungsbedürftig.
Shoga Ja, Sexarbeiter. Ein bisschen schlecht fühle ich mich, weil ich das aktuell nicht so unendlich aktiv auslebe, aber ich habe die Möglichkeit, ich bin entsprechend registriert mit Namen und so einem tollen Ausweis, wo das drinsteht, dass ich das machen darf. Quasi bin ich nicht nur Sexarbeiter, sondern eben als Prostituierter tatsächlich angemeldet, mit Steuernummern und allem drum und dran. Und das hat natürlich zwei Hintergründe. Zum einen verkaufe ich irgendwie Seile und das muss man irgendwie mit anbringen, das gehört irgendwie mit zu der Arbeit dazu. Das ist Punkt eins. Und genauso, wenn ich jemanden fessel für Geld, dann muss ich auch Seile kaufen, das gehört also irgendwie mit dazu. Und das andere ist, die Frage ist immer, wie sexuell ist eine Session? Diese Frage kann man sich ganz einfach stellen. Und naja, sobald du eine sexuelle Handlung gegen Geld durchführst, ist das Prostitution. Und deswegen war für mich ganz klar, gut, wenn ich Sessions gegen Geld gebe, wo eben auch nur im entferntesten eine sexuelle Komponente dabei sein kann, wir hatten vorhin das Schrittseil, das ist für mich persönlich, gerade bei Frauen, die ich überwiegend fessel, genau einer oder genau einem Grund hat das. Weil du willst dich stimulieren und dann ist es klar sexuell, dann finde ich, naja, dann kann man das entsprechend irgendwie handhaben oder entsprechend auch sehen und sich entsprechend registrieren.
Sebastian Okay, also die Registrierung, das ist was, wo du sagst, das entspricht auch deinem Gefühl, dass ich möchte es richtig und korrekt machen, also registriere ich mich, aber es gibt jetzt keinen äußeren Zwang, der dir gesagt hat, mach das.
Shoga Nee, es gab keinen Zwang. Ganz viele machen es eben nicht. Die machen das einfach und denen ist es quasi egal. Und die sagen, das ist eine Grauzone. Wir sehen das vielleicht gar nicht so auf dieser sexuellen Sicht, sondern das ist japanische Fesselkunst und das ist eine körpernahe Geschichte oder sowas. Sie sehen es vielleicht gar nicht sexuell. Ja, das wäre doch Kunst.
Sebastian Da kommt man in die Künstlersozialkasse. Nein, also welche Vor- und Nachteile hat das? Dann hast du halt diesen Ausweis, okay. Hast ein bisschen bürokratischen Aufwand. Gesundheitsamt, Ordnungsamt, glaube ich, sind das die beiden?
Shoga Nein, bei einem Ordnungsamt gar nicht. Bei einem Gesundheitsamt, da musst du so ein Gespräch führen, was aber eigentlich ja voll praktisch ist, weil du arbeitest mit einem anderen Menschen, du sollst auf deine eigene Gesundheit Acht geben. Das ist grundsätzlich nicht verkehrt, dieses Gespräch. Und dieses Gespräch ist natürlich aber eigentlich für mich einfach fehlgelagert. Es gibt, das sagte die Dame vom Gesundheitsamt auch, ich bin ja nicht die Zielgruppe, sondern eher solche Leute, die das vielleicht machen oder die auch von woanders herkommen, die vielleicht gar nicht so über Bestimmtheiten oder bestimmte Inhalte oder vielleicht, ja, wie sagt man das, was ist denn da noch drin? Ja, also die Zielgruppe ist eher die Leute, die da vielleicht so reinrutschen. Also die Sexarbeiter oder jetzt sag ich mal die Dominas, die das wirklich hauptprofessionell machen und mit einem etwas anderen Hintergrund vielleicht auch noch BDSM mit drin haben. Das heißt, dieser BDSM-Anteil ist in dem Gesetz zumindest meiner Erfahrung nach oder so wie ich das jetzt erstmal sehe, gar nicht so eigentlich mit drin, sondern es ist tatsächlich eher auf die typische Prostitution sag ich mal zugeschnitten.
Sebastian Okay, aber trotzdem meinst du, du fällst da drunter und, muss ich aber jetzt dann auch fragen, es hat eine sexuelle Komponente, aber du ziehst jetzt, ja wo ziehst du die Grenze? Also wenn du sagst, okay, für Geld fesselst du, bis wohin gehst du, welchen Wunsch erfüllst du noch und welchen eben nicht mehr?
Shoga Gute Frage, auch da glaube ich, bin ich aktuell in einem…, Ich nenne es mal ein kleineren Umbruch vielleicht. Also damals, als ich das gemacht habe, habe ich ganz klar gesagt, wenn ich lehre und entfernt irgendwie nur, sage ich mal, einen Vibrator einsetze zum Beispiel oder ein Schrittseil setze, dann ist es halt sexuell, dann geht es um sexuelle Stimulation. Sprich, die Grenzen sind vielleicht sicherlich auch ein bisschen davon abhängig, wie sympathisch ist mir jemand. Also das ist natürlich trotzdem immer ein Fakt. Nur weil ich dafür bezahlt werde, mache ich ja nicht alles. So, das ist der erste Punkt. Und trotzdem bin ich jetzt in so einem kleinen Wandel. Ich würde vielleicht meine Grenzen vorher machen und sagen, Sex ist nicht raus, ich bräuchte vielleicht gar nichts Sexuelles machen. Vielleicht nehme ich ein Spielzeug zur Hand, vielleicht ein Schrittseil. So, aber viel sexueller muss es aus jetzt aktueller Sicht gar nicht werden, weil A, gibt es nicht so unendlich viele Möglichkeiten und ich habe auch gerade irgendwie nicht das große Interesse daran.
Sebastian Aber du hast ja jetzt nicht für dich innerlich so eine Linie fixiert und gesagt, okay, das, aber das eben auch nicht mehr. Das würde ich dir zutrauen, dass du halt da auch sehr systematisch und sehr nüchtern rangehst und eben auch klar für dich die Grenzen vorher für dich formulierst. Weil so gehe ich davon aus, dass du das machen kannst, wozu du Lust hast. Also klar kannst du das, aber du öffnest dich dem auch, dass du da ein bisschen spontaner, flexibler sein kannst und willst.
Shoga Mittlerweile kann ich das. Wir haben am Anfang darüber gesprochen, was ist mein BDSM und wo fühle ich mich wohl. Mittlerweile kann ich sagen, naja, ich habe das alles ja hier. Also sei es jetzt irgendwie, gut Kerzen siehst du nicht und Messer und vielleicht irgendwelche Stimulationswerkzeuge und Dildos und Plugs und Schlagwerkzeuge, also ich habe ja schon Spaß in allem, ich bin ja auch sadistisch, ich füge auch gerne Schmerzen zu, so ist es ja nicht. Aber es ist eben für mich immer ein, ja, wobei, wenn man natürlich bezahlt ist, ist es natürlich mehr dieser Service-Gedanke, den wir auch schon hatten, aber ich kann grundsätzlich, ja, habe ich erstmal ein großes Portfolio, mit dem ich vielleicht auch Lust hatte und ich finde es grundsätzlich immer sehr schön, wenn man zusammenkommt und sei es nur das Fesseln, aber natürlich geht das eben in dieser ganzen Sexarbeitsgeschichte genauso, wenn man einfach jemandem anders eine schöne Zeit machen kann, das finde ich einfach tatsächlich schön, das macht ja auch irgendwie Spaß.
Sebastian Ja, da bin ich dann gleich bei deinem Benefit. Warum machst du das? Also die Kohle, die ist nicht nötig, sagen wir es mal so. Brauchst du die?
Shoga Aktuell brauche ich die sicherlich nicht. Ich würde mich dem aber auch nicht verschließen, wenn sich daraus in Anführungsstrichen was Langfristiges ergibt, wenn man sagt, okay, man kann den Job irgendwann weniger machen oder ganz aufgeben und macht mehr in Richtung Sexarbeit, Fesseln lernen, oder lehren eigentlich ja und stellt sich dort mehr auf, weil das macht mir das gesamte Konzept mit hier Fotos machen und allem drum, da macht einfach so viel Spaß und das, und das möchte ich aktuell sagen, naja gut, wenn ich jetzt die Möglichkeit habe, probiere ich das aus, vielleicht wird das was.
Sebastian Okay, also du hast die Berufung offenbar gefunden. Jetzt ist nur noch die Frage, wie kannst du es dir langfristig erlauben, der nachzugehen? Das geht mir mit dem Podcast ja auch so ein bisschen so, wo ich denke, man müsste eigentlich ein bisschen weniger im Brotjob machen, um da ein bisschen mehr zu machen. Das wird jetzt auch nochmal ein spannender Prozess, ob ich da eine Verschiebung nochmal hinbekomme und ob ich das überhaupt möchte. Weil in dem Moment, wo ich anfange davon zu leben, habe ich auch den Zwang, es zu machen. Auf der anderen Seite sage ich ganz ehrlich, ich habe da schon dieses Korsett. Ich möchte, dass da alle zwei Wochen eine neue Folge erscheint. Punkt. Und welcher Zwang auch immer es ist, er führt dazu, dass ich schon das so organisiere, dass das geht. Ich kann diesen Prozess, diese Verschiebung mit dem, was möchte ich tun und was tue ich, das kann ich ein bisschen nachvollziehen, definitiv.
Shoga Und ja, glaubt man nicht, dass ich diese Gedanken nicht auch hatte, sondern so ein, oh Gott, ich will das unbedingt machen, ich will das Vollzeit machen. Und sicherlich gibt es auch diese Phasen, immer mal wieder zu sagen, möchtest du das wirklich machen oder machst du dir den Spaß daran kaputt? Das muss man sich auch ehrlich fragen. Diese Frage kann man sich nicht selber beantworten. Im Zweifel werde ich das rausfinden, wenn ich es tatsächlich mache. Andererseits kann man natürlich auch andersherum argumentieren und sagen, wenn ich es Vollzeit mache, dann kann ich es richtig gut, dann habe ich zwar auch keine Zweifel mehr, dass ich irgendwie mir denken muss, wie war das Muster denn nochmal oder das Muster habe ich schon Wochen oder Monate nicht mehr gefesselt, jetzt hast du vielleicht irgendwie Selbstzweifel oder sowas. Das kann man ja von zwei Seiten betrachten. Also einer ist diese Intensivität, mit der man das dann durchführt, sicherlich sehr gut und sehr spannend. Man muss aber sicherlich unterscheiden zwischen dieser Vielfalt, die man hoffentlich anstrebt, sprich ein Teil ist sicherlich Lehrkonzepte ausarbeiten, ausprobieren, das kann man ja auch privat machen, das zusammen aufarbeiten ist sicherlich schön, das eigentliche Lehren ist immer schön. Meine zweite Partnerin geht eben auch selber gerne auf Workshops, wo dann an ihr was gezeigt wird, einfach weil sie sagt, die Leute sind toll, es ist einfach toll, wie die Leute etwas lernen, wie sie vorankommen, diese Erfolgshilfe haben und das kann ich ja voll nachvollziehen, das wurde ja schon angesprochen, ich war selber jetzt als Zuschauer dabei und es ist einfach unglaublich schön zu sehen, wie Leute... daran teilnehmen und daran wachsen und mit Begeisterung entwickeln und sagen, oh, das heißt ein Erfolgserlebnis, das ist einfach schön.
Sebastian Ja, aber wenn es Arbeit ist, dann ist es Arbeit. Dann bringt das eben auch Dinge mit sich. Ich sag mal Verwaltung und Papierkram und alles, was dazu gehört. Aber du bist dem ja nicht abgeneigt, denn es gibt da noch so ein Projekt, über das wollen wir auch noch ein bisschen sprechen. Ich hab hier die Notiz stehen, sexpositive Location. Sag ich dir ganz ehrlich, es gibt tausend Menschen, die sagen, ja, man müsste Mal und dann ganz selten wird da auch mal was draus und ganz oft ist da nach ein paar Jahren Schluss, weil das alles hinten und vorne nicht funktioniert und weil man das irgendwie so leicht hemdsärmelig angegangen ist und nicht bedacht hat, dass irgendwann die erste Nebenkostenzahlung kommt oder irgendwas. Also es gibt ganz viel Elan innerhalb der Szene, für die Szene etwas zu schaffen. Das bewundere ich auch immer wieder, aber viele schaffen es nicht und du bist jetzt gerade in der Phase, dass was entstehen soll und das finde ich ja schon mal prinzipiell gut, damit hast du mich auch sowas von überzeugt, dass ich hier auch herkomme, weil ich finde das immer spannend, wenn neue Dinge entstehen, weil die Szene, sie stirbt nicht nur, sondern sie erblüht ja auch immer wieder neu und in Braunschweig soll was passieren. Magst du ein bisschen was erzählen?
Shoga Ja, anfangen kann man ja vielleicht damit, dass ich ja in dem tollen Workshop-Angebot in Berlin war und ich war dann oft in Berlin auch unterwegs und da gibt es einfach natürlich, weil es Berlin ist, einfach riesengroße Möglichkeiten und verschiedene Veranstaltungen, verschiedene Institutionen auch. Und dann saß ich hier zu Hause, die Fesseltreffs haben nicht stattgefunden, ich hatte keine lokale Seilpartnerin, gerade am Anfang, wo ich üben konnte und das war irgendwie doch sehr frustrierend, da war ich ganz oft sehr frustriert, dass ich gesagt habe, der Workshop war toll, ich bin toll vorangekommen, aber dann konnte ich es irgendwie zu Hause nicht ausleben. Während dieser Zeit habe ich natürlich schon mich sehr viel ausprobiert, was BDSM natürlich auch angeht. Und ich habe natürlich auch viel ausprobiert und dann irgendwie trotzdem mal jemanden gehabt, aber es hatte nicht diese Konsistenz. Ja, dass ich das regelmäßig mache und so, das war irgendwie alles schwierig. Irgendwann habe ich dann gesagt, na gut. Was kann man machen? Ich würde gerne das machen. Und die Ursprungsidee war, naja, wenn ich Fesseln lernen möchte, dann mache ich das hier im kleinen Rahmen, also
Sebastian zu Hause.
Shoga Zu Hause, genau. Da kannst du beurteilen, hier kriegt man zwei, vielleicht auch drei Paare rein. Das wird aber schnell eng.
Sebastian Das wird auch schon bei zwei, drei Paaren eng, tatsächlich.
Shoga Du kannst da ein Paar hinsetzen und hier und dort. Das geht gerade so. Mit zwei Paaren ist das hier alles in Ordnung. Aber es wird einfach zu eng. Das heißt, Gruppenworkshops kannst du nicht anbieten. Und jetzt muss man so ein bisschen die zwei Sachen angucken. Einerseits habe ich diese Geschichte, ich selber finde Sicherheit und darüber aufzuklären sehr, sehr wichtig. Das möchte ich gerne auch dem breiten Publikum, in Anführungsstrichen Publikum, mitgeben, zu sagen, kommt mal zu so einem Treffen, da gibt es irgendwie einen ganz kleinen Eintrittspreis, einfach, dass so Nebenkosten gedeckt sind, da muss ich nicht reich von werden. Aber zumindest mal, dass jemand da überhaupt Zugang zu findet, weil das kenne ich ja selber von mir auch. Dieses Zugang finden von Gleichgesinnten ist vielleicht nicht ganz einfach. Es gibt natürlich irgendwie BDSM-Stammtische, die man dafür natürlich nehmen kann, aber wenn es jetzt tatsächlich darum geht, mal ins Thema Shibari einzutauchen, warum nicht? Und ich kenne das eben von dem Domina-Studio in Berlin. Die bieten BDSM-Kurse zu allen Themen an. Also da kannst du schlagen lernen und nadeln und kitzeln von mir aus auch. Also da kannst du ja eine Million Dinge lernen und warum nicht einen ganz kleinen Teil auch hier machen, weil es ist auch eigentlich schön, dass, ich sage mal jetzt in Anführungsstrichen wir, und ich möchte mich selbst nicht als erfahren darstellen, aber in Anführungsstrichen wir Erfahrenen, die zumindest vielleicht irgendwie was mal zu sagen haben oder eine Frage beantworten können, dass die das machen. So ging es eigentlich los zu sagen, oder ich nehme jetzt das Lernen, das Lehren für andere als Anlass mal zu gucken, Kann man vielleicht irgendwie eine kleine Location mieten? Das war so der Grundgedanke. Dann kam ganz schnell die Idee, naja, wenn ich da ab und an mal abends so eine Abendveranstaltung habe oder alle zwei Wochen einen Wochenend-Workshop, dann ist das einfach richtig rausgeschmissenes Geld, das ich gerne investieren würde, aber da muss irgendwie ein anderes Konzept her.
Sebastian Ja, das ist glaube ich der Punkt. Sowas findet halt eher am Wochenende statt und dann hast du aber fünf Tage Leerstand. Das ist eigentlich das Problem, was jeder Club hat und was machen die unter der Woche mit den Räumlichkeiten. Wie sieht dein Konzept aus? Denn ich habe mehrere Konzepte genau deswegen scheitern sehen, weil die einfach im Verhältnis fünf Tage Leerstand, zwei Tage vielleicht sogar drei dann volles Haus haben, aber es reicht halt nicht. Wie kann man dagegen angehen? Welche Lücke kann man da füllen? Wie kriegt man das hin, dass es sich lohnt? Und überhaupt selbst tragen kann. Lohnen ist ja nochmal eine ganz andere Sache.
Shoga Ob es sich selbst lohnt, weiß ich jetzt nicht zu 100%. Der Businessplan steht und der sieht gut aus. Aber ob das so kommt, weiß niemand von uns.
Sebastian Es ist nichts eröffnet, es gibt auch noch keinen Namen und wir werden heute auch hier nicht sagen, das ist da und da und so und so, sondern das ist alles noch in der Mache. Ne?
Shoga Also einen Namen gibt es, sowohl für das Studio als auch die Firma dahinter. Es ist alles angestartet, wir warten aktuell, so ist zumindest der Stand, auf das Bauamt in Braunschweig, weil es eben nicht so einfach ist und das ist denke ich der, dieses Level, was man jetzt erreicht hat, wo man vielleicht ein paar Wochen zurückdenkt und sagt, ach so, da sind wir jetzt angekommen. Und das hängt aber tatsächlich mit diesem Konzept dahinter zusammen, weil, ja, wie beschreibt man das? Also ich hatte eigentlich einen Bekannten hier, mit dem habe ich darüber gesprochen und gesagt, ich möchte das mal machen. Ich könnte mir das gut vorstellen und er hat hat mich ein paar Tage später angeschrieben und gesagt, ich finde auch, wir müssten hier irgendwie eine Location schaffen. Im Zweifel schaffen wir diese Location für uns, dass wir einfach mit anderen zusammen fesseln können. Und das war also inspiriert aus einer privaten Gruppe in Hannover, wo es unregelmäßig, aber richtig tolle Abende gab. Also tolle Atmosphäre, privat. Es gab irgendwie Weintrauben und Kekse und was zu essen. Und irgendwie, ja, es war einfach ein schöner, geselliger Abend. Und dann hat man eben mit fünf, sechs, sieben Paaren dort in der tollen Atmosphäre gefesselt, in einer privaten Wohnung. Und das war einfach schön. Das war so, das hätten wir auch gerne hier, weil ich möchte nicht jedes Mal immer nach Hannover fahren müssen.
Sebastian Ja, du kannst ja deine private Wohnung hier öffnen dafür.
Shoga Genau, und dafür ist sie zu klein. Da sind wir wieder beim Anfangsproblem. Und das war eigentlich die Idee, dass er gesagt hat, naja, lass uns gucken, was wir zusammen machen. Dann haben wir ein bisschen geredet und dann waren wir bei dem Punkt, wo wir gesagt haben, naja, man müsste gucken, ob man diese Location dann, wenn sie einfach frei ist, irgendwie anders zur Verfügung stellen kann. Und die erste Idee war natürlich, Sportkurse anzubieten. Nicht selber, sondern zu sagen, es gibt eine Räumlichkeit, die entsprechend groß genug ist, dort irgendwie irgendwas anzubieten, wo Leute einfach sagen, ich brauche mal einen Raum tagsüber, sei es von mir aus Sport, Yoga-Kurse, was auch immer oder irgendwelche anderen Kurse, die einfach tagsüber ein paar Stunden den Raum mieten. Gibt es sicherlich genug. Und da muss man dann irgendwann weit genug denken. Und dann sind wir da aber nicht so zusammengekommen. Da habe ich gesagt, okay, pass auf, dann mache ich das einfach ganz, ganz anders und sage, ich nehme das als Anlass einer möglichen Selbstständigkeit. So ist es jetzt geplant. Also wenn das alles gut geht, kann ich mich damit selbstständig machen. Was aber nicht immer nur auf, ich sage mal, positives Feedback kommt, weil die sagen dann, du willst das ja alles kommerzialisieren. Wie kann das denn für die Community sein? Du willst daran nur Geld verdienen. Das ist glaube ich was, was nicht jeder versteht, dass ich sagen kann, naja, ich kann ja trotzdem eine Selbstständigkeit damit anstreben und trotzdem sagen, naja, ihr könnt jetzt für ein paar Euro Eintritt, die ihr jetzt ja auch schon zahlt, diese Location nutzen. Die ist aber mehr verfügbar, die ist größer, die hat einfach einen anderen Anspruch, auch was Gemütlichkeit angeht.
Sebastian Okay, also wir stellen jetzt fest, es gibt Räumlichkeiten, es gibt einen Namen, es gibt einen Businessplan und du planst davon leben zu können. Was planst du da zu machen? Also vielleicht muss ich mir das mal vorstellen. Wie groß ist denn das überhaupt?
Shoga Bevor ich das beantworte, will ich vielleicht noch eine Sache aufgreifen. Ich kann das Ganze nur machen, weil ich, wie sagt man mal, ich bin halt privilegiert und das ist ja einfach so. Ich meine, ich habe ein großes Haus, wir haben zwei sehr gut bezahlte Jobs, wir haben so viel Geld über, dass ich mit diesem Geld jetzt das ans Laufen bringen kann. Also nur deswegen geht das und das ist ja eigentlich auch schön, das ist dann das, was ich irgendwie sage, naja, ich kann es mir in Anführungsstrichen erlauben, warum nicht das damit machen, dieses Gründen und idealerweise kann ich davon leben, aber ich kann auf jeden Fall mal da was versuchen zu schaffen, das kann ich ja zumindest machen. Wie groß ist das? Naja, also angefangen hat das mit einer Besichtigung in Braunschweig, nicht ganz in der Innenstadt. Das war eine Gewerbewohnung, da war mal ein kleiner Architekt drin, das waren so 50, 60 Quadratmeter, also ein kleiner Vorraum, ein WC, eine kleine Küche und dann gab es so einen 40, 50 Quadratmeter großen Raum, dachte ich mir, von den Maßen sah das aus, aber es war schrecklich.
Sebastian Die Deckenhöhe 2,10 Meter.
Shoga Ne, die Deckenhöhe war gut, aber es war total verbaut. Die Küche war 2 Meter, da war eine Decke und dann konnte man von der Toilette, gab es quasi so einen oberen Lagerraum über der Küche. Also ganz, ganz, ganz gruselig.
Sebastian Okay, also einfach nicht schön und da sagt auch die Fantasie nicht, dass man was Schönes draus machen kann.
Shoga Genau. Und dann habe ich halt den Markt beobachtet. Ich versuche schon seit einem guten halben Jahr, gucke ich mal so in die Gewerbeimmobilien rein, was es so gibt. Und irgendwann gab es in der Braunschweiger Innenstadt eine wirklich interessante Immobilie. Und dann dachte ich erstmal, Preis auf Anfrage. Ich sage, naja, man kann ja mal probieren anzufragen und mit den Leuten reden. Was ich festgestellt habe, das merke ich auch im alltäglichen Job, wenn man mit Leuten redet und kommuniziert und denen gegenüber nett ist und sagt, ich möchte das und das machen, ich brauche aber vielleicht hier ihre Hilfe, dann klappt das in den meisten Fällen. Ja, und da war es ähnlich und ich habe dann gefragt, naja, ich würde jetzt einfach so eine Art Veranstaltungsstätte machen und möchte da jetzt irgendwie was schaffen. Und was ist denn möglich? Und dann waren die erstmal sehr begeistert, weil sie gesagt haben, naja, das war bisher eine Werkstatt, beziehungsweise war danach so ein Möbelhaus drin. Und das ist in einem Innenhof, das ist im Untergeschoss. Es gibt keine Fenster von außen, aber Fenster von oben. Man kann nicht reingucken, es ist wunderbar hell, es gibt eine große Fläche. Und die sagten, sie würden sich freuen darüber, wenn da Leben reinkommt, wenn es nicht zu einem Archiv wird, so haben sie es gesagt.
Sebastian Dann hast du gesagt BDSM.
Shoga Nee, das habe ich so nicht formuliert tatsächlich, weil dann steigen die meisten Leute nämlich tatsächlich aus. Und ja, worüber wir halt reden, sind halt um die 500 Quadratmeter an Fläche. Und das hängt jetzt eben genau mit dem Konzept zusammen, was ich mir überlegt habe, auch mit der Marktanalyse, wo ich gesagt habe, warum nicht mehrere meiner Hobbys verbinden, warum nicht Fotografie dort mit reinbringen, ich habe große Flächen, warum nicht versuchen die Fotografie, die ich schon sehr lange als Hobby betreibe, nicht weiter zu betreiben, dort für mich quasi mein Fotostudio hinzuverlagern und dieses Fotostudio nicht an andere Leute zu vermieten. Es gibt, gucken wir den Joy-Club an, so viele Hobby-Fotografen auch aus der Region, wo ich mir bestimmt vorstellen kann, dass die Leute einmal Bock haben, dort vorbeizukommen. Sei es nur, um ein Fotoshooting zu machen.
Sebastian Also die Idee ist, vielleicht können wir mal ein bisschen da in die Zukunft schauen. Das ist eröffnet, es ist da und du hast jetzt so den Timetable der Woche. Was steht da so drin? Weil ich bin mir noch nicht ganz sicher, ist das auch eine Party-Location? Oder was kann dort stattfinden eigentlich? Also was stellst du dir vor, wenn du jetzt den Kalender anguckst, wir fangen mal beim Montag, beim langweiligsten Tag an, was steht da so drin bis zum Wochenende und was steht da auch am Wochenende drin, damit ich vielleicht auch ein bisschen ein Gefühl dafür kriege, was dort eigentlich für Leben drin sein soll?
Shoga Vorstellen kann ich mir sehr, sehr viel. Die Frage ist natürlich, welche Auflage wir kriegen, ob wir das dürfen. Die Idee ist es, als Veranstaltungsstätte quasi durchzubekommen, dass wir da beliebige Veranstaltungen machen können. Das ist nicht einfach. Wir wollen jetzt nicht zu viel ins Detail geben, aber da gibt es viele Auflagen, die mir vorher nicht alle bewusst waren, weil man steckt ja nicht drin.
Sebastian Und was hat dich am meisten überrascht?
Shoga Dass ich auf einmal für 5000 Euro pro Stück einen Parkplatz der Stadt abkaufen soll. Und dann musst du ja eine bestimmte Anzahl an Parkplätzen vorlegen und dann musst du auf einmal ein Mobilitätskonzept erarbeiten. Dann musst du analysieren, woher deine Kunden kommen. Ob die mit dem Auto kommen, mit dem Fahrrad oder in öffentlichen Verkehrsanbindungen.
Sebastian Sehr schön.
Shoga Und dann zu sagen, es gibt doch hier aber nebendran zwei Parkhäuser und öffentliche Parkplätze und einen großen Parkplatz, wo du irgendwie ein Ticket ziehen kannst. Nein, nein, das geht nicht. Weil die sind ja stadtplanerisch verplant auf die umliegenden Sachen. Das heißt, du musst neue Parkflächen schaffen. Ja, und das ist natürlich unmöglich.
Sebastian Sehr schön. Okay.
Shoga Ja, wir waren beim Planen.
Sebastian Genau, Planen. Also, was steht drin?
Shoga Also, angenommen, das funktioniert alles. Die Idee wäre, als allererstes da ... Eine Location zu schaffen, die unter der Woche verschiedene Shibari-Veranstaltungen macht, BDSM-Workshops gibt, zu verschiedensten Themen. Das ist der Hauptaugenmerk, den ich da persönlich drauf gelegen habe.
Sebastian Also Workshops und Bildung. Mhm. Okay.
Shoga Schöne Veranstaltung, vielleicht kann man auch entsprechende Workshops machen, wo man vielleicht auch spielen kann, das ist sicherlich alles zu klären, wieviel das möglich ist, aber wir befinden uns unter einem Ladengeschäft, das heißt, da ist abends sowieso nichts, das heißt, da muss man mal gucken, was dort tatsächlich möglich ist. Aber wir befinden uns im Untergeschoss, das heißt, es ist nicht so, dass, ja, also große Partys werden wir da vielleicht nicht feiern können, aber vielleicht, dass man sagt, naja, keine Ahnung, dann zieht ihr trotzdem mal schöne Outfits an, könnte ich mir zumindest vorstellen. Aber wo das hingeht, sehen wir dann, aber die Möglichkeit ist natürlich gegeben und das heißt, es geht schon darum, dass man so Bildung macht, Workshops gibt, sowohl in der Fotografie, sicherlich eine Sache, aber auch BDSM-Workshops gibt, so Play-Shooting-Geschichten irgendwie vielleicht. Ich selber möchte dort ein bisschen was vor allem unter der Woche unterrichten, eben wovon wir darüber gesprochen haben, sag ich mal auf meinem Level, dass man vielleicht einen breiten Zugang mal schafft zu irgendwie, ich nenne es mal fundiertem Wissen, das kann man aufarbeiten, Leuten beibringen, böse gesagt ein bisschen Abendschulcharakter vielleicht, dass man einfach sagt, naja, dir fällt es zum Beispiel schwer, dran zu bleiben. Und wenn du das nicht ständig übst, dann vergisst du das. Ja, das Problem hatte ich doch genauso. Also warum nicht dort genau angreifen und sagen, dann gibt es vielleicht ein oder zweimal pro Woche einen Abend, wo Leute hinkommen können und sagen können.
Sebastian Wir üben.
Shoga Wir üben gemeinsam und ich kann Fragen stellen und für dieses Fragen stellen möchte ich natürlich ein bisschen Geld haben, zum Beispiel für die Location. Das muss irgendwie gegenfinanziert werden, aber sobald es eben eine gewisse Regelmäßigkeit gibt, ist es halt kein Problem tatsächlich.
Sebastian Stammtische?
Shoga Stammtische, genau.
Sebastian Also einfach Raum für alle, die was machen wollen, okay. Wochenende?
Shoga Genau das gleiche, da kann man auch da Workshops natürlich machen. Man kann nicht alles unter der Woche abgrasen, sag ich mal. Und da bin ich jetzt ja selber sehr viel unterwegs, selber auf Workshops zu gehen. So, und natürlich ist das Bestreben, diese Leute einfach in die Region zu holen. Das ist einerseits total egoistisch, weil ich keinen Bock habe, nach München zu fahren ständig oder nach Berlin. Es wäre viel schöner, wenn ich das hier in der Region hätte und mit den Bekannten, die ich sonst so habe, denen geht es ja ähnlich. Es gibt ja trotzdem viele, die dann nicht hinfahren, sondern die einfach sagen können, ja, wenn er jetzt nicht in Berlin stattfindet, dreimal im Jahr, sondern vielleicht zweimal im Jahr in Berlin und einmal vielleicht hier, dann kommen vielleicht trotzdem welche, die nach Berlin gefahren sind, trotzdem hierher und dann kann man das einfach machen. Und das ist dann tatsächlich einer der Gründe, der gut funktionieren kann, denn es gibt für solche Gruppenworkshops in bestimmten Größen einfach keine Location hier.
Sebastian Okay, also das ist dann die, oh Gott, wie beschreibe ich es mal, ich suche mal einen schönen treffenden Namen, die BDSM-Akademie Braunschweig. Also im Grunde ist genau das, Bildung, schweres Terrain, muss man ganz klar sagen, weil das heißt, wir mussten auch einen großen Einzugsbereich quasi mit drin haben, denn irgendwann sind alle Braunschweiger BDSMer quasi gut versorgt und haben alles gelernt.
Shoga Klar wir haben ja so viel drumherum sei es jetzt geh von Salzgitter, Magdeburg, Hildesheim bis nach Hannover rüber, da gibt es natürlich auch ein bisschen was, aber auch das ist ja ein wirklich großes Einzugsgebiet was wir haben bis nach Wolfsburg hoch. Also genug leute gibt sie in der Region ist es ja nicht so, dass diese Themen dann, ich sag mal, hier regional begrenzt sind sondern wenn ein vernünftiges Angebot hast und Leute irgendwo hierher kommen dann wird es auch auch überregional günstig ist, das weiß ich eben tatsächlich aus dem Berliner Studio, die überwiegenden Kunden kommen dort nicht aus Berlin. Dass da mal wer aus Berlin dabei ist, ist eher die Ausnahme. Sondern die gehen da natürlich hin, weil ein Profi denen zeigt, wie es geht.
Sebastian Dafür fahren sie auch den Weg, ist klar.
Shoga Okay, und das mache ich ja jetzt genauso. Das heißt, wenn ich quer durch Deutschland reise, um mir Wissen von bestimmten Personen anzueignen, weil ich weiß, die stehen für diese Sache, die sie unterrichten, dann mache ich das natürlich.
Sebastian Also ich versuche ein bisschen noch nach der Motivation mal zu fragen. Die Location ist nicht eröffnet, da sind noch viele, viele Schritte vorher zu tun und ja, das kann noch ein bisschen dauern, aber wie weit hängt dein Herz da jetzt schon drin? Also wie viele unvernünftige Entscheidungen würdest du treffen und trotzdem zu sagen, ja ich mach das jetzt auf? Weil man hat einen Plan, man hat ein Businesskonzept und dann kommen ja immer wieder Punkte, die sagen, ja das ist vielleicht doch nicht so die gute Idee. Wie leidensfähig würdest du dafür sein wollen?
Shoga Ich glaube, da bin ich sehr rational, was das angeht. Also mein Herz steckt da voll drin. Das bekommen meine beiden Partnerinnen mit, dass ich darüber sehr, sehr viel in den letzten Wochen erzählt habe. Das ist jetzt aktuell sehr wenig geworden, weil wir jetzt einfach warten. Also ich bin im Wartemodus, ich kann gerade nichts machen. Es macht auch keinen Sinn, sich da verrückt zu machen. Aber davor war es natürlich schon so, dass ich mir sehr genau Gedanken gemacht habe, was ich eigentlich machen muss. Angefangen hat das natürlich mit einem entsprechenden Kredit über die Bank, die gesagt hat, ja, bevor wir das aber machen, hätten wir gerne von Ihnen einen Businessplan. So, dann habe ich mich einen Abend, eine halbe Nacht hingesetzt und Businessplan geschrieben.
Sebastian Was hat die Bank dazu gesagt? Sexarbeitende Person will Bildungsstätte für, aus Sicht der Bank, sexuelle Dinge machen. *lacht* Entschuldigung, aber Banker sind ja manchmal ein bisschen staubig.
Shoga Beide angefragten Banken fanden das Konzept positiv. Ich habe mit verschiedenen anderen Institutionen gesprochen. Es gibt so eine Zukunftsinitiative hier in der Region. Es gibt andere Leute, mit denen ich darüber gesprochen habe. Und ich gehe damit vollkommen offen um. Ich sage, das ist japanische Seilkunst. Wir machen hier Bondage. Und wir möchten einfach dieses Wissen, was es gibt, weitergeben. Und natürlich gehört, was du vorhin schon gesagt hast, in diesen Businessplan auch eine Marktanalyse rein. Wo drin steht, welche Preise nehmen andere Leute? Was nehmen andere Locations für Eintritte für entsprechende Abende beispielsweise. Aber auch, was sind möglicherweise Kunden, was bieten wir an und was sind möglicherweise Kunden des Ganzen. Und da muss man natürlich schon dann auch so Risiken treffen, sprich wie viel Geld kostet diese Location, was für Kosten zu erwarten.
Sebastian Ja, aber guck mal, eigentlich könntest du doch sagen, ich habe doch einen Job und ich mache auch hier meine Kurse ja jetzt schon, das ist doch eigentlich alles okay, du bindest dir damit doch einfach nur unfassbar viel Risiko und Arbeit und sonst was ans Bein. Warum?
Shoga Naja, ich bin jetzt tatsächlich einfach an einem Punkt, wo ein Berufswechsel bald ansteht und ich mir ganz klar die Frage stelle, was möchtest du bald machen? Und wenn ich jetzt die Möglichkeit habe, das vielleicht nicht sofort, aber in ein paar Jahren Vollzeit zu machen, nämlich das, woran ich richtig Spaß habe, dann würde ich sagen, let's try. Also die Frage ist ja, was du gefragt hast, was ist das wirkliche reale Risiko? Ich werde deswegen nicht pleite gehen, ich werde mir trotzdem ein Leben haben. Was von meinem Vermögen fließt da rein? Auch eben ein gewisser zeitlicher Anteil wird da weiterhin Geld hinfließen, natürlich musst du das erstmal ins Laufen bringen. Aber wenn es nach ein paar Jahren aus irgendwelchen Gründen nicht funktioniert, okay, dann zahle ich diesen Kredit eben noch zu Ende und dann ist es auch okay. Aber dann kann ich zumindest mir nicht sagen, ich habe es nicht probiert. Und das ist eben dieser Punkt, wo ich jetzt gerade bin und sage, das ist doch so ein tolles Hobby. Ich möchte darüber aufklären. Ich habe eben Spaß an der Bildung und Spaß an diesem Miteinander. Und jetzt am Freitag war wieder ein toller Abend, wo man Leuten was zeigen konnte, was man selbst gelernt hat. Ich meine, da habe ich auch kein Geld für genommen. Das zeige ich dir jetzt nicht, da musst du mir jetzt 10 Euro für geben, das mache ich ja nicht. Darum geht es natürlich auch nicht. Sondern es geht darum, den Leuten die Freude zu zeigen, weil gleiches Problem hatte ich damals auch. Ich war ungefähr ein Jahr im Bondage drin. Nach einem Jahr bin ich zu einem Workshop gefahren, wo es nur darum ging, ein Wochenende mit einem Seil zu verbringen. Und das war für mich erleuchtend, das war so anders, das war so, ja natürlich, das ist sozusagen die Essenz des Ganzen, wo du mit anfangen kannst und das ist auch ein ganz wichtiger Teil in meinen Anfängen, die ich jetzt versuche weiterzugeben, zu sagen, ja natürlich kannst du diese Muster machen, aber was ist deine Intention, warum du das eigentlich machen willst? Fangen wir mit der Intention an. Warum fesselst du? Willst du jemanden einfach nur festmachen und fixieren? Dann gehst du da sicherlich anders ran an den Workshop, als wenn du irgendwie diesen, wie haben wir es genannt, diesen Weg oder diese Reise vom Seil des Fesselns selber eben machen willst.
Sebastian Lass mich noch ein bisschen zurückgehen. Wenn dein Traum dir gelingt, dann ist aber endgültig das, was du an BDSM machst oder zumindest was mit Shibari zu tun hat und auch das Ganze drumherum, das ist dann Arbeit. Hast du nicht Angst, dass du vielleicht auch dann die Lust und den Spaß und die Leichtigkeit daran verlieren könntest auf lange Sicht. Dann machst du das ja nicht nur zwei Jahre, drei, vier, fünf, sondern vielleicht zehn, zwanzig Jahre und auch dann, wenn du mal keine Lust hast. Also dann kommst du aus der Nummer nicht mehr raus.
Shoga Das ist richtig. Aber, und ich glaube, da ist mein Konzept so weitreichend und gut, dass man sagen kann, naja, diese Location kann auch tagsüber für andere Dinge genutzt werden. Sei es als Fotostudio, das hatten wir ja kurz angesprochen. Es gibt genug Leute, denke ich, sowohl Hobbyfotografen als auch Profifotografen, die kein Fotostudio haben, die das aber mal nutzen würden. Und diese Angebote, diese Mietstudios gibt es überall in Deutschland. Ich glaube, in Hannover gibt es eins. In Braunschweig, glaube ich, aktuell keins. Und ich habe da eben so ein paar Ideen, wie man das eben noch ein bisschen spezieller gestalten kann, dass man einfach sagt, naja, da kriegt man Kundschaft hin, da kriegt man vielleicht auch wiederkehrende Kundschaft hin, gerade tagsüber, die sich einfach mal das gönnen wollen oder die auch sagen wollen, naja, man bucht zum Beispiel mich als Fotografen, das heißt, ich versuche eben, dass es nicht langweilig wird, darüber abzubilden, dass es a) immer wieder andere Menschen sind, weil jeder Mensch ist unterschiedlich, das hatten wir vorhin schon mal und die Themen müssen auch unterschiedlich sein, dass es für mich selbst nicht langweilig wird. Und zumindest bisher kann ich sagen, ich erkläre jedes Mal gerne wieder die gleichen Sachen, die ich schon zehnmal erklärt habe, weil dieses, ich kann es weitergeben und es ist ja nicht alles gleich. Es ist ja nicht immer nur, ich zeige dir jetzt diesen Knoten, jetzt machst du den dreimal und dann, sondern man kann ja immer so ein bisschen individuell darauf eingehen, was so für Fragen auftauchen, was Bedürfnisse sind und so weiter und so fort. Genau, also deswegen glaube ich nicht, dass es aktuell langweilig wird.
Sebastian Ganz ehrlich, wenn man da mit dem Gedanken auch rangeht, dann sollte man es eh bleiben lassen. Ich sehe das ja so, jede Location, die es gibt und die es vielleicht auch schon länger gibt, die ist irgendwann mal als Traum, als Vision entstanden. Und jedes Mal hieß es, oh, ob das klappt und das ist ein Risiko und, und, und. Das ist auch ganz oft so, dass es mal nicht klappt, aber manchmal klappt es eben doch. Und ich finde, durch Corona haben wir recht viele Locations verloren, viele existieren noch und ich hoffe, dass sie sich dann auch halten können, aber sie sind alle am Wackeln. Deshalb muss auch gelegentlich dieser Mut mal her, da was Neues zu erschaffen. Und ich meine, du hast den Podcast ja auch schon ein bisschen gehört. Und ich habe da so eine gewisse Schwäche für Menschen, die einfach sagen, okay, ich gehe da jetzt ins Risiko und ich mache das jetzt. Und das Schöne an so einem Konzept ist ja auch, man macht dann irgendwann die Tür auf und dann guckt man, was geht. Und dann probiert man aus. Das heißt, die eigentliche Tätigkeit ist ja so ein bisschen zu puzzeln, was funktioniert jetzt wirklich. Du brauchst natürlich den Raum, um dann da ein bisschen was anzupassen.
Shoga Genau, ich meine, das ist jetzt so ein bisschen ein Henne-Ei-Problem. Ich kann niemandem etwas Konkretes sagen, sagen "das ist die Location, das machen wir, würdet ihr kommen?" sondern es ist jetzt eher so ein, ich habe schon im Vorfeld mit vielen Leuten geredet, die da möglicherweise hinkommen würden, sei es jetzt existierende Stammtische, es gibt eine tolle Vereinigung, ich glaube Onkel Emma, Tante Emma, also so ein toller Verein, der irgendwie ganz viel Aufklärungsarbeit macht. Von dem ich vorher nichts wusste, bevor ich nicht mal recherchiert hatte, weil ich hatte mal geguckt, ob es irgendwelche Fördermöglichkeiten Richtung BDSM oder sowas gibt. Und auf einmal stoße ich auf diesen Verein, der unendlich viel anbietet, auch Stammtische in Richtung Petplay und Workshops anbietet. Und mit denen hat auch gesprochen und gesagt, naja, wenn wir vielleicht größere Veranstaltungen machen, kommt man vielleicht zusammen. Ich meine, die haben erzählt, naja, sie würden bei sich manchmal Fetischpartys machen. Das war relativ klein bei denen. Ja, vielleicht ist das auch irgendwie eine Möglichkeit, was da zu machen, was dann tatsächlich real... Ja, natürlich bin ich irgendwie die treibende Person, die vorhin dabei war und ich nehme mir gerne diese Dinge in die Hand und versuche das einfach mal, aber genauso wichtig ist eben nicht, dass es so ist, ich mache das und ich möchte mit euch nichts zu tun haben oder ich kann das besser als alle, sondern lass uns das doch zusammen machen, weil das ist, was ich im Shibari manchmal doch schon von der einen oder anderen Seite bekomme, dass man irgendwie dann, die beiden können sich nicht leiden oder das wird sich immer geben.
Sebastian Die ganzen Spaß, den wirst du noch haben. Pass auf, den Wahnsinn des Tagesgeschäfts, der kann dann immer noch kommen. Jetzt ist erstmal Plan, Machen und Tun und offenbar sehe ich da auch, dass du im Moment ein bisschen warten musst, mit den Füßen scharren musst, aber was planst du, wie lange dauert es, bis du sagen kannst, die Tür ist auf, die ersten Gäste sind da.
Shoga Ja, fragt das mal die Stadt. Also im Endeffekt ist jetzt der Schritt, die Änderungen zu beantragen, die wir haben wollen. Darauf warten wir jetzt, dass wir Rückmeldung kriegen und dann gibt es eben entsprechende Auflagen. Und dann heißt es entweder, wir machen das und ich unterzeichne einen Mietvertrag, weil das ist genau diese Risikofrage, die wir hatten. Ich habe mit genug Leuten gesprochen und bin selber klar genug, dass ich sage, ich unterschreibe vorher keinen Mietvertrag, wenn ich nicht weiß, dass es funktioniert. Ja, und da muss man sich selbst auch zurücknehmen, zu sagen, das Risiko minimiere ich jetzt erstmal, weil ich gar nicht weiß, was auf mich zukommt. Das ist vielleicht auch, ja, wo man den Bogen zum BDSM eigentlich schlagen kann, zu sagen, ich mache vielleicht nichts in einer Hängebondage, wo ich das Risiko nicht vernünftig abschätzen kann. Ich muss dich erstmal kennenlernen. Genauso ist es in der Location. Die lerne ich jetzt gerade kennen und gucke mal, was mir da so geht. Dies sieht toll aus von außen, aber ob jetzt sozusagen die inneren Werte, Statik und Brandschutz, was auch immer da jetzt auf uns zukommt, eben passen, das müssen wir sehen. Und wenn das geschafft ist und die Auflagen passen, dann bin ich quasi in den Startlöchern und kann sagen, okay, jetzt könnten wir innerhalb von vier bis sechs Wochen starten.
Sebastian Okay, dann doch so schnell.
Shoga Ja, im Endeffekt ist alles vorbereitet, eine Gründung ist vorbereitet, es liegt alles da in den Händen.
Sebastian Renovieren und Handwerker da reinschieben und die Auflagen auch erfüllen und ich weiß nicht mehr.
Shoga Genau, und die Frage ist eben, welche Anforderungen es wirklich gibt aktuell. Nicht so viele, wenn sie uns natürlich noch irgendwas reindrücken, klar, dann hast du einfach das Problem gezogen.
Sebastian Also sie müssen eine neue Löschanlage installieren. Höhö.
Shoga Bisher nicht, nein. Also wir haben einen Brandschutzgutachter da gehabt, der sagte, nö, also die wesentlichen Vor[gaben], also es gibt im Endeffekt Notausgänge und alles weitere gucken wir mal.
Sebastian Okay, also die Zeichen stehen positiv, aber die Wege der Stadt sind unergründlich. Ich mag nochmal ein bisschen zu dir zurückkommen.
Shoga Gerne.
Sebastian Okay, Tradition, das Ding der Woche und es liegt hier auch schon vor mir, es ist eine Kiste, ich werde das jetzt mal ganz geheimnisvoll beschreiben, ich habe hier eine Kiste aus Papier oder aus Karton, sieht ein bisschen auch schon angefleddert aus, weil sie offenbar benutzt wurde, sie hat oben ein Loch, da guckt etwas schwarzes, wabbeliges raus. Ein großes M ist drauf und ich glaube, jetzt lüften wir das. Ich habe hier eine Box mit Einmal-Handschuhen, mit Latex-Handschuhen in der Hand.
Shoga Tollen schwarzen Handschuhen.
Sebastian Ich ziehe mir mal einen raus.
Shoga Ich glaube, sie müssten latexfrei sein, oder?
Sebastian Latexfrei, ja. Also du hast Handschuhe angeschleppt und jetzt ist natürlich die Frage, warum ist das ein Ding der Woche? Ich ziehe jetzt auch mal einen einfach mal über, allein schon für das Gefühl.
Shoga Mach mal.
Sebastian Haben tun wir sie alle. Entweder im Putzmittelschrank, da sind sie meistens weiß. Oder aber wir haben sie in der Spielzeugkiste, da habe ich auch ein paar. Und ja, Größe passt mir sogar ganz gut. Ehm. Warum... *Schnalzen von Handschuh im Hintergrund* Ach das hört sich so schön an. Warum ist das ein Ding der Woche?
Shoga Wenn ich so darüber nachdenke, was ich denke, was irgendwie besonders für mich sein kann. Oder was öfter auf den, klar, ich mache viel mit Seilen. Aber wenn ich jetzt abseits davon irgendwie so an Hygienesachen gehe oder was auch oft vielleicht kontrovers diskutiert wurde, war, wieso nutzt du denn Handschuhe? Kannst du nicht einfach deine Hände waschen? So, und wo ich mir denke, ich bin mitten im Spiel, ich habe vielleicht gerade ein Seil angefasst, ich habe drei Fusseln an der Hand. So, da möchte ich keine Finger irgendwo einführen. Das muss einfach nicht sein. Natürlich ist mit den Seilen per se nichts, aber das muss ja irgendwie nicht sein. Und diese Fragen kommen, glaube ich, eher von Leuten, die das nicht verstehen und nicht durchführen und vielleicht eher oben spielen. Aber die Bottom-Seite ist eigentlich immer so ein, oh, hier steht ein Handschuh, warum das denn? Ich so, naja, aus Hygienegründen, wenn irgendwie Finger irgendwo eingeführt werden, dann kann man einfach einen Handschuh anziehen und ich meine gerade, wenn wir über vielleicht auch mal über anal reden wollen, dann kann ich den ja nehmen, nach innen umstülpen, dann ist das quasi, kann mit nichts mehr in Berührung kommen, dann kommt sie in den daneben stehenden Mülleimer und dann ist es weg.
Sebastian Der Handschuh steht für Hygiene, er steht für eine gewisse Sicherheit.
Shoga Ich finde ihn aber auch tatsächlich irgendwie optisch toll. Also ich weiß nicht, ich ziehe das an und Und ich hatte das jetzt schon mit mehreren Spielpartnerinnen, die sagten, wenn du das anziehst, das sieht einfach geil aus. Und das Geräusch ist toll und das Gefühl ist toll.
Sebastian Wenn sie nicht schwarz sind, wobei eigentlich ist das egal. Solange sie nicht nach Putzhandschuhen gelb aussehen, ist alles gut. Wobei ich weiß gar nicht, gibt es die auch in gelb? Ich glaube, die gibt es bestimmt in allen möglichen Farben. Aber schwarz und cremeweiß sind, glaube ich, die Standardfarben. Ich überlege auch gerade, zu welchen Gelegenheiten habe ich Handschuhe benutzt? Weil eigentlich ist ja BDSM etwas sehr Ursprüngliches und was sehr, das darf ja auch mal schmutzig sein und alles, aber du hast schon recht, es gibt einfach Punkte, da ist Händewaschen nicht ausreichend. Ich finde auch, Handschuhe haben den Vorteil, dass sie ein bisschen die, wenn man scharfe Fingernägel hat, das ein bisschen, ja, gleitiger machen. *kichert* Okay, das heißt, wenn du irgendwo spielst und fesselst, hast du immer Handschuhe dabei. Aber seilen selber würdest du jetzt nicht mit Handschuhen?
Shoga Nein.
Sebastian Okay. Könnte ich da jetzt einen kleinen Fetisch bei dir schon daraus ableiten?
Shoga Ich mag das Gefühl, klar. Also ich finde, es sieht an mir selbst optisch toll aus. Irgendwie so eine Hand, die diesen Handschuh einfach ausfüllt, das sieht irgendwie toll aus. Ich weiß nicht warum, aber ich finde es einfach schön.
Sebastian Ja, aber guck mal, es ist auch warm und da schwitzt man drunter und all das. Das ist ja auch nicht so. Also das hat ja auch gewisse Nachteile. Aber das stört dich jetzt an der Stelle gar nicht.
Shoga Nee, deswegen würde da nicht auch irgendwo mein Latex-Outfit liegen. Also das Gefühl ist einfach schön, das Latex-Outfit kam tatsächlich viel später erst, kürzlich auf der Passion tatsächlich erst. Da habe ich in einem Shop dort mal endlich das erste Latex-Outfit mal angehabt und gekauft. Und das Gefühl ist hier ähnlich, dieses schöne, enge, schöne Gefühl. Es ist warm, wie du sagtest. Das hatte ich da ähnlich. Das ist einfach ein schönes Tragegefühl. Natürlich schwitzt man darunter, aber mit Körperflüssigkeiten habe ich jetzt irgendwie gerade überhaupt gar keine Probleme tatsächlich.
Sebastian Ja, ist die Frage. ist der Latexhandschuh so ein bisschen ein Markenzeichen von dir? Also würdest du ihn öfter verwenden als andere?
Shoga Uh, als andere was?
Sebastian Als andere Menschen, die dasselbe tun wie du. Also, keine Ahnung.
Shoga Oh, das weiß ich nicht.
Sebastian Okay, da hast du also keinen Vergleich oder so?
Shoga Ich habe da keinen Vergleich. Ich nutze das eigentlich immer, wenn es irgendwie geht tatsächlich, weil, ja, es ist einfach irgendwie ein schönes Gefühl auf beiden Seiten. Wie oft habe ich schon gehört, dass irgendwer gesagt hat, mit neuen Spielpartnern oder bei irgendeiner Praktik, da kriege ich so eine schnell ne Blasenentzündung. Also, wie schnell ich diesen Satz schon gehört habe, dass ich irgendwie schnell mal eine Blasenentzündung kriege.
Sebastian Okay, und du meinst, das bekommt der Handschuh weg, dann müsste es nochmal extra desinfizieren eigentlich, ne?
Shoga Steht ja auch irgendwo rum, genau.
Sebastian Okay, also Hygiene, und das wird sich dann bei der Location wahrscheinlich auch wiederfinden, da wird es überall Handschuhe und diverses Desinfektionsmaterial geben.
Shoga Das kommt ein bisschen drauf an, ja.
Sebastian Weil du dafür dann auch stehst, ne? Und gebe ich auch ehrlich zu, ich fühle mich auf einer Party auch wohler, wo neben jedem Spielgerät die Fläschchen stehen, die mögen nicht besonders sexy aussehen, aber sie sind da und ganz ehrlich, wenn ich da irgendwas mache, dann will ich auch saubere Spielgeräte haben und Hände, im Grunde hast du ja recht, sind genau das gleiche, sind ja ein Spielgerät. Ich habe von dir noch so einen schönen Satz "wenn die Hände nicht gefesselt sind, ist man nicht gefesselt". Und da ich so ein bisschen auf die Uhr gucke, ich habe ja noch so ein spontanes Thema, ich merke übrigens gerade mein Touchbildschirm funktioniert super mit den Handschuhen. Ich bin begeistert. Es gibt noch so ein Thema, was ich hier habe, was ich mit dir heute noch unbedingt ansprechen muss und möchte, weil ich habe es versprochen. Seile machen. Magst du mir mal einen Schnellkurs geben? Ich sage mal maximal Viertelstunde allerhöchstens. Wie komme ich an mein selbstgemachtes, tolles, gutes Seil? Was muss ich dafür tun? Was muss ich einkaufen? Weil ganz ehrlich, bisher ist es so, ich will Seil zum Bondage machen. Dann bestelle ich Seil zum Bondage machen und dann bekomme ich das und danach gehen die Diskussionen los, ist das gutes Seil, ist das richtiges Material, was ist das, was muss man damit machen, dann höre ich immer, dass die Menschen sagen, man muss das irgendwie abflammen und dann wird es gekocht und gefärbt und ich weiß nicht was. Wenn ich keine Ahnung davon hätte, warum sollte ich all das tun? Warum sollte ich nicht einfach Seile kaufen und was tue ich eigentlich dann?
Shoga Ich glaube, das ist eine philosophische Frage, ob du Seile selber kaufst und diesen Arbeitsaufwand in Anführungsstrichen ersparen möchtest oder ob du an diesem Prozess dann selber Spaß hast. Ich glaube, wer keinen Bock drauf hat, der wird auch einfach Seile zum Beispiel einfach kaufen. Das ist auch vollkommen okay, das zu machen. Ich finde diesen Prozess aber einfach sehr schön. Und wie du selber sagtest, gibt es da eine Million Meinungen zu und ich glaube, es ist erstmal hervorzuheben, dass grundsätzlich keine dieser Meinungen falsch ist, wo ich grundsätzlich widersprechen würde, ist, wo ich sagen würde, naja, Baumwolle ist nur bedingt oder nicht für Shibari geeignet, einfach weil sich Knoten so krass zusammenziehen können, dass er sich nicht gut aufkriegst oder aber das Seil dehnt sich eben, sprich, wenn ich jemanden mit Baumwollseile aufhänge, dehnt es sich, das ist überhaupt nicht cool, das macht man im Zweifel nicht. Das ist das Einzige, wo ich sagen würde, da würde ich ein bisschen widersprechen. Für mich gehört eben ein gewisses Seil, Seiltyp zu Shibari.
Sebastian Okay, wenn du jetzt beschließt heute, ich brauche jetzt ein Seil. Offenbar kaufst du es nicht, du kaufst also irgendwelche Rohware. Für nächste Woche brauchst du irgendwie Seil. Was tust du? Wie geht es los?
Shoga Ich gehe auf den Dachboden, der hinter dir die Tür raus ist und gehe an meine Seilrollen und suche mir entsprechendes Seil aus. Natürlich geht dem Ganzen etwas anderes voraus. Ich habe natürlich auch mit Hanf angefangen und die typische Glaubensfrage, ob Hanf oder Jute, da brauchen wir glaube ich nicht lange darüber zu diskutieren. Jeder kann und soll das nehmen, was er möchte. Mir ist Hanf einfach ein Tick zu schwer. Ich finde Jute, weil es ein bisschen leichter ist, einfach schöner.
Sebastian Okay, also du hast Seilrollen mit Jute-Seil auf dem Dachboden, dann schneidest du das einmal ab und dann kannst du es mitnehmen.
Shoga Nein.
Sebastian Natürlich. Also wie gesagt, erzähl mir, aber du schneidest was ab von der Rolle. Das muss ja schon mal gemacht werden.
Shoga Ja, aber vorher guckt man üblicherweise das Seil an. Denn du möchtest ja 8 Meter Seil haben und wir wissen alle, das ist ein Naturprodukt und diese einzelnen Fäden werden dann ja quasi zu dem gesamten Seil gedreht. Also erstmal gibt es natürlich geflochtene Seile und gedrehte Seile, das ist aber ein anderes Thema.
Sebastian Was hast du oben auf dem Dachboden?
Shoga Alles gedrehte Seile.
Sebastian Okay, gedrehte Seile. Das heißt, die kann man auch wieder entdrehen, wenn sie nicht richtig...
Shoga Genau, da können wir uns gleich mal einen nehmen, dann so mal leicht aufdrehen. Dann hat man die Spannung, da gibt es dann eine Million verschiedene Typen, deswegen auch viele Rollen auf dem Dachboden. Und als allererstes mal ist es ein Naturprodukt, das heißt, du wirst irgendwann zwischendrin so kleine Knötchen finden, wo diese einzelnen Stränge miteinander verknotet sind, weil du musst sie ja verlängern. Und du willst im Zweifel nicht dieses Stück, was eben ab und an mal auftritt, mitten im Seil haben. Das heißt, der erste Schritt, den man eben tun würde, wäre, ich messe das Seil ab, wenn ich an der richtigen Länge angekommen bin, zum Beispiel 2, 4, 6, 8, 10, 11 Meter, was auch immer du dann speziell für ein Seil haben möchtest, mache ich einen Schnitt. Und da muss man erstmal dafür sorgen, dass man die beiden Enden, also das bestehende Ende ist ja sowieso schon irgendwie gesichert, dass es nicht sich aufdreht mit einem Knoten, einem Stück Klebeband, wie auch immer man das macht. Meine tollen Wäscheklammern, die man wunderbar als Klemmen nutzen kann, kann man dafür wunderbar von hinten ran machen, da braucht man irgendwie keine Klemmen zu produzieren.
Sebastian Um zu verhindern, dass sich das so nach und nach selber aufribbelt.
Shoga Genau, das will man eben nicht.
Sebastian Dachboden runtergehen mit deinem 8 Meter Stück, wo keine Knötchen drin sind und Wäscheklammern am Ende.
Shoga Also in der Regel mache ich viel mehr Seile, weil das lohnt sich natürlich einmal nicht. Das macht dann nur sehr viel.
Sebastian Wir nehmen jetzt mal eins. Okay, also gut, aber damit hast du ja jetzt das Jute Seil, ist doch super. Knoten am Ende nochmal richtig rein, fertig.
Shoga Dann kannst du damit losfesseln, ja.
Sebastian Okay, aber was tust du damit?
Shoga Kommt, das muss man sehr differenziert sehen. Nein, stimmt natürlich nicht. Die Frage ist einfach erstmal, wie die Ausgangsware ist. Wenn du was aus dem Baumarkt holst, das ist rau, das ist nicht schön gedreht, das ist vielleicht auch ungleichmäßig gedreht, was tatsächlich gar nicht so gut ist dann. Und wenn die Rohware gut passt, dann kannst du im Zweifel damit einfach loslegen. Je nachdem, wie empfindlich dein Bottom ist, gerade was Haut angeht, ist es vielleicht ein bisschen zu rau. Viele mögen das, aber viele mögen auch eben dieses ganz weiche von der Baumwolle. Das heißt, üblicherweise würde man erstmal das Seil brechen. Und dafür gibt es auch verschiedene Methoden. Aktuell spiele ich ein bisschen rum, das einfach in den Trockner zu schmeißen, einfach diese Drehung der Trommel auszunutzen, gar nicht mit viel Hitze, sondern dass sie einfach aneinander reiben.
Sebastian Ah, okay. Also dass man einfach so ein bisschen diese Fasersplitter, sage ich mal, dass man die so ein bisschen wie abbürsten.
Shoga Genau.
Sebastian Also wenn es jetzt ein Stück Holz wäre, würde ich jetzt mit ein bisschen Schleifpapier einfach die Späne wegschleifen. Kann ich mir das so vorstellen?
Shoga Etwas so, genau.
Sebastian Und das geht durch Bewegung einfach, in der Trommel zum Beispiel.
Shoga Genau. Und das gleiche Problem, was du halt bei Holzspänen auch hast, sollte man eine Maske für tragen, weil diese Seilfasern gerne mal in die Lunge kommen können. Das ist überhaupt nicht schön, auch beim Atmen nicht. Sprich, was ich normalerweise hier draußen machen würde, per Handarbeit, also das Seil mit sich selber verdrehen und dann hin und her ziehen, quasi dass es an sich selbst reibt beim hin und her ziehen. Damit kriegst du das hin, das kriegst du aber auch in einem Trockner hin.
Sebastian Okay, aber nicht in der Waschmaschine.
Shoga Nicht in der Waschmaschine. Ich bin kein Freund davon, das nass zu machen, denn ich muss mal schauen, ich habe glaube ich gerade kein Sample davon da. Ich habe Seile, die gefärbt sind, dafür musst du sie nass machen. Das habe ich mir aus Japan bestellt. und die werden extrem locker, weil du musst, wenn du Seile nass machst, musst du sie unter Zug wieder trocknen. Dafür braucht man, meiner Erfahrung nach, einfach sehr, sehr viel Zug für, weil du musst es normalerweise pro Strang mit dem Zug wieder trocknen, der es belasten soll, also vielleicht 100 Kilo. Das heißt, auf das gesamte Seil gesehen, wenn du es mehrfach umlängst, quasi dir den Baowdenzug baust, dann kommt da sehr, sehr viel Gewicht zusammen. Und das ist einfach was, wo ich mir sage, warum willst du es waschen? Also waschen tut man oftmals zum Beispiel Hanf, weil es eben diesen Geruch dann verliert oder zum Färben. Was ich aber viel schöner finde, ist, wenn man direkt gefärbtes Seil kauft, weil dann wird es nämlich erst gefärbt und dann gedreht und dann ist es meiner Meinung nach einfach eine bessere Qualität.
Sebastian Dann ist es auch durchgefärbt.
Shoga Genau und das Durchfärben ist auch ein wichtiger Punkt.
Sebastian Aber wenn ich es jetzt selber färben wollen würde, mal angenommen, dann würde ich es also nicht in den Trockner tun, sondern was nehme ich dann? Nehme ich irgendwelche Klamotten, Lebensmittelfarbe, schmeiße das in den Topf, Seil mit rein?
Shoga Zum Beispiel, ich habe letztens eine neue Methode gesehen, die haben es in einer Pfanne mit Sake gemacht, weil der Alkohol das Seil weniger angreifen soll und wohl besser eindringen soll, das habe ich gehört. Wie gesagt, da kann man jetzt drüber streiten. Ich selber färbe Seile eben nicht selber. Ich habe ein paar rote, weil ich die tatsächlich, wenn wir jetzt wieder auf diesen Rad, das Rad dahin schlagen, die Fotografie, finde ich manchmal soll eben eine Fesselung auf Kleidung vielleicht eher untergehen. Manchmal will ich sie hervorheben. Das heißt, das ist dann für mich ein künstlerisches Mittel. Aber so komplett bunte Seile, das ist aus meinem Punkt für Ästhetik oder optische Gründe, finde ich das nicht schön, wenn du irgendwie knallgrüne oder knallpinke Seile hast zum Beispiel.
Sebastian Ja, okay. Aber vielleicht einfach, weil du hast nun mal die Kenntnis, wie es geht. Deshalb mag ich das heute mitnehmen. Das heißt, ich färbe sie. Und dann hast du eben gesagt, ich brauche den Zug. Das heißt, ich hänge es dann auf. Und das heißt ja, wenn das Seil, wie ist denn das, wenn es nass ist, dann zieht es sich ja zusammen.
Shoga Das heißt, du musst es auf Spannung bringen, dass du es genau wieder ein bisschen längst und die Spannung einfach wieder ins Seil kriegst.
Sebastian Das heißt, ich muss das im Prinzip, wenn ich acht Meter gefärbt habe und nass, dann kommen halt aus dem Topf sieben Meter raus. Das heißt, ich muss es so spannen, dass ich wieder acht Meter habe.
Shoga Ja, ich kann dir gar nicht genau sagen, wie das ist. Ich habe es ganz am Anfang mal gemacht. Also ich habe da nicht nachgemacht und gesagt, das ist mir viel zu aufwendig, das zu machen. Deswegen bin ich dann sofort von Hanf weg, weil die so gerochen haben. Ich musste sie waschen. Ich fand diesen Geruch, diesen eigenen Geruch eben nicht so schön. Und das war eben genau der Grund, da gesagt zu haben, nee, ich will das nicht mehr machen, weil es mir zu aufwändig ist, weil, naja, ich habe nie die Länge, das an einem Stück irgendwie vernünftig zu trocknen, wenn du es irgendwie zweimal umlenkst, dann brauchst du so viel Gewicht und ja, ich wollte das nicht verantworten, da sind wir wieder beim Thema Sicherheit.
Sebastian Achso, weil du kannst natürlich dabei, klar, du kannst die, was das Seil aufnehmen kann, reduzieren. Ich habe mal den Tipp bekommen, ich weiß nicht, ob es funktioniert, liebes Publikum, sagt mir doch, ob das klappt, wenn man von Hanfseilen den Geruch wegkriegen will, dann muss man sie einfach in Katzenstreu legen und nach einer Woche sei wohl der Geruch weg.
Shoga Spannend.
Sebastian Ja, ne?
Shoga Nicht von gehört, warum gibt es diesen Tipp noch nicht, wenn er funktioniert?
Sebastian Ja, ich bin sehr gespannt. Vielleicht probieren das ja jetzt Menschen aus, dann können die das dann sagen. Hinterher ist wahrscheinlich das Seil völlig zersetzt oder so. Ich habe keine Ahnung. Okay, aber das ist ja eigentlich relativ einfach. Also du hast eine gefärbte Jute, du hast sie abgeschnitten. Qualitativ ist alles okay, du hast dir das Stück richtig ausgesucht. Am Ende bleibt ja nicht die Wäscheklammer drauf.
Shoga Genau, ich mache einen Endknoten drauf und da gibt es dann ja auch eine Million verschiedene Ansprüche. Mit Knoten, ohne Knoten, großen Knoten, einfacher Überhandknoten, der ist ein bisschen größer, das heißt, der ist vielleicht besser zu fühlen. Ich mache so einen relativ schmalen Knoten, weil ich sage, ich finde einen Knoten recht schön und elegant. Nimm dir gerne mal eins hier und gucke mal.
Sebastian Ich greif hier einfach mal. Ich habe hier den Handschuh an, genau.
Shoga Das ist aus Hygienegründen wunderbar.
Sebastian Ja, aber eigentlich muss ich es ja doch anfassen.
Shoga Ja, ist vollkommen okay. Sind meine privaten Seile.
Sebastian Ansonsten musst du mir das Seil halt schenken, ist kein Problem. Dann kann ich versprechen, dass es hier nicht... Okay, also du hast einen sehr kurzen Knoten, das sind jetzt so zwei Zentimeter ab der Stelle, wo der Knoten beginnt. Und am Ende guckt so ein bisschen der Rasierpinsel raus. Ich gehe davon aus, du hast das irgendwie nochmal abgeschnitten.
Shoga Genau, also du brauchst fürs Knoten selber natürlich ein bisschen mehr Seil, aber dadurch, dass das einfach optisch überhaupt nicht schön aussieht, das siehst du links daneben, da gibt es noch so andere Seile, da ist noch die Originallänge, das sieht einfach nicht schön aus.
Sebastian Ja, das sieht aus wie Gardinenkordel, die ein bisschen älter ist.
Shoga Genau, das sieht einfach nicht so schön aus. Und das sind jetzt im Endeffekt drei Knoten hintereinander, das heißt du machst einen Knoten um das gesamte Seil. Und da gab es letztens glaube ich in der Podcast-Gruppe auch Diskussionen mal wieder drüber, ob man jetzt takelt, also hinten einfach so Garn drum macht oder welche Knoten genutzt werden und da gibt es jedes Mal wieder ähnliche Diskussionen, dass dann so bestimmte Knoten raufkommen. Diesen mache ich mittlerweile ganz oft. Mittlerweile überlege ich, ob ich einen etwas anderen Knoten nochmal mache. Einen einfachen Überhandknoten, aber wo man nicht das gesamte Seil einfach in Knoten macht, sondern vorher die drei Stränge nebeneinander legt und dann einen Knoten macht. Ich habe, glaube ich, gerade kein Beispiel hier.
Sebastian Das ist gar nicht schlimm. Pass auf, das Tolle ist ja, wir haben Shownotes. Im Zweifel hast du Bildmaterial. Dann packe ich das in eine Galerie rein. Da kannst du das alles zeigen.
Shoga Alles.
Sebastian Alles. Kein Problem. Ein Terabyte Speicher. Gib ihm. Ähm, hier ist aber einfach nur geknotet. Was ist denn mit dem Abflämmen, was ich da immer höre? Also Leute gehen mit Feuer da ran und warum macht man das, wenn man auch einen Knoten machen kann? Oder ist das was ganz anderes?
Shoga Das ist was ganz anderes. Abflämmen musst du diese bösen, bösen Fussel, die auch nach einer Benutzung auftreten. Das heißt, wir können jetzt ja nicht nur über das fesselfertig fürs erste Mal, vor dem ersten Fesseln reden, sondern auch über "Seilwartung" in Anführungsstrichen. Also ich sollte mein Seil schon regelmäßig mal angucken. Vielleicht gibt es Stellen, vielleicht ist irgendwo die Spannung nicht mehr gleich. Denn man muss sich vorstellen, so ein Juteseil, sagen wir mal 120 bis 150 Kilo grob Bruchlast für ein so einen Seil. Wir nehmen das doppelt, bis zu, sag ich mal, beim doppelten. Da sind noch keine dynamischen Lasten drin. Das heißt, wenn ich da jemanden reinfallen lasse, sieht das wieder ganz anders aus. So, jetzt kann ich mir vorstellen, wenn ich diese 120 Kilo mal, sag ich mal, nehme als Minimum und ich nur noch eins von drei Seilen habe, das das Gewicht trägt, weil die Spannung nicht mehr passt. Das ist ja gedreht. Sprich, wenn die Drehung falsch ist, ist quasi noch eins dieser drei Stränge, wo das Gewicht dran hängt. Dann bist du bei einem Drittel.
Sebastian Ich habe immer gedacht, dass die Last, die so ein Juteseil aufnehmen kann, wesentlich höher ist und dass ich da automatisch ziemlich safe bin. Ja, ich würde jetzt auch niemanden an einem Strang nur aufhängen, aber wenn jemand hängt, dann sehe ich ja ganz oft, dass da gleich so sechs, sieben, acht, zehn Stränge quasi sind, die im Endeffekt halten. Nehme ich das jetzt so wahr und dann ist ja genug, ja, ist das eigentlich safe, oder?
Shoga Du musst nicht, das ist wieder das typische Risikoprofil, es gibt wunderbar Fesselungen, wo du ganz viele Sachen machst, die ich auch bei so, ich nenne es mal Anfängern oder Leuten, die einfach so selbst Suspensions machen sehe, die machen einfach ganz viele Seile, dadurch wird es dann sicher. Das macht es natürlich auch ein Stück weit sicher, da sind wir wieder bei diesem Risikoprofil, das macht es dadurch einfach sicherer, nicht sicher, sondern sicherer, weil ich das Gewicht auf viele Stränge verteile und dann sag ich mal, nen Nervenschaden einfach weniger, ja wahrscheinlich ist, weil du einfach weniger Gewicht hast natürlich. Das ist natürlich eine Methodik, das Risiko künstlich runterzubekommen.
Sebastian Warum willst du denn weniger Stränge haben? Damit erhöhst du ja absichtlich das Risiko.
Shoga Weniger Stränge, nein anders. Achso, warum ich das will in der Fesselung.
Sebastian Genau, also weil das so die Vorgabe ist oder weil es geht, oder, oder?
Shoga Weil es geht, natürlich. Wir reden über an Grenzen spielen, wir reden über tolle Erfahrungen. Ich meine, ich kann meine Partnerin nur an einem Bein aufhängen. Ich weiß gar nicht, ob das eins der Fotos dort hängt. Ich glaube nicht. Aber wenn ich quasi diese typische Fesslung mache, wo ich die Fußferse an den Po drücke, dann habe ich dieses Bein zusammen.
Sebastian Futomomo habe ich gelernt.
Shoga Genau so heißt das.
Sebastian Ich habe es mir gemerkt, endlich einmal.
Shoga Und dann kann ich jemanden einfach hier dran aufhängen. Und dann hast du vielleicht zwei Seile, die hochgehen, zwei, die runtergehen und nochmal zwei, die hochgehen. So, und dann hängst du halt an sechs Doppelseilen. Aber wenn ich eins davon durchschneide, dann, also je nachdem, wie gut das oben zusammengedrückt ist, Hält es vielleicht noch oder halt auch nicht mehr.
Sebastian Okay, es ist sabotagesicher.
Shoga Genau, die Frage ist einfach, wie das eigene Risikoprofil aussieht. Und ich denke, wenn wir jetzt über das Fertigmachen reden, klar, man sollte seine Seile regelmäßig prüfen, vielleicht nochmal nachölen, wenn sie zu trocken werden. Macht man einfach deswegen, damit es ein bisschen, ja, es wird geschmeidiger, es wird vielleicht nicht so schnell so faserig wieder. Das ist vor allem auch angenehmer auf der Haut. Und wenn wir jetzt...
Sebastian *unterbricht* Womit öle ich die?
Shoga Da kommen wir gleich zu. Du wolltest noch was über das Flämmen wissen.
Sebastian Ja, tausend Fragen.
Shoga Tausend Fragen.
Sebastian Die ketzerischste Frage habe ich ja noch. Vielleicht werfe ich die jetzt schon mal ein. Wann genau ist der Moment, wo ich Haarspülung mit dem Seil, also das Seil mit Haarspülung bearbeite?
Shoga Niemals.
Sebastian Das ist ein ganz häufiger Tipp, habe ich gehört.
Shoga Mir ist es noch nicht untergekommen. Also vielleicht bin ich in meiner eigenen kleinen Bubble unterwegs. Aber würde ich nicht machen. Ja, Seile flämmen, Seile flämmen habe ich, ich weiß gar nicht, ob ich das auch in der Podcast-Gruppe zu Shibari mal gepostet habe, ich hatte mal einen, da gab es Fragen, wann flämme ich denn eigentlich? Und dann hatte ich mal so ein kleines Experiment gemacht. Das ist wieder dieses, ich möchte mich dann da reinfinden, das auch rausfinden, wie es eigentlich gut ist, ob ich jetzt als allererstes flamme und dann öle oder öle ich zuerst und flamme dann und wann breche ich eigentlich? Also dass du dann viele Kombinationsmöglichkeiten, wenn du das machst. Und ich kann zumindest sagen, Vom Geruch her ist es am besten, erst nach dem Brechen zu flammen, weil du natürlich durch das Brechen kriegst du die Fasern noch aufgestellt. Das Flammen kann man machen, muss man aber nicht. Je nachdem, wie die Seilqualität ist, gibt es nach dem Brechen noch ein paar, die rausstehen. Dann kann ich einfach noch weiter brechen. Das würde auch im regulären Fesseln passieren, dass diese Fasern, die dann rausstehen, irgendwann weggehen. Wenn ich jetzt aber natürlich sage, ich möchte es jetzt aber schon nutzen, weil es okay ist, aber ich mag diese Fädchen nicht, kann ich die abflämmen. Und da sagt man so 40 bis 50 cm pro Sekunde. Also wirklich einmal schnell durch eine Flamme ziehen. Ich würde es zum Beispiel nicht über eine Kerze machen, weil eine Kerze gibt ja Ruß ab. Also wird eher, ja, jetzt das böse, böse Gas nehmen.
Sebastian Das ist schon wirklich mit Tempo, ne?
Shoga Genau, das ist wirklich kurz durchziehen. Das ist einfach diese Flammen, diese Fasern wegflammen. Und ja, das kann ich machen, das muss ich aber nicht machen, weil die, die ich jetzt im Trockner gemacht habe, die sind tatsächlich glatt. So, und die könnte ich, wenn sie aus dem Trockner kommen, die ich das lange genug da drin lasse, vielleicht zwei Stunden oder drei Stunden, das ist eine lange, lange Zeit, dann sind sie super, super weich und dann kann ich mir überlegen, ob ich sie noch öle oder nicht. Und das ist so ein bisschen die Frage, manche schwören auf das Schweiß des Bottoms, quasi die das Seil natürlich durch irgendwelche Fette oder so natürlich auch geschmeidig machen. Wenn man das vorher machen möchte, kann man verschiedenste Öle nehmen, ich nehme immer Jojobaöl und ich mische da noch so eine kleine Essenz mit rein, so ein kleines Duftöl, weil es für mich so ein bisschen auch so einen meditativen Anteil hat. Wenn du also gefesselt wirst, dann steigt dieser doch wohlige Geruch irgendwie auf. Ich finde, das ist immer eine ganz schöne Komponente. Also auch für mich im Zweifel.
Sebastian Okay, da komme ich natürlich auf die Idee, ob man das nicht auch direkt parfümieren könnte, so ein bisschen das Seil.
Shoga Ja, ein bisschen aufpassen, wo wir noch so über Öle reden. Ich habe es im Keller, das hätte ich dir mal gut zeigen können. Es gibt eben Seile aus Japan, die sehr, sehr oft fürs Fesseln genommen werden, die aber maschinell hergestellt sind. Sind ja die meisten, aber da werden diese typischen Maschinenöle benutzt und die riechen dann so nach Petroleum, so ganz, ganz penetrant. Die hängen jetzt so sechs bis acht Wochen in meinem Keller aus, dass sie einfach lüften können. weil es so ein derber Geruch ist, der mir selber persönlich sofort Kopfschmerzen macht, wenn man einfach dann riecht an dieser Rolle. Finde ich überhaupt nicht schön. Aber die Qualität der Seile vom Drehen, von der Haptik ist einfach extrem gut. Da muss man einfach nur aufpassen, manch einer ist da vielleicht allergisch gegen und dann ist es halt auch wieder nicht schön. Also auch das sicherlich, vielleicht wichtig mal zu wissen, es gibt irgendwie Seile mit solchen Maschinenölen drin, die riechen stark und sind vielleicht auch nicht unbedingt hautverträglich. Und dann sind wir aber eigentlich schon am Ende, wo wir sagen können, ich kann ein gutes Seil nehmen, das wird im Zweifel ein bisschen gebrochen, muss ich aber auch natürlich nicht unendlich stark brechen, dass es einfach ein bisschen weicher wird und das irgendwie wie ein Baumwollseil sag ich mal, weicher zu kriegen und dann hängt es eigentlich im persönlichen Interesse da ab, ob ich das färbe oder nicht, ob ich das wegflamme, weil ich vielleicht noch ein paar Fasern habe und ob ich es dann noch öle oder nicht.
Sebastian Jetzt habe ich natürlich immer darauf gewartet, dass ich dich so ein bisschen zum Polarisieren kriege. Nein, das geht auf gar keinen Fall. Aber du, ich merke schon, da bist du echt diplomatisch und es gibt viele Wege zum Ziel. Vielleicht nochmal eine Frage, weil die wurde auch schon manchmal mir gestellt, ob ich das mal in Erfahrung bringen könnte. Ich habe das dann immer direkt beantwortet, aber einfach mal an dich. Warum denn keine synthetischen Seile? Hat man gleichbleibende Qualität? Die Faser ist endlos, gibt keine Knötchen.
Shoga Wer hat denn gesagt, dass ich keine benutze?
Sebastian Ah. Jute oder Hanf haste gesagt.
Shoga Das nehme ich zum normalen Fesseln. Ich nehme tatsächlich synthetische Seile, weil sie waschbar sind. Das heißt, aus dem Sexarbeitergedanken ist das wunderbar. Die kann man beispielsweise im Intimbereich nutzen. Die kannst du in die Waschmaschine schmeißen. Wird genauso gemacht in dem Dominia-Studio. Da gibt es Baumwollseile, die kannst du waschen. Oder die Synthetikseile. Warum ich die Synthetikseile nehme, ist, die verhalten sich wie Jute, fassen sich ähnlich an, haben einen ähnlichen Preis, und haben eigentlich so keine Nachteile, nur dass es halt sich schon noch ein bisschen anders anfühlt. Man merkt, dass es Synthetik ist natürlich.
Sebastian Und du musst sie nicht ölen.
Shoga Also die nehmen wir es eben nicht auf.
Sebastian Okay, also spricht dir überhaupt nichts gegen?
Shoga Ich finde, wenn man sie über die Haut zieht, können sie sehr schnell Verbrennungen machen. Das ist im Endeffekt so eine Kunst. Das ist halt das Problem, das hat man eben in allen Sachen. Wofür ich sie sonst ab und an mal genommen habe, wo ich auch weiß, dass andere sie benutzen, sind für die Lines, die vom Körper, also die von der Fesslung als sozusagen Upline, so heißt es. Also Suspensionline, das ist das Seil, was dann quasi das Hängen ausmacht. Und da ist üblicherweise mehr Last dran. Ich habe noch nicht bisher gehört, dass mal so ein Seil einfach gerissen ist. Das passiert tatsächlich sehr, sehr selten. Oder ist mir noch nicht untergekommen, sagen wir es so. Aber es ist einfach ein erhöhter Sicherheitsfaktor, wenn ich einfach so ein Seil nehme, weil es einfach, ich glaube, 300, 400 Kilo oder sowas tragen kann. Ich weiß es gerade nicht auswendig.
Sebastian Also stabiler sind sie auch noch.
Shoga Die sind deutlich stabiler, genau.
Sebastian Es scheint alles Geschmackssache zu sein. Boah, mir raucht jetzt ein bisschen der Kopf. Ich habe meine erste kleine große Seilkunde bekommen. Und da gibt es wahrscheinlich, ich glaube, du hast es für mich auch noch arg runtergebrochen gerade.
Shoga Gar nicht so sehr. Ich glaube, damit kommt man schon sehr weit, dass man einfach sagt, es gibt nichts richtiges, was falsch ist. Man sollte eben meiner Meinung nach beim Waschen ein bisschen aufpassen wegen der Bruchlast. Aber ich rede natürlich immer aus dem Standpunkt, ich möchte damit Leute irgendwie unter die Decke hängen. Wenn das natürlich irgendwie so auf anderen Wegen ist, dann finde ich das Handling teilweise einfach nur nicht mehr so gut. Also da hatten wir ja schon drüber gesprochen, da muss man einfach sehr gucken, was will ich eigentlich erreichen, was ist meine Intention und dementsprechend eben Risiken abwägen oder auch, ja, eben bewerten.
Sebastian Im Endeffekt gilt, beschäftigt euch mit der Sache und guckt, was ist gut und tauscht euch aus und dann wird da jeder seinen Weg finden und jede ihren Weg finden. Boah, Robert, ich gucke auf die Uhr, die sagt mir, wir müssen zum Ende kommen und genau das tun wir jetzt. Ich wünsche dir für, ja insbesondere für den kink-freundlichen Space, wie ich ihn jetzt einfach mal nenne.
Shoga Ich glaube, das ist gut, ja. Ich glaube, der Scope ist größer, aber Kink soll da eben auch mit haben.
Sebastian Also ich wünsche dir da echt Erfolg, denn im Grunde wohne ich noch im Einzugsbereich und es ist doch einfach schick, wenn einfach neue Dinge entstehen und ich merke, du kannst dich unglaublich in Dinge reinversetzen, sagst okay, ich will das jetzt lernen, findest es raus, durchdenkst das Thema, schaust ganz genau hin und gehst da sehr analytisch ran. Und das ist natürlich gerade bei so einer, für mich ja auch so eine Sache, BDSM, eine Herzenssache, die auch ganz oft vom Instinkt geleitet wird. Finde ich das auch mal spannend, einfach diese Perspektive zu sehen, wie du da wirklich analytisch rangehst und schaust, was kann man daraus machen, was fehlt, was kann ich tun und die Perspektive aber so nimmst, dass es dir wiederum, dass es dein Herzensprojekt wird. Und das finde ich total schön. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg dabei.
Shoga Dankeschön für die tollen Stunden und ja, für ein tolles klasse Gespräch.
Sebastian Ja, fand ich auch und jetzt werden wir hier noch ein bisschen plaudern und liebes Publikum, ihr bekommt noch ein bisschen Musik, also mach's gut und wir kriegen bestimmt noch mal ein Update zwischendurch von dir. Tschüss!
Shoga Ganz bestimmt. Tschüss.
Atmo *Podcast-Musik*Outro*

Kommentare & Fragen

Lexxi
19.10.24

🪢 „Wenn die Hände nicht gefesselt sind, ist man nicht gefesselt.“ 🪢 Ein tolles Zitat aus der Folge, bei dem ich voll mitgehen kann. Spannend zu hören, dass Manches auch einfach Zeit braucht und in einem zweiten Anlauf dann auf einmal viel leichter von der Hand gehen kann als beim ersten Versuch.

Für mich war diese Folge deswegen sehr wertvoll, weil viel darüber gesprochen wurde, welche „Grunddaten“ ein Rigger/in vom Bunny braucht um gut fesseln zu können 🪢. Da mir meiner gerade verlustig gegangen ist, konnte ich hier für mich persönlich viel rausziehen, was ich in einem Gespräch mit einem möglichen neuen Fesselpartner ansprechen sollte. Danke dafür! 👍

Ich hoffe du konntest mit der Weile eine passende Location finden und deinen Plan zu lehren damit umsetzen! 🙏🏻

Jane Hörer
11.04.22

<div>Also tatsächlich hat meine Uni letztes Semester einen Shibari-Kurs angeboten. Aber der war schon voll, als ich mich anmelden wollte q.q</div>

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