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Sebastian
Hallo und herzlich willkommen zur Kunst der Unvernunft, dem Podcast in dem Menschen über BDSM sprechen.
Mein Name ist Sebastian Stix und dies ist Folge 103.
Wenn man sich in der Szene bewegt, dann sieht alles irgendwie immer gut aus, oder sogar besser.
Sorgen, Probleme, Alltag und auch Gesundheit, das bleibt oft draußen vor der Tür.
Das ist ja auch schön.
Doch wir sind alle nun mal Menschen und jeder trägt ein Paket mit sich.
Das kann, darf und soll jedoch kein Hindernis sein BDSM erfüllend auszuleben.
Heute spreche ich mit Nina. Sie ist Ende 30, spielt tendenziell unten,
lebt Poly und erfuhr mit 16, dass sie an Multiple Sklerose erkrankt ist.
Das sieht man ihr auf den ersten Blick eben nicht an und dennoch gibt es Dinge,
die mindestens schwieriger sind als für andere.
Wir sprechen über die Erkrankung, was geht, was geht nicht und was ist schlicht etwas anders.
Wir sprechen über Locations und Barrierefreiheit und warum Selbstbestimmung so wichtig ist.
Aber am meisten sprechen wir eigentlich über Ninas Kink, ihre Wünsche und Erfahrungen.
Denn trotz MS-Diagnose ist sie doch eben genauso normal kinky wie wir alle.
Und mehr Vorwort braucht es heute gar nicht. Fangen wir doch einfach an.
Los geht's mit Folge 103 mit Nina.
Liebes Publikum, es ist irgendwann Anfang September und da draußen brütet die
Sonne, aber ich bin hier eingeladen und fühle mich total wohl bei Nina. Hallo!
Nina
Hallo Sebastian.
Sebastian
Ja, im Zentrum Hannovers, ich stelle dich ein kleines bisschen vor,
39, tendenziell Sub und du bist mein Angstgegner in Sachen Podcastaufnahme.
Du hast nämlich mit Journalismus zu tun und ich werde mir Mühe geben,
das Niveau heute nicht so weit zu drücken, aber du hast auch ganz,
ganz spannende Themen, deshalb mussten wir unbedingt aufnehmen.
Dann musste ich mich einfach überwinden und hab gesagt, ach,
weißt du was, die ist so nett, da fährst du mal hin, das wird schon gut werden.
Hallo.
Nina
Hallo, ich glaube, du musst das Niveau gar nicht alleine drücken, ich helfe dir da gerne.
Sebastian
Sehr schön, dann haben wir da einen Pakt und sind uns einig.
Und ja, man kennt dich jetzt vom Podcast und von den Live-Sendungen noch nicht,
deshalb mag ich mal erwähnen...
Ne, weißt du was? Stell dich doch einfach selber ein bisschen vor.
Wer bist du, warum sitze ich eigentlich hier und worüber wollen wir heute hier reden?
Nina
Ich bin Nina, ich bin, wie du bereits erwähnt hast, 39 Jahre alt,
spiele präferiert unten.
Präferiert. Und bin Pädagogin, Journalistin, Fotografin, Künstlerin.
Ich mache alles und nichts und wahrscheinlich alles ein bisschen richtig und
gar nichts richtig richtig.
Und der Hauptgrund, warum du heute hier bist, ist, dass ich eine Behinderung
habe seit ich 16 Jahre alt bin und auch eine, die mich und mein Leben und auch
die Menschen in meinem Leben sehr,
tangiert, fordert und weswegen mit mir Dinge oft anders laufen müssen und anders
gemacht werden müssen als mit gesunden Menschen.
Sebastian
Das klingt total fürchterlich, aber ganz ehrlich, ich glaube zu viel schwarzmalen
müssen wir da auch nicht, denn ich sehe dich als sehr lebensfreudigen Menschen
und kenne dich ja auch jetzt schon ein paar Jahre, wie du in der Szene durch
die Gegend hüpfst und zwar mit Betonung, du hüpfst durch die Szene.
Bisher beim Stammtisch engagierst du dich und machst da
das ein oder andere Ehrenamt und bist einfach aktiv und eben genau das trotz
der Behinderung. Magst du sagen welche es ist?
Nina
Ja klar. Ich habe Multiple Sklerose seit ich 16 bin. Soll ich kurz erläutern
was genau das ist und was genau da passiert?
Sebastian
Ein Schnellkurs für das Podcastpublikum, damit die auch eine Ahnung haben,
denn ganz ehrlich, ich muss sagen, man sieht es dir nicht an.
Du fährst jetzt nicht im Rollstuhl durch die Gegend. Man kann es dir ansehen,
aber nicht immer, zum Beispiel nicht jetzt. Und das ist natürlich immer so eine
versteckte Sache und da müssen wir einfach mal drüber reden.
Nina
Wobei, nicht mit Rollstuhl, das mag stimmen, aber ich habe ja einen Rollator.
Sobald ich die Haustür verlasse, ist der dabei.
Aber ich erkläre eben erstmal kurz, worum es bei Multipler Sklerose eigentlich geht.
Multiple Sklerose, Abkürzung MS, die werde ich ab jetzt auch lieber benutzen,
weil ich über das lange Wort stolper und das mag niemand.
Also MS ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der Teile meines Blutes,
also Teile meiner T-Zellen, der Meinung sind, dass die Schutzschicht um meine
Nervenbahnen im Gehirn und im Rücken die Myelinschicht,
so heißt die, was körperfremdes ist
und angegriffen und zerstört gehört. Und da, wo die Teile der T-Zellen die zerstören,
liegen meine Nerven, im wahrsten Sinne des Wortes, einfach blank.
Und da, wo diese Schicht zerstört wurde, können Entzündungsherde entstehen.
Je nachdem, an welchem Nerv das der Fall war, kann ich mal nicht laufen,
nicht greifen, nicht gucken.
Wir haben am ganzen Körper Nerven. Ihr könnt euch das zusammenreimen,
was da alles betroffen sein kann.
Das erste Anzeichen dieser Erkrankung hatte ich mit 16, die endgültige Diagnose mit 17.
Und mir wurde damals gesagt, aber das ist jetzt auch wirklich,
wirklich schon eine Weile her, und der Arzt, der mir die Diagnose genannt hat,
sagte dann, dass er mir keine Angst machen möchte, aber ich werde wahrscheinlich nicht älter als 40.
Und das ist mittlerweile natürlich Bullshit.
Und es war auch unverantwortlich von ihm, mir das so zu sagen.
Aber das ist, wie ich damit aufgewachsen bin irgendwo. Also ich war schon immer,
mir war immer sehr bewusst, dass meine Zeit irgendwo begrenzt ist.
Sebastian
Ist sie das denn? Also klar, wir können mal festhalten, du wirst ja nicht innerhalb
von weniger als einem Jahr umfallen.
Nina
Voraussichtlich nicht.
Sebastian
Aber das ist ja, also das ist ja eine Entzündungsgeschichte,
die ja sich entwickelt. Leider Gottes. Also es ist jetzt nicht so,
das ist jetzt so, wie es jetzt ist und dann ist das für immer so,
sondern das ist ja etwas, was leider fortschreitet.
Nina
Genau, um das kurz weiter zu erläutern. Also dieses Fortschreiten,
von dem du gerade gesprochen hast, das nennt sich auch Schub.
Also ein Schub ist quasi eine spürbar direkte Verschlechterung von körperlichen
Fähigkeiten, Möglichkeiten, was auch immer.
Und die kommt plötzlich. Also zumindest bei meiner Form.
Es gibt auch andere Formen, über die kann ich aber wenig sprechen, weil mein Körper da ...
Eben nicht drin ist und ich entsprechend auch nicht. Aber es kommt sehr plötzlich
und früher ging es dann eben durch Medikamente wieder weg.
Mittlerweile bekomme ich dank der guten Dauermedikationen, die ich nehme, gar keine Schübe mehr.
Das heißt, es wird nichts besser, aber es wird auch nicht signifikant schlimmer.
Sebastian
Okay, aber das ist schon mal ein Fortschritt in der Medizin,
dass da echt einiges machbar ist. Also das war auch mein letzter Stand,
die Schübe, die kommen halt und dann ist das so.
Aber wenn man soweit inzwischen gekommen ist, toi toi toi, vielleicht kommt
da noch mehr optimierte Medizin.
Aber trotzdem musst du erstmal damit leben. Es ist, wie es ist.
Nina
Eben, also das tue ich ja aber auch seit ich 16, 17 Jahre alt bin und ich glaube
gerade, weil ich das schon in so jungen Jahren gesagt bekommen habe,
bin ich ja reingewachsen.
Also ich weiß nicht mehr, wie es sich anfühlt, so lange rennen zu können,
wie ich will, so lange tanzen zu können, wie ich will oder noch ein gesundes
Gleichgewicht zu haben. Das weiß ich alles nicht mehr.
Ich stolper natürlich immer mal wieder drüber, dass andere das können.
Und manchmal macht mich das auch traurig. Das hängt dann aber davon ab,
wie mein Tag war, wie mein Leben gerade läuft, mit dem ich normalerweise ganz
zufrieden bin. Aber wir haben ja alle mal Schwankungen.
Und im Normalfall komme ich aber gut mit den Einschränkungen klar, die ich habe.
Sebastian
Ja, und ich wage zu behaupten, dass du doch das ein oder andere Ding ein bisschen
intensiver genießen magst und dir das vorgenommen hast, vielleicht auch aus
Trotz zu sagen, ich will das jetzt, ich will das jetzt gut finden und dann mache ich das einfach.
Also du machst auf mich den Eindruck, dass du so eine Person bist,
die sagt, so und jetzt mal vorwärts und einfach mal machen und probieren und
gucken und Erfahrungen sammeln und warum aufschieben.
Nina
Genau, das hat aber wenig mit dieser frühen Diagnose zu tun,
zumindest nicht bewusst.
Unterbewusst kann das sein, aber ich hab mein ganzes Leben nicht gedacht,
ich muss unbedingt noch das machen, weil morgen kann ich vielleicht nicht mehr laufen. Das ist nicht so.
Es schwebt immer wie ein Damoklesschwert über allem, natürlich.
Aber ich hab auch Tage, an denen ich mal rumhänge und den ganzen Tag dumme Handyspiele
spiele oder Serien zum hundertsten Mal schaue, die ich eigentlich schon auswendig kann.
Ich hab nicht das Bedürfnis jetzt jede Minute meines Lebens, ganz exzessiv unbedingt
immer, immer, immer, immer, immer bis zur allerletzten Millisekunde auszureizen und zu nutzen.
Aber ja, es stimmt schon, ich lebe sehr gerne. Es gibt tolle Sachen im Leben,
die ich machen kann und machen möchte und von denen tue ich auch sehr viel.
Sebastian
Okay, pass auf. Also dieses Damoklesschwert, wie du es jetzt genannt hast,
wird so ein bisschen über dieser Folge schweben.
Und das hat natürlich auch Auswirkungen auf dein BDSM, ganz klar.
Sogar große Auswirkungen zum Teil.
Aber bevor ich dazu kommen möchte, mag ich erst mal wissen, wie das mit dem
ganzen Kink bei dir überhaupt angefangen hat.
Und ganz ehrlich, ich hab irgendwo die Notiz gehabt, dass du so um die 17,
15 gewesen sein musst, als irgendwas anfing. Nein?
Nina
Nein. Ich war neun. *lacht*
Ich möchte das in ein richtiges Licht drücken.
Sebastian
Das bitte mal, ja.
Nina
Ich bin schon mit neun in die Pubertät gekommen und ich habe meine Periode bekommen, als ich zehn war.
Das heißt, ich war mit allem ein bisschen früher dran und ich hatte mit neun,
das war total niedlich, da war eine Freundin von mir da und wir haben uns nackt
ausgezogen und einfach wie Kinder das halt machen versucht, wie fühlt sich das
an, wenn ich dieses oder jenes mit meinem Körper mache.
Und das haben wir halt auch gemacht. Also ganz unschuldig lieb.
Und dann hatte ich hatte so einen Dinosaurier mit Stacheln.
Also diese Plastikdinosaurier, diese kleinen, diese Figuren. So einen.
Und ich fand es damals schon am allerallertollsten, von dem irgendwie berührt zu werden.
Und wollte auch, dass das fester wird, fester gemacht wird.
Oder hab's selber fester gemacht. Ich habe das sehr,
sehr präsent im Kopf als so meine erste Erfahrung, die in diese Richtung ging.
Sebastian
Ja, auch schon als sexuelle Erfahrung dann?
Nina
Also so als Pädagogin, Kinder haben eine Sexualität.
Sebastian
Ja, aber ich habe mal ein sehr schönes Zitat aufgeschnappt.
Das war so nach dem Motto, also echte Sexualität, wie wir Erwachsenen das definieren,
ist es ja erst dann, wenn die Kinder da eine gewisse Scham haben und sie da
irgendwie das als nicht ganz richtig erkennen. Ist das nicht fürchterlich, diese Definition?
Nina
Sie ist fürchterlich und sie ist auch falsch. Tatsächlich ist ja,
Kinder empfinden Dinge erstmal angenehm.
Die haben kein, oh, das ist jetzt angenehm dieses oder angenehm jenes.
Und ich pack das in irgendeine Schublade. Das ist jetzt sexuell oder das ist
jetzt wohlfühlig oder das ist jetzt so und so und so. Das haben Kinder nicht.
Für die ist alles erstmal nur angenehm.
Sebastian
Aber trotzdem musste es ja auch bei dir irgendwann eine Schublade kriegen.
Das ist Sexualität und das ist jetzt irgendwie BDSM oder SM oder Kinky oder keine Ahnung.
Also ich finde ja immer den Moment, wo man realisiert, das was ich da eigentlich
gerade tue oder das was ich möchte, das hat was mit diesem SM zu tun.
Gibt es da so ein Erwachen bei dir?
Nina
Ja, also dafür, dass ich schon so früh in die Pubertät gekommen bin,
war es tatsächlich, also ich habe erst mit 15 mein erstes Mal gehabt.
Das ist sehr lange, also fünf Jahre Warten von Pubertätsbeginn bis,
fand ich schon, jetzt auch als Erwachsene in der Retrospektive finde ich das schon ganz enorm.
Ich habe mich immer hingezogen gefühlt zu ein bisschen raueren Formen.
Also klar, ich meine, ich glaube, bei allen ist, wenn wir unsere Sexualität
entdecken, ich hatte am Anfang erstmal sowieso Schmerzen, weil mein Körper das
leider nicht anders hergegeben hat.
Und sobald das aber vorbei war, also sobald ich Sex haben konnte,
ohne dass es ohnehin weh getan hat.
Ich war auch in der Gothic-Szene und bin dadurch automatisch in viele Dinge ja reingestolpert.
Dadurch, dass alle oder viele Halsbänder getragen haben.
Und dann waren ja auch mal Leute mit Halsbändern und Leine in der Disco oder
was auch immer. Das heißt, die eigentliche Berührung mit der Szene und mit BDSM
als solches kam tatsächlich bei mir eher indirekt über die Gothic-Szene.
Sebastian
Da wir ja ähnlich alt sind, ich mag dir mal eine Horrorvision aufmalen und dann
sagst du mir mal was dazu.
Nina
Ich mag Gruselfilme, also ich war nicht enttäuscht.
Sebastian
Da ist die schöne Satin-Bettwäsche, dazu läuft im Hintergrund wunderbar Kuschelrock Nummer 56.
Nina
Uah... *macht wenig begeistertes Geräusch*
Sebastian
Jetzt nicht werten. Da ist noch ein Räucherstäbchen irgendwo und
dann wird erst mal gestreichelt und dann kommt Petting.
Das Wort hab ich, glaub ich, noch nie erwähnt.
In der Folge vor dir, da hab ich das Wort Petting wieder entdeckt.
Und dann ist das alles ganz sanft und ganz schön, mit ganz viel Zeit und Vorspiel und Nachspiel.
Das will ich jetzt gar nicht schlecht reden. Das kann alles sehr schön sein.
Nina
Ich seh auch die Horrorvorstellung noch nicht, aber...
Sebastian
Okay, aber sagen wir mal so, hast du das in der Zeit erlebt und dann festgestellt,
das ist es mal gar nicht? Also ist das schon so ein innerer Drang da gewesen, so?
Alter, das geht so nicht, das kann doch nicht diese Sexualität sein, von der sie immer alle reden.
Nina
Also ich habe das in der Zeit nicht erlebt.
Sebastian
Hättest du mal.
Nina
Nee, hätte ich mal besser nicht. Also ich habe, wie erwähnt,
ich habe ja am Anfang, ich hatte die ersten zwei Jahre, bei meinem ersten Mal
war ich ohnmächtig vor lauter Schmerzen, weil ich habe einen wirklich tollen
Aufklärungsunterricht in der Schule gehabt, der mich auch vollumfänglich informiert hat.
Nur nicht darüber, dass du als Frau besser feucht sein solltest.
Das war ich nämlich nicht vor lauter Nervosität und Angst.
Und wir wussten ja beide nicht was... Also es war auch sein erstes Mal.
Wir wussten ja beide überhaupt nicht, was wir da machen oder auch besser nicht hätten machen sollen.
Ich war nur kurz ohnmächtig, aber es hat echt wehgetan. Es war richtig fürchterlich.
Mein Körper als solches ist auch eher ein bisschen enger gebaut.
Ich bin dankbar, dass ich keine Kinder will.
Dadurch hat das einfach echt gedauert, bis mein Körper sich dran gewöhnt hat,
dass da große Dinge reingesteckt werden oder kleine Dinge, irgendwas reingesteckt wird.
Sebastian
Aber daran konnte sich dein Körper gewöhnen?
Nina
Oh ja!
Sebastian
Es ist nicht mehr so,
dass du bis heute da so einen gewissen Schmerz dann einfach erleiden musst?
Nina
Nein, also hin und wieder gerne, aber nicht automatisch, nein.
Sebastian
Wann hat denn der Kink seinen Namen bekommen bei dir? Wann wusstest du,
oh, ich mache hier Sachen, die nicht gewöhnlich sind?
Nina
Ich glaube, so seit ich 18 bin, ungefähr. Es ging ja vorher auch schon durchaus in die Richtung,
auch weil ich ja mit vielen Menschen aus der Szene irgendwie befreundet,
bekannt, verpartnert, ver-lass-uns-mal-ficken war,
hab ich sehr viel Erfahrung schon in sehr jungen Jahren gesammelt.
Und konnte entsprechend auch schon schnell merken, was find ich denn davon gut
und was find ich nicht so gut.
Sebastian
Was fandest du denn gut?
Nina
Härter angefasst werden fand ich gut. Und wenn ein Mann, oder Junge in dem Fall
ja eher, einigermaßen wusste, was er da macht.
Und mich nicht gepampert hat, sondern wir einfach Spaß haben konnten.
Und über die Dinge, die ich noch so mag, können wir später gerne ausführlicher
sprechen. Aber das war nicht mit 18. Da war es wirklich ein Hintasten, hinschauen und...
Sebastian
Mir geht es so ein bisschen um das Mindset, Das war so, ich probiere das und dann das
ist okay oder schon so dieses, das macht man ja eigentlich nicht ich sollte mir
das vielleicht, ich sag mal, abgewöhnen. Also inwieweit warst du in einer Bubble die eher,
ich sag mal, dich ins bürgerliche gedrückt hat. Wo das nicht hingehört. Das macht
man halt nicht. Plüschhandschellen sind gerade noch okay, wenn sie vom Jahrmarkt
sind und ansonsten geht halt nicht.
Nina
Also.
Sebastian
Ich mag deine Sozialisation ja doch ein bisschen anschauen.
Nina
Ja, aber die ist nicht wirklich ... Es ist schwierig, die in dem Kontext anzuschauen.
Meine Verwandtschaft hat ohnehin herzlich wenig von dem mitbekommen,
was ich so tue. Und wenn doch, war es ihnen entweder egal oder ...
Es war auf jeden Fall nichts, was eine Rolle gespielt hat. Dass ich dann irgendwann nur noch
schwarze Klamotten getragen habe, da dachte meine Mutter, ich nehm jetzt Drogen und werde Satanistin.
Ich hab ihr ganz lange ausführlich und sehr liebevoll in meinem Dafürhalten
erklärt, dass das nicht der Fall ist.
Und das heißt, von meiner "Familie",
in Anführungszeichen, kam da in Bezug auf Sexualität eigentlich nichts.
Außer, dass irgendwann klar war, okay, Nina hat häufiger mal
andere Jungs zu Besuch oder im Freundeskreis oder was auch immer.
Und das wurde kommentiert mit, dich heiratet sowieso nie jemand. Finde ich okay.
Und ansonsten, dadurch, dass ich ja eben in der Gothic-Szene war,
und in der Gothic- und Punk-Szene, war damals bei uns im Pott so ein bisschen verwoben.
Und da war ich zusammen mit lauter Menschen, die toleranter waren,
die irgendwie gesagt haben, hey, Hauptsache, alle sind zufrieden und glücklich
mit dem, was sie tun. Das heißt, dieses Stigma in Bezug auf BDSM hatte ich nie früher.
Ich hatte es in Bezug auf Poly, aber nicht in Bezug auf BDSM.
Sebastian
Poly ist auch nochmal so ein Punkt, den ich heute groß auf meiner Liste habe.
Liebes Publikum, wir kommen da auch noch hin.
Nina
Unbedingt.
Sebastian
Jetzt hast du mit 16, 17 eine Diagnose bekommen, mit 18 ist es dann auch BDSM.
Ich meine, die Ärzte, was haben die gesagt, seien sie vorsichtig oder so,
gab es irgendwelche oder das ist einfach so, also es ist ein bisschen die
Frage, ob das schon so, sie können das jetzt nicht machen im Leben,
ob es so eine Anweisung gab, eine ärztliche, nein.
Nina
Nein. Also es gab keine ärztliche Anweisung, definitiv nicht.
In Teilen kann ich ja, wenn ich Schübe hatte, überhaupt bestimmte Dinge nicht
tun. Also dann bin ich froh, wenn ich laufen kann.
Sebastian
Aber dieses, sie können tun, was sie können, das ist so erstmal gesetzt.
Ich kenn mich ja nicht aus, deshalb bist du ja da.
Nina
Ja, ach deswegen bin ich da, weil du dich nicht auskennst, na super.
Sebastian
Ich will ja was lernen. Aber trotzdem ist so, da war ja erst mal die Diagnose da,
hat das schon eine direkte Auswirkung gehabt? Also gab's schon von vornherein
Dinge, wo du sagen musstest, ah das würde ich gerne probieren,
aber da wird's für mich schwierig?
Nina
Ja, tatsächlich. Ich wollte, also ich habe auch mein Abitur geschmissen,
weil ich hatte andere Dinge im Kopf in dem Alter, in dem es relevant gewesen
wäre, mich auf die Schule zu konzentrieren.
Ich wollte ursprünglich mal Archäologie studieren in Verbindung mit Ägyptologie.
Es ist total gut, dass ich das nicht gemacht habe, weil sonst wäre ich jetzt
arbeitslos und wahrscheinlich gelangweilt und frustriert.
Aber da war klar, das ergibt nicht viel Sinn, das noch anzufangen.
Weil mein Körper hat ja mit 16 schon angefangen, irgendwie abzubauen.
Und das in der Zeit auch in einem sehr rasanten Tempo.
Entsprechend hätte ich vom
"im Sand buddeln" gar nicht so viel gehabt. Oder konnte ich vom "im Sand buddeln" gar
nicht so viel haben. Und das stand schon fest, wie ich ursprünglich mal gedacht hab.
Sebastian
Mhm.
Nina
Aber ja, ansonsten hätte ich das wahrscheinlich zumindest versucht.
Sebastian
Ich überlege gerade, also ich meine, heute hat man ja dieses klassische,
man lernt das kennen, ah, es gibt BDSM, dann googelt man wie blöde und dann
hat man irgendwann eine erste Session, die dann auch, ich sag mal,
wie im Film ist. Man bereitet sich drauf vor, man hat dieses ganze Gespräch und so weiter.
Ich hab das Gefühl, bei dir war das so ein ganz organisches,
ach, einfach Kram ausprobieren.
Nina
Ja.
Sebastian
Was denn so? Also womit hast du angefangen? Und auch da ist ja die Frage.
Einfach unten angefangen oder oben oder einfach nur irgendwas probiert?
Also das ist ja nicht alles in Stein gemeißelt, wie man kinky ist.
Nina
Also ja, es war organisch, dadurch dass ich aber in meinem normalen Alltagsleben halt immer laut war,
mittelpunktsnah war und mich viel für andere eingesetzt habe und mich auch in
der Schule immer alle kannten und ich Schülersprecherin war und weiß der Henker
nicht was, war es für mich schon von vornherein irgendwo ansprechender,
das im Bett nicht zu sein.
Also ich habe mich schon von vornherein dazu hingezogen gefühlt,
mal nicht die zu sein, die Entscheidungen trifft, mal nicht die zu sein,
die sagt, wo es lang geht, sondern die, die dann eben einfach mal loslassen darf.
Sebastian
Was für Fantasien hattest du im Kopf?
Nina
Oh, als ich klein war, also jung, war nicht klein.
Als ich jung war, hatte ich so diese Fantasien von irgendeinem Stamm,
der mich an einen Marterpfahl fesselt und alle nacheinander vögeln mich einmal durch.
Das war eine sehr jugendliche Fantasie, aber...
Sebastian
Die konntest du bis heute nicht erfüllen.
Nina
Die möchte ich auch nicht erfüllen. Bei aller Liebe nein. Ich habe tatsächlich
im Laufe meiner Beziehungen, sexuellen Erfahrungen, etwas entwickelt, das ich ...
Für mich eine Sexualmoral entwickelt, die gut funktioniert und da ist sowas
nicht inkludiert und das gibt mir auch nebenbei bemerkt nichts.
Sebastian
Okay, also wenn ich jetzt, sag mal, ich druck jetzt hier ein dickes Label auf,
auf dem steht drauf DEVOT und dann möchte ich dir das anpappen, wie gut passt das?
Nina
Ich weiß nicht, im Bett mit einem Partner, der toppt und weiß,
was er tut und das kann, können wir das gerne tun.
In meinem normalen Leben ist das, glaube ich, das letzte Schild, das zu mir passt.
Ich spiele ja auch durchaus gerne damit. Also ich habe auch einen meiner Partner,
den toppe ich fast ausschließlich.
Und das macht mir ja auch Spaß. Ich würde mich aber, also ich würde mich nicht
unter das Devot-Schild packen.
Sebastian
Welches Schild passt denn gut?
Nina
Puh, das ist eine schwierige Frage.
Sebastian
Ich glaube, Maso kann man auf jeden Fall schon mal unterstreichen, das passt.
Nina
Absolut, ja. Ich bin ja auch gerne Devot. Gibt es irgendwie sowas wie...
Sebastian
Service-Devot.
Nina
Ne, aber das trifft es ja nicht. Also, das gibt mir ja was.
Ich mache das ja nicht, weil es dem anderen was gibt und ich lasse ihn mich
hauen, weil ich schön finde, wie sehr er sich dann freut.
Sondern, also auch.
Sebastian
Also ein devoter Top wäre perfekt, der an dir den Service der Masochistin dann
quasi…
Nina
Nee, nein, nein, okay, okay.
Sebastian
Versuch's doch mal so zu beschreiben, das hören ja hier Menschen,
die auch noch gar nicht so viel Szenenerfahrung haben, die noch gar nicht so
viele Menschen kennenlernen, die sich erstmal über BDSM informieren wollen und
dann hören die diesen Podcast und stellen immer wieder fest,
dass alles, was sie sich vorher überlegt haben, wie BDSM aussieht,
dass das alles Quatsch ist. Und diese Folge gehört auch dazu.
Also, was passt?
Nina
Ich möchte Partner in meinem Bett, ganz besonders auch im BDSM-Bereich,
die wissen, was sie tun und die wissen, wer sie sind.
Ich weiß das persönlich nämlich sehr gut und wenn mein Partner da nicht genau
so sicher ist in sich selber, wie ich das bin, dann wird das nix.
Also erst recht nicht beim Spielen, vielleicht können wir dann Sex haben,
aber alles andere nicht. Das heißt, ich brauche Begegnungen auf Augenhöhe und
nur wenn ich eine Begegnung auf Augenhöhe habe, dann lasse ich mich auch toppen.
Also das trifft's glaube ich noch am ehesten.
Sebastian
War das schon immer so. Das muss man ja erstmal rauskriegen.
Mit 18, 19, 20, 25 ist das ja noch gar nicht so gesetzt, wie ich finde.
Da probiert man ja rum und ich sag mal, ich bin durch die Gegend gestolpert mit
ja, irgendwie oben, und Sadismus finde ich schon irgendwie ganz gut und habe allen
möglichen Krams ausprobiert und habe tolle Schätze entdeckt und auch andere
Sachen gefunden, wo ich dachte, um Gottes Willen, das mag ich jetzt.
Die Erfahrung war wichtig, aber wiederholen werde ich es nicht.
Nina
Ja. Und? Und?
Ich habe gerade so mit 16, 17, 18 mit Partnern eben durchaus probiert,
wie geht es mir, wenn ich ans Bett gefesselt werde? Wie geht es mir,
wenn mir auf den Po gehauen wird? Also das war schon so ein bisschen rantasten.
Hinzu kommt, als ich noch in dem Alter war, da gab es nachts auf RTL 2 immer diese Soft-Pornos.
Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, weil wir ja ein ähnliches Baujahr sind,
aber die gab es und die fand ich mega.
Das war eine simple Möglichkeit an Sex im Fernsehen ranzukommen,
auch wenn natürlich nicht sehr explizit, aber explizit genug für die Teenie-Nina.
Und da haben mich eben auch immer eher die härteren Sachen angesprochen.
Sebastian
Ja, wobei davon gab es gar nicht so viel und aber zum Teil, also Peter Steiner fand
ich sehr schlimm, aber gut...
Du meldest dich.
Nina
Es gab einen, das weiß ich noch, das war so schön. Da wurde eine Frau tätowiert
und ich krieg den richtigen, ich glaub es gab gar keinen richtigen Plot,
aber auf jeden Fall wurde sie tätowiert.
Und damit sie dabei weniger Schmerzen hat, hat sie irgendwer gefickt.
Das fand ich total gut. Also da ich selbst tätowiert bin, weiß ich was für ein Bullshit das ist.
Aber die Vorstellung hat mich schon sehr angemacht.
Sebastian
Jetzt hast du circa 20 Jahre Erfahrung im Kinky-sein?
Nina
Ja.
Sebastian
Was ist denn anders?
Was sind Dinge, die zum Beispiel nicht mehr im Repertoire sind,
auf die du aber mal sehr neugierig warst?
Nina
Ich habe wirklich eine Menge ausprobiert. Ich habe auch eine Menge Dinge ausprobiert,
von denen ich realisiert habe, so okay, das gibt mir wirklich nichts.
Also gar nichts, gar nichts. Anpinkeln zum Beispiel gibt mir überhaupt nichts.
Habe ich von vornherein gedacht, dass mir das nichts gibt. Ich dachte aber,
wenn ich es nicht zumindest mal ausprobiere, dann weiß ich es ja nicht.
Habe ich also. Gibt mir nichts. Und einen Schritt weiter wollte ich dann gar
nicht. Also das hat mich auch nie gereizt. Aber da dachte ich,
also beim Anpinkeln, dachte ich, okay, vielleicht ist das ja was, das könnte, aber nein.
Was überhaupt nicht geht für mich, sind Knebel.
Aus verschiedenen Gründen, die ich gar nicht näher beleuchten muss.
Knebel gehen nicht. Und eine ganze Menge anderer Dinge sind immer Verhandlungssache.
Also es kommt drauf an, mit wem ich das mache, beziehungsweise wer das dann mit mir macht.
Wie erfahren ist die Person, wie stehe ich emotional zu der Person,
wie ist das Gesamtsetting?
D.h. eigentlich, es gibt wenig, von dem ich sagen würde, ich mache das überhaupt gar nicht.
Außer eben besagtes Anpinkeln und...
Sebastian
Ja gut, aber du hast es probiert. Hast du dich überreden lassen oder war es
die eigene Neugier, die gesagt hat, das muss man jetzt mal machen?
Nina
Das war die eigene Neugier. Das war, da war ich Anfang 20 und hab mir gedacht,
na ja, komm, wenn du jetzt hier sowieso ganz viele Dinge ausprobierst,
dann probier doch das auch mal aus.
Ich hatte damals einen Partner, der 13 Jahre älter war als ich und viel mehr
Ahnung von ganz vielen Dingen hatte, der die sehr gerne weitergegeben hat.
Und da das ging, soweit ich mich richtig erinnere, entschuldige,
Thorsten, falls du das hörst und die Erinnerung falsch ist, dann nehme ich alles
zurück und behaupte das Gegenteil.
Wenn ich mich aber richtig erinnere, dann hatte ich gesagt, dass ich das mal
gerne machen würde. Und er sagte, er hatte das schon und ihm gibt das nichts.
Wenn ich das aber probieren will, können wir das gerne tun.
Sebastian
Das war nett von ihm.
Nina
Das ist total nett von ihm. War ohnehin sehr nett.
Sebastian
Okay, jetzt lass mich mal ein bisschen lenken zum Thema, was hat dein Körper,
inwieweit hat der sich eingemischt?
Inwieweit hat er, ich sag jetzt auch nur noch MS, ich versuch das gar nicht
erst einmal richtig auszusprechen, das hat eh keinen Zweck.
Aber inwieweit hast du gemerkt, oder inwieweit hat dein Körper blockiert oder
dich dazu gezwungen, auch an manchen Stellen mal langsam zu machen?
Wo sind da auch am Anfang und bis heute auch Einschränkungen gewesen,
wo du sagen musst, das kann ich nicht machen.
Also ich kann dich ja als Sub nicht jetzt, was weiß ich, bis zum achten Stock
hoch und runter rennen lassen und dabei auf die Stoppuhr gucken und dich dann
bestrafen. Ich meine, das ist aus so vielen ethischen und moralischen Gründen
scheiße. Das geht mal gar nicht.
Nina
Das könntest du natürlich trotzdem versuchen, aber ich glaube,
niemand der Beteiligten hätte daran Spaß.
Sebastian
Genau, das ist der Punkt. Also wo sind die Punkte, wo es Impact hat?
Nina
Also ganz massiven Impact, weil ich eben wirklich nicht, ich kann nicht lange laufen,
ich kann nicht lange stehen.
Das heißt, da gehen viele Dinge schon mal nicht. Mich im Stehen irgendwo hinhängen,
mich irgendwo hinstellen und dann sehr lange vermöbeln, geht nicht.
Da macht auch mein Kreislauf nicht mit, aber auch unabhängig vom Kreislauf würde
das nicht gehen, weil mein Körper mich einfach nicht so lange trägt.
Alles, was aufs Gleichgewicht geht, ist schwierig, weil ich viele Schübe genau
in dem Bereich des Gehirns hatte, der für das Gleichgewicht zuständig ist.
Das heißt, viele Dinge, von denen Menschen, die noch ein intaktes Gleichgewicht
haben, gar nicht wissen, dass sie das Gleichgewicht dafür brauchen,
die gehen halt nicht. Also fast alles, was im Stehen und Liegen geht, funktioniert prima.
Sebastian
Genau, da greifst du ja schon vor.
Nina
Oh.
Sebastian
Also eigentlich der Punkt,
ich wollte nämlich diesen Punkt, was geht nicht? Den mag ich ja sehr kurz halten,
weil als wir uns hier vorab unterhalten haben, hast du mir erzählt, was nicht alles geht.
Dann dachte ich mir, ach was, das ist ja, also das ist sehr viel mehr,
als nicht geht. Also ursprünglich habe ich gesagt, okay, MS,
oh weia, da muss dann dein Gegenüber unfassbar aufpassen, da gehen ganz,
ganz, ganz viele Sachen nicht.
Dann hast du mir gesagt, ja, Maso ist sie.
Okay, das geht ja noch viel weniger, ja. Und dann hast du mich aufgeklärt und ich hab gesagt,
ach was, also man schreckt ja erstmal zurück, weil man kennt über eine Krankheit,
über eine Behinderung, man hat schon irgendwas darüber gehört und dann ist man
automatisch ganz vorsichtig und dann lässt man quasi alles bleiben und SM, das geht doch nicht.
Und in diesem, ich glaub anderthalb Stunden haben wir da gequatscht,
hast du mich davon überzeugt, dass man sich an dir offenbar sehr,
oh Gott, wie drück ich's denn jetzt niveauvoll aus, gar nicht, austoben kann.
Und ja, also was geht?
Nina
Austoben ist nicht niveauvoll? Also was geht? Erstmal viel. Und das Wichtigste
ist glaube ich generell, dass darüber gesprochen wird, wie immer bei allem.
Gespräche, Gespräche, Gespräche und noch mehr Gespräche.
Einfach auch dann natürlich, wie das auch normal ist, ein Gespür füreinander
entwickeln, was heißt denn dieses oder jenes Signal?
Bei mir muss Mensch dann vielleicht manchmal schneller reagieren als bei Gesunden,
aber solange ich nicht laufen muss, tanzen geht ja auch nicht mehr gut.
Also Mensch könnte mir befehlen, tanz, dann tanz ich auch, ich kann toll tanzen,
aber es geht eben nicht lange.
Und das muss mein Spielpartner vorab wissen und präsent haben,
um da irgendwie nicht was von mir zu erwarten, was ich gar nicht leisten kann.
Sebastian
Lass mich da mal dazwischenfragen. Das geht nicht, weil du dann Schmerzen hast
oder weil es einfach, weil der Körper sagt, ich mache es nicht?
Nina
Es ist eine Mischung aus beidem. Also koordinativ bekomme ich das nicht mehr hin.
Und sobald ich Dinge tue, die anstrengend sind, also aktiv tue,
die anstrengend sind, kann ich mich nicht mehr richtig bewegen.
Sebastian
Vielleicht einfach, um das für mich noch mal plastisch zu haben. Manchmal habe
ich das, gerade als Jugendlicher, da liegt man so komisch auf dem Arm und der
schläft einem so wunderbar ein und dann, man kann ihn irgendwie bewegen,
aber wenn man was greifen will, man packt daneben und das ist alles zwar langsam,
das funktioniert einfach nicht richtig. Kann ich mir das so vorstellen?
Nina
Genau so, ganz genau so. Also tatsächlich fühlen sich Schübe sehr häufig erstmal an,
wie es ist etwas eingeschlafen.
Blöderweise wacht das Körperteil aber nicht mehr auf. Und deswegen,
also der Vergleich ist sehr gut. Entschuldige, ich hätte den auch schon ziehen
können, weil genau so ist es oder kann es sein.
Also Schübe sind ja auch unterschiedlich, wie Nerven unterschiedlich sind und Menschen.
Aber genau das ist es. Es kann sich genau so anfühlen und das hat es in meinem Fall auch oft.
Sebastian
Und dann ist ja die Überlegung, wenn da in den Nerven was kaputt ist und da
kann man doch nicht da irgendwie...
Draufhauen und dann entstehen ja auch Entzündungsreaktionen,
blaue Flecken, Hämatome.
Ich wäre sehr, wenn ich eine Spielpartnerin hätte, die sagen würde,
ich habe MS, dann würde ich sagen, um Gottes willen, was muss ich beachten,
was geht alles nicht und ich würde natürlich alles, was mit hauen und Seil und
fixieren zu tun hat, da würde ich schon mal sagen, oh das sind natürlich die
Dinge, da wäre ich schon mal sehr vorsichtig.
Und diese Vorsicht, nimm sie mir mal.
Stell dir vor, du hast da jetzt einen Spielpartner sitzen.
Nina
Da, direkt neben mir, meinst du?
Sebastian
Genau, und dem erzählst du jetzt einfach mal, was der alles machen kann.
Nina
Mach doch bitte einfach, was du möchtest. Ich pass schon auf mich auf.
Tatsächlich gilt das, was ich gerade schon sagte, sprechen.
Und wenn ich einen neuen Spielpartner habe, sag ich, welche Erkrankung ich habe,
sage, dass ich meinen Körper kenne, gut auf mich aufpassen kann.
Und wenn irgendwas zu viel ist, sag ich Stopp. Das sag ich, egal wie viel ich
getrunken habe, egal ob ich müde bin, ob was auch immer. Wenn irgendwas nicht
mehr geht bei mir, aus x Gründen, sag ich Stopp. Ich hab kein Ampelsystem, ich hab das alles nicht.
Es ist einfach Stopp. Du sagtest gerade Nerven, ja, aber auf meine Nerven schlägst
du auch nicht. Die sitzen nämlich im Gehirn.
Sebastian
Also es betrifft die, also nicht das ganze Nervensystem, also die in den Händen,
die betrifft es jetzt nicht direkt oder so.
Nina
Naja, die Nerven enden da, aber die eigentlichen Nerven sind ja im Gehirn und oder im Rückenmark.
Und die Nervenbahnen natürlich, aber du kannst prinzipiell erstmal nichts kaputter
machen bei einer SM-Patientin als bei irgendwem anders.
Sebastian
Okay, das heißt im Grunde gibt es bis auf die Dinge, die du einfach dann nicht
kannst, wenn sie zu viel sind, laufen, springen, hüpfen, hängen,
stehen, gibt es aber eigentlich gar keine Einschränkung.
Oder doch?
Nina
Also, wie gesagt, diese Gleichgewichtssache ist eine sehr massive Einschränkung.
Sebastian
Aber wenn du jetzt auf so einem Bock liegst zum Beispiel und dann kommt da irgendeine
Peitsche zum Einsatz, da gibt es eigentlich keinen Unterschied.
Nina
Da ich nicht gesund war, seit ich das erlebt habe, kann ich dir nicht beantworten,
ob es einen Unterschied gibt.
Sebastian
Fühlst du dich irgendwie eingeschränkt?
Nina
Ja, natürlich.
Sebastian
Du merkst, ich versuche mich der Sache zu nähern.
Ich höre einfach mal ein bisschen zu.
Nina
Ja, natürlich fühle ich mich eingeschränkt.
Ich lauf mit einem Rollator. Ich bin 39, ich bin schlank, ich bin attraktiv und ich habe
einen Rollator. So das alleine, das schränkt mich schon massiv ein.
Weil Deutschland ist nun mal kein sonderlich behindertenfreundliches Land.
Weder die Menschen, noch die Umgebung und erst recht nicht, wenn ich als junge
Frau mit einem Rollator rumlaufe. Ich kann Bücher darüber schreiben,
was mir schon alles an den Kopf geworfen wurde.
Ob ich den Sitzplatz nicht Leuten überlassen möchte, die den mehr verdient haben
oder den viel mehr brauchen als ich. Ob ich da nicht mal Platz machen könnte.
Einer meiner Standard-Sprüche ist dann, naja, ich hab den Rollator gar nicht,
weil der so gut zu meinen Augen passt.
Aber es ist viel mehr die Reaktion im Außen oder die Gegebenheiten im Außen,
die Dinge für mich unangenehm machen. Weil auf mich kann ich aufpassen.
Und ich komme auch gut klar.
Sebastian
Jetzt hast du im Grunde perfekt übergeleitet zu dem nächsten Punkt auf meiner
wunderbaren Liste.
Vielleicht ist das nochmal so ein Punkt, man sieht es dir nicht immer an.
Also wenn du jetzt irgendwo an der Bar sitzt, in einem Club,
merkt man nix, sieht man nix.
Auch wenn man dich irgendwo in einem dieser Räume hinter dem Vorhang irgendwie
schreien hört oder so, merkt man nix.
Aber, und da hab ich jetzt die letzten Wochen auch ein bisschen drauf geachtet,
wie ist eigentlich die gesamte kinky Umgebung aufgebaut und wie muss es dir damit gehen?
Und ja, so ein Rollator ist in dem Moment schon wieder schwierig,
weil ich habe festgestellt, so ebenerdige BDSM-Läden sind mir bis auf einen
einzigen in Hannover nicht bekannt.
Es gibt immer eine Treppe, es
geht immer irgendein Gewölbe runter oder den Turm rauf oder irgendetwas.
Irgendwas ist immer und vielleicht frage ich dich mal, wie behindertenfreundlich
ist denn diese ganze kinky Welt?
Die Läden, die Clubs, alles. Wie weit ist man darauf vorbereitet?
Nina
Gar nicht. Also, simple Frage, simple Antwort.
Ist es nicht. Also, was die Situation rettet, sind die Menschen in der Szene,
weil natürlich immer Hilfe angeboten wird. Den Rollator zu tragen,
mich zu stützen, was auch immer. Das ist gegeben, absolut.
Nur, wie du schon richtig sagtest, das ist häufig in irgendwelchen Kellern,
Gewölben oder oben. Was auch immer.
Und es ist nicht immer ein Aufzug vorhanden. Das heißt, die rein bauliche Gegebenheit
für Menschen mit einer Behinderung. Und ich kann ja noch Treppen laufen.
Also ich glaube für Menschen im Rollstuhl ist es noch viel viel schlimmer.
Weil die ja wirklich angewiesen sind auf einen Aufzug, möglicherweise auch einfach auf ein behindertengerechtes Klo.
Dadurch, dass ich ja noch ohne laufen kann, kann ich da viele Dinge noch hinkriegen,
wenn eben irgendwer anders meinen Rollator trägt. Was auch sehr häufig passiert.
Sebastian
Heißt aber auch, wenn irgendwann der Punkt kommen sollte, hoffen wir,
dass es nicht passiert, dass du dann auf einen Rollstuhl wirklich dauerhaft
angewiesen bist, dann sind all diese Läden, die du noch besuchen kannst,
für dich nicht mehr zumutbar.
Da bist du dann raus.
Nina
Ja.
Sebastian
Na toll.
Nina
Ich hoffe natürlich sehr, dass dieser Punkt gar nicht kommen wird.
Und ich weiß auch, dass ich im Zweifelsfall genug Partner habe,
die sagen, Nina, ich trage dich auch, wenn es gar nicht anders geht.
Was ich ungern möchte, weil ich so gerne selbstständig bin, aber ich also ich könnte das...
Ich würde das hinkriegen, weil ich eben tolle Menschen in meinem Leben habe,
nicht weil die Welt möchte, dass ich das hinkriege.
Sebastian
Ja, ich mag natürlich hier auch so ein bisschen die Folge öffnen,
weil es gibt ja nun mal kinky Menschen, die noch sehr viel mehr Pech hatten als du.
Nina
Absolut.
Sebastian
Und die sind im Grunde von vornherein ausgeschlossen von vielen Dingen
oder die müssen sich da sehr genau informieren und wie gesagt,
wenn ich da so überlege, welche Clubs und Läden, wo hätten die denn einen Zugang,
wo sie selbstbestimmt sich auch bewegen können?
Oder hinbewegen können erst mal, da wird es dann schon dünn.
Die Frage ist ja, ist das eine Kritik oder ist das einfach nicht zu ändern?
Weil die Läden haben eh schon Schwierigkeiten überhaupt zu bestehen.
Nina
Das ist natürlich eine schwierig, schwer zu beantwortende Frage und ein schwer
zu beantwortendes Thema. Weil ja, die Läden haben schon Schwierigkeiten zu bestehen.
Gleichzeitig hätten sie vielleicht weniger, wenn sie zugänglicher wären.
Wenn alle Menschen, die wirklich dahin möchten und das nutzen möchten,
das auch können. Das kann ich nicht sagen, weil ich leider doch gar nicht so
gut in die Zukunft schauen kann.
Sebastian
Ja, ich habe auch überlegt, würde ich so einen Laden, so einen Club aufmachen
und ich kriege jetzt irgendwie so ein wunderschönes Kellergewölbe angeboten und so,
dann würde ich wahrscheinlich auch sagen, ja, den Laden nehme ich so und dann
wohl wissend, spätestens seit heute, damit schließe ich in dem Moment,
wo ich diese Entscheidung treffe, Menschen aus.
Ist aber dann einfach so, weil die Alternative ist meistens gar nichts zu machen.
Nina
Wobei auch da, es ist ja durchaus möglich, auch in Kellergewölben,
so etwas wie ein, auch wenn ich die nicht mag, aber Treppenlifte gehen.
Ich habe, als ich in
Tschechien war, in Prag, beziehungsweise in der Nähe von Prag,
in Sedlec. Da gibt es ein Ossarium, unten im Kellergewölbe einer Kirche.
Die haben, natürlich gibt es da eine Treppe, die haben aber auch so einen Aufzug,
kennt ihr die, wo man permanent drücken muss, wenn man runterfahren möchte?
So einen, so einen haben die da. Eben für Menschen mit Gehbeeinträchtigungen,
aber auch für Mütter mit Kinderwegen.
Klar, Kinderwegen brauchst du im Normalfall in einer SM-Kneipe nicht.
Und in sowas, trotzdem, es ist ja ein allgemein bauliches Problem, das einfach existiert.
Sebastian
Gut, aber du musst jetzt damit leben, dass es so ist. Du kannst dich da bewegen
und das funktioniert auch. Und jetzt hast du am Anfang gesagt,
die Menschen machen das so ein bisschen wett.
Wie siehst du denn die, ja, ich sag mal, die Kink-Community ist wahrscheinlich
ein bisschen zu kurz gegriffen, ne?
Also, wie sind die Leute drauf?
Nina
Ich glaube auch nicht, dass ich die Kink-Community als solche in irgendeiner
Art und Weise bewerten oder beurteilen kann.
Das liegt mir fern, das möchte ich auch gar nicht. Meine Erfahrung aber,
wenn ich mit Rollator auf Partys bin, ist erstmal immer ein total anerkennendes
Oh wow, dass du das noch machst. Wo ich mir denke, ja gut, aber die Wahl ist
jetzt auch nicht wirklich groß, die ich da habe.
Und da wird eigentlich immer gefragt, ob eine Person mir helfen kann,
soll, muss, darf. Ob ich irgendwas brauche, ob irgendwas fehlt.
Das finde ich unglaublich schön, unglaublich wertschätzend und sehr,
sehr inklusiv. Wenn schon der Raum es nicht ist, dann sind es die Leute.
Sebastian
Aber ist das nicht fürchterlich, wenn du ständig Hilfe angeboten bekommst,
weil du willst ja selbstständig sein.
Das ist also, wie geht man am besten mit dir um?
Also vielleicht nochmal eine kleine Erfahrung von mir. Die allererste,
wobei das stimmt nicht ganz, anderthalbste Party, die ich überhaupt besucht habe.
Da fuhr jemand rum mit seinem Begleiter,
mit seinem Assistenten, der hatte so einen Rollstuhl,
so ein voll elektrisches Teil mit dem kleinen Joystick, der konnte sich auch
gar nicht groß äußern, aber der wurde da in einem, der hatte einen Latexoutfit
an und der fuhr da den ganzen Abend über rum und der fand das ganz toll.
Allerdings, auch ich selber, niemand wusste genau, wie gehen wir jetzt mit ihm um.
Das heißt, das war so, er war nicht wirklich inkludiert. Natürlich war jeder
hilfsbereit und alles, aber man wusste einfach nicht, wie gehe ich mit dem um.
Und er war auch irgendwie sehr schlecht gelaunt, irgendwie hat er immer gemotzt, keine Ahnung, ne.
Also, das ist schwierig, ne. Und dann hält man natürlich sich eher auf Abstand
und inkludiert die Leute nicht. Und das, hilf mir mal ein bisschen,
wie geht man mit dir auf einer Party und bietet man dir ständig Hilfe an oder
lässt man dich machen, bis du sagst, hilf mir mal.
Was ist dir denn lieber? Womit fühlst du dich wohl?
Nina
Ich fühle mich wohl mit:
"Nina, cool, dass du da bist. Wenn du irgendetwas brauchst, bitte sag Bescheid
und hab einen schönen Abend." Damit fühle ich mich am wohlsten.
Sebastian
So einfach.
Nina
Ja, so einfach. Und generell, es ist ja ohnehin einfach. Menschen einfach fragen,
was sie brauchen. Was brauchst du gerade? Was benötigst du generell?
Das ist eine so kurze, einfache Frage und hilft so viel.
Sebastian
Ja, diese Frage empfinden aber viele auch als unhöflich, weil viele Leute haben
darauf keine richtige Antwort.
Und was brauchst du gerade? Du bist dir dessen gut bewusst, aber das merke ich
ja hier auch, wenn ich Podcast-Aufnahmen mache, wenn ich so die Frage habe,
was brauchst du in deinem BDSM, um jetzt glücklich zu sein?
Uff, das ist eine superschwere Frage ganz oft, ne? Also was brauchst du?
Sag mir deine Bedürfnisse. Hammer Frage.
Nina
Du kannst davon ausgehen, dass die meisten Menschen mit einer irgendwie gearteten
Behinderung deutlich besser wissen, was sie brauchen und ihren Körper auch deutlich
besser kennen, als gesunde Menschen es tun im Schnitt.
Sebastian
Da hast du einen Vorteil.
Nina
Ich habe, glaube ich, ganz viele Vorteile, aber ja, in dem Kontext sicherlich auch.
Ich musste mich ja sehr, sehr intensiv schon in jungen Jahren mit meinem Körper
auseinandersetzen, den kennenlernen, wissen, was der kann, was der nicht kann,
muss da auch immer wieder mich selber reflektieren, hinterfragen,
geht das überhaupt noch? Geht das nicht mehr?
Ja, dadurch habe ich einen sehr guten Überblick über meine Fähigkeiten,
Fertigkeiten und was eben bedacht werden muss und was nicht.
Meiner Erfahrung nach haben das aber die meisten Menschen mit körperlichen Einschränkungen.
Weil wir alle da, glaube ich, einen ähnlichen Weg gehen mussten. Und immer noch gehen.
Sebastian
Jetzt macht es natürlich Top, jetzt gehe ich mal wieder ein bisschen in Richtung
Spiel. Ist ein bisschen schwieriger, weil ich genieße es natürlich als Top so ein bisschen,
dann provoziere ich und dann kommt da ein, ich kann nicht mehr. Und dann sag ich "Ja doch,
da geht noch ein bisschen was" und dann geht man gemeinsam über diese Schwelle
rüber und natürlich hilft man und schiebt noch ein bisschen an und bei dir muss
man einfach anerkennen, du und nur du weißt, was geht noch und was geht nicht.
Nina
Das ist bei allen anderen aber auch so. Also ich werde auch gerne über Schwellen
geschubst von der Person, die mich toppt.
Sebastian
Ja, aber wenn die sich verschätzt, schwierig, ne?
Nina
Dann habe ich einen Mund, den ich benutzen kann. Also, das meine ich ernst.
Also dieses Stop, was ich nutze, das benutze ich auch nur, wenn es wirklich
einen Grund zum Stoppen gibt.
Das benutze ich nicht, wenn ich eigentlich sagen will *jammernder Tonfall* "Oh nein,
bitte nicht, stopp." Nein, das benutze ich, wenn es ein ganz,
ganz klarer Grund ist, um jetzt aufzuhören.
Entsprechend, wir sind alle BDSMer, wir mögen alle Spiele mit Grenzen,
ich mag das auch. Und ich will das auch, ich fordere das, glaube ich, auch irgendwo.
Von meinem Top habe ich nichts zu fordern, natürlich nicht, aber von mir fordere ich das.
Und ich bin kein rohes Ei, das Gegenteil ist der Fall. Ich bin sehr resilient,
ich kenne mich gut, Mensch muss mich nicht behandeln, als würde ich bei jedem
kleinen Luftzug kaputt gehen, das ist nicht so.
Sebastian
Da mag ich noch mal weiter gucken. Also sagst du vielleicht auch erst
später Stopp, als du vielleicht solltest. Das ist gerade irgendwie schon geil, die Situation.
Da könnte man ja ein bisschen noch.
Nina
Ich muss dich enttäuschen, nein.
Mein Stopp ist wirklich sehr, sehr... Also manchmal warte ich ein bisschen,
weil ich in dem Moment, also schon wie du sagst, weil ich in dem Moment schon
denke, boah, aber das ist echt fies, aber oooh.
Natürlich habe ich das und trotzdem, ich kann mich da ganz gut auf mich selber verlassen.
Und entsprechend können auch die Menschen, die mich toppen, sich da ganz gut auf mich verlassen.
Sebastian
Liebes Publikum, wir sind wieder da. Da draußen röhrt eine Alarmanlage,
wobei? Ja, sie röhrt immer noch. Lasst euch davon nicht stören.
Sie macht wunderbare Geräusche.
Nina
Nein, sie macht furchtbare Geräusche.
Sebastian
Aber sie macht Geräusche. Atmo für den Podcast. Yay.
Nina
Oh, juhu.
Sebastian
Ja, Wahnsinn.
Nina, wir haben noch ein bisschen in der kleinen Pause gequatscht und dir sind
noch mehr Einschränkungen eingefallen.
Nina
Ja.
Sebastian
Was gibt's noch?
Nina
Tatsächlich dadurch, dass ich da ja schon so lange diese Erkrankung habe und
natürlich ja auch an den Nervenbahnen entsprechende Schäden schon angerichtet sind.
Es gibt, ich bin an einigen Teilbereichen meines Körpers viel empfindlicher
als eine gesunde Person und an manchen Teilbereichen viel weniger empfindlich
als eine gesunde Person.
Das erfährt Mensch aber nur durch ausprobieren.
Sebastian
Hast du vielleicht doch ein Beispiel?
Nina
Mir kann man echt lange zwischen die Beine schlagen. Ich finde das echt lange
richtig gut.
Sebastian
Okay.
Nina
Und das kann Mensch auch wirklich lange und hart tun.
Das mag ich sehr.
Und gleichzeitig irgendwie mit Kälte funktioniert überhaupt nicht,
weil das ist auch ein Schmerz, der mich nicht erregt. Der ist einfach nur widerlich,
gemein und gerade am Rücken oder am Bauch quietschig.
Und da werde ich garantiert erstmal für ein, zwei Stunden überhaupt gar keine
sexuellen Aktivitäten mehr vornehmen, weil das einfach ein Schmerz ist,
der nicht so richtig sexualisierbar ist, zumindest für mich nicht.
Sebastian
Ja gut, aber das ist ja noch Teil des normalen Spektrums, manche Sachen mag
man, manche nicht. Es gibt Menschen, die mögen dieses, wenn sie sich ein bisschen
verbrannt haben, wo ich dann auch sagen würde, es gibt nichts unangenehmeres
und blöderes, als irgendwie sich einen Finger zu verbrennen, ne?
Nina
Ja.
Sebastian
Aber das ist ja eigentlich das Spannende, dass es ja doch durchaus vom Geist
abhängig ist, was kann ich gut finden und was nicht, ne?
Und wenn du zwischen die Beine geschlagen wirst, das ist natürlich auf der einen
Seite, ich glaub das sieht sogar auch noch martialisch aus, aber es wirkt halt
in dir, das reizt halt und das macht halt einen positiven Reiz bei dir aus. Ist doch super.
Nina
Ja.
Sebastian
Oder stört dich das?
Nina
Mitnichten. Also die Zeiten, in denen Menschen irgendwas mit mir tun, was ich nicht will
oder mich stört, die sind nun wirklich vorbei.
Sebastian
Okay, aber da kommen wir dann mal zu dem Punkt, also nicht devot,
aber irgendwie masochistisch, aber wie weit gibst du den Ton auch an,
um auch, ich sag mal, dein Gegenüber kann ja nicht in deinen Kopf reingucken.
Also ja, du musst was von dir geben, aber da ist es ja auch mal relativ schön
zu sagen, pass auf, mach doch heute mal das und das und das und dann wird das
gut. Also inwieweit möchtest du den Ton vielleicht auch gar nicht angeben und
einfach mit dir machen lassen?
Nina
Ich will mit mir machen lassen, ich will keine Töne angeben.
Ich bin sehr responsive, ich reagiere auf Dinge, die mit mir getan werden oder
die ich mit anderen tue. D.h. bei mir ist Missinterpretation wirklich schwierig.
Wenn nicht gar nahezu ausgeschlossen.
Ich kommuniziere sehr klar, was ich mag und was ich nicht mag.
Und das kann Mensch, ich in meinem Fall, ja mit Stöhnen und mit Quietschen,
mit was auch immer, das muss ich ja gar nicht immer verbalisieren.
Kann ich, tue ich auch gerne, muss ich aber nicht immer.
Sebastian
Ja, aber wenn, nehmen wir mal an, da hat jemand einfach Pech und probiert drei
Sachen aus, die alle drei irgendwie hintereinander aus irgendwelchen Gründen doof sind.
Irgendwann musst du ja auch mal einen Hint geben und sagen, hier, probier es doch mal so.
Also inwieweit leitest du dann doch in der Session so ein bisschen?
Ich mag so ein bisschen in diese Richtung, inwieweit du auch an der Stelle dominant
bist oder Hilfestellung gibst, wie man mit dir gut spielen kann.
Weil das ist ja nicht jedem in die Wiege gelegt, dich zu verstehen.
Nina
Den Wenigsten würde ich sogar behaupten und das ist gut so.
Sebastian
Okay, wie löst du das?
Nina
Also ich glaube nicht, dass ich das anders löse als irgendwer sonst.
Ich spreche bevor ich mit Menschen spiele oder mit ihnen ins Bett gehe.
Also lange davor folgen ja normalerweise, nicht folgen, sondern finden ja normalerweise
Gespräche statt. Darüber, was Mensch so mag, was Mensch so nicht mag.
Und im Normalfall, wenn ich sage, mach einfach, die Wahrscheinlichkeit,
dass ich es gut finde, ist ziemlich hoch. Das stimmt.
Das heißt, im Normalfall kann ein Mensch sich einfach austoben und ich weise
darauf hin, wenn was blöd war.
Aber ich möchte nicht tonangebend sein. Wirklich gar nicht. Ich muss an so vielen
Ecken und Enden, ob es beruflich ist oder auch in vielen privaten Bereichen,
muss ich so tonangebend sein. Ich will das gar nicht immer.
Sebastian
Aber in diesem Gespräch vorab musst du ja den Ton angeben. Dann ist ja auch
die Frage, wie abschließend das ist.
Nina
Ist denn ein Gespräch tonangebend? Ich würde erst mal sagen, nein.
Ein Gespräch sagt erst mal, hey, worauf stehst du denn so?
Ach ja, cool, das mag ich auch. Ich mag auch das. Magst du das auch?
Ja, nö. Ah, okay. Das heißt, es muss ja auch nicht immer sofort aufgeladen sein.
Und ich habe noch nie, bevor ich mit irgendwem ins Bett gegangen bin,
gesagt, so, ja, aber du darfst auf gar keinen Fall, falls du da drauf stehst,
auf gar keinen Fall in die Schulter kneifen oder was auch immer.
Das machen ja Menschen nicht.
Sebastian
Ja gut, aber die Info mit dem Knebel zum Beispiel, die wirst du den Leuten ja geben.
Nina
Wenn das aufs Tableau kommt. Also ich bin noch nicht so oft darüber gestolpert,
dass irgendwer mich gefragt hat.
Oder das angedeutet hätte oder das irgendwie ein Thema gewesen wäre.
Sebastian
Das ist ja doch so ein Austendern, ne? Ich möchte den Ton nicht angeben.
Ich werde ihn aber ganz klar angeben, wenn es an über eine Grenze geht.
Das heißt, der Consent ist nicht abschließend geklärt.
Nina
Aber das ist er doch nie. Also ich weiß, wo du mich gerade hinführen möchtest.
Aber das ist bei mir nicht anders als bei allen anderen.
So das ist immer ein wir stellen uns aufeinander ein, wir probieren miteinander aus.
Und normalerweise reflektiert Mensch ja auch hinterher zumindest so ein bisschen
und sei es nur, oh Gott, war das gut oder was auch immer.
Also da…
Sebastian
Meinst du, dass das alle machen?
Nina
Ich meine, dass das alle machen sollten.
Sebastian
Ich weiß, dass das Best Practice ist. Aber ich glaube, in der Welt ist das eben nicht immer so.
Du bringst da ein Selbstbewusstsein mit rein, weil du musst.
Was aber auch deinem Gegenüber ermöglicht, zu wissen, woran er oder sie ist.
Das ist, finde ich, eigentlich eine schöne Fähigkeit, zu sagen, hier:
Das sind die Regeln, so funktioniere ich erst mal grundsätzlich und darauf können
wir aufbauen und ich glaube, das können wenig Menschen so benennen.
Nina
Was sehr sehr schade ist. Also ich würde vielen Menschen das gönnen,
dass sie das benennen können und rausfinden über sich selber.
Weil wer soll es denn machen, wenn nicht sie? Das ist ja unser Leben und unser
Körper und wenn da nicht wir verantwortungsvoll mit umgehen und bewusst mit
umgehen, wer soll das denn dann tun?
Also, ich bin eine riesengroße Freundin von Eigenverantwortung.
Weil nur, wenn ich die vollumfänglich wahrnehme, macht in meinen Augen auch
so was wie miteinander spielen, miteinander intim werden und sich einander annähern,
auf welche Art auch immer nur Sinn.
Wenn ich selber nicht weiß, wer ich bin und was ich will, wo soll ich denn da
irgendwie mich annähern können, wenn ich gar keinen Standpunkt habe? Dann bin ich ja, nee.
Sebastian
Ja, aber, das ist nochmal auch Realität, im BDSM finden wir uns selbst und unseren
Standpunkt irgendwann.
Im Gegenteil, ich finde es ja so, BDSM ist so eine Freiheit.
Ich habe jetzt außer Koitus und Blowjobs noch eine Million mehr Möglichkeiten
plötzlich Dinge zu tun. Wahnsinn. Und jetzt muss ich mich da drin erstmal finden.
Nina
Und Cunnilingus nicht zu vergessen.
Sebastian
Ja, auch den meinetwegen. Alles. Also die Frage ist ja auch,
wo fängt BDSM an und das ist ja auch alles schon wieder schwierig,
aber in dem Moment, wo ich sage, ich bin kinky, ich mache SM in irgendeiner Art und Weise,
in dem Moment kann ich quasi eine Million Praktiken googeln und kann ausprobieren
und loslegen und da kann ich natürlich nicht sagen,
hier stehe ich, so und so ist es, so funktioniere ich,
denn von mir selbst muss ich auch ganz ehrlich sagen, ich habe lange gebraucht,
um rauszukriegen, wie funktioniere ich, was funktioniert bei mir.
Wie und was brauche ich, meine Bedürfnisse. Das musste ich erst mal suchen.
Nina
Was hat dir denn dabei geholfen?
Sebastian
Erfahrung.
Nina
Also in erster Linie Zeit.
Sebastian
Ja und ausprobieren. Die Zeit alleine hätte nichts geändert.
Also ich habe auch eine lange Zeit gar nichts gemacht und war kinky,
aber ich konnte halt nichts machen.
Und da ist nichts passiert in der Entwicklung. Die Entwicklung kommt durchs Ausprobieren.
Und das meine ich ja eben. Genau der Punkt, wenn du so klar in dem bist,
da stehe ich, das geht, das geht nicht, da kann man drüber reden,
das kann man ausprobieren.
Inwieweit lässt du dich auch mal aufs Unbekannte ein?
Nina
Ich bin der Meinung, dass ich mich mit jeder Person, mit der ich neu spiele,
auf etwas Unbekanntes einlasse.
Weil am Anfang hab ich ein Gefühl für eine Person und vielleicht ein gutes Gespräch,
eine Stimme, die ich toll finde, Augen, die ich mag, eine generelle Optik oder
eine Erscheinungsart, die ich ansprechend finde. Ansonsten fisch ich ja im Trüben.
Und das heißt, es ist ja immer ein Ausprobieren und Gucken.
Und ich lass ganz, ganz viel Raum zum
Ausprobieren, weil ich will ja auch ausprobieren. Ich bin doch neugierig.
Und es gibt bestimmt Dinge, die ich selber noch nie erlebt habe.
Egal, wie viele Erfahrungen ich habe. Es gibt garantiert etwas,
von dem ich mir denke, wow, das habe ich ja noch nie gehabt und bin dann ganz begeistert.
Das muss ich aber nicht vorab immer thematisieren. Ich werde eh viel lieber überrascht.
Also es ist ja immer ein aufs Unbekannte einlassen bei einer neuen Person.
Und das macht ja auch irgendwo so ein bisschen mit den Reiz am Anfang aus.
So dieses Kribbeln von, ich weiß noch gar nicht genau, was hier alles passieren
wird, was, was, wie ich mich damit fühlen werde, was die Person tut, was ich tue.
Und das ist ja, ich meine, das ist doch das Grundprinzip von Verlieben oder
nicht? Und von, von jemanden toll finden. So wir fangen an,
aufgrund von äußerlichen Merkmalen oder irgendwelchen anderen Merkmalen,
uns für eine Person zu interessieren.
Und dann geht's los, dass es spannend wird.
Wenn die Person uns auch toll findet. Andererseits ist es natürlich dumm gelaufen, aber...
Sebastian
Okay, also du bist also ganz glasklare Romantikerin.
Nina
Das klang so sarkastisch.
Sebastian
Du bist absolut romantisch, was das angeht.
Menschen finden, sich verlieben und dann miteinander suchen,
ausprobieren, Erfahrungen machen, gemeinsame und dann auch einfach Spaß haben.
Nina
Ja, Spaß haben finde ich ganz, ganz wichtig. Ich lache auch unglaublich gerne.
Ich weiß, ich hatte mal ein Erlebnis, das ist schon ein paar Jahre her,
da hatte mein damaliger Partner mich an meine Treppe gefesselt und hatte meine
Beine auch so ein bisschen aneinander gefesselt, meine Knöchel.
Und ich hab dann angefangen, mich ein bisschen zu bewegen und hab gesagt,
oh, guck mal, ich lauf wie ein Pinguin.
Und ich musste so schallend lachen.
Also BDSM ist ja etwas, das mein Leben bereichern soll und mir nicht das Lachen verbieten.
Also natürlich ist es ein bisschen kontraproduktiv, sich permanent schlappzulachen.
Und das wäre jetzt auch nichts, was auf Dauer meine Erregung tragen könnte.
Aber hin und wieder lachen, weil Dinge schieflaufen, weil was auch immer.
Weil ich laufe wie ein Pinguin oder weiß der Henker nicht warum.
Das gehört ja dazu, also für mich zumindest.
Und Fehler bitte immer gerne. Und auch da, Menschen, die miteinander spielen,
sind ja im Normalfall, im Optimalfall, erwachsene Leute.
Fehler können passieren. So, da muss man kein Trauma draus machen automatisch,
nur weil mal was schiefläuft. Da kann man sagen, oh scheiße,
können wir kurz drüber reden und dann ist gut.
Sebastian
Könnte ich jetzt sagen, du hast einen gewissen Kink dafür, einfach mit neuen
Leuten neue Erfahrungen zu machen?
Nina
Ich hab ADHS. Ich langweile mich schnell. Also ich hab zigtausend,
nein, es ist so, ich hab zigtausend Hobbys, ich hab ganz, ganz viele Fähigkeiten
in verschiedene Richtungen, weil mich immer das gleiche Tun zu Tode langweilt.
Ob das im Bett ist, ob das im Hobby ist oder im Lesen, was auch immer.
Ich brauche Abwechslung, sonst, sonst, nee.
Sebastian
Ja, aber neue Leute sind aufregend.
Nina
Ja, absolut.
Sebastian
Auch wenn sie das Gleiche tun,
aber sie tun es auf ihre Art.
Nina
Absolut.
Sebastian
Und da hast du eine Lösung.
Nina
Mehr Leute. Nein. Dass ich Poly bin, hat nicht direkt was damit zu tun, glaube ich.
Also garantiert auch, aber ich habe schon immer Poly gefühlt.
Also schon immer, immer, immer, auch als ich noch in der Grundschule war,
hab ich immer gedacht, wie schön das wäre und könnte ich nicht zwei und war
immer romantisch in diese Richtung.
Es hat aber einfach lange gebraucht, bis ich in mir selber so gefestigt war,
dass ich das auch leben konnte. So offen und ehrlich leben konnte, wie Poly nun mal ist.
Sebastian
Magst du mir dein Polykül, wie es im Moment aussieht, kannst du mir einen kleinen Einblick geben dazu?
Nina
Ja, in meiner Erfahrung sind Polyküle Dinge, die sich permanent irgendwie ändern.
Sebastian
Ich nehme den Stand September 2023.
Nina
Stand September 2023. Ich habe zwei feste Lebensgefährten, die ich regelmäßig
sehe, die leider beide nicht in Hannover wohnen.
Ich habe einen, ich möchte ihn nicht Lebensgefährte nennen, weil dafür sehen wir uns zu selten,
aber wir sind schon seit zehn Jahren verbandelt.
Ich habe ein paar Satelliten, das heißt Menschen, die ich regelmäßig sehe oder auch unregelmäßig.
Menschen, die ich hin und wieder sehe, mit denen mich irgendeine intime Beziehung
verbindet, die mehr ist als eine Freundschaft.
Ich benutze den Begriff Freundschaft plus bewusst nicht.
Mit meinen Freunden ficke ich nicht. Das ist, also das tue ich einfach nicht.
Mit meinen Freundinnen nebenbei bemerkt auch nicht.
Entsprechend Satelliten für Menschen, die mir nahe stehen, aber nicht das klassische
Bild einer Lebenspartnerschaft, Beziehung, romantischer Natur,
was auch immer erfüllen.
Genau. Und dann habe ich noch, ich bin im Moment eklig verliebt,
das ist aber noch nicht weiter gelabelt.
Sebastian
Okay. Jetzt hast du, gibst mir einen Einblick, den ich so selten kriege.
Nina
Ja.
Sebastian
Die häufige Geschichte in diesem Podcast ist, oh und dann habe ich BDSM entdeckt
und seitdem habe ich keinen Sex mehr oder keine sexuelle Interaktion,
wenn nicht irgendwo im Hintergrund so ein bisschen BDSM dabei schwebt.
Nina
Oh.
Sebastian
Du hast mir aber gesagt, nee, du hast nicht mit allen Menschen,
mit denen du zusammen bist, oder wie sag ich's denn am besten,
mit denen du eine Beziehung führst, mit denen teilst du auch BDSM.
Und das find ich sehr spannend, weil offenbar geht's dann eben doch auch mal
ohne BDSM. Und mich würde mal interessieren, wie ist das so unterschiedlich?
Du kannst ja in allen Welten zu Hause sein und ich finde das sehr schön,
aber es ist immer so die Frage, normalerweise sagen die Leute immer,
ohne SM da fehlt was, also auf Dauer ist das nix. Und wie funktioniert das bei dir?
Nina
Ich glaube, dass diese Aussage nicht nur, aber bestimmt viel von monogam Lebenden,
ob die wirklich monogam sind, sei dahingestellt, aber von monogam lebenden
Menschen kommt, die wirklich darauf angewiesen sind, dass sie alle ihre Bedürfnisse
von einer einzigen Partnerschaft, die sie führen, befriedigt und erfüllt bekommen.
Und das ist bei mir und bei anderen Polys ja nun mal einfach nicht der Fall.
Das heißt, ich habe mit einem meiner Partner, der ist relativ Vanilla.
Also hin und wieder lässt er sich mal dazu hinreißen, mir auf den Po zu hauen.
Das weiß ich dann sehr zu schätzen.
Ich weiß aber, dass er das in erster Linie mir zuliebe tut.
Nicht, weil ihn das anmacht. Und dann verzichte ich lieber drauf.
Weil für mich ist gerade Sex und BDSM und/oder, muss ich ja sagen,
eine gegenseitige Sache. Ich möchte nicht, dass irgendwer was für mich tut,
einfach nur, weil ich da Freude dran habe. Das gibt mir nichts.
Und mit besagtem Partner, mit dem es die meiste Zeit dann doch eher Vanilla
ist, habe ich ja trotzdem genauso viel Freude.
Und wenn ich das Bedürfnis habe, mich verprügeln zu lassen, dann bitte ich doch
einen meiner anderen Liebsten darum, das zu tun.
Sebastian
Und wenn du das Bedürfnis hast, dich von ihm verprügeln zu lassen?
Nina
Und über seine Wünsche hinweggehen, das nicht zu tun?
Sebastian
Naja, aber das Bedürfnis kannst du ja erstmal haben. Die Frage ist ja dann,
ob du das fordern würdest. Das sind ja zwei unterschiedliche Dinge.
Aber wenn der Kopf sagt, ich fände das jetzt schon gut.
Nina
So funktioniert mein Kopf aber nicht. Ich nehme Menschen erstmal so, wie sie sind.
Mit dem, was sie mit mir teilen und mir geben möchten. Und dem,
was eben nicht dazu gehört. Das heißt, ich käme im Leben nicht auf die Idee,
zu diesem Partner zu sagen, "Ach, aber du weißt doch, ich mag das doch gern.
Willst du nicht mal so ein bisschen?"
Sebastian
Nein, aber denken kannst du es.
Nina
Tue ich nicht. Also es tut mir leid. Ich bin da so einfach nicht.
Was ich durchaus hin und wieder habe, ist, dass ich mit Menschen,
mit denen ich ansonsten eher spiele, harten Sex habe, was auch immer,
dass ich da mal das Bedürfnis habe, zu sagen,
vielleicht mal ausnahmsweise ein bisschen sanfter, einfach um diese Seite des
anderen kennen zu lernen und zu gucken, wie machen wir uns denn da?
Aber ich, wie gesagt, ich mag gerne Dinge, die Menschen freiwillig geben.
Ich halte nichts von Erwartungen und Zwängen diesbezüglich.
Das finde ich übergriffig und unangemessen.
Sebastian
Ich bin jetzt, versuche mal ein bisschen das Philosophische da rein zu gehen.
Also von einer Person, die auf BDSM nicht steht, zu sagen, mach mal, das geht gar nicht.
Von einer Person, die aber vielleicht sagt, BDSM ist meine Erfüllung,
da zu sagen, mach mal was, was ohne BDSM, das ist okay.
Nina
Es ist ein Wunsch. Ich gehe erst mal tatsächlich nicht davon aus,
weil das meine Erfahrung nicht hergibt. Mein Erfahrungshorizont zeigt mir immer
vollkommen egal, wie hart ich beim Spielen und im Bett mit Menschen bin.
Meiner Erfahrung nach hat jede Person auch mal was für liebevoll sein miteinander.
Sebastian
Ja, natürlich.
Nina
Und das ist ja keine Erwartung, sondern eine Einladung.
Sebastian
Ja, und ich finde ja, BDSM, manchmal wird gesagt, BDSM ist so,
das ist eine ganz andere Welt.
Auf der anderen Seite denke ich dann auch immer, nein, es ist einfach eine Weiterentwicklung
von sexuellen Aktivitäten.
Das ist halt ein weiteres Spektrum, was ich aufmachen kann. Trotzdem habe ich
eine gewisse, es gibt so eine Art sexuellen Konsens, auf den man sich fast immer einigen kann.
Ich sag mal, auf Kuscheln kann sich, soweit ich weiß, jede Person sich irgendwie
einigen. Und ab da geht es dann irgendwie weiter.
Nina
Ja, unabhängig davon, dass ich so nicht denke und/oder fühle.
Also ich fühle auch nicht, dass ich meinen "eher Vanilla"-Partner jetzt unbedingt
in dieser Rolle habe, weil der weiß doch gar nicht, was er da macht.
Warum sollte ich das denn wollen? Ich möchte doch, dass die Person,
die mich schlägt, mit mir spielt, was auch immer mit mir tut,
weiß, was sie macht. Weil im Endeffekt gebe ich ja meine körperliche Unversehrtheit
in dem Moment in die Hände des anderen.
Und muss darauf vertrauen, dass der andere weiß, was er macht.
Und wenn ich das gar nicht kann, weil die Erfahrung nicht da ist,
dann käme... Also, nee, da gibt es überhaupt gar keinen Grund für mich,
darum zu bitten oder mir das vorzustellen.
Sebastian
Also mit einer Person, die BDSM-mäßig noch gar keine Erfahrung hat,
würdest du nichts machen wollen?
Nina
Nein. Also nicht im BDSM-Kontext. Mit der kann ich, wenn ich die toll finde,
vielleicht mal kuscheln, vielleicht haben wir auch mal Sex.
Sebastian
Okay. Aber du musst dem Menschen auch noch eine Chance geben.
Also jeder muss ja mal anfangen.
Nina
Ja, aber nicht mit mir. I don't teach.
Sebastian
Wenn das alle sagen, wird's schwierig.
Nina
I don't teach. Also ich weiß, das ist total sinnvoll, dass Menschen das tun
und auch mögen, aber ich mag es auch nicht. Also ich werde dann nicht geil,
ich werde nicht nass. Es passiert bei mir einfach nichts, wenn ich die ganze
Zeit erklären muss, wie Dinge funktionieren.
Das ist nicht mein ... Nee, da sollte ich nicht sein. Ich finde,
es ist ja auch total sinnvoll, dass Menschen von anderen lernen,
die da mehr Erfahrung haben. Das können sie auch gerne tun, nur nicht an mir.
Sebastian
Okay.
Nina
Wenn ich jetzt, fiktiver Fall, wenn ich jetzt himmelhochjauchzend verliebt bin
und die Person sagt, oh, ich möchte ja, ich wollte ja schon immer und ich habe
mich aber nicht getraut, dann kann ich schon sagen, mach doch einfach mal.
Aber das ist dann auch, das mildert für mich so ein bisschen meinen Erregungszustand.
Sebastian
Ja, gut, du kannst natürlich dann Glück haben. Die Person lernt sehr viel schneller,
als man glaubt. Und dann hast du ein Problem, ein schönes Problem.
Nina
Ich würde es nicht Problem nennen, sondern eher, dann habe ich ganz viel Glück gehabt.
Sebastian
Musst ja schon mal sagen, mach mal, damit du dann sehen kannst,
was passiert. Eine Gelinggarantie gibt es nicht.
Nina
Gibt es ja nie. Das meinte ich ja eigentlich mit den ganzen Ausführungen.
Das ist meine Grundeinstellung. So, mach einfach mal.
Und jetzt aber ein bewusstes, ich bringe dir jetzt bei, wie du ein Paddel benutzt,
wie du diese Peitsche benutzt, wie du dieses, wie du jenes.
Nee, ich arbeite an der Schule. Ich will das nicht.
Sebastian
Aber das kann die Person ja an dir ausprobieren, wie man das benutzt.
Ich glaube, das ist eher ein Mindset, wenn die Person genau sagt,
ich habe das und das vor und will das und das.
Und du stellst dich jetzt mal zur Verfügung und du sagst an der Stelle nicht
laut genug nein. Dann bist du doch schon im Mindset und die Person kann trotzdem AnfängerIn sein.
Nina
Ja, und gleichzeitig, ich bleibe dabei, das kann ich dann machen.
Das hat für mich aber auch innerlich eher den Reiz einer Schulstunde.
Ich stehe auf Schule. Ich finde Schule fantastisch.
Und es erregt mich nicht. Ich kann der Person dann bestimmt Sachen beibringen,
ihr ganz toll dabei helfen zu wachsen. Aber das hat mit dem,
was ich eigentlich möchte und brauche, sehr wenig zu tun.
Sebastian
Du hast eben gesagt, ja, eine Person, da spielst du auch mal ein bisschen oben.
Bei der anderen unten. Wie weit ist das bei dir personenabhängig?
Also würdest du bei einer Person switchen,
käme das in Frage oder ist das wirklich immer ganz genau getrennt mit dem das,
mit der das und also gibt es da Schubladen oder ja, wie smooth ist das?
Nina
Also, oben spiele ich eigentlich nur mit einem meiner Partner,
weil er, also er ist auch nur, seit ich in seinem Leben bin,
Poly. Das war er vorher gar nicht.
Und er ist in erster Linie unten. Klar, wir switchen mal. Mal.
Weil ich einfach, gerade wenn ich niemanden habe, der mich toppt,
dann hab ich auch nicht das Bedürfnis, permanent oben zu sein.
Also wirklich nicht. Da fehlt mir einfach zu viel.
Und da haben wir auch uns, also wir sind jetzt auch schon viereinhalb Jahre zusammen.
Entsprechend ist das auch immer in Wandel, Entwicklung und im Gespräch gewesen,
so wie wir uns gerade fühlen, was wir uns wünschen und haben dann auch gesagt,
so ja, natürlich können wir das mal tauschen und haben da ein,
zwei Bereiche gefunden, die
für ihn gut sind, also die für ihn funktionieren, wenn er dann oben ist.
Und ich glaube, dass ich relativ gut darin bin, oben zu sein,
weil ich so viel Erfahrung im Untensein habe.
Sebastian
Das ist wahrscheinlich sogar eine der besten Ausbildungsmöglichkeiten.
Nina
Absolut, absolut. Also ich weiß ja, ich weiß, was ich gut finde,
was bei mir gut funktioniert hat. Und das sind ja erst mal die Erfahrungswerte,
mit denen ich arbeiten und von denen ich ausgehen kann.
Natürlich hat er jetzt einen Penis, ich habe keinen.
Das ist schon ein Unterschied. Aber ansonsten kann ich gucken,
ob er die Dinge, die ich gut fand, als ich sie das erste oder zweite Mal erlebt
habe, ob er da möglicherweise ähnlich darauf reagiert.
Und das funktioniert prima gleichzeitig. Aber auch da, es erregt mich nicht,
oben zu sein. Es erregt mich, unten zu sein.
Oben sein ist etwas, das ich für meinen Partner beziehungsweise auch für unsere
Beziehung ja in dem Moment, weil es ist ja eine Entscheidung, ich möchte das ja.
Aber ich tue es in erster Linie, weil er sich das wünscht und weil er es außer
mit mir mit niemandem haben kann.
Und da kann ich sagen, weißt du was, ich kann mir von x Personen regelmäßig
den Po versohlen lassen, wenn ich das Bedürfnis danach habe oder mich ficken
oder was auch immer lassen.
Du hast dieses Privileg nicht. Und dann kann ich dir doch etwas schenken, von dem ich weiß,
es kostet mich nichts, es macht Spaß, auch wenn es mich nicht erregt,
aber es gibt dir ganz viel.
Sebastian
Ja, da sagst du was, weil du unterscheidest zwischen Spaß und Erregung, ne?
Sagen wir mal so, bei mir als Kerl kann man ja Erregung theoretisch an meinem
Schwanz sehen, steht er oder steht er nicht.
Trotzdem ist es so, wenn ich da in einer intensiven Session bin,
ganz ehrlich, dann wäre mir diese Erregung nicht anzusehen.
Es ist auch keine Erregung in dem Sinne, sondern es macht unfassbaren Spaß,
unglaublich viel Nähe und für Erregung, für meine Erregung, ist hinterher noch eine Menge Zeit.
Also diesen unmittelbaren Sessionzusammenhang, das muss mich jetzt erregen und
dann steht er ist steif, da und dann bin ich sofort bereit zum Vögeln.
Das muss es gar nicht sein, sondern es ist eher so ein Mindset,
das ist jetzt schön. Reicht das nicht?
Nina
Also erst mal zu dem, was du davor gesagt hast, diese Illusion,
dass man Männern immer ansieht daran
*klatscht im Takt* WIE! HART! IHR! SCHWANZ! JETZT! GEFÄLLIGST! ZU! SEIN! HAT!
Das ist ja bescheuert.
Also ich weiß, das hat uns die Porno-Industrie ganz fantastisch beigebracht,
aber es ist Bullshit. Und genauso wie Frauen immer, wenn wir erregt sind und
wenn wir Bock haben, sind wir nass. Nein, das ist nicht so.
Also so ein Körper ist keine Maschine und entsprechend ist da der sicherste
Weg, um einfach Gewissheit zu haben in Bezug auf die Befindlichkeit der anderen Personen.
Fragen?
Sebastian
Wenn die es denn beantworten kann. Immer da wieder ein schwieriger Punkt.
Nina
Ja gut.
Sebastian
Frag mich, wie es mir geht und ich werde da rumeiern. Also das ist gar nicht
so einfach zu beantworten.
Nina
Gut, aber jetzt gerade ging es ja um den konkreten Tatbestand der Erregung oder Nicht-Erregung.
Und wenn ich zum Beispiel mit einem Mann spiele und er nicht erigiert ist,
ist das für mich erstmal sowieso egal, weil das ist sein Penis,
da habe ich ja erstmal nicht viel mit zu tun.
Und natürlich kann ich dann fragen, ist alles in Ordnung? Und im Normalfall
ist die Antwort dann, ja, alles bestens.
Oder, ja, er will gerade nicht so wie ich. Oder was auch immer.
Also es ist diese Erwartungshaltung und dieser Erwartungsdruck,
der ja damit einhergeht, dass der Körper gefälligst so zu agieren und reagieren
hat, wie unser Verstand oder unser Herz das jetzt will, das ist ja nicht so.
Sebastian
Also ich mag dir ein bisschen widersprechen, weil Körperreaktion heißt auch
Kommunikation, ich finde also gerade im BDSM, gerade wenn ich zum Beispiel mit
einem Knebel spiele, da sind Körperreaktionen die Kommunikation,
die ich habe und auf die ich hören muss, ne.
Da kann ich aber natürlich nicht sagen, wenn A passiert, dann B und das ist
bei allen Menschen so, sondern das ist halt wieder dieses, ich kenne mein
Gegenüber sehr lange und habe schon viele Erlebnisse gehabt und kann aus dieser
Erfahrung heraus abschätzen, an welchem Punkt man gerade ist.
Das macht ja für mich auch diese Magie ein bisschen aus, dass man einfach dann
so in diesem Flow ist und es passt und es passieren Dinge und man trifft Entscheidungen,
was tue ich, was lasse ich.
Das passiert halt alles einfach, ohne dass ich darüber mit Lauten kommunizieren muss.
Nina
Ja.
Sebastian
Punkt. So jetzt habe ich einfach mal was gesagt.
Nina
Vielen Dank für deinen Beitrag, Sebastian. Ich weiß das sehr zu schätzen.
Sebastian
Da kriegt die Journalistin in dir gerade die Krise. Was erzählt der da?
Nina
Ich bin relativ krisensicher. Alles gut.
Warum ich das jetzt gerade so gesagt habe, war tatsächlich, um Leuten so ein
bisschen auch den Druck zu nehmen.
Wenn ich als Mann gerade Spaß habe, mich wohlfühle, erregt bin,
was auch immer, aber mein Penis einfach nicht, dann ist das nicht schlimm,
das passiert und das ist auch kein Drama und bei Frauen ganz genauso.
Und es geht mir ja nur darum, wirklich zu sagen, Leute, genießt,
was ihr tut und habt Spaß mit dem, was ihr tut. Und was da steht und was da
nass ist und was da wie auch immer ist, ist erstmal nicht wichtig,
solange euer Mindset da ist, wo ihr wollt, dass es ist.
Sebastian
Ja, aber sind wir nicht darüber eh schon gesellschaftlich völlig drüber hinaus,
dass das noch irgendwie wichtig ist, ob er jetzt steht, ob sie feucht ist,
ob dies, ob jenes, ob irgendwelche Erwartungen erfüllt sind?
Sind wir nicht einfach an dem Punkt, wo wir sagen, also gerade als kinky Menschen,
wo wir sagen, mein Gott, wir machen Dinge, die Spaß machen und dann ist gut
und der Rest ist doch eigentlich egal.
Nina
Glaubst du, dass wir an dem Punkt sind?
Sebastian
Ich hoffe es. Nein, sind wir nicht?
Nina
Also ich glaube nicht, dass wir, also ich glaube ohnehin nicht,
dass gesamtgesellschaftlich da irgendwie eine Aussage getroffen werden kann.
Gesamtgesellschaftlich sind wir definitiv nicht an diesem Punkt,
glaube ich, aber auch gesamtgesellschaftlich innerhalb der Kinky-Community.
Glaube ich nicht, dass das so ist.
Dafür gibt es immer noch viel zu viele Unsicherheiten in Bezug darauf,
wie Menschen denn glauben, dass Dinge zu sein haben oder sein müssten im Idealfall.
Oder "Oh Gott, wenn die Frau nicht kommt, dann mache ich was falsch."
So, nee, nicht automatisch.
Sebastian
Ich wollte gerade sagen, es kann durchaus sein, dass man was falsch macht.
Nina
Vielleicht machst du was falsch, aber frag sie doch einfach.
Sebastian
Okay, aber da sind wir jetzt schon wieder bei gesellschaftlichen Erwartungen.
Wir leben hier in Deutschland,
wir können BDSM machen und das ziemlich unbeschwert und solange wir das
mit einer ordentlichen Portion Konsent tun und in diesem Bewusstsein,
dass wir das, dass wir nicht, ich sag mal, grob fahrlässig schlampig sind,
können wir eine Menge Sachen machen, die einfach Spaß machen, die sind erlaubt.
Nina
Ich bin gerne grob fahrlässig schlampig, aber ja.
Sebastian
Gut, da du ja die Verantwortung nicht tragen willst dabei und jemand anderen
machen lassen möchtest, darfst du das umso mehr.
Nina
Auf gar keinen Fall. Das ist noch so ein Punkt.
Die Verantwortung in einer Spielsituation haben beide gleichermaßen.
Die liegt nicht beim Top, die liegt genauso beim Bottom.
Das ist nicht, wenn ich mich toppen lasse, dann habe ich doch genauso viel Verantwortung dafür,
dass alles gut läuft, dass ich ehrlich bin,
dass ich vernünftig kommuniziere, dass ich meinem Top dann auch das Gefühl gebe,
dass er mir da vertrauen kann, weil ansonsten geht er über Grenzen,
über die er vielleicht gar nicht gehen soll, einfach nur, weil ich den Mund
nicht aufkriege oder sonst was.
Also erwachsene Menschen, die erwachsene Dinge tun, sollten das auch wirklich
verantwortungsbewusst tun.
Sebastian
Dennoch ist es ein Kink auch mal Verantwortung abzugeben.
Nina
Ja, das ist ja auch durchaus meine, das tue ich aber aus einer Position heraus,
die enorm selbstverantwortlich ist. Das heißt...
Sebastian
Das ist schon ein Widerspruch, ne?
Nina
Nein, das ist gar kein Widerspruch.
Sebastian
Na, das löse mal auf.
Nina
Wenn ich meinem Top sage, das ist in Ordnung, dann muss er sich ja darauf verlassen,
dass ich das sage. Er muss mir ja glauben.
Sebastian
Und du musst es wissen, dass das auch in Ordnung ist.
Nina
Genau.
Sebastian
Wie kannst du das denn bei neuen Dingen wissen? Ja komm, man probiert was aus
und stellt währenddessen fest, naja gut, es ist halt doch eventuell anders.
Nina
Man kann so währenddessen sagen, es ist doof.
Das meine ich. Es ist doch alles Spaß. Es ist doch Spaß. Es ist Wachsen miteinander,
aneinander und gerade im BDSM wachsen wir doch wahnsinnig viel aneinander.
Und wenn da, wie vorhin schon mal erwähnt, was schief geht, dann kann ich doch
sagen, das ist blöd, nicht machen.
Oder wie auch immer ich das kommunizieren möchte. Aber es ist doch meine Verantwortung,
auch als Sub, das zu tun. Und natürlich die Verantwortung des Tops darauf zu
achten und das mitzukriegen.
Das meine ich mit beidseitiger Verantwortung.
Sebastian
Es ist halt genauso valide auch mal zu sagen, okay komm, da wird jetzt der Knebel
benutzt und ich gebe jetzt Verantwortung ab für diesen Moment und jetzt lasse machen. Punkt.
Dann ist man natürlich selbstverantwortlich, weil man sich in die Situation
gebracht hat, aber in dem Moment, während der Situation, hat man die Verantwortung
zu großen Teilen abgegeben. Ich mag gar nicht mit dir streiten.
Nina
Wir streiten auch überhaupt nicht.
Sebastian
Ja, aber an der Stelle ist es wirklich so,
dass es so diese Abgabe von Verantwortung an sich, das kann ja an sich schon
geil sein, das ist dann der Kink.
Nina
Ich liebe es, Verantwortung abzugeben. Das aber eben in meinem Fall aus der
Position heraus, dass ich weiß, in letzter Instanz liegt die bei mir.
Ich gebe sie für den Moment ab. Ich gebe sie für den Moment in die Arme oder
in was auch immer die Person benutzen möchte, des anderen oder der anderen.
Letzten Endes liegt die Verantwortung aber bei mir. Weil es ist mein Körper
und mein Leben. Und darüber kann ja niemand anderes dauerhaft Verantwortung tragen.
Also nicht, wenn ich erwachsen bin. So, das ist ein Mindset,
das ja irgendwo da sein sollte.
Ja, ich lasse total gerne mit mir machen, was die Person mit mir machen will.
Und wenn jetzt gerade die Person, in die ich gerade so mega verliebt bin,
sagt, ich stehe total auf diese Knebelgeschichte und ich weiß,
ich kann das überhaupt nicht leiden.
Ich würde es aber trotzdem nochmal ausprobieren, weil vielleicht habe ich mich
da auch gewandelt und plötzlich oder vielleicht mit dieser Person ist es toll.
Sebastian
Es ging mir um den Punkt, dass du nicht mehr in der Lage bist,
diesen letzten Schritt, der ich habe noch die Kontrolle, dass du den auch noch abgibst.
Nina
Kontrolle hat ja nichts mit Verantwortung zu tun, erstmal per se.
Also kann, muss aber nicht.
Sebastian
Also liebes Publikum, wenn ihr jetzt einfache Antworten auf komplizierte Fragen,
einfache Antworten auf einfache Fragen des BDSM erwartet habt,
in dieser Folge, oh, du gehst da in eine Tiefe rein, um Gottes Willen.
Nina
Ich werde mich nicht dafür entschuldigen.
Sebastian
Nein, pass auf, der Haken ist ja der. Es ist natürlich tatsächlich, es ist Psyche.
Es ist unfassbar kompliziert und komplex, aber, und das ist das Schöne,
es ist uns, oh, ich nehme mal einen schönen Begriff, der ist wahrscheinlich
in diesem Haus hier nicht beliebt, es ist uns Gott gegeben, oh, der Blick.
Nina
Meine Götter sehen das ähnlich.
Sebastian
Aber es ist, wenn man ein bisschen neugierig ist, wenn man ein bisschen miteinander
auf einer Wellenlänge ist, dann kommen wir eigentlich ziemlich intuitiv an einen
Punkt miteinander, dass wir da miteinander Spaß haben können.
Nina
Ja.
Sebastian
Da braucht man gar nicht so viel an Handbüchern lesen und googeln und ein Psychologiestudium.
Komischerweise sind Menschen sehr, sehr gut darin, miteinander kinky Sachen
zu machen und Spaß daran zu haben.
Nina
Ja.
Sebastian
Das ist eigentlich ganz einfach. Immer wenn man versucht das zu erklären
und ich weiß in diesem Podcast, ich versuche es immer wieder mal und immer wieder,
dann wird das unfassbar kompliziert und es gibt nochmal einen Aspekt und nochmal
einen Arm und nochmal eine Ausnahme und dies, es klappt nicht das zu erklären,
aber man kann schön drüber sprechen.
Nina
Ich möchte auch jetzt überhaupt gar nicht, wie gesagt, das gerade war kein Streit
und ich möchte mich darüber auch nicht streiten.
Ich möchte nur, also mir ist es wirklich ein Anliegen, dass Menschen sich dieser
Tatsache bewusst sind, dass auch, wenn sie sagen, dass die Verantwortung jetzt bei ihrem Top liegt,
dass es ihr Leben ist und sie da eine verantwortliche Entscheidung treffen müssen,
wenn sie eben die Verantwortung abgeben. Das ist ja alles fair.
Aber ich kann ja jetzt auch, ich gehe jetzt raus, stelle mich unten an die Straße
und sage so, und du da hinten, du fesselst mich jetzt.
So, dann ist die Person überhaupt gar nicht groß verantwortlich für das, was sie tut.
So, weil ich habe gesagt, du machst das jetzt.
Sebastian
Hast du schon mal beobachtet, dass Menschen diese Verantwortung über sich selbst verlieren?
Nina
Absolut. Regelmäßig.
Sebastian
Wie gehst du damit um, wenn du das siehst, weil das ist ja für viele Menschen
eben der Kink, dass sie das so haben wollen.
Können sie das überhaupt so entscheiden und kannst du dabei zusehen?
Nina
Ich möchte nicht übergriffig sein und deswegen ja natürlich,
aber jetzt gerade auf Partys mische ich mich überhaupt nicht ein.
Außer es ist wirklich ganz, ganz massiv Gefahr im Verzug, das ist was anderes.
Aber beim Spielen zweier oder wieviel auch immer Menschen hat sich niemand einzumischen,
der nicht geladen wurde.
Und entsprechend, wenn mir da was komisch vorkam oder ich was seltsam fand,
dann kann ich hinterher ein Gespräch suchen und sagen so, Hey,
kannst du mal aus deiner Sicht schildern, was da gerade passiert ist, was da los war?
Also erst mal, ich muss mir keine Dinge angucken. Ich kann wahlweise die
Augen zumachen oder gehen und gehe erst mal wohlwollend davon aus,
dass alles verantwortlich entschieden wurde, außer es ist offensichtlich, dass es das nicht ist.
Aber wie gesagt, da: Ganz anderer Punkt.
Und ich möchte nicht die Welt erziehen und erst recht nicht die kinky Welt erziehen.
Das kann ich nicht. Das würde ich nicht wollen.
Sebastian
Nein, aber ich sehe halt das Spektrum sehr, sehr groß von diesem knapp vor der
endgültigen Übergabe aller Verantwortlichkeit bis hin zu,
ja wir treffen uns einmal im Jahr und bewerfen uns mit Papierfliegern,
dann ist das Spektrum ja riesig, ne?
Und da muss man halt dazwischen gucken, wo stehe ich?
Und da muss ja auch die Person, mit der ich was mache, irgendwo mit mir zumindest
auf einer ähnlichen Stufe stehen.
Also wenn jetzt eine Person an dich herantritt und sagt, ich möchte jetzt die
24/7-TPE-Totalaufgabe und Nina lebt jetzt bitte im Käfig,
weißt du genauso wie ich und jede Person, die das hier hört, das passt halt nicht.
Für andere Menschen passt das wiederum aus irgendeinem Grund und dann ist das halt schön.
Nina
Auch da, ich glaube nicht, dass ich das mein ganzes Leben lang machen möchte
oder könnte, wahrscheinlich noch nicht mal irgendwie länger als einen Tag,
schließe ich aber trotzdem nicht aus.
Hatte ich noch nicht, halte ich für schwierig, aber da ich es nicht hatte und
noch nicht ausprobiert habe, ich war sowieso noch nie in einem Käfig.
Außer mal zum Tanzen, als ich jünger war.
Ich probiere gerne Dinge aus. Ich weiß aber, worauf du hinaus willst.
Und das hat nichts mit meiner Antwort zu tun.
Sebastian
Okay. Sondern?
Nina
Es gibt kein richtig und falsch. Und es gibt kein, wie ich vorhin schon mal
sagte, Menschen sind keine Maschinen.
Und entsprechend möglicherweise bin ich dann die falsche Person für das 24/7 365 Tage im Jahr.
Wenn ich das aber nicht bin und die Person das gerne möchte,
dann kann ich ja sagen, dann such dir doch wen anders.
Sebastian
Ja, aber wie gehst du damit um, wenn du andere Menschen siehst,
die, ich nehme jetzt wirklich mal dieses Extrem, die das so leben,
also fühlst du dich mit den Menschen wohl, ist das für dich,
bist du da neugierig, sagst, oh, das gucke ich mir ganz genau an,
oder ist das eher was, wo du sagst, das ist einfach so gar nicht meins,
ich mag mit den Leuten jetzt auch gar nicht so viel zu tun haben,
also inwieweit kannst du da auch open minded sein?
Nina
Ich trenne ganz massiv zwischen Menschen, Menschen als solche und die sexuelle
Orientierung oder die sexuelle Ausprägung oder die spielerische Ausprägung, die Menschen haben.
Vielleicht stehst du drauf, Leute anzukacken. Das ist mir ja egal,
weil du machst es nicht bei mir.
Und dementsprechend kann das dein Kink sein. Kannst du da drauf stehen und das
richtig abfeiern, wenn du eine Person hast, die das auch möchte?
Das geht mich aber nichts an.
Und wenn du das bei einer Party auslebst, würde ich den Raum verlassen,
weil meine Nase doch recht empfindlich ist.
Aber nicht, weil ich das irgendwie schlimm finde. Es gibt für mich im BDSM-Kontext
kein schlimm. Wenn zwei Menschen das gut finden oder mehr Menschen es gut
finden, was sie gerade tun, ist das doch prima.
Und ich urteile da auch nicht. Natürlich habe ich manchmal, gerade am Anfang,
dieses, oh Gott, das kann ich überhaupt nicht, um Gottes Willen.
Sebastian
Ja, genau das meine ich.
Nina
Das Gute ist ja aber, ich muss das auch nicht machen.
Sebastian
Nein, aber du kannst es dir erklären lassen.
Nina
Genau.
Sebastian
Bist du da nicht neugierig?
Nina
Ich habe ein ganz, ganz langjähriges Pärchen mit denen ich befreundet bin, seit ich 14 bin.
Die leben in einer 24/7, die haben auch Kinder miteinander und es ist natürlich,
gerade weil sie auch Eltern sind, ein bisschen sanfter, als Mensch sich das
jetzt erstmal beim Hören so vorstellt.
Aber es ist schon sehr, sehr klar, wer da welche Rolle hat und wie Dinge laufen.
Und ich liebe die beiden total. Wie gesagt, ich bin mit ihnen befreundet, seit ich 14 bin.
Das ist für mich total schön, da zu sein und das auch zu erleben,
wie sie das leben, wie liebevoll, wie wertschätzend sie miteinander sind.
Und vollkommen egal, ob die eine gerade verprügelt wird oder was auch immer.
Du erkennst den beiden an mit jedem Atemzug, dass die sich abgöttisch lieben.
Und ich kann mir wenig schönere Dinge vorstellen, um dabei zu sein.
Also gerade dieses Commitment, was beide füreinander haben und dieses große
Maß an Gefühlen füreinander.
Das ist so schön. Ich Ich würde mir das viel häufiger wünschen, aber ...
Auch da, ich bin im Leben nicht auf den Gedanken gekommen, das zu verurteilen
oder irgendwie zu sagen, das ist aber komisch.
Warum denn? Weil ich muss es nicht tun. Also ich stehe auch nicht auf Technomusik,
die muss ich auch nicht hören.
Sebastian
Du bist ja so ein Medienjunkie wie ich. Du liest viel...
Nina
Ja.
Sebastian
... und schreibst viel ...
Nina
Ja.
Sebastian
... und jetzt haben wir BDSM und wir haben die Welt und wir haben Veränderungen
und die Welt ist wie ein fürchterliches Poly-Gefüge und jede Gesetzesänderung
oder Strafverfolgung von irgendetwas in irgendeinem Land hat immer gleich eine
Auswirkung auf alle anderen, habe ich das Gefühl.
Es ist ein riesiges Gefüge und irgendwo wackelt es immer. Und jetzt haben wir
BDSM, wir sind hier in Deutschland und das können wir jetzt machen.
Glaubst du daran, dass das so bleibt, dass das besser wird, schlechter wird? Wie siehst du das?
Nina
Ich glaube tatsächlich, dass wir da auf einem guten Weg sind in Deutschland,
so ich das beurteilen kann, so wie ich das wahrnehme.
Weil auch wenn die meisten BDSMler, mich eingeschlossen, dieses furchtbare Fifty
Shades of Grey Gedingse, was echt wenig mit SM zu tun hat, ablehnen,
hat das trotzdem ein paar Türen geöffnet.
Indem es eben ein bisschen gesellschaftlicher wurde, darüber zu sprechen,
das zu thematisieren. Ich meine, dieses Buch war ewig lange auf irgendwelchen
Listen und ganz viele Menschen haben das gelesen. Auch wenn ich es nicht verstehen
kann. Ich hab mal reingelesen, das ist ja wirklich furchtbar.
Aber dadurch ist, glaube ich, ein ganz, ganz großer, wichtiger Schritt gemacht
worden. Nämlich zu erkennen, okay, das ist gar nicht nur in meinem Schlafzimmer
so. Und das ist auch nicht nur in meinem Schlafzimmer okay.
Oder es gibt Menschen, die das mögen und es ist in Ordnung, dass sie das tun.
Sebastian
Aber in dem Film ist es ja nun gerade nicht in Ordnung, das zu tun.
Also da haben wir ja eigentlich genau das Gegenteil. Wenn man den Film ernst
nimmt, dann müsste man sagen, um Gottes willen, wenn ihr da kinky drauf seid,
lasst euch beraten, geht zu einem Therapeuten eurer Wahl, der euch das austreibt, Entschuldigung.
Das ist die Essenz aus dem ganzen Zeugs und das finde ich schwierig.
Aber ganz ehrlich, das ist jetzt ein paar Jahre her, ist das nicht völlig verpufft,
fangen wir nicht schon wieder bei Null an?
Nina
Ich glaube nicht. Also bei Null, bin ich mir sicher, nicht. Weil auch wenn dieses
Buch, dieser Film eine Weile her ist, es kamen ja Nachfolger.
Ob es jetzt bei Netflix ist, im Kino oder wo auch immer, es kamen ja durchaus
Filme, die ich allesamt nicht gesehen habe.
Von denen ich aber weiß, die ähnliche Sachen thematisieren.
Zumindest in den Grundzügen und vielleicht ein bisschen gesunder.
Zumindest hoffe ich das.
Und wir sind im Moment, so wie ich das wahrnehme, auf einem Weg,
dass die Gesellschaft einfach cooler wird.
Teile unserer Gesellschaft entwickeln sich gerade so unglaublich multikulturell
interessiert, ganz, ganz großartig.
Und jetzt gerade die jüngere Generation.
Da ist, glaube ich, viel weniger an Vorurteilen,
gerade in Bezug auf sexuelle Erfüllung, sexuelles Leben, sexuelle Präferenzen,
als das vielleicht noch bei unserer Generation der Fall war oder in der vorher
noch viel schlimmer der Fall war.
Also ich glaube schon, dass wir uns gesellschaftlich in eine Richtung entwickeln,
die dem Individuum mehr Raum zugesteht.
Sebastian
Ja, ich sehe auch mehr diese Sex Positivity und die jetzt jüngere Generation,
das finde ich so schade, weil eigentlich würde ich mich dem so gern zugehörig
fühlen, aber nein, die wachsen ganz anders auf.
BDSM ist jetzt auch nie etwas, wo ich dachte, oh, das ist jetzt schlimm und
das darf ich nicht machen.
Also ich war schon da raus, aber wenn ich hier im Podcast mit Menschen spreche,
die gleichalterig mit mir sind, die mussten zum Teil starke moralische Widerstände
überwinden und da ist halt der Zugang zur Information toll.
Ich konnte halt mit 15 schon irgendwas, nicht googeln, aber zumindest im Internet
suchen und konnte was finden und damit war klar, ich bin nicht allein.
Und das ist natürlich einfacher geworden.
Allerdings sehe ich auch so ein Glamour-BDSM.
Also wenn ich mein Instagram öffne und scrolle da durch ohne Präferenz,
ohne dass ich irgendwen geliked habe, aber gut, ich hab halt den Hashtag BDSM
oft genug drin, Alter, was ich da an Ratgebern bekomme, so machst du deine erste
Session, so musst du das machen, so stellst du Konsent her.
Ich habe das Gefühl BDSM wird gerade unfassbar formalisiert und damit ist es
gar nicht mehr dieses schöne freie Entfaltungs-BDSM, was ich so mag,
sondern es gibt ein richtiges BDSM und so hat das zu sein, Punkt.
Und das macht mir gerade mehr Angst als alle Bestrebungen das irgendwie zu verteufeln.
Nina
Ich verstehe, was du meinst und in welche Richtung du befürchtest,
dass Dinge gehen und das sehe ich auch.
Das gibt es ja aber in ganz vielen verschiedenen Bereichen. Es gibt auch Menschen,
die mir erzählen wollen, was das richtige Poly ist oder das richtige Shampoo
oder die richtige Partei oder was auch immer.
Es gibt ja immer Leute, die es zu ihrem persönlichen Lebensziel erklärt haben,
anderen Menschen erzählen zu wollen, wie sie denn gefälligst zu leben haben.
Sebastian
Sie geben ja nur Tipps oder beraten oder geben Orientierung.
Dieser Podcast schließt sich ja auch dabei nicht aus. Also hier wird ja auch
was vorgelebt und erzählt und ich hoffe,
dass es immer so divers ist, dass alles sich gegenseitig wiederum aufhebt und
dass eigentlich rauskommt, BDSM ist frei, macht doch schöne Dinge und habt Spaß.
Punkt. Mehr soll ja gar nicht dabei rauskommen.
Nina
Es wäre ja schön, wenn Menschen das in ihrem gesamten Leben so sehen würden.
Nicht nur im BDSM, nicht nur in ihrem Bett und nicht nur in ihren Beziehungen,
sondern wirklich sagen, hey, Leben ist so geil.
Und ich kann so viele Dinge machen, weil ich lebe. Weil erst recht,
wenn ich in Deutschland, in Europa lebe, wir haben so viele Freiheiten,
so viele Entfaltungsmöglichkeiten, so viele Dinge, die wir tun dürfen und auch
wirklich dürfen in diesem Kontext.
Weil ich muss mir keine Sorgen machen, wenn ich Händchen haltend mit irgendwem
über die Straße gehe, ob das Mann oder Frau ist. Ich muss mir keine Sorgen darüber
machen, wen ich küsse, was ich von mir persönlich preisgebe.
Sebastian
In diesem Land nicht, aber selbst in Europa fängt das schon an zu bröckeln.
Nina
Ja, richtig.
Sebastian
Und die Richtung, ich habe auch vor 5, 6, 7, 8 Jahren gedacht,
oh ja, die Richtung ist klar.
Es wird immer mehr Regenbogen und im Moment sehe ich einfach immer mehr Wolken.
Nina
Ich sehe immer mehr blau-braune Wolken.
Ja, natürlich und die Entwicklung, die macht mir Sorge.
Obwohl ich gleichzeitig auch, wie du vorhin schon mal sagtest,
ich bin ein extrem optimistischer Mensch.
Wahrscheinlich muss ich das auch sein mit meiner Grunderkrankung in so jungen Jahren.
Ich bin sehr optimistisch und ich glaube daran, der Großteil der Menschen
sind keine Arschlöcher. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Der Großteil der
Menschen wollen auch keine Arschlöcher sein und interessieren sich für ihr Gegenüber.
Zumindest, wenn das Gegenüber nicht schwul ist oder kinky oder was auch immer.
Also nein, das war ein blöder Scherz. Aber im Großen und Ganzen sind Menschen
doch soziale Wesen, die auch in einem sozialen Gefüge funktionieren wollen.
Und auch wenn wir jetzt 20 Prozent blaubraune Scheiße haben,
haben wir 80 Prozent, die es nicht sind.
Und das ist das, woran ich mich festhalte in Bezug auf diese Angst und diese Sorge.
Ich bin in einem Land geboren und aufgewachsen, das so viel eigentlich aus Geschichte
hätte lernen können und anteilig ja auch getan hat und ich glaube der Großteil
der Menschen hier hat das.
Wenn ein paar Vollpfosten der Meinung sind, haben sie nicht,
wissen sie nicht, blablabla und ich bin so unzufrieden und alles ist so doof
und deswegen hat Ali nebenan alles ganz schlimm und blöd gemacht,
die werde ich nicht einfangen, die werde ich auch nicht vom Gegenteil überzeugen.
Solange der Großteil das anders sieht, müssen wir uns, hoffe ich zumindest, keine Sorgen machen.
Sebastian
Okay, also wenn du da so optimistisch bist, ist trotzdem die Überlegung,
kann man das nicht auch verbreiten.
Ich meine,...
Tust du ja.
... ich bin ja dabei, genau.
Aber auch dieses, also ich mag auf der einen Seite den Menschen nicht sagen,
so geht BDSM, macht es bitte genau so. Ja, gut, manchmal sage ich,
tut das nicht. Das muss ich auch manchmal sagen.
Nina
Ja.
Sebastian
Aber ich mag natürlich keine Vorgaben machen, auf der einen Seite.
Auf der anderen Seite mag ich natürlich dafür werben, Leute,
macht's doch einfach, macht was ihr möchtet.
Wenn ihr kein BDSM mögt, dann lasst es einfach. Das ist auch genauso valide
und ich hätte auch wirklich gerne mal einen Gast, eine Gästin die sagt,
ich mag das nicht und dann reden wir drüber, weil das auch valide ist.
Es ist schwer, jemanden zu finden, gebe ich zu, aber ich suche immer noch.
Nina
Ich hatte mal einen Partner, mit dem ich auch lange zusammen war,
der da gar nichts dran gefunden hat. Der wirklich nichts an BDSM gefunden hat.
Und ich habe gesagt, aber könntest du nicht mal versuchen zumindest,
da war ich ja auch noch jünger. Aber hast du schon mal auf den Po gehauen?
Nee. Willst du es nicht zumindest mal versuchen?
Ja, dir zuliebe kann ich das mal machen. Ja, okay.
Und dann hat er das gemacht, ich fand es total gut. Und er sagt, Nina, tut mir leid.
Nee, nein, ich möchte das nicht. Nein, um Gottes willen, du musst das auch nicht.
Ich dachte nur, wenn du es gar nicht kennst, vielleicht traust du dich nicht, weil ...
Sebastian
Das ist völlig okay, dass man das auch einfach nicht mag,
das ist natürlich jetzt nicht die Bubble, in der wir hier jetzt heute sprechen,
aber inwieweit ist es auch wichtig, dafür zu kämpfen, dass das gesellschaftlich akzeptiert wird?
Nina
Ich würde sagen sehr. Und ich neige ohnehin zu kämpfen. Ich finde kämpfen für
Dinge, an die ich glaube und aufstehen, wenn ich glaube, dass es Zeit ist aufzustehen,
gut und wichtig und richtig. Und das sollten wir alle viel öfter tun.
Und ich persönlich halte da gar nicht hinterm Berg. Null. Also nicht,
was mein Poly-Leben angeht und auch nicht, was mein SM-Leben angeht.
Ich habe eine relativ große Bubble, in der ich mich bewege, aufgrund verschiedenster
Hobbies, aufgrund verschiedenster Szenen, denen ich mich zugehörig fühle.
Innerhalb all dieser Szenen, ob das jetzt die BDSM-Szene, sowieso die Poly-Szene,
aber auch die LARP-Szene oder die Mittelalter-Szene, oder weiß der Henker nicht
was. Da sind diese Sachen ja, meinem Gefühl nach ohnehin, viel gesellschaftsfähiger.
Weil irgendwie gefühlt die Hälfte aller Leute auf Mittelalter-Märkten ist entweder
Poli oder SMer oder beides oder kennt zumindest irgendwen und weiß damit was anzufangen.
Sebastian
Ja, vielleicht kommt meine Enttäuschung ja von den Massenmedien.
Ich gucke gelegentlich mal,
was weiß ich, gehe auf Zeit Online, gehe oben in die Suche BDSM ein und dann gucke ich mal,
was ich da finde und stelle fest, es ist aber wenig oder sehr alt,
sehr, sehr alt zum Teil. Oder aber es ist nur so ein DPA-Artikel nach dem Motto,
die haben Praktiken zu Hause gemacht und dann hat er sie verlassen, bla, irgendwie so.
Nina
Wo ist da die Kausalität?
Sebastian
Ist keine. Aber der Begriff wird in der Suche gefunden. Aber dass ich mal wirklich
so einen Artikel gefunden habe über BDSM,
der auch so ein bisschen, ich sag mal, der Bevölkerung, die jetzt nicht gezielt
danach sucht, dass die substanzielle Information erhält.
Das seh ich im Moment fast gar nicht mehr und das heißt in den Massenmedien,
in den Hauptmedien ist BDSM nicht präsent oder es ist ein Skandal und das ist
für mich ein riesen Rückschritt.
Bei Shades of Grey war das, ja da ist ein Film und da kommt das drin vor und
positiv vielleicht aber auch ein bisschen schwierig aber ist gut, guckt euch das an, Hype.
Da wurde über den Film berichtet von den Massenmedien, aber im Moment ist das,
wie ich finde, relativ ausgestorben und das, finde ich, ist ein Riesenrückschritt.
Nina
Ja, sehe ich auch so. Gleichzeitig.
Es ist aber auch geopolitisch gerade so viel, was da passiert,
worüber berichtet werden muss und auch soll, um Gottes Willen.
Also ich bin dankbar um all die Kriegsberichterstattungen, um all die Informationen,
die ich jeden Tag bekomme.
Vielleicht fallen da manche Dinge auch einfach runter, also könnte ich mir zumindest vorstellen.
Sebastian
Den Sexartikel gibt es halt einmal die Woche, also den gibt es weiterhin.
Nina
In der Zeit?
Sebastian
In der Zeit haben die auch genug Beziehungs- und Sex und keine Ahnung.
Nina
Es dürfte mehr sein, da bin ich ja total bei dir. Ich versuche nur zu erklären,
warum es das vielleicht jetzt gerade nicht ist, aber vielleicht sind meine Erklärungen auch bescheuert.
Sebastian
Du musst das gar nicht erklären, aber die Frage ist, wie findest du das?
Würdest du gern mehr für die breite Masse an Menschen, mehr Poly und BDSM finden?
Wobei Poly lese ich relativ viel
im Moment, das stimmt, das ist gerade ein bisschen gehypt. Kann das sein?
Nina
Ja.
Sebastian
Das heißt, das ist das Problem. Wenn es kein Poly mehr gäbe,
gäbe es mehr BDSM in den Medien.
Nina
Das kannst du doch so nicht sagen.
Sebastian
Offenbar geht nur eins.
Nina
Ich glaube tatsächlich, dass Massenmedien sich immer auf eine Sache stürzen.
So zwei gleichzeitig kriegen die nicht hin.
Ich würde gerne zu beiden Themen, also wirklich gerne diversere und auch vielfältigere Sachen lesen.
Weil es ist schon richtig, du liest ständig irgendwelche Artikel über,
er hat mich betrogen, wie soll ich jetzt damit umgehen? Oder so halten Sie den
Sex auch nach 20 Jahren noch spannend.
Und warum gibt es in dieser Reihe nicht auch ...
Peppen Sie Ihr Sexleben auf, probieren Sie mal, was Sie sich noch nie getraut
haben, und verprügeln Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner.
Das ist doch super, hier, eine Anleitung. Ich fänd's gut.
Wenn da eben auch einfach ... Wahrscheinlich ist es manchmal immer noch,
oder für manche immer noch, eben dieses Schmuddeletikett, was auf BDSM drauf ist.
Und du kannst auch eine Beziehung nicht retten, indem du deiner Partnerin den
Po versohlst. Wo kommen wir denn da hin?
Das geht nicht. Oder indem du deinem Partner den Mund verbindest.
Oder die Augen. Oder ist ja total egal was.
Es ist, glaube ich, da wirklich noch nicht so weit, dass das irgendwie so integriert
ist in die normalen Beziehungsratgeber oder in das normale berichten darüber.
Sebastian
Ja, das heißt, BDSM ist noch weit abseits der Norm und damit müssen wir jetzt
leben, du genauso wie ich.
Die Frage ist ja, wird das besser? Weil wie gesagt, der Shades-of-Grey-Hype
ist jetzt so langsam rum.
Die ganz junge Generation, ich glaube, die hat auch einfach andere Medien,
mit denen sie umgehen kann, die wachsen damit quasi auf, dass es tausend Sachen gibt.
Nina
Ich finde die auch einfach cooler.
Sebastian
Ja, das sowieso, ja.
Überhaupt keine Frage, ne.
Aber, wie soll ich das sagen, also, liebes Publikum, ihr Menschen,
die ihr irgendwie Redakteure seid und sonst was, und ich weiß,
ihr hört das, weil ihr irgendwie ständig meine Gäste ansprecht, um sie in irgendwelche
Talkrunden einzuladen oder sowas.
Ich weiß, dass ihr das hört. Schreibt, schreibt und veröffentlicht.
Um Himmels Willen, es kann doch nicht wahr sein, dass ich bei Spiegel Online
BDSM eingebe und dann finde ich über teilweise Strecken von sechs,
sieben, acht Monaten nichts. Das geht so nicht.
Nina
Absolut. Also ich muss mich ja streng genommen auch angesprochen fühlen,
weil ich ja auch Journalistin bin.
Ja, nur es ist gar nicht immer so einfach.
Also kann ich aus der Praxis sagen. Ich bin ja freie Journalistin,
das heißt, ich mache Musikjournalismus.
Ich habe viel zur Flüchtlingssituation an den Außengrenzen der EU gemacht.
Aber selbst da, auch gerade als das noch überall in den Medien war,
hab ich es echt kaum geschafft, da irgendwie Bilder an eine Zeitung zu verkaufen
oder Berichte oder was auch immer.
Dementsprechend ist es noch schwieriger, wenn ich jetzt einen Artikel zum Thema
BDSM schreiben möchte. Dann kann ich das zwar tun,
ich kann den bei Instagram oder bei Facebook veröffentlichen und mich über all
die Menschen freuen, die ihn lesen.
Und hoffen, dass das dann auch irgendwie massentauglich wird.
Aber du kommst als freier Journalist, freie Journalistin gar nicht so selbstverständlich
einfach an irgendwelche großen Plattformen ran.
Wie den Spiegel oder die Zeit oder was auch immer.
Sebastian
Wer bremst denn da?
Nina
Chefredakteure und auch natürlich die, in Anführungszeichen, Besitzer der Zeitung.
Also es gibt ja, es hat ja jede Zeitschrift, jede Zeitung hat ja ein bestimmtes
Publikum, für das sie schreibt, für das sie arbeitet.
Wenn jetzt zum Beispiel die TAZ sagt, ja, also der Börsendings da von da und
da, das interessiert bei uns niemanden, weil wir haben lauter linksgrün versiffte,
anständige Menschen, die unser Blatt lesen, die interessieren sich nicht für
die Börse. Soll sich niemand angegriffen fühlen.
Aber es ist halt schon immer publikumsspezifisch, wie Zeitungen und Zeitschriften über Dinge berichten.
Sebastian
Okay, das heißt, wenn wir jetzt hier das Publikum aufrufen und sagen,
wenn ihr irgendwelche Abos habt und für irgendwas bezahlt und da kommt BDSM
nicht vor, dann beschwert euch ruhig drüber.
Nina
Ja, bitte unbedingt.
Sebastian
Also sagt, es wird jetzt dieser Podcast allein nicht retten,
aber wenn irgendwie, was weiß ich, die Zeit im Laufe der nächsten zwölf Monate
5000 Leserbriefe bekommt, die alle sagen, Hallo, wie kann das sein,
dass ihr das komplett ausklammert und so tut, als gäbe es das nicht?
Ich glaube, dass dann das durchaus mal irgendwo auf einem Schreibtisch landet
und da müssen wir was machen.
Nina
Ja, absolut. Unterstreiche und unterschreibe ich.
Ein anderer Punkt, warum da, glaube ich, so wenig darüber berichtet wird,
ist wirklich, dass ja die RedakteurInnen, die dann darüber berichten,
sofort ja auch in eine bestimmte Ecke gestellt werden in ihrem Ressort von ihrer
Zeitung, von ihrem Magazin, was auch immer und wahrscheinlich will das nicht jeder.
Sebastian
Okay, ist es wirklich noch so schlimm weil die berichten ja und möglichst neutral.
Ich dachte da kann man über alles berichten.
Also sind wir doch noch viel weiter zurück als gedacht. Also das ist das ist
noch unter diesem ganzen Boulevard Kram angesiedelt dann.
Nina
Naja, Boulevard ist ja auch, also Boulevard-Kram ist ja vor allem massentauglich,
weil er Menschen von ihrem eigenen Leben ablenkt und von ihren Unzufriedenheiten
und von dem, was sie alles nicht sind.
Sebastian
Das tut BDSM bei mir auch. Es lenkt mich von allem ab, was irgendwie doof ist.
Nina
Bei dir. Wenn du da aber nicht so drin bist wie du oder ich,
dann ist das erstmal ja nicht Teil deiner Erlebniswelt.
Nicht Teil dessen, deiner Comfort Zone.
Wenn du gewohnt bist, dich mit shoppenden Hausfrauen auf RTL abzulenken davon,
dass dein Leben eigentlich ziemlich leer und öde ist, dann kommst du doch nicht
auf den Gedanken, jetzt den Karl-Heinz neben dir anzusprechen und zu sagen,
hier shoppende Hausfrauen, ich hab da was gehört, wollen wir das nicht mal machen?
Wie hoch ist die Zahl derer, die das genau so tun?
Sebastian
Wie bekommen wir Aufmerksamkeit für das Thema? Weil das Fernziel muss sein,
BDSM ist genauso normal wie Sex.
Und auch jede andere Art auf dem LGBT-Spektrum.
Das ist alles einfach nur normal. Punkt. Da würde ich ja gerne hinkommen,
dass das gar nicht mehr der Rede wert ist.
Siehst du da eine Chance? Da will ich deinen Optimismus gerade noch mal herausfordern.
Nina
Also Chance nur insofern, als dass wir uns alle verantwortlich dafür fühlen,
das aus der Schmuddelecke raus und in ganz normale Konversationen zu packen.
Dass wir uns nicht länger dafür schämen, was wir tun und wer wir sind.
Das ist, glaube ich, das Wichtige. Weil Veränderung fängt ja immer erst mal
beim Individuum an Und dann wird der Kreis größer mit je mehr Menschen,
ich, du oder wer auch immer darüber spricht und das thematisiert und auch die
Problematiken, dass es eben gesellschaftlich noch nicht da ist,
wo es eigentlich sein könnte, desto eher hat das, glaube ich,
eine Chance, dahin zu kommen.
Sebastian
Können wir alle dazu irgendwas beitragen?
Nina
Naja, ich glaube wirklich, das, was ich gerade schon sagte, thematisiert es
offen, holt es aus der Schmuddel-Ecke und steht zu dem, wer ihr seid und was ihr tut.
Sebastian
Bin gespannt, ob das gelingen wird. Ich bin wirklich sehr, sehr gespannt.
Und wenn du jemals einen Artikel im passenden Ressort veröffentlichst,
dann sagst du mir bitte Bescheid, ich werde ihn hypen.
Also es gab da mal Dinge und das war wirklich toll, das zu lesen.
Inzwischen haben zumindest zwei Autorinnen, mit denen ich dann auch mal gesprochen
habe, sind dann aus diesem Ressort rausgegangen und schreiben nichts mehr in
die Richtung, würden das auch nicht mehr tun.
Also da merkt man, da ist offenbar der Ruf versaut gewesen und die mussten sich
da wieder rausarbeiten. Und das finde ich extrem schade.
Nina
Also mir fielen da noch mehr Worte ein als schade, aber ja.
Und eben wie alles, was wirklich wichtig ist. Es wird dauern,
es ist schwierig und es ist eine Gemeinschaftsanstrengung.
Sebastian
Ja und wir können alle was beitragen. Und du merkst, es klingt jetzt schon fast
nach dem Ende dieser Sendung.
Nina
Ja, das ist mir aufgefallen. Ist nicht schlimm, ich hab auch Hunger.
Sebastian
Ja, hier stehen kleine Snacks von dir, die sind auch sehr lecker.
Ich hab mir das ein bisschen noch verkniffen da zu naschen, aber wenn wir fertig
sind, werde ich gleich loslegen.
Lass mich nochmal so als letzten Punkt, weil es einfach so eine kleine
Tradition ist im Podcast, lass uns doch mal über Stuff reden.
Nina
Oh ja, sicher.
Sebastian
Also ich gucke mich hier um und ich sehe Flaggen, ich sehe selbst genähte wundervolle
Kleider, ich sehe eine Nähmaschine, Fotowände, also eine riesige Fotowand.
Ich hab die auch schon die ganze Zeit ein bisschen bewundert und geschaut.
Also es ist ganz viel Erinnerung hier, dann unfassbar viele Bücher.
Das ist Elfenritter und was haben wir denn da noch?
Nina
Ich stehe halt auf den Fantasy-Scheiß.
Sebastian
Aber ich sehe hier, auf den ersten Blick, nichts BDSMiges rumliegen.
Nina
Das liegt daran, dass zum einen du nicht da hoch geguckt hast.
Die Seile liegen hinter dir und viel von meinem Spiel- und Schlagzeug liegt
auch hinter dir an der Wand. Da müsstest du dich vom Stuhl bewegen.
Sebastian
Ja, ich bewege mich vom Stuhl. Ich habe ja ein Meter Kabel.
Nina
Ja, nutz das ein Meter lange Kabel. Dann gehst du geradeaus.
Sebastian
Ich gehe geradeaus.
Nina
Geradeaus, geradeaus, geradeaus, geradeaus, geradeaus, geradeaus,
geradeaus, geradeaus. Und jetzt drehst du dich links.
Sebastian
Jetzt dreh ich mich links. Ah! Okay, das ist aber wirklich gut versteckt.
Nina
Ist aber nicht, weil ich es tatsächlich verstecken wollte, sondern du wirst
gemerkt haben, mein Zuhause ist ein bisschen durchchoreografiert.
Und da hab ich tatsächlich noch am ehesten Platz dafür.
Sebastian
Okay, darf ich davon mal was nehmen?
Nina
Ja, na klar.
Sebastian
Sehr schön, ich greif einfach mal.
Nina
Du greifst, was du willst. Und das ganze Sexspielzeug ist natürlich an meinem Bett.
Sebastian
Genau, das ist natürlich oben. Okay, also ich sehe hier unfassbar viele Dinge
zum Hauen. Eigentlich sehe ich nur Sachen zum Hauen und ja, das sind auch Seile.
Aber ich nehme jetzt einfach mal, ist jetzt dieser Haken, oh,
das ist aber viel. Ich habe jetzt einfach mal was in die Hand genommen, so ein Doppel...
Was ist denn das? So ein kleines...
Nina
Doppelpaddel.
Sebastian
Also so ein Paddel oder so ein Teil, was ordentlich Krach macht und das sieht
auch schon ordentlich benutzt aus.
Nina
Oh ja.
Sebastian
Ich seh jetzt hier wirklich nur Sachen zum Hauen, okay?
Nina
Was genau möchtest du denn noch? Also ich hab ja was für alles mögliche,
du musst mir nur sagen, was du suchst, weil da ich in erster Linie gerne gehauen,
getoppt und so was werde...
Sebastian
Die Frage wäre, das hast du, das Zeug, mit dem du gehauen wirst oder bringt das Top mit?
Nina
Das kann Top sich aussuchen. Ich stelle gerne zur Verfügung,
aber ich toppe einen meiner Partner auch.
Da sind auch durchaus Hinterlassenschaften von ehemaligen Beziehungen,
die ich auch lange gar nicht benutzt habe, weil mich das immer sofort erinnert hat.
Mittlerweile kann ich sie aber wieder benutzen. Dann wurden mir gerade frisch
zum Geburtstag neue Seile gefärbt.
Und das ganze Sexspielzeug ist oben. Ich stehe ja auch total drauf,
einfach Alltagsgegenstände zweckzuentfremden. So einen Pfannenwender.
Sebastian
Ja, natürlich. Oh Gott, habe ich dir den Pfannenwender schon gegeben? Ja, ne?
Nina
Nein.
Sebastian
Oh, da kriegst du noch einen Pfannenwender.
Nina
Ja, bitte.
Sebastian
Sehr schön. Ich dachte, du hättest schon einen.
Nina
Nein, hab ich noch nicht.
Sebastian
Wie ärgerlich.
Nina
Also Pfannenwender sind super. Nadeln, gerade ich nähe. Nadeln sind lässig.
Sebastian
Also Nähnadeln oder Kanülen?
Nina
Nein, nein, nein, Nähnadeln. Ich hab mal bei jemandem, den ich getoppt habe,
Ich lasse das bewusst nebulös.
Habe ich mal mit einer normalen kleinen Nähnadel die obersten beiden Hautschichten an
seiner Vorhaut durchpiekst.
Es war so süß, weil er guckt und sagt *schockierte Stimme* "Oh Gott, was machst du da?"
Das sind die obersten beiden Hautschichten. Das merkst du doch kaum.
*schockierte Stimme* "Aber da ist eine Nadel in meinem Schwanz."
Oh ja. *lacht*
Das meine ich mit Alltagsgegenständen. Was halt gerade so da ist und was sich
anbietet, das kann ja auch genutzt werden.
Sebastian
Gibt's irgendwas, was du gerne benutzt, wo ich überhaupt nicht drauf kommen würde?
Ich überlege gerade, also ich gucke mir hier so ein bisschen um.
Also man hat ja so schräge Sachen, nicht die Büroklammern.
Ich hab hier ein Ding, also ich sehe hier gerade was. Ich nehme es mal in die Hand.
Ich schneide es auch gerne raus, wenn du sagst, ich soll es rausnehmen.
Ich glaube, das benutzt du bestimmt auch für irgendwelche BDSM-igen Sachen. Ein Stichheiler.
Nina
Nein! Den hab ich neu und der ist kaputt. Du hast einen Stichheiler kaputt gekriegt?
Ne, der war schon kaputt, als er angekommen ist.
Sebastian
Boah, wie ärgerlich. Ein tolles Spielzeug.
Nina
Ich bin ja Live-Rollenspielerin.
Was total Spaß macht, ist mit Latex, also Schaumstoff-Latex-Schwertern,
die wir ja beim LARP benutzen zum Prügeln, sich davon verhauen zu lassen, das ist großartig.
Das hat ein Ex-Partner von mir einfach mal so gemacht, den hat der Hafer gestochen.
Und das war so fantastisch. Also auch alleine der Sound, die Wucht dahinter, ich find's mega.
Also das ist zum zweckentfremden ganz fantastisch.
Und ich mag, wenn Dinge mich überraschen.
Wenn ich zum Beispiel nicht damit rechne, dass irgendetwas sich doch eher schneidend
anfühlt oder, also verstehst du was ich meine?
Sebastian
Die Schmerzarten?
Nina
Ja, Schmerzraten. Ich mag es, überrascht zu werden.
Um noch mal auf deine Frage von gerade so, ich hab das Spielzeug hier,
nein, ich hab das Spielzeug hier, das aus Ex-Beziehungen hier geblieben ist,
was ich selber auch benutze oder was mir mal geschenkt wurde.
Menschen, die mich toppen, wissen, dass sie sich, egal, was für tolles Spielzeug
ich hier habe, dass sie das erst mal an sich selber austesten müssen,
um zu gucken, wie sich das anfühlt, bevor sie mich damit verwemsen.
Das gehört ja aber eigentlich immer so.
Sebastian
Ich guck jetzt mal Löcher in die Luft.
Nina
Na, na, na. Ich muss doch wissen, also jetzt mal wirklich, ich muss doch wissen,
wie etwas sich anfühlt, bevor ich eine andere Person damit haue.
Das ist doch, also es muss...
Sebastian
Nee, weil ich habe ja gelernt, dass sich das bei mir anders anfühlt und demnach
kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen.
Nina
Es geht ja nicht um das Gefühl dahinter, sondern es geht ja darum,
wie viel Wucht brauchst du beim schlagen? Wie fühlt sich das in deiner Hand
an? Wie bewegt sich das Ding auch? Manche schlagen nach, manche schlagen um.
Sebastian
Da kann ich aber ganz vorsichtig anfangen und mir dann Feedback einholen.
Nina
Ja, das kannst du auch.
Sebastian
Ich bin eher der Mensch, der sagt, sag mir mal, wie das ist,
und dann kann man weiterreden.
Worauf ich eigentlich mit dem ganzen Spielzeug hinaus wollte,
das ist nämlich doch noch mal so ein Polythema.
Ich persönlich sag, dass manche Spielzeuge, die nenn ich seelengebunden,
also ein Rohrstock zum Beispiel, das ist ja auch eine hygienische Sache,
die benutze ich mit einer Person, und das war's.
Das kann man auch so viel sauber machen, wie man will, aber das ist mit der
Person verbunden, dieser Gegenstand für immer. Oder irgendwie Halsbänder oder
sowas, die einfach so einen emotionalen Wert haben.
Jetzt hast du gesagt, du hast hier Dinge, die hier liegen geblieben sind und
inwieweit sagst du auch, okay, die Sachen sind zwar da, die sind schön,
da hängen Erinnerungen dran, ich benutze sie nie wieder. Oder sagst du,
nö, die Sachen sind doch da, dann benutze ich sie auch.
Also inwieweit hemmst du dich da auch oder wie viel Respekt erweist du da Menschen,
die halt nicht mehr in deinem Leben sind?
Nina
Beides ist der Fall. Also ich habe Spielzeug hier, bei dem ich der Person versprach,
ich hab's geklaut, ich hab's widerrechtlich behalten, also ich hab ihm gesagt,
weißt du was, das bleibt bei mir, damit wirst du nie wieder irgendwen schlagen
und ich verspreche dir, mich wird damit auch nie wieder irgendwer schlagen.
Sebastian
Okay.
Nina
Und das ist das, was du gerade, ich glaube, meintest, mit Seelen gebunden.
Weil das war so unglaublich präsent in unserer Beziehung damals,
dass alles, was andere Menschen damit täten, brächte mich zum weinen oder würde
Erinnerungen hochholen, die ich gerade erst verarbeite noch, immer noch.
Und es gibt auch ein Halsband, das darf eine Person mir anlegen,
eine einzige. Ich habe mehr als ein Halsband, deswegen ist das nicht schlimm.
Aber ja, es ist personengebunden und gerade für mich im Poly-Kontext.
Ich finde es wichtig, dass meine Partner wissen, dass es Dinge gibt,
die wirklich ausschließlich uns beiden gehören.
Unabhängig von Erinnerungen natürlich und Gefühlen und Fotos und weiß der
Henker nicht was. Aber ich möchte, dass gerade der Mensch, der bei mir unten
spielt, Sachen, die nur für ihn sind, sind auch in seiner Schublade.
So die benutze ich nicht alleine, die benutze ich mit niemand anderem.
Das sind seine und meine.
Das ja, also ich verstehe das total. Ich teile das auch sehr.
Und ich würde mir wünschen, es gibt ja dann auch viel mehr Spielzeug.
Ich stehe auf Spielzeug. *lacht*
Sebastian
Was komm ich erst jetzt mit dem Thema um die Ecke?
Nina
Ich weiß nicht. Spielzeug ist ganz fantastisch und je mehr Spielzeug da ist,
desto mehr tolle Erlebnisse kann Mensch haben.
Sebastian
Auf was für ein Ding bist du noch mal neugierig, was hattest du jetzt noch nicht,
was hast du noch nicht ausprobiert, wo du aber sagst, ach komm,
also irgendwann muss das mal her oder dann will ich das mal zumindest getestet haben.
Nina
Um Spielzeug geht's?
Sebastian
Ja, es geht um Spielzeug, es können auch Möbel sein.
Nina
Ich möchte, oh ich will unbedingt einen eigenen Bock. Ich lieg da so gerne drauf.
Das möchte ich gerne. Das lieb ich abgöttisch. Also wenn irgendwer mir was spenden möchte.
Sebastian
Nee, der Bock kommt erst mal zu uns und wenn wir genug haben,
dann könnt ihr weiter an Nina gehen.
Nina
Wenn irgendwer Sebastian was spenden möchte, läuft das genau so.
Wenn irgendwer mir was spenden möchte, dann bitte den Bock direkt an mich.
Ich gebe dem geneigten Hörer dann auch gerne meine Adresse.
Nein, also einen Bock hätte ich gerne und es gibt ja diese, ich weiß nicht wie
die heißen, guck mal, manchmal bin ich doch ganz unschuldig,
diese Dinger, die Fickbewegungen machen.
Sebastian
Eine Fickmaschine.
Nina
Ja genau, hätte ich total gerne. Erleichtert das Masturbieren.
Sebastian
Ja.
Nina
Fände ich super.
Sebastian
Die machen einen scheiß Lärm, das weißt du, ne?
Nina
Das ist mir doch egal, müssen meine Nachbarn mit... Nein, Quatsch.
Die gibt's ja bestimmt auch in unterschiedlichen Größen.
Sebastian
Ja natürlich, die gibt es in verschiedenen Größen, Ausführungen,
die kann man auch mieten. Also dann kommt die für's Wochenende, damit man...
Nina
Ne ne ne.
Sebastian
Ne ne, also den Dildo-Teil musst du schon kaufen, aber den Rest der,
die Dampfmaschine dahinter, die kann man dann mieten.
Nina
Nee, nein, das ist nichts für mich. Also ich möchte sowas in kleiner.
Ich mach mich nicht so gut mit gemieteten Dingen.
Sebastian
Okay. Also eine Fickmaschine steht echt auf dem Zettel, ja?
Nina
In kleiner? Ja! Da bin ich ja viel unabhängiger. Ich hab nur zwei Hände.
Ich hätte gerne mehr, aber steht mir nicht zur Verfügung.
Und ich glaube, dass einer, der Mensch, der bei mir unten spielt,
fände das ganz fantastisch, wenn ich, wenn das passiert und ich noch beide Hände,
meinen Mund und alles andere frei habe und das nicht benutzen muss.
Und dann frei habe, um andere schöne Dinge zu tun. Also, eine Fickmaschine wäre cool. Und einen Bock.
Sebastian
Oder beides.
Nina
Beides, oh Gott, beides wäre richtig gut.
Sebastian
Okay, ich muss mal dringend im Podcast über Möbel reden und über,
ich sag mal, größere Maschinen.
Nina
Ja.
Sebastian
Das ist nämlich gar nicht so einfach, da auch was zu finden.
Nina
Was ich aber sehr empfehlen kann, so zur Zweckentfremdung, ist eine Massageliege.
Die können, lassen sich ganz, ganz toll für etwaige Dinge nutzen.
Sebastian
Du meinst so eine Profimassageliege oder so ein Aufklappding für,
da hätte ich nämlich Schiss, dass die zusammenklappen.
Nina
Also Profi-Massage-Liegen sind ja auch zum Aufklappen.
Sebastian
Ja, aber es gibt diese Gestelle, wo man nicht sicher ist, was das hält.
Und dann gibt es noch die Dinger, wo man 1.000 Dinge einstellen kann.
Nina
Ja, also ich habe so eine 1.000-Dinge-Einstellgeschichte,
geschenkt bekommen mal. Aber die sind wirklich fantastisch. Also vor allem,
die haben ja oben auch ein Loch drin fürs Gesicht, weil wenn du auf dem Bauch
liegst und dein Rücken massiert wird, dann brauchst du ja dieses Loch,
das kann man auch ganz super benutzen.
Und gerade für diejenigen von uns, die gerne deepthroaten, eine Massage-Liege
ist perfekt dafür. Das ist super. Das ist richtig super. Also ergonomisch ganz großer Wurf.
Sebastian
Ich versuche mir das gerade vorzustellen. Wer liegt denn dann auf der Liege dabei?
Nina
Soll ich dir ein Schaubild malen?
Sebastian
Also ich erzähle jetzt mal, wer liegt auf der Liege beim Deepthroaten?
Nina
Die Person, die deepthroatet.
Sebastian
Okay, also die passende, die empfangende Person.
Nina
Nein, die wird gedeepthroatet.
Sebastian
Okay.
Nina
Die, die gedeepthroatet wird, steht.
Sebastian
Ja, aber die Liege ist ja gerade.
Nina
Ja.
Sebastian
Dann ist da dieses Loch.
Nina
Schätzchen, ich mal dir doch mal was auf. Guck mal!
Sebastian
Pass auf, das malst du mir bitte auf und das pack ich in die Shownotes.
Nina
Nein, ich mach, ich mach, also ich leg mich jetzt hier mal so hin.
Sebastian
Ja.
Nina
Und wenn ich nur mit den Schultern auf der Massageliege liege,
hängt ja mein Kopf runter.
Sebastian
Aaaah, jetzt hab ich's, das hat mit dem Loch nichts zu tun.
Nina
Nein, das hat mit dem Loch nichts zu tun.
Sebastian
Ich hab die ganze Zeit an dieses Loch gedacht, wie soll denn das gehen,
um Himmels Willen, dieses Loch ist doch eine völlig… muss ich die Liege aufstellen? Keine Ahnung.
Nina
Mit dem Loch kannst du andere Dinge tun. Aber das ist auch ein schöner… kann
mein Podcast so heißen, mit dem Loch kannst du andere Dinge tun. *lacht*
Nein, aber wirklich so gerade… das ist ziemlich ergonomisch.
Dein Hals macht dann quasi schon, was er beim deepthroaten machen soll,
ohne dass du dich da groß anstrengen musst. Das ist prima.
Sebastian
Ich hing jetzt geistig einfach an diesem Loch fest und kam davor nicht weg
und konnte es mir nicht vorstellen. Aber wenn du mir eine Zeichnung dafür machen
würdest, dann würde ich die selbstverständlich in die Shownotes übernehmen.
Nina
Ich bin ganz schlecht im Zeichnen, ich kann es aber versuchen.
Aber guck mal, das hast du ja auch ausgespart. Da oben hängen ja auch Haken. Also...
An der Treppe, an der Treppe.
Sebastian
Ach, da unten, ja, okay.
Nina
Also gar nicht so weit unten.
Sebastian
Ja, aber hoch genug, sagen wir es mal so.
Nina
Ja.
Sebastian
Also hier ist vielleicht so eine,
du hast so eine Zwei-Ebenen-Konstruktion, ne? Der Raum hier hat eine Raumhöhe
von, also ich würde sagen 3,80 auf 4 Meter fast, ne?
Nina
Ja.
Sebastian
Und da gibt es dann
eben oben die Bettebene.
Nina
Oh ja.
Sebastian
Und das sieht sehr, sehr massiv hier alles aus. Und wir sitzen jetzt unten und
ich weiß gar nicht, was da oben ist, aber…
Nina
Da ist mein Schlafzimmer.
Sebastian
Ja, ich bin mir sicher, dass da oben ist spannend. Und dann ist hier, Haken und
alles. Es ist alles so ein bisschen versteckt, aber da.
Nina
Ja. Und es ist eben nicht versteckt, weil ich mich dafür schäme,
was ich tue, sondern weil es sich einfügen soll.
Es soll eben auch nicht herausstechen, sondern das ist ja Teil von allem anderen.
Das ist Teil von mir, genauso wie die Menschen auf den Bildern Teil von mir sind.
Und die Sachen, die ich nähe. Und mein Kater. Und mein was auch immer.
Das muss nicht Outstanding sein, weil es gehört genauso zu mir wie alles andere auch.
Sebastian
Nina, weißt du was total schön ist? Wir haben diese Folge ja mit dem Titel BDSM
und Behinderung. Wir haben auch darüber gesprochen.
Aber im Grunde, wenn ich mich nicht ganz irre, haben wir die letzte Stunde fast
gar nicht mehr das Thema überhaupt mit in der Folge drin gehabt.
Also es gibt einfach ganz viel anderes. Und ja, das gehört zu dir. Das ist Teil davon.
Und aber es versaut dir das alles nicht.
Nina
Genau das ist, da wollte ich aber auch noch was zu sagen. Was wir,
wie wir durchs Leben gehen, das entscheiden wir ja selber. Ob ich jetzt eine
Behinderung habe, ob ich poly bin, ob ich was auch immer für eine sexuelle Orientierung habe.
Wie ich mit Dingen umgehe, ist meine Entscheidung.
Und natürlich können Menschen mir das erleichtern oder erschweren.
Aber es ist auch da wieder meine Verantwortung. Wie möchte ich denn durchs Leben
gehen? Möchte ich permanent unzufrieden sein? Möchte ich mich die ganze Zeit
beschweren und die AfD wählen?
Oder möchte ich ein anständiger Mensch sein und ein glücklicher Mensch?
Glück ist auch nichts, was uns einfach passiert, sondern das ist was,
das erfordert ein bisschen Beschäftigung mit uns selber.
Und Glück ist was, was wir selber machen, nicht was einfach so passiert.
Und entsprechend, ja, ich habe blöde Karten bekommen, als ich noch jung war, richtig blöde Karten.
Sebastian
Was möchtest du den Menschen sagen,
die das hier hören, die selbst eine Behinderung haben und sagen, ach...
Schwierig, ich lasse das doch eher, ich höre lieber nur Podcast.
Ich weiß, es gibt diese Menschen, es gibt allerdings auch die Menschen,
die sagen, ich bin jetzt schon Mitte 40, ich fange damit jetzt nicht an, ich bin zu alt.
Da sage ich immer, um Gottes willen, gibt es und ich habe schon öfter Mails
bekommen, wo die Menschen sagen, ich habe es jetzt doch gemacht und es war die beste Entscheidung.
Aber wenn jetzt Menschen das hören, die sagen, okay, ich glaube nicht,
dass ich das machen sollte, weil körperlich steht das und das und das dagegen.
Möchtest du den Menschen was mitgeben?
Nina
So ich das denn kann, möchten natürlich gerne. Mir ist dran gelegen,
dass Menschen glücklich sind und erfüllt sind und sich nicht davon abhalten
lassen, dass sie schlechte Karten bekommen haben. Es kommt darauf an,
wie wir spielen und nicht, womit wir spielen.
Und dementsprechend macht es einfach. Macht, was euch glücklich macht,
macht, was ihr machen wollt und was euch erfüllt. Und vertraut den Menschen
da. Die gehen viel liebevoller und offener mit euch um, wenn ihr ihnen eine Chance dazu gebt.
Und echt verzichtet nicht drauf, irgendwann seid ihr tot oder liegt im Sterben
und denkt euch hätte ich doch mal, lasst das nicht zu, macht was ihr machen wollt.
Sebastian
Das klingt absolut überzeugend und ich möchte das gerne als Schlusswort von dir nehmen.
Ganz kleinen Hinweis muss ich machen, Kontakt zu Nina, liebes Publikum,
auf kunstderunvernunft.de, klickt die Folge an, da gibt es ein paar Shownotes,
Kapitelmarken, bis zum Gehtnichtmehr und vor allem das Profil,
wo du alles verlinken kannst, wo auch immer man dich kriegen kann und soll.
Da kriegst du von mir noch einen Zugang und da kannst du alles reinpacken.
Und ich gebe dir jetzt einfach die letzten Worte der Folge und bedanke mich
ganz herzlich, dass ich hier sein konnte, dass ich hier einfach mich wohlfühlen
konnte und gut bewirtet wurde und überhaupt, dass du ganz viel erzählt hast. Vielen, vielen Dank.
Nina
Ich danke dir. Ich erzähle ja auch so gerne. Vielen, vielen Dank.
Und auch danke an alle, die es anhören. Ich rede wirklich gerne und zwischendrin auch mal zu viel.
Ich möchte aber noch mal kurz, gerade in Bezug auf Menschen mit Behinderung.
Schreibt mir. Erzählt mir, was euch umtreibt. Erzählt mir eure Geschichten.
Lasst uns darüber reden, wie wir mit Dingen umgehen, wie wir Dinge verbessern
können und auch wie wir Allies ins Boot holen, die uns dabei unterstützen,
weil das braucht es ja jetzt gerade bei körperlichen Behinderungen brauchen
wir häufig Menschen, die uns unterstützen.
Bitte, bitte, bitte schreibt mir. Ich freue mich riesig. Ich werde es lesen.
Manchmal brauche ich länger zum Beantworten aufgrund von vier Jobs,
mehreren Lebensgefährten und
einem echt vollen Leben. Aber ich freue mich über jedes kleine bisschen.
Sebastian
Die sind das von mir gewöhnt, dass das ewig dauert, bis mal eine Antwort kommt.
Nina
Okay, so ewig lange wie Sebastian brauche ich nicht. *lacht*
Sebastian
Sehr schön, das ist doch mal ein Vorsatz.
Nina
Vielen, vielen Dank.
Sebastian
Vielen Dank.
Mach's gut, Nina. Tschüss.
Nina
Mach's gut.