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Sebastian
Hallo und herzlich willkommen zu Folge 90 der "Kunst der Unvernunft",
dem Podcast, in dem Menschen über BDSM sprechen.
Darüber, was sie erleben, was ihre Motivation ist und ganz schlicht,
was sie glücklich macht.
Mein Name ist Sebastian Stix und ich mache es kurz: Die Sonne hat mich besucht
und wir haben geredet. Sie hat ihrem Partner vor einigen Jahren gestanden,
dass sie BDSM schon ziemlich gut findet, und dass das Ganze jetzt mal losgehen müsse.
Mit BDSM konnte der jedoch gar nichts anfangen, und so kommen wir zum Thema der
heutigen Folge. Poly, Poly, Poly.
Gleich vorweg, Sonne hat damals alles so gemacht, wie man es nicht machen sollte.
Ihre Lernkurve war extrem steil, und deshalb habe ich gelernt,
dass es 1001 Möglichkeiten für Beziehungen gibt, für das Leben und das Lieben.
1 plus 1 ist nur eine davon, und Sonne zeigt uns heute die anderen,
denn sie hat nicht nur selbst Wege gefunden, sondern berät inzwischen auch Menschen
darin, das eigene Beziehungsmodell zu finden.
Und als ob die Folge nicht schon ausführlich genug wäre, Sonne ist auch noch
die Person, die hinter den Kink-Friendly-Professionals beim Smart-EV steckt.
Ein tolles Projekt, das ich auf kunstderunvernunft.de schon ewig verlinke. U
nd falls ihr mal eine Therapeutin,
einen Therapeuten, Anwalt, Arzt, irgendetwas braucht, eine Person,
die ja Kink-Friendly ist, dann schaut da einfach mal rein. und Sonne erklärt heute,
wie es dazu gekommen ist und wie sich das Projekt entwickelt und wie ihr auf
diese Liste kommen könnt.
Die Hausmeisterei erspare ich euch heute ein wenig. Ihr wisst ja,
kunstderunvernunft.de und
sonst überall auch. Und los geht's einfach mit Folge 90, mit Sonne.
Liebes Publikum, ich habe in meinem wunderschönen Studio Besuch bekommen von Sonne, hallo.
Sonne
Hallo.
Sebastian
Ja, du kommst aus NRW, bist 47 und keine klassische Gästin.
Wir werden heute ein bisschen über Poly reden und über BDSM und überhaupt über
ganz viele Dinge. Ich freue mich total. Schön, dass du hier bist.
Sonne
Ja, vielen Dank. Ich habe auch voll Bock.
Sebastian
Sehr gut. Ja, ich kann es mal erwähnen, möglicherweise schneide ich es raus:
Also du hast auf jeden Fall mich gerettet, weil ich habe es diesmal Termin-technisch
maximal vergeigt. Du warst geduldig mit mir.
Also vielen Dank dafür schon mal. Das ist großartig. Liebes Publikum,
ihr könnt euch nicht vorstellen, wie entspannt Sonne ist.
Und das wird auch eine ganz entspannte Folge.
Obwohl ich heute vielleicht mal ein bisschen mehr Kontra gebe als sonst. Werden wir schauen.
Okay, worüber reden wir?
Sonne
Das sagst du es mir, du hast mir vorher extra gesagt, ich soll mich auf dich
verlassen, das tu ich jetzt.
Sebastian
Okay, verdammt. Okay, wir reden über BDSM, über dein BDSM.
Du bist schon seit 20 Jahren in der Szene, hab ich das richtig rausgehört? Plus-Minus?
Du hast für den Smart e.V. die Kink-Aware-Professionals aus der Taufe gehoben.
Vielleicht kannst du das mal mit einem Satz kurz beschreiben,
damit die Leute auch wissen, dass es sich lohnt darauf zu warten,
dass wir darüber sprechen.
Sonne
Die Kink-Friendly-Professional-Seite ist eine Seite, auf der man TherapeutInnen
und andere Professionals nachschauen kann, wenn man auf der Suche ist,
als BDSMer Unterstützung zu finden. Sowohl therapeutisch als auch juristisch
als auch möbelbauerisch.
Das ist zumindest die Zukunft. Das Projekt gibt es seit 2021 und wächst.
Sebastian
Genau und wir werden darüber weiter sprechen und ich habe da auch schon Menschen
hingeschickt auf diese Seite.
So gesehen ist es auch mal schön die Person, die dahinter steckt, ein bisschen
kennenzulernen. Da freue ich mich schon drauf.
Dann reden wir ganz viel über Beziehung und Poly und Möglichkeiten und Lösungen.
Sonne
Schön, wie du das Poly so aussprichst.
Sebastian
Wie spreche ich es denn aus? Ja, Poooly ne?
Sonne
Ist nicht so deins, ne?
Sebastian
Wie spreche ich es denn aus? Wie ist es vernünftig? Wie spreche ich es richtig aus?
Sonne
Du sprichst es total richtig aus, aber ich bilde mir ein, eine leichte Färbung
von deiner Meinung mit zu bekommen.
Sebastian
Hm, eine Färbung. Ja, das könnte eventuell sein.
Ich habe ja dem Poly persönlich ein bisschen, abgeschworen würde ich nicht
sagen, aber ich hab festgestellt, dass es in meiner Lebenssituation jetzt einfach nicht zu mir passt.
Was aber nicht heißt, dass es nur weil ich das so sehe im Podcast ja nicht vorkommen soll.
Das Thema ist auch wichtig, das müssen wir heute auch definitiv aufgreifen,
weil ich bekomme relativ häufig Mails von Menschen, die da Fragen zu haben.
Und das kommt ja auch in Folgen manchmal vor.
Heute geben wir dem Ganzen mal so richtig Raum.
Und dann gucken wir mal, wie wir das einordnen können. Du bist auch beruflich
in dem Thema aktiv, da mag ich gleich mal der Transparenz wegen auch einfach
gleich mal erwähnt haben.
Wie nennt man das bei dir? Ist das eine Beratung oder ist das eine Therapie oder was bietest du an?
Sonne
Ich mache Paar- und Sexualberatung mit dem Schwerpunkt Polyamorie,
offene Beziehungen, aber ich nehme gerne auch Kink, Queer und Co.
Sebastian
Besser formuliert schon wieder als ich es jemals könnte. Liebes Publikum,
das wird total einfach für mich heute. Ich werfe ein paar Worte hin und dann
wird die Sonne einfach die richtigen Dinge sagen. So easy.
Vielleicht ist es dann doch ganz gut, wenn ich gelegentlich dann doch mal ein
bisschen "Poooly" sage und wir ein bisschen aneinander reiben können.
Ja, wo fangen wir an, wo fangen wir an? Es ist ja eigentlich in diesem Podcast
alte Tradition, dass wir vorne anfangen.
Und ja, du berätst nicht nur, du machst auch Kink.
Wie bist du zum BDSM gekommen? Wie hat BDSM dich gefunden?
Sonne
Es ist total schön, diese Frage mal gestellt zu bekommen, weil ich rede ja ganz
viel über andere Menschen, über mich rede ich aber in dem Zusammenhang relativ
selten und ich habe mir schon ganz lange überlegt, was ich dazu sagen möchte
und tatsächlich muss ich sagen, bei mir war der Kink schon immer da.
Meine ersten Erinnerungen an Gefühle mit Handlungen verbunden zu dem Thema waren so mit neun.
Da kann ich mich noch an eine Situation auf einem Garagenhinterhof erinnern.
Ich habe das dann ganz lange weggesperrt.
Ich hatte ein starkes, in Fachkreisen nennt man das, internalisiertes Stigma.
Das heißt, ich habe mich selbst abgelehnt und es mir selbst nicht eingestehen wollen.
Und mein inneres Outing hatte ich dann so ungefähr 2004, 2003.
So dass ich gedacht habe: okay, ich lade seit Jahren SM-Stories aus dem Internet
runter und irgendwie muss ich mir wohl eingestehen, dass ich auf sowas stehe.
Und hab das dann relativ brachial meinem Partner mitgeteilt und hab ihm ziemlich
die Pistole auf die Brust gesetzt.
Hab's also nicht so gemacht, wie ich's jetzt meinen Paaren empfehle.
Und hab gesagt: so bin ich, das ist jetzt meine Identität, ich muss es allen
erzählen, und du musst das auch können und wollen. Und wenn du das nicht willst,
dann muss ich es mit anderen leben oder dann musst du gehen.
Sebastian
Ein leuchtendes Vorbild. *lacht*
Sonne
Ja, ganz herrlich. Wunderbar. *ironisch*
Sebastian
Okay, vielleicht mag ich da noch ein bisschen früher angreifen.
Du hast gesagt, du lädst dann Geschichten runter.
Vielleicht erstmal da der Punkt, wie würdest du deinen Kink einordnen zum damaligen
Zeitpunkt? Eher ist Sub, eher top, eher interessiert an allem, Hauptsache pervers?
Sonne
Ich glaube eher letzteres, aber den Einstieg habe ich definitiv als Sub gehabt.
Starke Wünsche nach verhauen werden, Schmerzen, Bestrafung,
Überwältigung, Dominanz, also dass ich mich einfach hingeben kann und nicht mehr nachdenken muss.
Sebastian
Bis du deinem Partner davon erzählt hast, wie tief bist du schon eingestiegen?
Also weil ich sag das manchmal, dass das ganz schön unfair ist dem Partner
gegenüber, wenn man 10 Jahre Wissens- und Google-Vorsprung hat und dann sagt man: Schnapp,
und jetzt bitte mal Vollgas, weil ich habe mich jetzt seit zehn Jahren informiert,
sei bitte auf meinem Niveau!
Das kann natürlich niemand. Aber wie lief das bei dir? Wie viel wusstest du
schon, bis du dich da geöffnet hast?
Sonne
Also erstmal muss man das Ganze natürlich ein bisschen einordnen,
weil: wann hatte ich Internet? Das war, also dieser Prozess
fand statt 2004, und meine ersten Erfahrungen mit echtem Internet hatte ich so...
ja vielleicht so fünf Jahre vorher.
Der Google-Vorsprung war nicht so groß. Zu dem Zeitpunkt gab es noch Newsgroups,
gab noch keine großartigen Seiten, und die Geschichten hat man auch nur auf sehr
zwielichtigen Pornoseiten gefunden.
Also so richtig informiert war
ich nicht. Und tatsächlich, obwohl ich schon Jahre damit verbracht hatte
diese Geschichten auszudrucken und zu horten, weil es gab natürlich viel zu
wenig, bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, dass es vielleicht so Vereine
oder Institutionen gibt, die sich da auch von fachlicher Seite mit beschäftigen.
Also so groß war mein Wissensvorsprung nicht, aber auch da habe ich trotzdem alles falsch gemacht,
indem ich nämlich meinem Partner quasi in dem ersten Gespräch darüber alles
so vor die Füße gekotzt habe. Zwei Stunden geredet "und so ist das und das musst
du jetzt akzeptieren" und keine Fragen zugelassen, überhaupt nicht auf Grenzen
geachtet, ob er das überhaupt hören will, ob ihn das nervös macht oder so.
Also da habe ich auch so richtig gelernt, wie man es nicht machen sollte.
Sebastian
Ja gut, aber das ist ja glaube ich auch der... ja das natürliche.
Es ist eher unangenehm, es staut sich auf und irgendwann kommt dieser Moment. U
nd wenn der Partner, die Partnerin da nicht zufälligerweise total krass psychologisch
geschult ist und dann erkennt:
Das ist gerade der Moment der absoluten Ehrlichkeit, der Offenbarung, und dass
hier ein wichtiger Innovationssprung stattfindet.
Natürlich ist das so, sagst du ja im Prinzip zwei Stunden lang:
schlag mich, hau mich, mach die perversen Sachen aus dem Fernsehen mit mir,
folter mich, tu alles Dinge, die du selber überhaupt nicht toll findest,
über die du dir noch nie Gedanken gemacht hast. Was soll man da sagen?
Wie hat er denn reagiert? Hat er hinterher gesagt "Tschüss" oder hat er gesagt "lass probieren"?
Sonne
Er hat gesagt "ich schlage keine Frauen".
Und das wird er auch nie tun. Wir haben über diesen Moment noch sehr häufig
gesprochen, weil ich bin mit diesen Menschen nämlich immer noch sehr eng liiert.
Und ich weiß heute, dass, wenn ich nicht gesagt hätte: ich will das friss oder
stirb! Sondern gesagt hätte "so geht's mir, was machen wir denn damit?"
wäre das alles vermutlich kein großartiges Problem gewesen.
Also ich hatte, bevor ich mein SM-Outing hatte... also für mich war das völlig
selbstverständlich, dass ich so viel Liebe habe, dass ich mit einem Menschen
alleine so für immer und ewig... Also, ich hab immer gesagt: ich hab zu viel Liebe für einen Menschen.
Das hatte ich vorher schon mal so anklingen lassen, und da hat er sehr klar gesagt "
nee, mit mir nur Monogamie".
Deswegen wusste ich, dass, wenn er sagt "ich schlag dich nicht",
dass das im Umkehrschluss bedeutet: dann werde ich auch nicht geschlagen,
weil er ja monogam leben möchte.
Und ja, die Reaktion... Also wie das Gespräch genau abgelaufen ist, weiß ich nicht mehr.
Ich weiß nur so, dass der Gist war: "Nee, ich schlag keine Frauen."
Und dann hab ich gesagt: ja, musst du damit leben, dass ich mir das irgendwo
anders hole. Und er hat damals, in meiner Erinnerung, ... ich weiß nicht
wie es wirklich war tatsächlich, ich war so unter Strom und im Ausnahmezustand,
es war so mind-blowing für mich.
In meiner Erinnerung war es so, dass er gesagt hat: "Ja gut, dann mach halt.
Dann muss ich da irgendwie mit um". Und ich hatte eben erzählt,
dass ich nicht vorhabe jetzt irgendwie im Internet zwielichtige Gestalten rauszusuchen,
sondern ich hatte damals schon "SMart Rhein-Ruhr" kennengelernt und hab halt gesagt,
ich werde da hingehen, mal zu so einem Stammtisch und mal gucken, was dann passiert.
Sebastian
Okay, das war jetzt Long Story Very Short.
Sonne
Ja. *lacht*
Sebastian
Lass mich nochmal so ein bisschen gucken auf die Erkenntnis.
Du liest Geschichten, das erregt dich, das macht Spaß und dann kommt dieser
Moment: ich will das erleben!
Ist das einfach?
Sonne
Und das war auch ein Prozess, der über Jahre ging.
Sebastian
Also diesen Vorsprung hattest du auch noch. Und auch den SMart Rhein-Ruhr, zu dem
Zeitpunkt des Gesprächs, kanntest du den auch schon?
Sonne
Ich glaube, ich war einmal da gewesen.
Sebastian
Vor dem Gespräch mit deinem Partner?
Sonne
Ja, ich muss jetzt echt nachdenken. Zumindest hatte ich Kontakt,
aber dass ich wirklich regelmäßig hingegangen bin, das war definitiv erst nach
dem Gespräch mit meinem Partner.
Ich sag mal so: SMart hat nicht dazu beigetragen, dass das Thema in der Versenkung verschwinden kann.
Weil ich hab direkt bei einem meiner ersten Besuche dort, ich glaube,
es war eine Lesung von Axel... Schäffler? Nee, wie hieß denn der? Ein Comic-Autor.
Ich weiß es aber nicht mehr genau. Es war jedenfalls eine Lesung, und es saßen
ganz viele BDSMer in dem Raum in Bochum und es kam ein Paar rein,
das ein frisch geborenes Baby im Maxi-Cosi dabei hatte.
Und dieses Baby wurde offensichtlich das erste Mal gesehen in diesem Kontext,
und es stand ein anderes Paar auf und die haben sich zu viert begrüßt.
Und jemand hat mir halt gesagt, dass diese Menschen ein Viererpaar sind. Und
alle waren so voller Liebe mit diesem Kind und ich hab nur gedacht:
alter, wie geil ist das denn? Dieses Baby wird überschüttet von vier Menschen, die es lieb haben.
Ich will Räume haben, die... ich will eine Zukunft haben, wo das immer so ist.
Sebastian
Okay, also man merkt, du warst wirklich in deinem Beziehungs- in deinem Lebenskonstrukt
eine Person, und das war's und mit anderen Menschen tauscht man sich auch nicht
über Sexualität aus oder so.
Sonne
Korrekt.
Sebastian
Liebes Publikum, wenn ihr den SMart Rhein-Ruhr, wenn ihr jetzt nicht
genau wisst was das ist: Folge 73, SMart Rhein-Ruhr e.V., ein ur-ur-alter BDSM-Verein
in NRW mit ganz lieben Menschen.
Und da habe ich auch mit Angelique und Matthias gesprochen. Hört die Folge ruhig mal an.
Da wird ein bisschen erklärt, was so alles möglich ist, wenn man einfach so
ein Netzwerk wirklich aufbaut.
Jetzt hast du da deine Geschichten, du hast ein bisschen gegoogelt oder Informationen
beschafft, deinem Partner Bescheid gesagt, aber du bist die einzige BDSMerin auf der Welt.
Und jetzt besteht die Möglichkeit, irgendwo hinzugehen, wo noch andere so sind.
Das ist ja ein Umbruch und gerade wenn dein Partner gesagt hat "
nee, ich mach das nicht", dann bist du ja wirklich alleine auf der Welt.
Das erste Mal in Szene treten, Menschen kennenlernen, die deine Gedanken teilen können. Wie war das?
Sonne
Es war unglaublich groß, es war unglaublich bedrohlich, aber der Leidensdruck war definitiv größer.
Also ich bin ein sehr extrovertierter, zugänglicher Mensch, der schnell Kontakte knüpfen kann.
Also ich war nervös, die Angst hielt sich in Grenzen und ich habe mit der Bochumer
und Essener Gruppe, habe ich damals besucht, unglaublich viel Glück gehabt.
Ich habe einen Menschen getroffen, der mich immer noch begleitet,
mit dem ich immer noch Seminare mache, der ziemlich schnell gecheckt hat:
Da ist jemand, der super engagiert sein kann und der mich auch eingebunden hat
in Gruppenarbeit und so. Das ging alles ziemlich schnell. An die ersten ein,
zwei Treffen kann ich mich nur bruchstückhaft erinnern, weil ich hatte einen Puls da, glaube ich....
Aber ja, es wurde schnell heimelig und die waren einfach so zugewandt.
Es gab da halt auch noch so Erstbesuchergespräche und irgendwelche Leute, die sich kümmern.
Die Anonymität wurde sehr hochgehangen.
Ich hab mich da sehr schnell sehr sicher gefühlt.
Sebastian
Ja das ist ja immer diese Einstiegsrituale, dass man sich beim ersten Besuch mal ausziehen,
präsentieren, auf den Tisch, dann wird die Bonität noch gecheckt,
ob man wirklich mindestens ein Benz fährt, nein, Quatsch, das ist ja..
man hat ja so ein bisschen Hürden, pass ich da rein, was sind das für Menschen,
sind die mit mir auf einer Wellenlänge? Ich glaub da stimmst du mir zu,
wenn ich sage: es ist einfach Gesellschaftsschnitt, das sind einfach Leute und
man findet eigentlich, wenn da zehn Leute sind, ist mindestens eine Person dabei,
mit der man ziemlich gut auf einer Wellenlänge ist.
Du wurdest auch nicht gleich einsortiert. A, du gehst an den Subtisch oder an den Domtisch. *lacht*
Sonne
Im Gegenteil, ich kann mich noch gut dran erinnern, dass früher die Stimmen...
also ich hab das nie so empfunden, aber die Stimmen waren sehr schnell,
sehr laut, dass die Leute gesagt haben: hier wird ja überhaupt nicht über BDSM
geredet, sondern eigentlich sind das nur lauter BDSMer, die über den selben Scheiß
reden wie woanders auch.
Ich hab das anders empfunden, aber es gab Stimmen, die das so behauptet haben.
Und insofern, nee, da war mir am Ende viel zu wenig BDSM in den Gesprächen.
Sebastian
Ja, ich muss das heute mal so
zum Anlass nehmen, weil ich hab das seit einiger Zeit nicht mehr gesagt.
Ich bekomme ja gelegentlich Mails von Leuten, die sagen: oh jetzt,
ich höre ja den Podcast schon ein bisschen und jetzt würde ich gerne andere Menschen
kennenlernen, wie mach ich das denn am besten?
Und dann denke ich mir, Mensch, ich erzähle doch ständig von "geht raus,
geht auf Stammtische", aber diesen Schluss, wenn ihr sagt "ich will Menschen
kennenlernen", dann geht auf Stammtische, die heißen Stammtische,
die sind nicht wie der Stammtisch, der Jäger Stammtisch auf dem Dorf,
es ist eher so ein modernes Meetup.
Geht da hin, und die Menschen, die auf Stammtischen sind, wenn ihr wieder neue seht und sagt:
oh schon wieder neue und die wollen jetzt wieder über BDSM reden,
um die muss man sich kümmern. Geht mal davon aus, dass die Person,
die auf dem Stammtisch kommt und neu ist, dass die vielleicht das allererste
Mal andere kinky Menschen sieht und die Gelegenheit hat, mit denen zu reden.
Dass diese Person vielleicht über Wochen auf diesen Tag hingefiebert hat und
tierisch nervös ist und wahrscheinlich in jeden Fettnapf tappen wird, den es gibt.
Und seid nett zu diesen Leuten und helft ihnen einfach über diese ersten ein, zwei Besuche weg.
Ihr wart bestimmt auch mal das erste Mal irgendwann da und erinnert euch an
den Moment, und selbst wenn die Leute danach nie wiederkommen,
ja dann habt ihr halt im Zweifel eine halbe Stunde Zeit.... d
as heißt verschwendet habt ihr die nicht, aber sagt neuen Leuten Hallo und
heißt sie willkommen, auch wenn ihr eigentlich keinen Bock habt,
aber seid ein bisschen nett.
Das kann ein Leben verändern. So, jetzt hab ich mein Schmonzes dazu einmal gesagt. Entschuldigung.
Sonne
Ich finde das voll gut, weil das genau so ist. Selbst wenn die Leute nie wiederkommen.
Ich weiß aus der Arbeit mit SMart und mit den Erstbesuchenden,
dass dieser erste Besuch und dieser erste Kontakt lebensverändernd ist.
Egal ob sie wiederkommen oder nicht, oder woanders hingehen, oder dann einfach
keinen Stammtisch mehr brauchen, weil sie einfach einen anderen Weg gefunden haben damit umzugehen.
Sebastian
Aber jetzt hast du ja nun mal starke Persönlichkeit "ich will aber" und dein
Partner sagt "ich will aber nicht".
Und damit ist ja klar was passiert, dann müsst ihr euch halt trennen und dann
ist das so. Nein, es ist ja nicht so passiert. Ihr seid bis heute zusammen.
die Lösung ist natürlich klar. *lacht*
Sonne
Ja. Wer jetzt zugehört hat, der kommt von selbst drauf. Ich bin ganz sicher.
Sebastian
Es gibt ja ganz oft, dass Menschen sagen: dann lagere ich diesen Teil meiner
Sexualität aus. Und das wird heute auch ein bestimmtes Thema werden.
Ja, wenn du sagst: ich suche mir jemand anderen. Und er sagt:
mach doch mit jemand anderem. Hat das so einfach funktioniert?
Sonne
Nein.
Sebastian
Ich lehne mich mal zurück und ich höre zu.
Sonne
Es gab am Anfang ganz viele Regeln, ganz viele Ideen. A
lso ich rede jetzt ganz
bewusst von meiner Geschichte, die nicht die Idealgeschichte ist,
die mir aber vermutlich sehr geholfen hat zu dem zu werden, was ich jetzt bin.
Er lehnt sich übrigens wirklich zurück, er legt alles weg. *lacht*
Sebastian
Ja und rutsche in meinem Stuhl ein bisschen weiter nach hinten.
Und jetzt lausche ich dir als wäre es ein Podcast.
Sonne
Ja genau, also ich vermute... wie gesagt ich habe mit meinem Partner ganz viel
über diese Situation oder die Phase unserer Beziehung gesprochen. I
ch vermute, dass seine innere Hoffnung war, dass ich mir ein paar mal den Hintern
versohlen lasse und dann feststelle: ja ist nichts für mich oder ich brauch
das nicht oder das war es jetzt und
dann komme ich zurück und wir können weitermachen wo wir aufgehört haben.
Wobei, wir haben nicht wirklich aufgehört. Also wir können einfach da
weitermachen, wo die Beziehung vorher war und wo die Sexualität vorher war.
Das war nicht der Fall. Ich bin ein
sehr begeisterungsfähiger Mensch und ich habe schnell sehr coole
Leute kennengelernt und habe schnell gemerkt: ey, ich bin Aktivistin.
Also ich habe das damals nicht so benannt, aber es war halt schnell klar,
ich werde da regelmäßig hingehen und zwar nicht nur zu einer Gruppe und ich
werde da mitarbeiten und ich möchte gerne, dass die ganze Welt erfährt,
dass BDSM nichts Böses ist und es wurde zu meinem Hobby.
Also ich bin relativ schnell in die Aktiven-Arbeit rein gekommen und alle haben
mich so kennengelernt und haben um meine Situation gewusst.
Und tatsächlich, ich weiß es war um Weihnachten rum,
ich weiß nicht mehr ob 2004 oder 2005, hat sich ein befreundetes,
wie ich damals fand, sehr sexy und hottes Paar überlegt, und wie ich heute vermute,
in wirklicher Absprache mit all den anderen lieben Menschen,
die mich so unterstützt haben in der Zeit, dass sie mich in die Welt des BDSM einweihen wollen.
Und wir haben also ein Date ausgemacht und ich durfte zu denen nach Hause kommen. U
nd ich bin halb gestorben vor Aufregung, und dann durfte ich Wunschzettel-Sub spielen
und durfte einfach alles erzählen, was ich mir wünsche.
Und dann haben die wirklich einmal komplett... also nicht alles,
aber so ziemlich alles ausprobiert, was man so ausprobieren kann,
wenn man so Subbie-Fantasien hat.
Sebastian
Moment: hingefahren? Hattest du denn die Erlaubnis dazu?
Sonne
Ja!
Sebastian
Okay, also da dieser Punkt, also du hast gesagt ganz klar: ich gehe da hin,
ich will das machen. Und dann ist dann der Moment, wo du vor deinem Partner stehst
und sagst: und jetzt habe ich ein Date nächste Woche, da will ich jetzt hin
und da werden Dinge mit mir passieren.
Also hast du ihn gefragt oder informiert?
Sonne
Lange ist es her. Also wir hatten sehr lange Jahre ein Arrangement,
das nennt sich "don't ask, don't tell".
Das heißt, er wollte so wenig wissen wie möglich, und so viel wie nötig.
Und ich glaube, dass ich ihn informiert habe, dass ich mir aber immer gewünscht
habe, dass er was dazu sagt.
Und ich hab ihm gesagt, dass das passieren wird. Es war eine lange Vorarbeit.
Es wurde viel auch vorher das Vorgespräch gemacht. Was wünschst du dir,
was stellst du dir vor, wer darf dabei sein? Wie lange soll das sein?
Mit Übernachtung, ohne Übernachtung?
Ich hab ihn so über die Eckdaten informiert. Und die SMart-Gemeinde war da sehr, sehr großartig.
Er kannte die Leute auch. Also er wurde zu irgendwelchen Grillpartys oder sonstigen
Events auch immer mit eingeladen und er kannte die Menschen auch.
Sebastian
Und niemand konnte ihn überzeugen, ja? [Sonne: Nein.] Du hast es eben so mit einem Halbsatz
erwähnt, Grenzen. Ihr hattet am Anfang ganz viele Regeln.
Was dürftest du denn alles nicht?
Sonne
Wir hatten eine sogenannte One-Penis-Policy.
Sebastian
Der Begriff ist super!
Sonne
Im Grunde genommen hat er mir erlaubt, Dinge zu tun mit anderen Menschen,
die er mir nicht geben kann.
Sebastian
Okay, das ist ja auch ein Deal, der erstmal vernünftig und logisch klingt. Ja.
Spulen wir mal zu heute vor. Ist diese Policy in irgendeiner Art und Weise haltbar?
Sonne
Nein.
Sebastian
Okay, dazu später.
Sonne
Ja, gerne.
Sebastian
Aber hast du es versucht oder war es dir egal? Also inwieweit ist es ja auch
so, dass du dann in der Situation selber sagst: ja, das habe ich jetzt zugesagt,
aber lieber beichten als um Erlaubnis fragen.
Sonne
Also ich hoffe, dass ich nichts gemacht habe, was ihm nicht gefallen hat.
Man muss ja dabei sagen, ich habe nicht alles erzählt, aber ich habe schon versucht,
seinen Wünschen nachzukommen und ich bin ein extrem treuer und loyaler Mensch.
Ich würde nie auf die Idee kommen, irgendwas zu tun, was er als Betrug sieht.
Nicht, dass ich es nicht trotzdem getan hätte, weil er es anders sieht als ich,
aber der Deal war: nicht mit einem Mann.
Vor allem sexueller Kontakt nicht mit einem Mann.
Und das habe ich durchgehalten und auch gut durchhalten können,
weil ich so heiß darauf war diese Erfahrung zu machen, die BDSM-Erfahrung,
dass mir das erstmal wurscht war, ob es ein Mann oder eine Frau ist,
obwohl mich der Mann schon mehr angemacht hat.
Sebastian
Ja, jetzt ist glaube ich dieser Haken,... also wenn das jetzt hier Menschen hören,
die BDSM nicht so toll finden und sich über diesen Podcast informieren wollen, was das so ist.
Es gibt eine böse Wahrheit. Wenn ihr euch vorstellen könnt, dass Sex das oberste der Gefühle ist.
Sorry, BDSM ist noch viel krasser. Ja, die One-Penis-Policy und kein sexueller
Kontakt, das mag man einhalten können, aber dieses überwältigende Gefühl vom
BDSM, Wunsch, Sehnsucht, Ausleben, ist viel größer.
Das heißt, dieser begrenzende Faktor: habt keine Gefühle, die über das hinausgehen,
was wir miteinander haben, das kann man, glaube ich, so nicht halten.
Sonne
Nein, das kann man nicht halten, aber in meiner Welt ist das einfach an ganz
anderen Stellen im Körper lockiert. Also diese Begeisterung.
Meine BDSM-Seite, die ist so tief und so brachial und archaisch und einfach
in einer ganz anderen Ecke.
Ja, das hat einfach mit vielen anderen Gefühlen gar nichts zu tun.
Und deswegen war es auch kein Problem, dass sexueller Kontakt mit Männern tabu war.
Sebastian
Okay, jetzt bist du bei dem Pärchen zuhause, mit gutem Gewissen und einem langen,
langen, langen Wunschzettel.
Was stand denn da ganz oben drauf?
Sonne
Gehauen werden auf jeden Fall. Und da gibt es ja 700 Millionen Möglichkeiten.
Fixieren war mit drauf. Auf jeden Fall insgesamt, also das stand nicht drauf,
das haben sie mir umsonst geschenkt quasi, ohne Wunsch geschenkt.
Einfach verschiedene Körperempfindungen, Wartenbergrad, Seile,
Tücher, Wachs, was man so alles tun kann.
Das haben sie dann getan. Ich überlege gerade, wie weit ich ins Detail gehen
will und ich glaube, tiefer mag ich nicht gehen.
Sebastian
Ich werde versuchen, da nicht zu tief zu bohren.
Sonne
Du darfst bohren, wie du willst. Ich werde gucken, dass ich auf mich aufpasse.
Sebastian
Okay. Jetzt hat dein Partner ja gesagt, er wird keine Frauen schlagen.
Aber von Fesseln und D/S und solchen Dingen hat er ja nicht gesprochen.
Also inwieweit wäre es da nicht doch möglich gewesen, zumindest einen Teil mit
ihm zu erleben? Also, wie weit hast du versucht, mit ihm dann doch Kompromisse zu finden?
Sonne
Tja, also ich betone nochmal, dass unsere Beziehung inzwischen 22 Jahre andauert.
Also, die zeitliche Reihenfolge und wann, was, wie, das kriege ich nicht mehr so ganz überein.
Ich kann sagen, dass wir verschiedene Techniken probiert und manche Kleinigkeiten auch integriert haben.
Zu dem Zeitpunkt war das keine Option für mich, weil ich so durstig und so gierig
war und so unsicher gleichzeitig.
Schlagen war für mich damals ein sehr essentieller Teil, den hat er komplett ausgeschlossen.
Und damit waren wir schnell am Rande unserer Möglichkeiten, weil ich zu dem
Zeitpunkt, man muss bedenken ich war so Mitte 20, mein Vokabular ging auch gar nicht so weit.
Ich konnte gar nicht... damals, als ich angefangen habe mit BDSM,
konnte ich gar nicht so wie heute die Grenze ziehen zwischen dem Mindfuck,
also zwischen der D/S-Komponente und der Schmerzkomponente, zwischen der Dominanz-Hingabe,
24/7, all diese Begriffe kannte ich noch nicht.
Und ich konnte das gar nicht, also dieser Mindfuck, dieser Kick im Kopf,
den konnte ich damals nicht benennen.
Ich konnte nicht sagen wie er ausgelöst wird und ich war so sehr im Rumprobieren,
Ich brauchte ganz viel Führung.
Mir war klar und ihm war klar, dass er mir das nicht geben konnte.
Ich bin ein Mensch, der sehr viel so Wissenschaft und Bücher... und alle Themen
sehr allumfassend lernen möchte, und einsteigen möchte, und das unterscheidet
uns auch bis heute. Und er hat überhaupt keine Lust darauf,
sich so intensiv mit etwas zu beschäftigen und deswegen war klar: nicht mit ihm.
Sebastian
Okay, auch umgekehrt nicht. Wenn er sagt "ich schlag keine Frauen",
heißt das ja nicht, dass er nicht geschlagen werden möchte?
Also er hat das auf seine eigene Art auch.. Also ich mag noch so
ein bisschen drauf rumreiten, auf diesen: wo sind noch Gemeinsamkeiten,
wo ist eventuell noch eine Basis, wo man hätte was miteinander probieren können.
Ich sehe schon, die gab es offenbar in der Stelle nicht, aber hätte es sich
gelohnt, danach zu suchen? Hättet ihr was gefunden aus heutiger Sicht?
Sonne
Aus heutiger Sicht hätte man da deutlich mehr Spielraum gehabt,
als ich es damals empfunden habe, als er es damals empfunden hat.
Und um seine Sexualität zu schützen, sag ich da jetzt nicht mehr zu.
Ich sag nur soweit: es gab und gibt weiterhin Spielräume.
Sebastian
Ich glaub, das ist mal so ein Punkt. BDSM ist halt mehr als Schlagen und brutales Ficken und Fesseln.
Das ist ja auch mal so mein Pornoproblem.
Ja, ich gebe irgendwas ein auf irgendeiner Webseite und dann bekomme ich,
eigentlich die Videos sind immer gleich, die gegoogelte Praktik plus danach
ein Fick und Orgasmus. Und dann gebe ich was anderes ein und dann bekomme ich
die Praktik und danach ein Fick und Orgasmus.
Sonne
Männlichen Orgasmus.
Sebastian
Ja, oder die Frauen kriegen halt vibrierende Wahnsinnsgeräte angeschlossen und
dann kommen sie irgendwie vier, fünf mal und es ist alles ganz fürchterlich.
Also das langweilt mich inzwischen fürchterlich, das stört mich einfach.
Ich denke so, muss das denn immer sein?
Das enttäuscht mich gerade ein bisschen. So, probiert, gemacht.
Wunschzettelsession gehabt, Wahnsinn?
War's danach denn besser? War das Feuer ein bisschen abgekühlt?
Sonne
Natürlich nicht. Ich hatte mehr Lust denn je, solche Dinge zu erleben und dann hatte ich das große... Glück?
Dass sich eine Partnerschaft ergeben hat tatsächlich innerhalb der BDSM-Gemeinde
zu einer Frau. Ich war sehr verliebt, sie war sehr verliebt und wir waren lange
zusammen. Sie war Dom, ich war Sub.
Und das konnte mein Partner einigermaßen ertragen.
Und ich betone das so, ich würde auch das so nie wieder machen,
wie ich es damals gemacht habe. Ich habe so ganz klassische Fehler gemacht.
Es ist ja quasi ein "V" gewesen. Also ich habe eine Liebesbeziehung zu ihr gehabt,
Liebesbeziehung zu ihm. Und die beiden mochten sich nicht besonders.
Dazu habe ich auch beigetragen, weil ich mich immer bei ihr über ihm beschwert
habe und bei ihm über sie. *beschämt*
Sebastian
Oh, sehr schön. *ironisch*
Sonne
Wie gesagt, alle Fehler, die es so gibt in dem Metier, habe ich vermutlich gemacht.
Sebastian
Ganz ehrlich, da bist du aber nicht die Erste und auch nicht die Letzte.
Und ich weiß auch nicht, gerade im BDSM, ob man immer alle Fehler vermeiden muss.
Also man darf auch Fehler machen, man muss halt die Konsequenzen ertragen. J
a das ist dann das Dreieck, das ist der Bermuda-Dreieck, wenn du sowas hast.
Es gibt da so ein Ding, da nimmst du deinem Partner ja bei allem was er da...
wo er es okay findet, da nimmst du ihm eine Sache weg, die du auch nicht ersetzen
kannst, das ist nämlich Zeit.
Inwieweit ist Zeit das Problem? Weil im Grunde bist du dann einfach mal nicht da.
Und weder bei ihr noch bei ihm. Also du musst irgendwie Stunden erfinden und
den Tag länger machen, damit alle glücklich sind. Wie weit war das ein Konflikt?
Sonne
Also da gibt es zwei Antworten drauf. Nämlich einmal die Antwort von mir jetzt
als Poly-Paartherapeutin.
Da gibt es natürlich eine Antwort drauf. Ich habe es damals als sehr belastend
empfunden, weil ich schon immer ein Mensch war mit 700 Hobbys.
Wollte beiden eine vollwertige Partnerin sein. Das heißt, ich wollte sie betüddeln,
wenn es denen schlecht ging. Ich wollte an alle Jubiläen denken und diese ganze
Mental-Load, die eine Beziehung mit sich bringt, zu 110 Prozent erfüllen.
Und das hat mich ziemlich überfordert.
Das war etwas, das ziemlich anstrengend war, was die Zeit angeht.
Also es gab keine Eifersüchteleien oder so.
Es waren beide eigentlich mit dem Zeitkontingent zufrieden, das sie bekommen haben.
Also das hat eigentlich ganz gut geklappt, aber ich war überfordert,
weil ich mir... ich bezeichne mich nicht umsonst manchmal als "Vielwill" und mir
war es auf beiden Seiten zu wenig.
Sebastian
Ja, am liebsten würde man einfach beide in ein Haus holen wollen, ne?
Sonne
Ja, und es war klar, dass das nicht geht.
Sebastian
Ja, wenn die sich auch nicht so wirklich mögen. Muss das denn eine Beziehung
zu ihr sein? Also es gibt ja noch die klassische Lösung: die Spielpartnerschaft.
Da hat man jemanden, mit dem trifft man sich ein-, zweimal im Monat,
dann spielt man ein paar Stunden miteinander. Das wird auf gar keinen Fall übernachtet, das geht gar nicht.
Und ja, zusammen Essen, das ist auch schon so grenzwertig. W
eil du merkst schon, das sind so diese Dinge, die mir jetzt auch in meinem
Podcast, E-Mail-Postfach so ein bisschen reinkommen, wo Menschen Konstrukte
suchen, mit denen alle Beteiligten leben können.
Was hat gegen eine Person, mit der man einfach nur spielt ohne Emotionen und
Gefühle und Sexualität, was hat dagegen gesprochen, das zu versuchen?
Sonne
Hat nicht so gekickt. Ich hatte so ein paar Spielbeziehungen tatsächlich,
aber das war nie was Dauerhaftes, weil der Kick nicht so war und das war auch
nicht geplant, dass ich mich in diese Frau so verliebe und dass sie sich in mich so verliebt.
BDSM-technisch bin ich nie geiler gekickt worden als von dieser Frau,
weil einfach da so viel Emotionalität auch mit bei war.
Sebastian
Was hat dich denn gekickt? Was ist dein BDSM? Wo ist dein... das Ding, was dich anspricht?
Womit hat sie dich gekriegt?
Sonne
Mit dem stärker sein. Also, ich bin gerne bratty.
Also, ich bin gerne aufmüpfig und arbeite auch von unten gegen die Grenze.
Und möchte dann ... Also, das, was mich kickt, ist, dass die Person Spaß hat
an meiner Lust und Spaß hat, mit dieser Lust zu spielen.
Ja, in dem Moment trotzdem sich nicht das Ruder aus der Hand nehmen zu lassen.
Du hast es bestimmt schon mitgekriegt:
ich bin relativ klar in dem was ich will und brauche, und ich weiß das sehr genau. Und das
was mich kickt, ist, dass da jemand ist, der mich sieht, wirklich sieht,
weiß, womit er mich gerade ärgern kann und womit er mich gerade glücklich machen
kann, und das einfach so macht, wie es dieser Person gefällt.
Sebastian
Das ist immer die gemeine Frage, lass mich mal ganz stumpf auf Praktiken kommen.
Also was musste man mit dir anstellen, damit der Nachmittag gelungen ist?
Sonne
Viel Schmerz.
Sebastian
In Form von Schlagen oder auch so dumpfer Schmerz in Klammern: Strom, Nadeln, Gedöns?
Sonne
Boah, ne mit Strom und Nadeln, also kann ich nicht so richtig was anfangen.
Und da sind wir wieder bei dem Punkt: Wenn mein Dom oder meine Domse denkt "
das ist mir jetzt egal, musste trotzdem durch" dann gehe ich da natürlich trotzdem
mit bis zu einem gewissen Punkt.
Aber da kann ich nicht so mit anfangen. Bei mir geht es viel um Schlagen.
Gerne die Rückseite, Rücken, Hintern...
Sebastian
Einfach weil man schlagen kann oder mit Motivation, also "zur Strafe?
Sonne
Ich finde den Strafe-Aspekt sehr spannend, aber tatsächlich,
ich stehe einfach auf den Schmerz. Weil den Schmerz, der holt mich voll raus,
also den kann ich nicht mehr ignorieren.
Ja, wenn so ein Körper, ich bin jemand, meinen Kopf leise zu kriegen ist ganz
schön Arbeit, und mit Schmerz kriegt man den leise.
Und da kann ich mich komplett drauf konzentrieren. Das ist einfach so allumfassend.
Und mit der Grenze zu spielen... also es ist gar nicht so, dass ich so furchtbar
masochistisch wäre, glaube ich.
Keine Ahnung, kann man das messen, weiß ich nicht. Aber mit dieser Grenze zu
spielen, wo ist die Lust, wo fühlt sich schön an, wo tut es weh,
wo tut es zu weh, das macht mir richtig Spaß. Und das kann ich auch stundenlang.
Sebastian
Aber man kann ja nicht immer nur hauen, also D/S gehört ja auch noch mit dazu.
War das auch eine D/S-ige Beziehung? Weil du kannst ja nicht immer nur rebellieren
und dagegen anarbeiten, und dann kriegst du Konsequenz und Schmerz, und dann auch
ganz viel Lust dazu. Und dann ist fertig und dann fährt man wieder nach Hause? O
der eher so ein bisschen... ja,
ich sag mal, Regeln, Rituale, Kleidung, Vorschriften? gab es sowas oder war das noch nicht deins?
Sonne
Ja, das ist aus meiner Sicht der Grund, warum diese Beziehung gescheitert ist,
weil wir da unterschiedliche Ansprüche hatten.
Also bei ihr gab es durchaus den Wunsch nach 24/7 und Erziehung und völlige
Hingabe und "du musst das machen, weil ich das will".
Bei mir war dieser Wunsch nicht so sehr da. Ich kann mich an eine Situation
erinnern, da sind wir ins Catonium nach Hamburg gefahren. Es war eine wunderschöne
Party. Ich bin ein sehr visueller Mensch, ich liebe es Menschen anzuschauen.
Und sie hat mich zwei Stunden mit dem Gesicht zur Wand knien lassen.
So, und da war ich einfach stinkig. So, weil ich dachte: Alter,
das Wochenende kostet uns so und so viel. Ja, okay, sie gibt den Ton an, aber das war so...
Da wollte sie halt klar... ist egal, ich weiß nicht, was sie wollte.
Vielleicht hat sie auch gedacht, das macht mir super Spaß und ich habe nicht klar kommuniziert.
Weil tatsächlich, das ist eine Seite, die mir... die über dich nicht so gerne
redet im BDSM, die aber definitiv Gehör braucht.
Es gibt Menschen, die traumatisiert sind. Es gibt kleine und größere Traumata
und es gibt Menschen, die mit ihren eigenen Grenzen manchmal nicht so gut umgehen.
Und ich glaube, dass es Zeiten in dieser Beziehung gab, wo wir beide mit unseren
Grenzen nicht so umgegangen sind, wie es dieser Beziehung gut getan hätte.
Sebastian
Ja gut, aber ihr seid ja auch beide am Ausprobieren, am Machen, am Entwickeln.
Und dann macht man auch mal Fehler. Das gehört einfach dazu.
Und das fühlt sich dann auch mal scheiße an.
Sonne
Und das hat es. Und es hat mich dazu gebracht, Entschuldigung,
ich hab dich unterbrochen, aber es hat mich dazu gebracht, zu sein, wo ich jetzt bin.
Mir diese Grenzen aufzuzeigen und zu merken: okay, das hat sich scheiße angefühlt.
Warum denn eigentlich? Wir haben es beide gut gemeint. Wieso ist es so schief
gegangen, darüber zu reden? Und da haben wir beide viel gelernt.
Sebastian
Gut, aber das heißt von der Art des Spiels her war das dann beendet?
Also du hast jetzt nicht irgendwelche Regeln mit nach Hause genommen?
Sonne
Ach, du meinst, ob sie mir per SMS oder… Ne, sagen wir mal klare Ansagen.
Sebastian
Oh, wir verabschieden uns jetzt, wir sehen uns in drei Tagen wieder.
Bis dahin bitte mal keusch bleiben" als Beispiel.
Sonne
Ja, doch, das ist passiert.
Sebastian
Okay, jetzt kommen wir mal zu dem Punkt. Jetzt bringst du nämlich Impact mit nach Hause.
Du kommst nach Hause. Dein Partner hat das alles abgesegnet, er ist damit okay.
Er ist nicht begeistert, aber okay. Jetzt ist dein Hintern blau, also seine Partnerin ist beschädigt.
Ja, dann beschwert die sich auch noch, dass das alles weh tut und vielleicht
noch ein bisschen Pflege.. "kannst du mich mal einreiben" Ich weiß mit welchen
Pflegemittel, keine Ahnung, ich spekuliere erstmal nur...
Und dann will er mit dir auch noch in die Kiste steigen, du sagst "ja ne,
ich darf nicht", also mal als Drama, ne?
Du bist nicht da, dann bringst du Spuren und sowas mit,
dann bist du auch noch völlig euphorisiert wegen jemand anderem, und dann wird
er in dem was er mit dir tun kann, auch noch eingeschränkt,
weil da möglicherweise noch so "im Kopf geile Regeln" sind, die ihn aber dann
doch irgendwie betreffen.
Das ist ein ganz schönes Paket, was die Person dann tragen muss.
So, das ist erstmal meine Horrorvision.
Wie war's denn wirklich? Du bist nach Hause gekommen und dann?
Sonne
Also erst mal fällt mir wieder auf, was für einen großartigen Partner ich habe.
Dass er das mögliche Horrorszenario durchgestanden hätte, hat er aber nicht,
weil wir immer darauf geachtet haben, dass es keine Regeln gibt, die ihn einschränken.
So, also wenn es um Keuschaltung ging oder so, dann war das nur mit mir alleine.
Also wenn mein Partner auf die Idee gekommen ist, dass ich jetzt einen Orgasmus
haben darf, dann musste ich mich dem nicht verweigern.
Und ja, mit den anderen... also was so "reib mich mal ein", oder "aua,
das tut weh", oder auch dieses unglaubliche Dauergrinsen, habe ich versucht so
gering wie möglich zu halten und ihn damit nicht zu belasten.
Sebastian
Ja, da spielt auch so ein schlechtes Gewissen mit rein.
Sonne
Na klar.
Sebastian
Und dann ist man natürlich auch besonders nett und lieb zum Partner,
obwohl man eigentlich gar nicht will, aber man hat ja dieses Schuldgefühl.
Sonne
Ja.
Sebastian
Ich wollte dir das alles gar nicht einreden, aber ich treff's ja offenbar so ein bisschen.
Puh, das ist schon heftig. Wie lang ging denn diese Beziehung mit ihr?
Sonne
Auch da, ich führ ja kein Buch darüber. Ich würde schätzen so drei Jahre etwa.
Also das sag ich immer, wenn wir darüber reden. Es gab aber auch Phasen,
wo es dann on-off so ein bisschen ging, wo wir auch mal eine Weile uns nicht
gesehen haben. Es war einfach für alle Beteiligten relativ schwierig,
weil wir nicht das Handwerkszeug dazu hatten.
Also, im Verein gab es ein paar Paare, die aufgrund unterschiedlicher Neigungen bzw.
Vanilla und Kinkster in einer Beziehung geöffnet hatten, aber so richtig wusste
keiner, was schlau ist und was nicht schlau ist. Einer der Gründe,
warum ich jetzt das tue, was ich tue, weil ich möchte, dass es anderen Menschen anders geht.
Was muss ich beachten in einer Dreierbeziehung? Wie wichtig Informationen sind?
Was ich wem erzähle, spielt eine Rolle für die Beziehungsdynamik.
Ja, es wurde dann irgendwann schwieriger und schwieriger und es wurde zwischen
mir und ihr schwierig, es wurde zwischen mir und ihm schwierig,
es wurde zwischen den beiden schwieriger und irgendwann ist es halt...
hat es nicht mehr getragen.
Sebastian
Ja, das Spannende ist immer zu überlegen, im Rückblick hätte man das dann einfach
vernünftigerweise schon ein halbes Jahr früher beenden sollen.
Sonne
Vermutlich, ich weiß es nicht.
Sebastian
Ich spekuliere natürlich ganz viel. Es gibt immer diesen wunderbaren Lösungsansatz.
Da sagt man: okay, also ich mag das mit dir nicht machen, liebe Partnerperson,
such dir doch auch eine andere Person, die das auch mit ihrem Partner nicht machen kann.
Beide haben die selben Perspektiven, möglicherweise die gleichen Regeln, und
das hört sich doch so super an, ne?
Wäre ja auch eine Perspektive gewesen, nach ihr sich dann jemanden zu suchen,
der selber zu Hause eine Frau sitzen hat. Unter gleichen Voraussetzungen. D
ann hätten sich nämlich dann die anderen beiden Partner noch zusammentun können,
weil die haben ja beide diese Perversen im Haus. Und dann können die mal miteinander
spielen gehen, mit der Eisenbahn.
Entschuldigung. *lacht* Also wäre ja ein logischer Lösungsansatz.
Sonne
Und der funktioniert auch an vielen Stellen.
Sebastian
Tatsächlich?
Sonne
Ja, also wenn ich Paare bei mir habe, die solche Situationen haben,
ist es immer günstig, wenn die Personen, mit denen sie sich dann zusammentun, einfach passen.
Weil eben, ne... also als ich damals mit meiner Freundin zusammen war,
die Zeiten, wo sie auch einen Hauptpartner hatte, liefen auf jeden Fall eindeutig ruhiger.
Weil eben die Erwartungen auch in gewisser Weise angepasst wurden.
Was letztendlich wer braucht, und was günstig für welche Dynamik ist,
entscheidet die Beziehung, die Dynamik und das, was die Leute brauchen.
Also es ist ganz unterschiedlich. Aber ja, es wäre klug vermutlich gewesen, so jemanden zu finden.
Aber es gab auch ganz viele Gründe, die dagegen gesprochen haben,
weil perfekte PartnerInnen wachsen ja leider nicht auf Bäumen.
Und es gibt auch keine Kataloge, wo man hingehen kann. Und ich habe diese Person damals nicht gefunden.
Ich habe aber auch nicht konkret danach gesucht, weil, das darf man nicht vergessen,
weiterhin Schuldgefühle, internalisierte Stigma, Angst davor:
Was heißt das überhaupt für meinen Partner?
Können wir dauerhaft zusammenbleiben, wenn ich dauerhaft nicht das kriege,
was ich will und er dauerhaft nicht das kriegt, was er will?
Also es gab ja immer wieder große Phasen des Zweifels und der Angst.
Und wie kann das funktionieren?
Und heißt das nicht eigentlich, dass wir nicht zusammenpassen?
Weil überall gibt es ja diese Idee von "der Einen" oder "dem Einen" und alle Bedürfnisse
müssen innerhalb dieser Beziehung erfüllt werden.
Und dieses mononormative Narrativ hatte auch ich natürlich im Kopf.
Es war nur klar, mit dieser Person hat es so nicht mehr funktioniert,
aus vielen Gründen und ich muss meine Neigung irgendwie anders ausleben, und das habe ich.
Also wobei ich auch sagen muss, wir waren nie exklusiv. Also ich habe schon
während der Beziehung mit dieser Frau auch sehr schöne Erlebnisse mit anderen
Frauen und Herren gehabt, die meine Gier nach BDSM befriedigt haben.
Sebastian
Lass mich nochmal so... bevor ich das Thema wechseln mag, noch so einen Punkt
anschauen. Dass dein Partner gesetzt ist. Das war immer klar?
Weil man kann sich diesen ganzen Stress kann man ja auch einfach abschaffen,
indem man sagt: ich fang nochmal neu an. Zack.
Sonne
Ja, das war keine Option. Nie wirklich. Also das ist nicht so,
dass wir beide nicht mal gezweifelt hätten.
Ich glaube das tut jeder. Also wer mir erzählt, er ist 22 Jahre immer happily
married gewesen, das ist Quatsch.
Aber im Grunde genommen war das immer gesetzt, ja. Weil wir auch...
wir haben unser Leben geteilt und wir tun es noch.
Sebastian
Das ist ja der Punkt, so eine Beziehung besteht ja aus mehr als:
ja wir haben uns lieb und gehen alle drei Monate mal in die Kiste. S
ondern man teilt ja ein Leben.
Sonne
Genau, und eine Lebensplanung auch. Man kann das ja durchaus unabhängig voneinander
sehen, und an vielen Stellen mag das sinnvoll sein das zu tun.
Wir haben es damals nicht und wir haben uns ein Leben gemeinsam aufgebaut.
Sebastian
Nachdem wir dich jetzt selbst als das abschreckendst-mögliche Beispiel gesehen
haben *lachen*, lass uns doch mal über das gesamte Monopoly-Spiel reden.
Vielleicht mal als erstes: wenn du Paare beraten darfst und kannst,
wie hast du dich dafür qualifiziert? Kannst du da eine Kurzform geben?
Sonne
Meine Qualifikation ist die Frage, okay. Ich bin gelernte Kfz-Mechanikerin,
studierte Biologin und bin über diesen Weg in der Pharmabranche gelandet und
war da Manager über lange Jahre und habe dort eine Coaching-Ausbildung bekommen.
Bin inzwischen auf dem Weg zur systemischen Familientherapeutin.
Das ist meine Qualifikation.
Sebastian
Das ist ja schon mal ein Weg. Okay, und gerade wenn du sagst Pharmabranche,
ich weiß, dass was die an internen Fortbildungen machen, echt der Kracher ist.
Also weil bei denen lohnt es sich auch, wenn Erfolge kommen. [Sonne: Ja.]
Okay, da ahne ich schon bereits, wie gut du vorgebrieft bist.
Okay, aber du wirst ja von denen keine Poly-Paar-Beratungs-Coaching-Variante gekriegt haben.
Und auch selber aus deinem eigenen Erfahrungsschatz... der ist ja nun auch
jetzt nicht so geeignet, um ihn weiter zu vermitteln. Also, wo kommt die Theorie her?
Sonne
Bei mir kommt die Praxis her, tatsächlich. Also ich hab die Coachingausbildung
bei meinem Arbeitgeber gemacht und hab lange Jahre Menschen begleitet auf ihrem
Lebensweg und war immer sehr frustriert darüber,
dass ich sie nicht privat, also auch die privaten Erfolge auf meine Kappe schreiben konnte.
Irgendwann habe ich gemerkt, dass die Pharma-Branche nix mehr ist und wollte
mich dann als Coach selbstständig machen und wollte erst sowas Richtung Live-Coach
oder so ein recht waberndes Bild haben.
Also wie ich in die Selbstständigkeit gekommen bin, ist nochmal ein eigenes
Drama, aber irgendwie hat sich das dann so ergeben, dass ich da gelandet bin,
wo ich gelandet bin, weil, ich habe ja schon erzählt, zurück, zurück, zurück.
Ich habe bei SMart ziemlich schnell ehrenamtlich angefangen zu arbeiten.
Bin in die Forschung und Lehre reingegangen, habe das Ressort Forschung und
Lehre fünf Jahre geleitet b
ei SMart. Habe mich also auch mit der wissenschaftlichen Seite von BDSM beschäftigt,
ICD10, dieser ganze Krempel.
Und der ganze Verein wusste im Grunde genommen: die Sonne ist mit einem Vanilla
verheiratet und die beschäftigt sich mit dem Thema ganz viel.
Wenn also jemand Neues gekommen ist und gesagt hat: "ja, ich bin da mit so einem
Vanilla verheiratet" dann haben die gesagt: ja, geh mal zur Sonne!
Also habe ich im Grunde genommen 2005 angefangen Paare zu beraten,
ehrenamtlich die ganze Zeit und es gab auch eine Babypause, aber da habe ich
meine Praxiserfahrungen her.
Ich habe dann angefangen, mich als Coach selbstständig zu machen.
Es ging viel um Andersartigkeit, weil ich immer einfach anders war als andere Menschen.
Hab dann irgendwie über die DGSF, die Deutsche Gesellschaft für Systemische
Familientherapie, habe ich immer so Fortbildungen besucht und so.
Und dann gab es irgendwann mal einen Input zum Thema BDSM, und dann habe ich
immer gesagt: ja, aber eigentlich ist das so und so.
Und dann hat wieder irgendwer gesagt. Ja, aber eigentlich ist das so und so.
Und so bin ich irgendwie dazu gekommen, und dann hat sich das so,
also einfach meine Praxis hat einfach das Wissen gebracht, was viele Menschen
in dem Bereich brauchen und ist dann irgendwie so zu mir gekommen.
Sebastian
Ja, es ist ja auch so, dass man selbst als Betroffener, als Betroffene die stärkste
Motivation zum Lernen hat.
Und wenn du dann, ich sag mal, das Talent hast, da weiter zu helfen,
warum denn nicht? Das ist der Punkt.
Sonne
Bei mir ist es, ich sag das so gerne und ich möchte das nochmal sagen,
weil ich so unglaublich dankbar darüber bin:
Seit ich einen Weg in die Berufswelt gelegt habe, wusste ich nicht, wo ich hingehöre.
Und es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich sage "ja,
das ist mein Job!" Da bin ich genau richtig, auch wenn es auch blöde Seiten gibt.
Aber es ist im Moment so ein bisschen wie so... als wenn jemand so ein 1000 Teile
Puzzle auf den Tisch geworfen hätte und die Teile fallen von alleine dahin, wo sie hinkommen.
Also es war gar nicht mein Plan da zu sein, wo ich jetzt hinkomme,
aber trotzdem fühlt es sich so großartig an.
Und ich bin so froh, dass diese ganzen Menschen damals.. dass das alles passiert ist.
Und wenn mir damals jemand gesagt hätte, als ich auch BDSM versteckt habe,
als ich auch gesagt habe... mich dafür geschämt habe und so. Wenn mir jemand gesagt
hätte, du wirst damit irgendwann mal dein Geld verdienen, dass du,
ich weiß nicht wie viele tausend Leuten, offen sagst, dass du BDSMerin bist
und dass das nicht das schlimmste Geständnis ist, was du hast.
Ich hätte mich weggeschmissen vor Lachen oder sehr viel geweint.
Ich hätte es nicht geglaubt.
Sebastian
Übermorgen werde ich eine Live-Folge aufnehmen zum Thema wie uns BDSM-Skills
beruflich weitergebracht haben.
Da wirst du jetzt nicht dabei sein, weil wir ja heute schon miteinander sprechen,
aber ich werde auf jeden Fall übermorgen diese Folge, die dann eine Woche später
erscheint, tatsächlich dann einfach mal empfehlen, weil das passt da einfach
gut rein. Also für mich persönlich schließt sich da gerade so ein Bild.
Aber jetzt gucken wir mal: Es kommen Paare zu dir, haben eine ähnliche Situation wie du damals.
Und wir nehmen jetzt mal an, dein Ich von damals kommt zu dir heute in die Praxis,
setzt sich auf die Couch und sagt: um Gottes Willen, der will mich nicht schlagen.
Was mache ich? Also erst mal ist die Frage, kommst du alleine oder kommt ihr zu dir?
Sonne
Das ist ganz unterschiedlich.
Sebastian
Okay, also die Frage ist einfach... ich würde das gerne mal durchexerzieren,
wie würdest du dir heute damals helfen?
Ich gebe zu, das ist total gemein, das ist auch nicht abgesprochen.
Sonne
Ne, aber ich finde es gerade eine total schöne Idee und es versöhnt mich so
ein bisschen mit meiner eigenen Geschichte.
Erstmal würde ich mich darüber freuen, dass ich jemandem genau das geben kann,
was ich damals gebraucht hätte. So, das wäre Schritt eins.
Ich würde abklären, ob die Person gerne alleine zu mir kommen möchte und/oder mit dem Partner,
dem betreffenden und würde versuchen, mit den beiden oder mit der Person alleine,
also mit mir alleine herauszufinden, was sind denn eigentlich die Bedürfnisse,
die dahinter stecken? Was ist in dieser Beziehung tragend?
Was ist nicht tragend? Und würde halt gucken, ob es einen möglichen Kompromiss
gibt. Und diese Kompromisse, ich sage immer Kompromiss, ich meine aber eigentlich nicht Kompromiss.
Kompromiss heißt ja eigentlich, dass beide etwas abgeben und sich beide ein
bisschen schlecht fühlen oder schlecht machen und das sehe ich anders.
Sebastian
Also ich erzähl dir mal, ein Kompromiss ist dann gut,
wenn alle Beteiligten ihn doof finden. Da hat man das Maximale rausgeholt.
Das kann ja nicht das Ziel sein? *lachen*
Sonne
Es gibt verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Also ich würde rauszufinden versuchen,
was denn das Bedürfnis hinter dem BDSM Wunsch ist. Weil manchmal ist gar nicht
BDSM selber das Bedürfnis, sondern die Lust auf Abenteuer.
Ich würde rauszufinden versuchen, wer welche Erwartungen an Beziehungen hat,
welche Beziehungsformen grundsätzlich denkbar sind, um herauszufinden,
ob eine mögliche Öffnung, also Spielen mit anderen Menschen,
emotionale Bindung mit anderen Menschen, ob das eine Option für diese Beziehung ist.
Sebastian
Jetzt nehmen wir dich selber wieder als Beispiel. Da kommen so beide,
also du und dein Partner kommen zu dir, er sagt "ich schlag keine Frauen" und
du sagst "ich will aber BDSM". Also damit ist das Bedürfnis ja schon mal gesetzt.
Wäre das bei dir so einfach gewesen, das Bedürfnis einzugrenzen?
Sonne
Bei mir damals als Klientin?
Sebastian
Ja.
Sonne
Nee. Ich hab ja vorhin schon gesagt, ich hab damals gar nicht die richtigen,
also die richtigen...? Ich hab nicht genug Vokabeln gehabt, das zu beschreiben,
was ich eigentlich suche.
Sebastian
Ist das der Normalfall, dass die Menschen das gar nicht so genau wissen, was sie wollen?
Sonne
Ja, das ist der Normalfall. Deswegen, glaube ich, gibt es so viele Menschen,
die als Paartherapeutin Geld verdienen können. Weil du brauchst manchmal einfach
eine Projektionsfläche und du brauchst...
Menschen kommen ganz oft zu mir und wollen einfach nur hören: es ist okay, wie ich bin.
Und das ist ein Großteil meiner Arbeit. Deswegen beschäftige ich mich auch so
viel mit der Frage: was steht eigentlich im ICD und was ist pathologisch, was nicht und so.
Ich kann niemandem sagen: so machst du das richtig. Weil jede Person kann nur
für sich selbst entscheiden, ob das für mich richtig ist oder nicht.
Was ich aber sagen kann, ist, dass über 50% aller Menschen Fantasien haben,
die in Richtung BDSM gehen.
Dass es keine pathologischen Auslöser für BDSM gibt.
Und dass das einfach nur eine sexuelle Spielart ist. Und alleine für dieses
Wissen, und auch dieses Wissen, dass ich sage: es gibt Lösungen,
auch wenn du Kinkster bist und du nicht.
Dafür diese Hoffnung zu haben, wir werden einen Weg finden, der wird vielleicht
ein bisschen dauern. Das ist halt ein Großteil meiner Arbeit,
zu sagen: es gibt Hoffnung!
Sebastian
Also das heißt du bietest A:
Erstmal ein Stück weit Optimismus, der ja in so einer verfahrenen Situation
erst mal gänzlich tot ist.
Und dann ja noch diesen Punkt, dass du nicht nur dem kinky Menschen sagst "
du bist okay" sondern auch dem anderen Menschen sagst "dein Partner/
deine Partnerin ist okay, du hattest eine 50-50 Chance auf so jemanden zu treffen, das ist alles okay".
Also allein schon das. Dieses "um Gottes Willen, was hab ich falsch gemacht,
mein Partner will geschlagen werden." Das ist ja so dieses Horror-Szenario.
Nö, das ist also erstmal normalisiert. Nehmen die Menschen das an, wenn man ihnen das sagt?
Sonne
Nicht einfach so, aber grundsätzlich. Es kommt immer ein bisschen drauf an,
wie die Menschen gestrickt sind. Ob die den Expertinnen-Status als gesetzt nehmen
oder ob die das für sich nochmal überprüfen wollen.
Also was ich ganz viel mache bei den Menschen, die eben nicht die BDSM-Neigung
ausleben wollen, auch zu sagen: es ist okay, dass du Nein sagst.
Du musst jetzt nicht deinen Partner laufen lassen.
Wir können ganz langsam in deinem Tempo gucken, was ist für dich machbar,
was ist für dich nicht machbar. Und du darfst auch über eine lange Zeit sagen:
nee, das ist für mich nicht machbar, das ist okay. Und wir versuchen hier nicht
irgendwie irgendwen zu übervorteilen.
Und gleichzeitig aber den Raum zu schaffen dafür, dass die Menschen,
die eben nicht monogam leben wollen, die Menschen, die nicht ausschließlich
Vanillasex wollen, einfach daran zu führen ein bisschen Geduld mitzubringen
und zu sagen: ja, okay, das wird alles passieren.
Das, was du brauchst, wird passieren. Du musst hier nicht noch ewig lang aushalten.
Gleichzeitig ist... also für mich ist klar, Transparenz und Freiwilligkeit sind
in einer Beziehung die tragenden Säulen, neben ganz viel Wohlwollen.
Und Freiwilligkeit bedeutet eben auch, dass niemand etwas tut, was e
r aushält und nicht toleriert.
Sebastian
Da habe ich mal so einen moralischen Punkt. Den finde ich ganz schön heftig, ehrlich gesagt.
Man hat eine Beziehung und ein Partner sagt: ich lehne Sex ab.
Dann ist das die gesellschaftliche Norm ja schon: Sexualität gehört schon
zu einer Beziehung, da müsstest du schon auf deinen Partner eingehen.
So, das ist die Norm. Jetzt kommen wir in den Bereich BDSM.
Und dann sagt der Kinky-Partner: ich möchte mit dir BDSM leben, ich bin dominant.
Da ist ja nicht der gesellschaftliche Konsens: ja die nicht-Kinky-Person muss
sich jetzt schlagen lassen.
Also das ist ja undenkbar, ja. Also inwieweit muss auch die Person,
die nicht Kinkster ist, Energie, Arbeit, Überwindung aufbringen?
Also wie viel kann man von der Person erwarten? Weil die sagt ja:
es lief doch alles bisher so gut, es ist doch alles okay, jetzt kriege ich ja
Aufwand und soll was machen. Wie kann man denn das begründen?
Und wie kann man das verlangen? Ist das überhaupt denkbar, dass man sagt:
du musst jetzt auf dein Gegenüber eingehen und du kannst nicht einfach stur sagen "nö".
Sonne
Ja, tatsächlich ist das eine Sache, mit der viele Menschen, die nicht cis-mono-heteronormativ
leben, also die nicht dem Mainstream entsprechen, kämpfen müssen.
Das ist nämlich die ganze... also bei einem Paar kommt ja nicht nur das Paar zu
mir, sondern die haben Freunde, die haben Familien, die haben Werte und so und die sprechen alle mit.
Und es ist leider sehr häufig der Fall, dass das eben gesagt wird:
die Person, die Mainstream-Meinung hat, hat Recht.
Und die Person, die nicht die Mainstream-Meinung hat, die muss sich anpassen.
Und da ein Feingefühl dafür zu kriegen,
dass eben beides okay ist und warum beides okay ist. Und dass auch die Person,
die da sagt: "ne, das wurde noch nie so gemacht und alle sagen,
das ist sowieso blöd, dann muss ich das nicht machen" dass die halt für sich
auch einen Mehrwert in der Veränderung sieht.
Nämlich dass, also eine Beziehung ist ja eine Beziehung, weil die Menschen sich
lieb haben. Und, wenn ich einen Menschen lieb habe, will ich,
dass es diesem Menschen gut geht.
Sebastian
Wollte ich gerade tatsächlich erwähnen, Liebe ist, wenn ich möchte,
dass es meinem Gegenüber gut geht.
Und diese Intention zwingt mich dazu, nicht auf meinem Standpunkt zu fahren
und zu sagen: dann stirb doch dran, aber ich mach gar nichts.
Also Liebe per Definition sagt schon, so einfach ist es nicht.
Sonne
Genau. Das heißt aber natürlich nicht, dass diese Person... Also oft ist es ja
so, die Personen, die zu mir kommen, haben den Leidensdruck und auch einen größeren
Willen zur Veränderung.
Und die Personen, die da so dranhängen, für die ist ja eigentlich alles im Grunde genommen okay.
Und natürlich gibt es die Paare, wo es so ist, dass die Person,
die sagt: ich brauche mich eigentlich hier nicht verändern, dann einfach sitzen
bleibt und nichts tut und nur so Schadensbegrenzung macht, dass es so gerade eben nicht kaputt geht.
Und das ist natürlich eine herausfordernde Situation. Und da kommt dann wieder
der systemische Ansatz: wenn die Person, die bei mir sitzt, anfängt sich zu
verändern und Dinge zu tun in dem Rahmen, dann wird sich das System bewegen.
Das ist einfach gesetzt.
Damit meine ich nicht, dass die Person losgeht und Regeln bricht oder Absprachen
bricht, Verträge bricht, sondern damit meine ich, dass sie zum Beispiel hartnäckig
das Thema immer wieder aufs Tapet bringt.
Sebastian
Okay, da seh ich aber diesen Punkt, die nicht kinky Person hat ja immer eine Sache zu gewinnen.
Wenn das so ist wie bei dir damals, dann ist das ja so,
dass jede sexuelle Begegnung unterschwelligt dieses: und jetzt müsstest du DAS
noch mehr mit mir machen. Und jedes noch so kleine Symbol so: "
oh er hat mir ein bisschen auf den Popo gehauen". So ganz leicht,
was man halt so auch im Vanillabereich macht. Dass das dann immer schon als
BDSM Signal gesehen wird und dann wird auch selbst das alles zurückgefahren,
damit bloß nicht dieses Thema wiederkommt.
Das heißt, die Sexualität leidet so oder so darunter, weil man ja im Prinzip
gar nicht vermeiden kann, dass die Kinky-Person diesen Kink-Kontext immer herstellt.
Also allein, dass das wieder entspannt wird, das ist ja, glaube ich,
für beide Beteiligten immer möglich. Also es gibt immer was zu gewinnen.
Sonne
Ja, richtig.
Sebastian
Ich bin ja jetzt gar nicht bei Poly oder nicht Poly, sondern ich bin da wirklich
bei aufeinander zugehen und im Zweifel ja auch miteinander BDSM zu erleben.
Wie zielgerichtet ist das bei dir?
Ist eher eine Öffnung von einer Beziehung eine Lösung oder häufiger?
Ich nehme jetzt mal Zahlen. Oder eher, dass die Menschen dann doch miteinander irgendwas machen?
Sonne
Also tatsächlich ist es so, einfach aufgrund meiner Internetpräsenz,
die ja sehr deutlich auch Öffnung als Option gibt, sind die Leute,
die bei mir sitzen, eigentlich meistens die, die auch über diesen Gedanken schon
gesprochen haben, die Beziehung zu öffnen.
Deswegen kann ich aus meiner Erfahrung gar nicht sagen, welche Lösung ist eher
oder mehr oder sowas. Weil bei mir sitzen meistens die Leute,
die sich konkret über eine Öffnung unterhalten oder schon mitten im Prozess sind.
Das Thema BDSM betrifft die Paarsexualität.
Auch wenn das Thema BDSM ausgelagert wird.
Inwieweit das ausgelagert wird, und welche Aspekte man in die Paarsexualität mit
einbauen kann, das ist halt auch Verhandlungssache und völlig individuell zu regeln.
Es gibt Paare, die lagern die BDSM-Sexualität komplett aus. Es gibt Paare,
die lagern nur Bondage aus, weil Schlagen geht.
Es gibt da ganz unterschiedliche Lösungen. Und es gibt auch Paare,
die öffnen überhaupt nicht im klassischen Sinne, weil das was die Person,
die Kink leben möchte, sucht, ist reines D/S, Keuschheitshaltung, was auch immer.
Und das betrifft den cis-heteronormativen Mann überhaupt nicht,
weil er denkt: naja, für mich ist Sexualität Penis-in-Vagina Sex, und was sie
da mit dem quatscht, ist mir egal. Es gibt da sehr unterschiedliche Lösungen.
Sebastian
Ja, ich merk schon. Da muss man wirklich zuhören und ein bisschen gucken,
wo man auch die Lücken findet.
Ich mag auch noch ein bisschen auf deine Zielgruppe kommen.
Kommen ja nicht nur Menschen, wo eine Person ist total kinky drauf wie du damals,
und die andere sagt "nee gar nicht", sondern es gibt ja auch mal den Fall,
hatte ich auch im Podcast schon,
dass: beide sind kinky aber halt nicht kompatibel. Beide sind dominant.
Beides totale Sadisten oder die Spielart an sich passt irgendwie nicht.
Oder man möchte vielleicht auch einfach diese Gefühle nicht mit dem eigenen
Partner zuhause ausleben. Das kann ja auch sein.
Also es gibt tausend Gründe, warum man nicht BDSM miteinander macht.
Und ganz ehrlich, ich finde es gibt so viele Möglichkeiten Kink zu erleben,
dass die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen miteinander überhaupt spielen,
die ist eh verschwindend gering statistisch.
Ah, es ist kompliziert. Okay, ich merke, ich mache das hier viel zu weit auf.
Entschuldige bitte.
Sonne
Wohlwollen, Wohlwollen, Wohlwollen und einfach, ja einfach... Es ist natürlich nicht einfach.
Aber gucken: was geht, was wünscht sich wer und alle sind okay so, wie sie sind.
Sebastian
Okay, dann stelle ich dir mal eine konkrete, einfache Frage.
Wie öffnet man eine Beziehung richtig?
Sonne
Ja, als jemand, der immer wieder behauptet, dass es im Zwischenmenschlichen
kein richtig und falsch gibt, ist das natürlich genau die richtige Frage.
Viel reden, viel Vorarbeit.
Vorarbeit im Sinne von, dass sehr transparent gemacht wird. Was bringt mich
dazu, diese Frage überhaupt zu stellen?
Was habe ich an dieser Beziehung?
Was fehlt mir an dieser Beziehung? Ganz oft eben genau diese Validierung,
dieses: Du bist okay, so wie du bist.
Ich bin okay, so wie ich bin. Und wenn ich mir etwas wünsche,
das du mir nicht geben kannst, heißt das nicht, dass du nicht der Richtige bist.
Das heißt nicht, dass du nicht die perfekte Partnerin für mich bist.
Das heißt einfach, dass es da gerade in diesem Moment etwas gibt,
das ich in diesem Moment brauche, das du mir in diesem Moment nicht geben
kannst. Und alles ist veränderbar.
Sebastian
Also, auch wenn das Podcastsubbie hervorragend kochen kann, ist es okay,
wenn ich einfach mal irgendwo eine Currywurst esse.
Sonne
Genau, richtig!
Sebastian
Das könnte sie wahrscheinlich auch, aber die hat nicht genug Zusatz- und Aromastoffe
drin, sondern sie macht das alles immer in gesund und ordentlich.
Aber ich will manchmal das ungesunde, fürchterliche Zeug haben und dann ist das okay.
Sonne
Und vielleicht brauchst du auch dabei diesen Gang zum Currywurstmann,
das nette Gespräch was es dabei gibt und die Mayotube, die genau das richtige
Maß an Ranzigkeit hat, die da drüber kommt.
Sebastian
Ich entschuldige mich für den Vergleich BDSM und Sexualität mit der Currywurstbude.
Ich werde das nicht schneiden, liebes Publikum, aber seid euch sicher,
ich schäme mich für diesen Vergleich. *lachen*
Aber im Grunde ist es doch eigentlich so einfach. Also nur weil ich ein Bedürfnis habe nach etwas,
was mir der Partner, die Partnerin nicht gibt, heißt das nicht,
dass der Partner, die Partnerin schlecht ist oder unvollständig,
sondern nur einfach: ich hab halt Bock auf was. Punkt.
Sonne
Hast du sehr schön zusammengefasst.
Sebastian
Also so stumpf sind Menschen, ja?
Sonne
Ganz genau.
Sebastian
Okay, also der Vorwurf: "du machst das nicht richtig, deshalb such ich mir jemand
anderen, du bist weniger wert" den kann man einfach mal streichen.
[Sonne: Korrekt.] Sei denn, jemand sagt es.
Sonne
Ja *lacht*
Sebastian
Also wie in den Telenovelas: du hast mich nie befriedigt, deshalb habe ich mir
den Carlos, den Poolboy genommen! Nein.
Aber lass mich nochmal dieses Öffnen sehen. Also da kommen Menschen die sagen:
okay wir denken an eine Öffnung. Jetzt kannst du und musst ja auch irgendwie Tipps geben,
weil man kann ja nicht so... Also auf der einen Seite will man ja irgendwie langsam
einsteigen und nicht so "on-off". So: wir machen jetzt alles auf und Schleusen auf
und dann gucken wir mal wie die Tränen fließen. Was garantiert dann passiert?
Auf der anderen Seite kann man aber auch nicht so eine Beziehung so halb öffnen
und sagen: ja hab mal mit jemandem ein Date und dann hast du mal Halb-Sex.
Also wenn's dann losgeht, geht's ja offenbar los und dann passiert auch was.
Allein schon, weil die Menschen das ja wollen, weil sie darauf lange gewartet haben.
Also man kann irgendwie nicht langsam anfangen, aber auch nicht schnell.
Ich bin verwirrt. Also hilf mir mal.
Sonne
Ich hab die Frage ja gar nicht bis zu Ende beantwortet, aber ich könnte natürlich
jetzt noch zwei Stunden reden wie man "richtig" öffnet. Richtig in fette Anführungsstrichen.
Sebastian
Vielleicht was macht man am besten vielleicht nicht, vielleicht mal so rum,
was sind die schlimmsten Dinge, die man anstellen kann? Vielleicht ist das einfacher.
Sonne
Es ist sehr ungünstig, wenn es schon eine Person gibt, mit der eine konkrete
Öffnung geplant ist. Also wenn es schon jemanden gibt, der sich verliebt hat. Noch ungünstiger ist,
wenn es schon einen Betrug gab und diese Person dann auch noch bleiben soll. A
lso ein Paar, 15 Jahre zusammen.
Vor einem Jahr gab es eine Affäre, das ist aufgeflogen oder gesagt worden.
Und diesen Menschen gibt es immer noch und es soll jetzt eine Öffnung gemacht
werden. Das ist schwierig, nicht unmöglich, aber es ist schwierig.
Günstig ist, wenn das Paar sehr früh,
also bevor es irgendeine konkrete Person gibt, darüber redet. D
arüber viel im Austausch ist, transparent ist,
was die Gründe dafür sind. Sich gegenseitig immer wieder klar ist darüber,
was diese Beziehung ausmacht, dass die Beziehung gehalten wird. W
as die Ideen sind, wo es hingeht. Also ob es eher Richtung Beziehungsanarchie
geht, also wir machen komplett auf und jeder darf jeden auf die Weise lieben,
die es ihm gefällt, oder ob es eher Richtung Swingen, offene Beziehung geht.
Üblicherweise ist es so, dass der Prozess so ist, dass man anfängt mit Regeln,
dann geht es zu Absprachen und dann geht es zum reinen Grenzen kommunizieren.
Und dann übt man einfach. Ja, und es gibt so ein paar Tipps und Tricks.
Also zum Beispiel ist es durchaus sinnvoll... nehmen wir mal an,
das erste Date ist da, es wird darüber geredet, was auf diesem Date passieren darf.
Und es ist durchaus sinnvoll, dass der Part, der nicht auf dieses externe Date
geht, eben nicht parallel auch auf ein Date geht, sondern sich eine schöne Zeit
macht Und das auch gut plant. Also nicht alleine zu Hause sitzen und denken: ich darf gar nicht.
Oder sich schlecht fühlen, Eifersuchtsanfälle haben oder so.
Aber auch nicht gleichzeitig ein Date haben.
So, dass dann beide am nächsten Tag nach Hause kommen und sind völlig durchgerüttelt
und können aber eigentlich gar nicht wirklich darüber reden,
weil keiner so richtig Raum hat.
Also ich finde es immer günstig, wenn neue Personen zu einer Beziehung dazukommen,
dass es eine nach dem anderen ist. Weil jedes Mal, wenn eine neue Begegnung
ist, ruckelt sich diese Zweierbeziehung auch immer wieder neu zurecht.
Und das, was ich gerade gesagt habe, man fängt mit Regeln an,
geht dann über Absprachen hin zu den Grenzen. Also Regeln sind vielleicht so
Sachen wie: du darfst auf einer Party niemand anderen küssen. Ja?
Da sind wir dann schnell bei einer Konstellation, die sich für manche sehr einschränkend
und eng anfühlt, ja? Und die überhaupt nicht das ist, was man sich eigentlich
wünscht unter einer offenen Beziehung.
Sebastian
Ja, aber doch besser als gar nichts?
Sonne
Korrekt. Und das ist ein super Übungsfeld. Okay, man stellt also fest,
die Regel funktioniert für mich gut, weil dann habe ich die Sicherheit,
dass mein Partner nicht jemand anderen küsst. Und für den Partner,
der nicht küssen darf, für den funktioniert sie nicht so gut,
weil er sich eingeschränkt fühlt.
Also guckt man nach: okay, es ist keine generelle Regel mehr,
sondern es gibt Absprachen. Am Abend vor der Party redet man darüber. W
ie geht es dir heute, was könntest du dir heute vorstellen?
Und dann wird verhandelt, was gehen kann. Und dann wird hinterher darüber gesprochen,
wie sich was angefühlt hat und was man in Zukunft verbessern könnte, und ob die
Absprache bei der nächsten Party wieder gemacht wird.
Sebastian
Das setzt aber voraus, dass Regeln immer eingehalten werden, und ist es ja nun
mal so, dass so eine Party aufregend ist und da passieren Dinge und dann ist
man vielleicht auch noch Sub und hat in der Situation mehr gemacht
als man sollte. Das heißt die Beichte steht an.
Das ist ja dann so ein: jetzt hab ich die Beziehung schon geöffnet,
mein Partner dürfte etwas machen und hat dann die zwei Regeln,
die wir da eingeführt haben, die für meine Sicherheit, damit ich mich damit
halbwegs okay fühle, davon eine überschritten.
Um Gottes Willen, Katastrophe, das klappt nicht, wir beenden das jetzt.
Also im Grunde steht ja immer diese Drohung mit: benim` dich,
sonst ist die Sache hier rum.
Inwieweit kann man sowas im Vorhinein so behandeln, dass nicht immer alles gleich zum Bruch führt?
Sonne
Also, bei meiner Arbeit sag ich immer, immer, immer, immer dabei und bereite das auch entsprechend vor:
Regeln, Absprachen werden gebrochen werden. Das ist einfach menschlich,
das wird passieren, absichtlich oder unabsichtlich, bewusst oder unbewusst.
Grenzen werden überschritten werden. Wir sind Menschen, das passiert einfach.
Und wir sprechen vorher darüber, was dann passiert und wie das einsortiert wird.
Weil es ist ein großer Unterschied, ob ich davon ausgehe, dass diese Person
drauf scheißt oder vielleicht die Regel versehentlich bricht.
Ja, natürlich gibt es da auch tausend Grautöne dazwischen. Es gibt auch welche,
wo die Person wirklich sich...
Die Situation ist da beim Tanzen. Und 20-mal habe ich schon Nein zu mir selber
gesagt, meinen Arm auf den Arm des anderen zu legen. Und beim 21. Mal passiert es.
Dann kann das ein großes Drama sein und ist für denjenigen, der einen Vertragsbruch
empfindet, ein großes Drama.
Gleichzeitig ist es wichtig mitzubekommen, dass 20 Mal davor die Regel nicht gebrochen wurde.
Und da wirklich gut im Kontakt miteinander zu sein und zu gucken:
was machen wir jetzt damit. Da ist etwas, das ganz oft Thema in meiner Arbeit
ist, nämlich das Vertrauen in die gute Absicht.
Also, dass dieser Mensch wirklich, wirklich den Wunsch hatte,
dieser Regel zu entsprechen. Und es k
eine Böswilligkeit war, dass sie trotzdem gebrochen wurde.
Sebastian
Ja, da schrabbeln wir so ein bisschen am Thema Vertrauen vorbei.
Es gibt so eine Emotion, die ist natürlich bei alledem... die ist da, und die ist
auch nicht wirklich gut kontrollierbar.
Eifersucht. Wenn einfach die Partnerperson, die ihre schöne Zeit hat und nicht
nur zu Hause sitzt... aber trotzdem, wenn die einfach eifersüchtig ist,
Punkt. Und der geht es schlecht damit.
Das kann man ja nicht wegreden. Und das ist auch ein Preis der sehr hoch ist,
dass die Person grübelt und überlegt und "was passiert da jetzt, und ja wahrscheinlich
wird mir morgen erzählt werden, dass alles okay ist, aber jetzt gerade sterbe ich tausend Tode".
Also dem Menschen geht es schlecht.
Es ist so die Frage: ist das wert? Und wie kann man damit umgehen? Und was ist
Eifersucht an der Stelle überhaupt und ist sie gerechtfertigt?
Wenn Regeln eh gebrochen werden, wenn du das schon so sagst,
auch wenn es ehrlich ist, dann ist ja Eifersucht höchst angebracht an der Stelle und auch, ja....
Also wie kann man mit diesem Damoklesschwert "Eifersucht" umgehen?
Sonne
Ja, also ich könnte natürlich jetzt... also du könntest mir das Mikrofon geben,
ich könnte 10 Stunden über dieses Thema reden, das ist groß.
Sebastian
Mach doch einen eigenen Podcast.
Sonne
Gute Idee, vielen Dank, versuch ich mal.
Sebastian
Nenn ihn doch irgendwie Monopoly oder so.
Sonne
Ja, das mach ich. Warte, wo war ich? Eifersucht.
Genau. Also es gibt natürlich so viele Definitionen zu diesem Thema,
wie es Menschen gibt. Was mir ganz, ganz wichtig ist, ist, dass Eifersucht auch
in einer Polybeziehung immer wieder vorkommen wird.
Und dass es einen Umgang mit Eifersucht geben kann, sodass ich unter dieser
Eifersucht nicht leide.
Und es ist ein Gefühl, und mit diesem Gefühl kann ich einen Umgang lernen.
Und ich kann halt rauszufinden versuchen: was ist überhaupt meine Eifersucht? W
o kommt die her, ist sie angebracht, ist sie nicht angebracht,
und welche Strategien gibt es, diese Eifersucht kleiner zu machen?
Und ganz konkret in dieser Situation könnte eine mögliche Lösung zum Beispiel
sein, dass klar ist: okay, diese Partnerperson wird vermutlich Eifersucht erleben.
Was braucht sie in dem Moment? Und dann wird vorher abgesprochen,
ob sie sich melden darf,
wie diese Meldung stattfinden kann, ob das eine Nachricht ist,
ein Anruf, ob das gestattet ist oder nicht, wie dann reagiert wird,
ob das Date dann abgebrochen wird, ob einfach nur ein Telefonat reicht.
Also wirklich einfach da wieder gut gucken, was welche Partnerperson braucht,
und was für wen in Ordnung ist.
Sebastian
Wir gehen jetzt natürlich von der Prämisse aus, die Menschen,
die zu dir kommen, da sind beide der Sache nicht ganz unaufgeschlossen.
Also wenn jemand da knallhart sagt "ne" und es geht dem Menschen einfach schlecht,
das können wir heute hier nicht behandeln komplett, das geht nicht.
Also ich merke, alle Probleme und Gefühle sind
esprechbar, diskutierbar. Da sind auch viele Ängste. Die Frage ist einfach
mal, ob so Dinge wie Eifersucht, ist das alles so schlimm, wie die Leute es
erwarten? Es wird alles ganz fürchterlich werden oder ist es auch vielleicht
einfach mal schön? Wir reden ja nur über Probleme.
Sonne
Also erstmal muss ich sagen, dieser Satz "alles ist besprechbar" und so,
das stimmt natürlich grundsätzlich.
Reden hilft immer! Ausrufezeichen. Gleichzeitig müssen viele Paare das neu lernen.
Weil du hast in jeder Beziehung Beziehungsphasen, und wenn die ersten Beziehungsphasen
gut laufen, dann gewöhnst du dir Muster an, die einfach in der Alltagsbeziehungsphase,
also in dieser Langzeitphase, nicht gut sind.
Und dann kommen die Paare zu
mir und dann müssen sie erst mal neue Muster lernen, um das zu besprechen.
So, das ist mir erst mal ganz wichtig.
Eifersucht, der Umgang mit Eifersucht, der Umgang mit, um auf deine Frage zurückzukommen,
kann auch sehr schön sein.
Also es gibt den Ausdruck NRE, also New Relationship Energy.
Das heißt, wenn du in einer offenen Konstellation jemanden hast
der dazukommt, der Verliebtseinsgefühle mitbringt, dann hat diese Energie,
die mit der neuen Person passiert, auch Auswirkungen auf alle anderen Beziehungen.
Plötzlich gibt es einen Energieboost in den anderen Beziehungen.
Es gibt mehr Klarheit, es gibt mehr Zugewandtheit.
Das muss nicht immer so sein, aber es passiert sehr häufig.
Und das kann Positives machen und kann ein Gegengewicht geben zur Eifersucht.
Also erst mal gibt es ja Möglichkeiten, die Eifersucht aus einem
toxischen Bereich herauszuholen, in dem ich erstmal meine ganze Scheiße aufarbeite,
die eben eigentlich gar nicht Eifersucht ist, sondern ganz klassische Verlustangst
oder ich hatte eine schlechte Erfahrung oder sowas.
Das heißt, ich kann einen guten Weg finden, eine reine Eifersucht oder dieses
Gefühl einfach aushalten zu können, aber ich kann auch ein Gegengewicht geben.
Es gibt da sogar einen Begriff in der Polygemeinde, Compersion heißt,
das ist ein künstlicher Begriff, das grob übersetzt Mitfreude heißt.
Das heißt, wenn ich sehe, dass es meiner Partnerperson gut geht,
dann freue ich mich für sie.
Das heißt nicht, dass ich nicht gleichzeitig eifersüchtig sein kann,
aber genau das meine ich.
Ich kann Eifersucht und einen schlechten Umgang mit Eifersucht genauso gut erlernen
wie verlernen, wie einen guten Umgang und ein Pushen von der sogenannten Compersion.
Also, wenn ich es übe, mich mit anderen Menschen mitzufreuen und gleichzeitig
diese Ambivalenz aushalten kann, dass ich sage "ich freue mich total für dich"
und gleichzeitig finde ich es so scheiße, weil ich mir das grad auch wünschen
würde. Dann ist das auch ein Umgang.
Und der macht das Monster Eifersucht kleiner, weil es einfach auch ein Gegengewicht gibt.
Und diese Compersion kann sich wunderschön anfühlen. Und Zugang zu dieser Compersion
zu haben, hilft mir dann in Momenten der Eifersucht auch.
Was natürlich immer hilft bei Eifersucht, ist reden und es thematisieren und klar machen.
Und das ist etwas, das in unserer Gesellschaft leider nicht so häufig passiert.
Klar machen, dass das nichts heißt.
Also nehmen wir mal an, wir wären in einer Beziehung, ich würde mich fürchterlich
eifersüchtig fühlen, weil du mit dem Podcastsubbie gerade eine wunderschöne Session hattest.
Dann heißt das nicht: ich habe Eifersucht, du darfst keine Session mehr haben. S
ondern "ich habe Eifersucht, ich fange jetzt an, mich um mich zu kümmern und
wir gucken mal, was das für uns heißt".
Was wärst du bereit zu tun? Kannst du mir zuhören? Kannst du mich trösten?
Kannst du mir noch mal sagen, wie sehr du mich liebst und dass das mit uns überhaupt nichts zu tun hat?
Sebastian
Klingt jetzt so ein bisschen danach, dass immer die Person, die weniger macht,
die immer so eine Bringschuld hat.
Dabei heißt das ja... "Öffnen" heißt ja nicht zwangsläufig eine Person macht, und
die andere sitzt zu Hause oder hat eine schöne Zeit, sondern beide.
Das habe ich jetzt im Podcast auch mehrmals gehabt die Konstellation, oder auch
abseits des Podcasts so ein bisschen. Die Beziehung wird geöffnet. S
ie, Sub, findet ganz schnell einen Spielpartner. Er, Dom, findet niemanden.
Weil er niemand findet, sagt er dass das alles scheiße ist,
eifersüchtig, sitzt zu Hause alleine rum, alles doof.
Ist jetzt einfach ein reales Beispiel, deshalb diese Geschlechterverteilung.
Und dann im Endeffekt wird gesagt: nee, das mit dem Poly und offen,
das machen wir jetzt wieder zu, weil führt ja zu nix. Also an der Stelle ist
so dieser Fairness-Gedanke
wichtig. Weil im Grunde, müssen denn beide dann einzeln immer losgehen und selber
auf die Pirsch und ich weiß nicht was, oder kann man nicht auch gemeinsam einfach
gucken, dass man da Menschen füreinander findet?
Sonne
Also erstmal vorweg, diese Geschlechterverteilung ist tatsächlich ziemlich häufig
so, weil es ist auf dem Datingmarkt für eine Frau wesentlich einfacher erste
Kontakte zu finden als für einen Mann.
Ob dann Dauerhaftes dabei rumkommt, steht auf einem anderen Blatt,
aber das ist tatsächlich ziemlich häufig. Und diese Situation,
dass dann Frust entsteht, weil die eine Person sich ausleben kann und die andere
nicht, die gibt es sehr häufig, aus unterschiedlichen Gründen.
Und du hast das Thema Fairness reingebracht und das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt.
Da möchte ich dann auch die Beziehungsform von deinem Lieblingswort,
nämlich die "Monopoly-Beziehungsform", erwähnen, wo es eben eine Öffnung in eine Richtung gibt.
Und Fairness heißt für mich nicht, dass beide genau gleich behandelt werden
und genau das gleiche dürfen. Fairness bedeutet, dass beide auf dem gleichen
Niveau ihre Bedürfnisse äußern dürfen und befriedigt bekommen.
Das heißt, wenn es das Bedürfnis der einen Person ist, dreimal die Woche mit
jemandem Penis-in-Vagina-Sex zu haben, muss die andere Person nicht auch dreimal
in der Woche Penis-in-Vagina-Sex mit einer fremden Person haben dürfen.
Sondern die andere Person möchte vielleicht dafür lieber einmal im Monat ins
Theater gehen und danach ordentlich verhauen werden.
Und da dann eben das Gleichgewicht zu finden, dass sich alle wohl damit fühlen,
das ist das, was dann individuell geschaut werden muss.
Sebastian
Ja, aber es muss ja dann eben auch im zeitlichen Zusammenhang so ein bisschen passen.
Also wenn beide unterschiedlich, ich sag mal "erfolgreich" sind, in ihren Bestrebungen,
dann ist da nochmal so ein Ungleichgewicht.
Und dann ist ja auch die Frage, ob die Person, die mehr hat,
sich vielleicht ein bisschen zurücknimmt und nicht immer dem anderen sagt "
ja ich hab dreimal die Woche ein Date und du, hast seit zwei Monaten gar nicht.
Dein Problem, kümmere dich". Also an der Stelle ist man dann ja doch wieder ein Paar.
Sonne
Ja, klar. Und ich hoffe, dass jedes Paar dann auch auf die Idee kommt,
sich gegenseitig zu unterstützen.
Dass die eine Person sich vielleicht zurücknimmt, indem sie entweder weniger
Dates hat oder weniger darüber redet und dem Ganzen weniger Raum gibt.
Oder vielleicht sogar die Partnerperson unterstützt, dass sie sagt: "Pass mal auf, d
er Grund, warum du keinen neuen Partner findest ist, dass du eine sexuelle
Neigung hast, die es hier in unserer Gegend überhaupt nicht gibt.
Lass uns doch mal gucken, ob es vielleicht einen Stammtisch oder eine Party
gibt, wo wir zusammen hingehen können und du jemanden finden kannst,
der dir diesen Wunsch erfüllen kann."
Also da wirklich zu gucken: was ist für beide machbar? Wie kann man sich unterstützen,
auch da im Austausch zu bleiben, transparent zu bleiben und wohlwollend zu bleiben
und wirklich einfach zu gucken: was brauchen wir hier gerade?
Ich habe vorhin angesprochen, den Unterschied "aushalten" versus "tolerieren".
Also ich versuche immer, die Paare dazu zu kriegen,
dass sie nichts aushalten müssen im Sinne von "oh Gott, ich hoffe,
bald ist es vorbei". Sondern einen Weg finden, etwas zu tolerieren. A
lso einen Umgang zu finden, eine Konstellation, eine Methode zu finden,
die für beide tolerierbar ist, und zwar in einem unendlichen Maß.
Und an dem Punkt kommen dann die Grenzen wieder ins Spiel, wo es vom Tolerieren
ins Aushalten switcht, dass es da eine Rückmeldung gibt und eine Information
darüber. Und auch da, bin ich ganz ehrlich, wird es Probleme geben.
Da wird es Situationen geben, wo das nicht perfekt funktioniert,
wo der Zeitpunkt zu spät gesagt wurde, wo zu spät Nein gesagt wurde,
zu früh Ja gesagt wurde, was auch immer.
Aber das Schöne an Beziehungen ist ja, dass sie auch dafür da sind,
dass wir wachsen miteinander und tolle Dinge erleben und uns hinterher freuen.
Und das können wir nur dann, wenn auch mal Scheiße da war.
Sebastian
Lass mich da mal auf die Beziehung gucken. Poly wird oft gleichgesetzt mit:
beide machen mit externen Leuten Dinge.
Man kann ja auch gemeinsam jemanden finden. Das wäre ja was,
weil dann ist dieses "Einer-sitzt-zuhause"... gibt's da nicht?
Wenn man sich darauf einigt, dass man immer nur gemeinsam was macht. Ist das realistisch?
Weil die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Leute eine weitere Person,
ohne auf die Geschlechtsproblematik einzugehen, gleich interessant finden, und das alles gleich passt,
ist ja immer doch ein bisschen unterschiedlich. Aber zu sagen,
das Podcastsubbie und ich, wir holen uns hier nochmal jemand ins Haus,
dann haben wir die Beziehung geöffnet und entlasten uns von all dem Stress,
dass wir uns da gegenseitig hier bespielen müssen und projizieren das schön
auf eine Person und die muss halt fressen und das ist das eben so. *lacht* Weißt du, was ich meine?
Sonne
Ja, da gibt's sogar einen Namen für.
Sebastian
Ja, sehr schön, her da mit.
Sonne
Unicorn Hunting nennt sich das. Weil diese Person, von der du sprichst,
ist nämlich das sogenannte Unicorn, weil das gibt es nämlich meistens gar nicht.
Diese Person, die alles aushalten muss, was in einer Zweierbeziehung nicht gut
funktioniert. Und die alle Bedürfnisse erfüllen muss, die in der Zweierbeziehung
nicht funktionieren, das ist dann das sogenannte Unicorn.
Aber das heißt nicht, dass es sogenannte Triaden, also ein Dreierpärchen, oder,
ich weiß gar nicht, wie es im Deutschen heißt, also dass es auch Viererpaare
nicht gibt. Das gibt es schon, aber du hast recht:
Es ist schon verdammt schwer! Also ich meine, es ist ja schon schwer
einen Partner zu finden, mit dem man sich vorstellen kann, den ganzen Rest des
Lebens zu verbringen oder zumindest eine große Zeit davon.
Zwei zu finden, ist schon mal ganz schön herausfordernd. Und dass dann auch noch
diese zweite Person mit meinem Partner oder meiner Partnerin gut klar kommt.
Also es gibt Paare, die wünschen sich, dass sie ein weiteres Paar finden,
mit dem sie ein Viererpaar bilden können und das auch dauerhaft hält.
Das ist total schön und es funktioniert manchmal.
Aber es ist auch wirklich herausfordernd.
Viel öfter ist es so, dass du offene Konstellationen hast. Also entweder V´s,
dass du halt eine Person in der Mitte hast, die zwei Partnerschaften haben,
die sich zwar gut verstehen, aber keine emotionale, leidenschaftliche,
sexuelle Beziehung miteinander haben.
Oder dass du halt... du hast ein Paar, heterosexuell. Und ein zweites Paar, heterosexuell. U
nd die Frauen sind miteinander verpartnert oder die Männer sind miteinander
verpartnert oder es gibt eine Kreuzpartnerschaft.
Sodass dann halt mehrere Menschen miteinander irgendwie eine Verbindung haben,
ohne dann eben eine romantische Verbindung zwischen allen Parteien zu haben.
Sebastian
Okay, also ich höre da so ein bisschen raus: es ist alles möglich,
aber dass man von vornherein plant, was kommen wird, das scheint irgendwie eher nicht drin zu sein.
Also deshalb kann ich auch die Regel gar nicht aufstellen: Okay,
Weib, du suchst dir einen Weib mit dem du das und das und so und so machst,
in den und den Grenzen. Das funktioniert allein deshalb schon nicht,
weil... ja... Emotionen eben so nicht funktionieren.
Ich verweise mal auf Folge 27, Moni und Tina, das ist nämlich eine Vierer-Konstellation. U
nd inzwischen, muss ich aber sagen, ich weiß "gewesen". Da hat es dann auf Dauer
nicht funktioniert und deshalb mag ich mal ein bisschen drauf kommen.
Zumindest das, was ich so mitbekomme in meiner Podcast-Stix-Bubble: D
as hält immer alles nicht so lang. Das ist alles immer sehr fluide und da ist
immer sehr viel Aufregung. Manchmal gibt es diese Kernpartnerschaft,
die hält ewig. Scheint ja bei dir auch so zu sein.
Und alles drumherum ist so im Fluss und entwickelt sich.
Also diese Ruhe kriegt man offenbar nicht. Also wer Langweile und Ruhe will
und ein festes Beziehungskonstrukt bis zum Tode, der scheint mit Poly nicht glücklich zu werden.
Sonne
Ja, da hätte ich natürlich auch ganz viel zu zu sagen. Also das Ding ist natürlich,
warum erwarten wir denn überhaupt, dass eine Partnerschaft bis zum Lebensende
reicht und wieso gilt eine Partnerschaft als gescheitert, wenn es das nicht tut?
Sebastian
Weil es einfach ist, weil es konservativ ist, weil es halt, was halt da ist,
das ist Besitz, eine Beziehung ist Besitz und ein Partner, eine Partnerin und
dann ist das halt so bis zum Ende und ich muss mich nicht mehr drum kümmern
und mich bemühen, weil das macht ja alles so viel Arbeit.
Und deshalb ist das so. *übertrieben
Sonne
ast du hier irgendwo ein Floskelschweinchen, wo ich es reinschmeißen kann?
Sebastian
Nein, ernsthaft, ist das der Preis des Ganzen, dass es einfach immer viel Veränderung gibt?
Sonne
Ja, schon.
Also alle Beziehungsmodelle haben Vor- und Nachteile und ein Kennzeichen von
Polybeziehungen ist, dass es eben viel Bewegung gibt.
Weil es ist ja nicht nur so, dass Paare/Partnerschaften dazukommen oder wegfallen,
sondern es gibt auch innerhalb der Partnerschaften ja auch Veränderungen.
Also Sexualität kommt dazu, fällt weg, Kink kommt dazu, fällt weg.
Die Beziehung kommt auf eine neue Ebene, weil vielleicht jemand nicht nur eine
gleichwertige Partnerschaft hat, sondern vielleicht mit in die Wohnung ziehen möchte.
Also da gibt es immer Bewegungen. Aber ich kenne tatsächlich auch eine Triade,
die seit 18 Jahren zusammen wohnt.
Also, es gibt da durchaus langfristige Partnerschaften und langfristige Konstellationen.
Einer der schönen Nebeneffekte von Poly- oder Beziehungsanarchie ist die Tatsache,
dass nur, weil die romantische Beziehung mit einer Person endet,
es nicht heißt, dass diese Person aus meinem Leben verschwindet.
Es wird vielleicht umgewandelt in eine "Freundschaft Plus".
Aber ja, es ist ein bisschen mehr Bewegung drin. Und du hast ein höheres Entwicklungspotenzial,
weil du eine höhere Entwicklungsnot hast. Denn du wirst ganz zwanghaft,
quasi ganz automatisch ja auf deine Themen zurückgeworfen.
Wenn jemand losgeht und sagt: so, heute gehe ich auf eine BDSM Party und
lasse meinen Hintern versohlen. Und du sitzt zu Hause und musst irgendwie ein
Alternativprogramm... dann fängt an, dein Selbstwert sich zu melden,
es fangen vielleicht alte Erfahrungen an sich zu melden.
Du bist zwangsweise, also du bist wirklich gezwungen zu gucken:
wer bin ich, was will ich in dieser Partnerschaft, warum liebe ich diesen Menschen?
Warum will ich die Partnerschaft weiter haben? Du bist in einer offenen oder
Poly-Konstellation häufiger dazu angetrieben, dich mit dir selbst und mit der
Beziehungsdynamik zu beschäftigen.
Und je mehr Liebe im Spiel ist, desto größer wird das.
Weil natürlich ist gemeinsam auf eine Swinger-Party gehen eine viel kleinere
Herausforderung, als zu sagen: ich lass dich jetzt alleine mit jemandem los,
mit dem du potenziell eine Partnerschaft eingehen könntest, die für den Rest unseres
Sebastian
Ich habe da so eine Theorie.
Und die besagt, dass mehr Menschen Poly-Beziehungen probieren,
als Menschen dazu geeignet sind. Und jetzt kommt der Punkt mit dem "geeignet".
Ich glaube nämlich nicht, dass alle Menschen gleichermaßen dazu fähig sind,
mit Poly-Beziehungen umzugehen.
Es gibt Menschen, denen geht es da einfach ganz schlecht mi, und für andere
ist das völlig okay. Manche werden von Eifersucht zerfressen, und andere
die sind da total entspannt.
Würdest du das teilen, dass es da diesen Unterschied wirklich gibt?
Sonne
Ja, das würde ich teilen. Also es gibt in meiner Welt da so ein Spektrum.
Es gibt so die ganz, ganz Monogamen und die ganz, ganz, ganz beziehungsanarchischen
polyamoren Menschen, und es gibt alles dazwischen.
Man kann sich auf diesem Spektrum bewegen. Und da gibt es auch noch Möglichkeiten in der Bewegung,
weil es gibt... ich glaube, dass es so eine Art Kern-Ich gibt,
wo es eine bestimmte Vorliebe gibt, an welcher Stelle du bist. Und es gibt diese
ganzen Entwicklungstraumata, Bindungstraumata und Bindungsformen
die du hast, die spielen da natürlich auch noch mit rein.
Sebastian
Gut, aber jetzt habe ich ja diesen Punkt, jetzt gehe ich mal wieder zu BDSM
zurück, weil da waren wir jetzt ganz weit weg von.
Jetzt ist ja BDSM und das Ausleben wollen von BDSM, das muss ich ja nicht mit "
Partnerschaft" gleichsetzen.
Und auch nicht mit Beziehung. Sondern ich will mit meinem Körper,
mit meinem Geist etwas erleben. Also das kann ich davon schon ein Stück weit lösen. Und jetzt t
reibt mich BDSM als solches dazu, auch wenn ich eher auf diesem Poly-Spektrum
ganz in der monogamen Ecke bin, mich mit Poly zu beschäftigen. Ist das eine gute Idee?
Weil, also wenn ich ohne diesen Leidensdruck "mir fehlt BDSM"
auf die Idee komme Poly auszuprobieren, ist das eine andere Voraussetzung,
als wenn ich sage: Leidensdruck BDSM, deshalb Poly, als logische Konsequenz und Lösung?
Sonne
Nee, das sehe ich nicht so. Also, ich finde, es ist durchaus eine Frage wert,
ob das eine mögliche Lösung ist, aber die Veranlassung besteht ja gar nicht.
Wenn es wirklich rein darum geht die sexuelle Neigung auszulagern. A
lso wenn das überhaupt zur Diskussion steht, wenn nicht innerhalb der Partnerschaft
eine Lösung gefunden werden kann. Dann ist das ja eher mit einer offenen Beziehung
oder mit Sex außerhalb der Ehe gleichzusetzen.
Dann kann ich ja... es gibt ja innerhalb einer partnerschaftlichen Beziehung, gibt es ja zwei Anteile.
Mindestens den sexuellen Anteil, und den romantischen Anteil.
Du kannst sexuell untreu sein und romantisch, ach Quatsch, emotional.
Die Gegenpunkte sind emotionale und sexuelle Verbindung. Und es kann ja sein,
dass ihr euch darauf einigen könnt, dass es eine emotionale Treue gibt.
Also dass man emotional exklusiv ist, und sexuell nicht exklusiv ist.
Und dann muss man sich überhaupt nicht mit Poly beschäftigen.
Da kann man einfach sagen: okay, ich brauche jemanden, der mir einmal im Monat
den Hintern versohlt und dafür suche ich mir jemanden, und alles andere ist mit
diesen Menschen nicht erlaubt.
Keine finanzielles Teilen, kein Zusammenwohnen, keine gemeinsamen Kinder,
keine Verliebtseinsgefühle, und wenn die dann doch auftauchen,
was natürlich passieren kann, findet man damit einen Umgang.
Aber nur weil ich mich in jemanden verliebe, heißt das ja nicht,
dass ich meine Monogamie verlassen muss.
Sebastian
Ja und Verlieben und Liebe, das sind ja immer noch zwei Dinge.
[Sonne: Korrekt.] Ich hab mal was beigetragen. *lachen*
Es gibt natürlich da noch eine weitere Person. Es ist schon schwer innerhalb
dieser Paar-Kernbeziehung, diese Lösung, eine Absprache, etwas zu finden,
mit dem beide umgehen können.
Jetzt ist da aber noch die dritte Person. Und der wird gesagt:
hallo, pass auf, ich bin übrigens poly, da gibt es noch meinen,
ich nenne es jetzt einfach "Kernpartner", der Begriff gefällt mir gerade einfach ganz gut.
Du wirst das und das und das von mir kriegen, aber da ist dann die Grenze und dann Schluss.
Die muss ja auch mitspielen. Ich hab immer das Gefühl, je mehr Personen,
desto schneller fährt das Auto gegen die Wand.
Weil diese Person hat eventuell gar keinen Anreiz, sich an irgendwelche Regeln
oder irgendwas zu halten.
Und ja, ich glaube, die ist dann das Problem. Und dann ist die Eifersucht für
die andere Kernperson ja wieder total gerechtfertigt, weil da ist ja der Feind
plötzlich, der Feind im fremden Bette.
Und da schaffe ich jetzt meine Partnerperson hin.
Merkst, ich eskalier das jetzt hier gerade. Aber bei einer funktionierenden
Polybeziehung sehe ich als größten Störfaktor die externe Person in der Polybeziehung,
also die nicht zur Kernpartnerschaft gehört.
Sonne
Hmm, äh, nein.
Sebastian
Die hat keinen Grund fair zu sein, die hat keinen Grund sich an irgendwas zu halten.
Sonne
Ja doch, sie liebt ja... oder sie hat zumindest große Zuneigung zu dieser Person,
mit der sie eine Spielbeziehung oder romantische Beziehung hat.
Sie muss sich nicht einlassen, und tatsächlich besteht ja immer die Chance zu
sagen: ey, wenn du dich nicht dran hältst, dann wird das mit uns einfach nix.
Und du hast natürlich recht, es ist Sprengsatzladungen liegen da.
Weil auch wenn ich sage: "ich würde mir wünschen, dass..." kann die andere Person
hören: "ich erlaube denen nicht, dass...".
Und das kann sich wie ein Freiheitsentzug anfühlen oder so. Natürlich,
da gibt es tausend Dinge, die schiefgehen können. Und es gibt tausend wunderschöne
Dinge, die du erhalten kannst dadurch. Bestätigungen, Liebe, Abenteuer.
Das sind einfach ganz viele tolle Geschenke, die man bekommen kann.
Und die sind es wert, aber nur wenn ich Bock da drauf hab. Weil wenn mir das
alles zu anstrengend ist, dann kann ich sagen: Nein, pass mal auf,
ich lerne lieber, wie ich mir von dir den Hintern versohlen lasse,
als dass wir so einen Scheiß ausprobieren. Und dann ist das auch okay.
Sebastian
Wieder zurück zu BDSM. Da will ich immer wieder hin. Das ist halt ein BDSM-Podcast.
Ich mag noch eine valide Sache zumindest mal ins Spiel bringen.
Und die halte ich persönlich für völlig in Ordnung, ist aber sehr stigmatisiert
innerhalb der BDSM-Szene. Nämlich zu sagen: "Okay, ich kaufe mir mein Erleben.
Ich gehe zu einem Profi, ich gehe zu einem Dom, zu einer Domina und erlebe das dort". Das würde ich... e
rstmal auch technisch, nicht als Beziehungsöffnung sehen. Sondern da wird einem
ein Bedürfnis befriedigt. Mit ziemlich großer Sicherheit, dass dieser ganze
Ballast mit "um Gottes Willen jetzt stalkt mich die dritte Person",
das fällt schon mal alles weg, dafür hat man ja da quasi einen Deal.
Und das erscheint mir, häufiger als Menschen es machen, eine gute Möglichkeit zu sein.
Sonne
Auf jeden Fall. Das ist eine perfekte Möglichkeit.
Weil alle emotionalen Rechnungen fallen weg, weil es wird Geld gegeben.
Und in meiner Praxis, ich habe das in zwei, drei Fällen schon erlebt,
dass das gemacht wurde. Da gibt es kaum Eifersucht, es gibt kaum Verlustängste.
Es ist eine tatsächlich wunderbare Möglichkeit das auszuleben.
Und du hast halt den Vorteil, dass es... ich bin jetzt mal ein bisschen... relativ "effizient"
ist, weil du halt genau sagen kannst: "das will ich"
und "das gibst du mir". W
eil so ist es. Wenn jemand... da ist jemand, den find ich sympathisch,
der ist auch SMer und er ist sogar Top. So, ich steh aber nur mal sehr da drauf
in den Arsch gevögelt zu werden, und der möchte aber lieber hauen, ja? So: mööp!
Und das hast du halt bei einer bezahlten Leistung nicht. Da kannst du einfach
sagen was du willst und die Person macht das.
Sebastian
Ja so scheint es so als erster Schritt, also bevor man gleich alle diesen ganzen
Aufriss macht und Beziehung öffnet und zu dir kommt,
dass man vielleicht vorher... "ich will BDSM unbedingt ausprobieren". V
ielleicht kann man der Sache auch erstmal so ein bisschen in den Druck nehmen
und Realitätscheck machen. Will ich das wirklich, macht das Spaß?
Ich sehe das als Möglichkeit. Und mir war es wichtig das heute auch hier in dieser
Folge wirklich erwähnt zu haben, weil das merke ich immer, wenn die Leute sagen: "
ja ich bin nie drauf gekommen, dass das BDSM sein könnte, was ich will" ne?
Also manchmal ist man ja sehr betriebsblind und sieht den Wald einfach nicht
vor lauter Bäumen. Ich glaube, das ist eine Möglichkeit um einmal zu checken:
ist es eine Idee die ich habe und ist das auch so?
Und dass ich einfach ein bisschen ausprobieren kann.
Das hängt auch dann wieder von der Partnerperson ab, die sagt "
um Gottes Willen, du gehst jetzt zu einer Prostituierten".
Nein. Oder dass sie sagt: okay, das ist erstmal ein Deal, um erstmal zu gucken,
ob der ganze emotionale Wahnsinn, der möglicherweise kommt, vor dem man ja Ängste
hat, ob der überhaupt angebracht ist.
Sonne
Ja, total. Also zumal... also, gewaltsame sexuelle Fantasien haben oft
damit zu tun, dass ich für meine Sexualität eine hohe Spannung benötige.
Es gibt ja verschiedene Erregungsmodi und, ähm, gewaltsame Sexualität im Kopf
heißt noch lange nicht, dass ich auch gewaltsame Sexualität
in echt will. Also vielleicht stehe ich überhaupt nicht auf Schmerzen.
Vielleicht finde ich es einfach unangenehm.
Und dafür ist das eine total großartige Möglichkeit das auszuprobieren.
Und es gibt ja mittlerweile so viele, so tolle Sexarbeiterinnen,
die das in ganz unterschiedlichen Kontexten auch machen. Ja,
die Tantra Sessions oder Lomi Lomi Massagen mit BDSM Elementen kombinieren.
Im Coaching gibt es BDSM Elemente. Es gibt unglaublich großartige,
also... Christian und Marlene in Berlin, der Dominus.
Es gibt so viele, einfach Sexworker, die das richtig gut drauf haben und wo ich
mir mal richtig was gönnen kann, und ich unterstütze das total.
Und es ist für den Partner oder die Partnerperson einfach auch viel leichter
aushaltbar, Wenn das Geld dafür da ist, weil es kostet natürlich.
Aber gut, ich koste auch.
Sebastian
Gut, alles kostet irgendwie Geld. Gut, aber da... ich werde demnächst jemand zu
Gast haben, eine Gästin, die einen Dominos besucht.
Die wird vielleicht auch ein bisschen erzählen. Es wird noch ein bisschen dauern
bis die Folge erscheint, aber da werde ich die Motivation mir auch nochmal genauer angucke.
uck dir mal meinen Spickzettel an, das ist ja ein Schlachtfeld. Und Sachen
aufgeschrieben und durchgestrichen und... Wahnsinn.
Vielleicht mag ich nochmal ein bisschen auf die Generationenfrage eingehen.
Das ist jetzt gerade mal zwei Tage her, da bekam ich eine E-Mail von jemandem,
die Person hat einen Stammtisch in München besucht und stellt mir die Frage:
Gott muss ich denn unbedingt Poly sein, wenn ich BDSM machen will?
Also die Person ist Single, kommt da hin und möchte sich informieren über BDSM
reden. Und wurde offenbar von mehreren Menschen bequatscht
"Ja wir sind ja in einer Polybeziehung, da kannst du auch quasi mit rein, und
Poly ist gut, da kannst du mehr Erfahrung machen, das hat alles so viele Vorteile".
Und der Person konnte ich jetzt auch nur zurückschreiben: naja du machst das was
du möchtest, was dir gut tut, und ob das mit einer oder mehreren Personen ist,
das musst du raus finden und entscheiden. K
lar, aber das hilft der Person natürlich nicht wirklich weiter.
Aber die unterschwellige Frage war: also wenn ich im BDSM viel und alles erleben
will, und das richtig, richtig BDSM machen will, muss ich denn dann unbedingt Poly sein?
Und diese Frage hat mich echt ein bisschen schockiert und die höre ich auch nicht zum ersten Mal.
Ich weiß nicht wie alt die Person ist, ich weiß nicht welcher Stammtisch und
nichts, aber dennoch ist diese Fragestellung.. also ich hätte mir die,
als ich in die BDSM-Szene gekommen bin, wäre ich nie auf die Idee gekommen,
diese Frage auch nur ansatzweise zu stellen oder mich damit zu beschäftigen.
Ist das eine Entwicklung gerade tatsächlich? Oder gibt es einfach weniger monogame
BDSMerInnen und breitet sich Poly gerade da einfach aus? Oder macht das Dinge
einfacher oder steht das eigene Bedürfnis über allem, dass ich einfach viele
Partner brauche? Also...
Tausend Fragen! Weil mich natürlich solche Mails, wenn ich die bekomme,
die beschäftigen mich ja auch.
Ganz einfach, sag doch mal was dazu bitte. Ich bin außerstande,
konkrete Fragen dazu zu stellen.
Sonne
Also erstmal ist es so, dass in der Szene, also in dem Bereich
wo Menschen sich mit anderen Menschen mit gleichen Neigungen kurzschließen,
da gibt es große, große Überschneidungen zwischen Poly- und BDSM-Menschen.
Ich glaube aber, dass das nicht die Realität widerspiegelt. Weil du musst ein
bestimmter Typ sein, um dich in der Szene organisieren zu wollen,
um andere Menschen zu treffen, auf Partys zu gehen usw.
D.h. ich würde vom Gefühl her sagen: Polys und BDSMer, auch so die Leute,
die auf den Stammtischen rumhängen, das überschneidet sich so 90% oder 80%.
Aber das spiegelt nicht die Realität wider. Ich glaube, die Realität ist deutlich
weniger. Dass da die Überschneidung vielleicht so bei 50% liegt oder bei 40%.
Und deswegen glaube ich, dass die Idee: "ach, dann mach doch p
oly, ist viel einfacher" von den Polys immer leicht dahergesagt ist.
Ich glaube aber, dass es gar nicht wirklich was miteinander zu tun hat.
Das sind ja zwei völlig unterschiedliche Dinge. Die Forschung sagt allerdings:
wenn du Mitglied einer sexuellen Randgruppe bist, dann ist die Wahrscheinlichkeit
relativ hoch, dass du auch Mitglied einer zweiten, dritten, vierten sexuellen Randgruppe bist.
D.h. die Wahrscheinlichkeit ist gar nicht gering, dass du poly und pan und kinky bist.
Gleichzeitig heißt das nicht, dass alle das sein müssen. Und, ganz sicher: (
das ist natürlich nur meine persönliche Meinung, es gibt keine Studien dazu)
ist es nicht nötig poly
zu leben, um BDSM ausleben zu können.
Im Gegenteil. Wenn ich gerade diese Neigung für mich entdeckt habe,
dann würde ich sogar sagen: beschäftige dich erst mal damit. Und ob du deine
Beziehung öffnen willst, weil ihr das in eurer Beziehung nicht ausleben könnt,
oder weil dir etwas fehlt, oder weil du neugierig auf eine andere Person bist
oder jemand Neues kennenlernst, das guckt doch bitte erst im zweiten Schritt. W
eil ich finde, die Sexualität
Kink gegenüber zu öffnen, und das auch erstmal zu entdecken. Da gibt es ja so viele schöne Sachen.
Da darf man sich mal ruhig ein bisschen Zeit nehmen. Das ist ja auch eine wunderschöne
Phase, wo man so ganz aufgeregt ist. "Das erste Mal schmerzen,
das erste Mal Fesseln, das erste mal..." Also ich meine, da muss ich doch nicht
direkt auch wieder anfangen, mein komplettes Weltbild über Bord zu schmeißen,
weil nichts anderes ist Poly ja.
Ja, unser ganzes Leben, unsere ganze Gesellschaft baut auf der monogamen Kleinfamilie auf.
Also es ist eine Sache zu sagen: ich bin pervers. Und ich liebe dieses Wort,
ich finde das einfach... das ist nicht krank oder sonst irgendwas. A
ber es ist eine Sache zu sagen: ich bin pervers und damit den eigenen Frieden
zu machen. Nachdem wir erst Anfang letzten Jahres die Diagnose aus unserem Diagnose-Manual
gestrichen gekriegt haben.
Da muss ich doch nicht auch noch zusätzlich mich mit dem großen Thema Poly beschäftigen,
was ja auch mein ganzes Wertekonstrukt, meine Lebensplanung,
die Kinder, was mache ich mit Kindern?
Nee, also ich finde nicht, dass das Hand in Hand... Es kann eine zusätzliche
Hilfe sein, wenn die beiden Personen überhaupt nicht übereinkommen.
Aber dann würde ich sowieso auch erstmal gucken, ob es nicht eine Beziehungsöffnung
tut, und nicht gleich Poly.
Das macht es nochmal ungleich komplizierter.
Sebastian
Ich glaube, man muss da auch unterscheiden. Nur weil ich zum Beispiel als Paar mit anderen
Paaren auch mal spiele, heißt das ja nicht, ich öffne eine Beziehung.
Sondern wir erleben etwas gemeinsam. Also ich seh immer noch diese Möglichkeit
zu sagen: ja, ich möchte und brauche maximale Freiheit, um möglichst viel im
Bereich BDSM zu machen, auch für mich, für mein eigenes Ding.
Oder dass man sagt: als Team bewegen wir uns in der Szene. Das ist,
glaube ich, eine valide Möglichkeit.
Muss man aber als Team dann eben auch mal, manchmal Nein sagen.
Aber das ist ja im BDSM nun mal eine der Grundvoraussetzungen,
dass man eben sagen kann: nein, möchte ich nicht.
Und da gibt es ja wirklich tausend ..., also alles ist denkbar und Kategorien
zu finden ist schwierig.
Aber was will ich eigentlich sagen?
Ich weiß nicht, ob es da momentan auch so eine leichte Entwicklung gibt. O
b, gerade bei jüngeren Menschen... ob da nicht BDSM gar nicht mehr so "
oh das ist ja Sexualität, das macht man nur innerhalb der Beziehung,
und wenn ich das mit jemand anderem machen will, dann muss ich zwangsweise die
Beziehung öffnen" sondern das ist eher sowas wie "ich geh mit den Jungs zum Kegeln"
Also BDSM ist eine Freizeitaktivität, was ich mit anderen Leuten machen kann. U
nd dann gibt's gar keine Notwendigkeit eine Beziehung zu öffnen oder Poly zu
machen oder so, sondern ich mach halt BDSM mit anderen Leuten.
Ist das nicht auch eine Perspektive, die funktionieren kann?
Sonne
Auf jeden Fall. Also ich kenne auch selber und habe auch unter meinen KlientInnen
durchaus Paare, die das genauso handhaben.
Wo halt der Stino oder Vanilla einfach mitgeht zu den ganzen Aktivitäten,
obwohl er oder sie selber nicht BDSMer ist, und dann wird das halt irgendwie gemeinsam
ausgetüftelt und... also ich würde das auch nicht als Beziehungsöffnung betrachten
und ich finde das auch eine valide Möglichkeit.
Sebastian
Jetzt machst du das ja ein paar Jahre und da kommen Paare zu dir.
Jetzt habe ich ja versucht auch wirklich alle Möglichkeiten aufzuzeigen,
auch wenn die jetzt mit dem Vorsatz kommen: ja man könnte ja mal öffnen. Und
dann coachst du sie so ein bisschen darin,
wie man das... ich sag mal, für alle verträglich hinbekommt. Aber wie oft kommt
es vor, dass du sagst: (also auch du für dich, musst du denen ja gar nicht sagen)
Alter, die sollen sich einfach trennen, das ist ja alles nicht wert.
Also wie oft ist dann die Realität einfach härter und sagt: das wird nix.
Gibt's das oder gibst du nie auf?
Sonne
Ich gebe sowieso nie auf, aber es gibt natürlich schon Fälle,
wo ich fast sagen würde, dass es hoffnungslose Fälle sind.
Wo ich halt ganz klar sehe, die eine Person möchte ganz klar eine Öffnung und
wo ich einfach sehe, die andere Person wird sich da nicht hinbewegen können.
Und ja, die gibt es. Und bis jetzt habe ich da noch immer eine Lösung gefunden,
mit der beide einigermaßen leben können. Aber es gab auch welche,
die sich dann nach einer Weile getrennt haben. Ja, das gibt es auch.
Sebastian
Ich glaube, eine Trennung wird ja immer so als ... gerade wenn Menschen verheiratet
sind, ist das ja immer so.. das ist so das Undenkbarste.
Glaube ich gar nicht mal. Manchmal ist es dann auch einfach so,
dass Menschen... dass das halt nicht passt.
Also ich glaube, dass... ich persönlich würde jetzt alle Versuche irgendwie ein
Miteinander hinzukriegen und Kompromisse zu finden und alle Vermittlungsversuche...
ich würde das nicht ausschließen, dann zu sagen: nee, also vielleicht fängt
man nochmal einzeln wieder an.
Das scheint auch eine Lösung zu sein, manchmal.
Sonne
Ja, ich finde es sogar ganz wichtig, diese Lösung nicht so als Damoklesschwert
zu sehen oder als Scheitern oder, ne? Also ich meine: eine Beziehung ist nicht
nur dann gut, wenn sie ein Leben lang hält. Eine Beziehung kann auch für ein Jahr wunderbar sein.
Und wenn ich da mit dem Wissen drangehe und sage: "okay, die Trennung ist eine
Option" bin ich viel freier in meinem Denken und Fühlen.
Und die Frage ist ja auch: was heißt denn Trennung überhaupt?
Ja, also ich meine: was gibt mir dieser Mensch und ist uns nicht beiden besser
gedient, wenn wir beste Freunde bleiben? Zum Beispiel.
Also da wirklich auch zu gucken, dass die Trennung ja einfach nicht so eine
Bedrohung ist, sondern die als wirklich echte Optionen zu sehen,
mit der es dann am Ende beiden besser geht.
Sebastian
Manchmal braucht man das auch moralisch. Man kann sich durchaus trennen und
noch zusammenleben. Das ist ja durchaus möglich. Okay, pass auf,
ich gucke auf die Uhr, die sagt mir Erschreckendes.
Letzte Punkte zum Thema Poly. Also gibt's noch Dinge, die du unbedingt hier
unterbringen möchtest heute?
Sonne
Du meinst abgesehen davon, dass es bald einen Poly-Podcast gibt,
den ich selber hoste? Nein.
Sebastian
Schamlose Werbung, so Rechnung kommt. *lachen* Okay, wenn er da ist, du kannst ja ein...
es gibt ja, kann ich ja jetzt schon mal erwähnen: Liebes Publikum,
inzwischen haben ja meine Gäste eigene Profile auf kunstderundvernunft.de,
und da können meine Gäste selbstständig das Profil und auch die ganzen Verlinkungen
im Profil verändern. Und bald, also wir sind jetzt, Stand März 2023,
ich hoffe mal im April krieg ich's noch hin, wird's die Möglichkeit geben, dass meine Gäste
Updates zu ihrer eigenen Folge, also auch du kannst das, drunter schreiben können. D
as heißt du kannst dann alle drei Monate oder jede Woche oder wie oft du halt
willst, kannst du einfach was unter deiner Folge schreiben und alle Leute,
die die Folge aufrufen, können das dann auch sehen:
"Ah, da gibt's Updates" Das soll mich ein bisschen davon befreien,
dass bei mir ganz oft Menschen nachfragen: gibt's von der Folge von vor zwei
Jahren noch Updates und News, ist das so geblieben, etc.
Das sollen die Menschen schön selber verraten. Ich mag da nicht immer vermitteln müssen.
Die Möglichkeit wird's geben und da kannst du auch meinetwegen einen Podcast,
den ich natürlich dann total unterstütze, gerne verlinken.
Schau mal auf deinen.
Sonne
Ob da irgendwas ist, was mir ganz wichtig war, was ich zu dem Thema auf jeden Fall noch sage.
Sebastian
Hast du einen Spickzettel mitgebracht.
Sonne
Ja, tatsächlich gibt es eine Sache, die ich gern noch loswerden möchte.
Und zwar, ein Poly ist ja eine Beziehungsform.
Eine Beziehung zu öffnen, um BDSM zu leben, ist auch eine Beziehungsform.
Aber letztendlich entscheidet über die Qualität und wie es den Menschen darin
geht, ja eigentlich nicht die Form der Beziehung, sondern was sie miteinander
machen und wie sie einander begegnen.
Und wenn ein Paar sich wirklich liebt und es wirklich gute Gründe gibt
zusammen zu sein. Also ich denke da so an Paare, die irgendwie 20 Jahre zusammen
sind und sich ganz gut verstehen.
Dann ist halt wirklich die Frage, ob BDSM das ist, woran die Beziehung zerbrechen muss.
Und ich glaube, dass unsere Möglichkeiten mit Internet, und darüber reden, und
Solo-Sex-Möglichkeiten und so,
dass es da einfach so viel Raum gibt, dass viel eher darauf geguckt werden sollte: w
as können wir für uns möglich machen. Als zu gucken: können wir nicht vielleicht p
oly leben, die Beziehung öffnen oder sonst irgendwas.
Wenn zwei Menschen einen guten Draht miteinander haben, finden sie eigentlich immer eine Lösung.
Es gibt tatsächlich auch Paare, wo es so ist, dass dann BDSM ausprobiert wird,
auch gern 2, 3, 5 mal mit irgendwem.
Dann wird festgestellt: ja, aber das was wir haben, die Stabilität,
die Schachabende, keine Ahnung, die ist mir einfach wichtiger als diese Form der Sexualität.
Und wenn ich da ab und zu mal eine virtuelle Session mit jemandem habe, über
Telefon, dann reicht mir das.
Sebastian
Ja die Bewertung "wie wichtig ist mir das" die muss jedem Menschen selbst überlassen
sein. Da kann man sich irren, dem Schluss bin ich auch mal in meinem Leben...
da lag ich auch mal daneben, hab ich auch gedacht: es gibt wichtigere Sachen
als BDSM. Hab dann acht Jahre später festgestellt: nein gibt's nicht. Ich kann und will ohne nicht leben. Aber das hab ich zumindest versucht und hat für mich nicht funktioniert. Aber für andere kann das funktionieren, und vielleicht mag ich nochmal sagen: Es ist nie zu spät. Man kann BDSM auch ins hohe Alter noch ausleben. Mir schreiben auch wirklich Menschen die sagen "ich bin jetzt schon 55, jetzt ist es eh zu spät damit anzufangen". Grüße mal an Siggi. Ich hab dich lange nicht gesehen. Aber der Mensch hat pünktlich zum Renteneintritt gesagt: so jetzt hab ich keine Arbeit mehr, jetzt fang ich mit BDSM an. Und dann hat er angefangen Partys zu besuchen und Siggi ist nicht frühverrentet geworden, sondern regulär, hat seinen Job zu Ende gemacht, und dann hat er halt BDSM als das große neue Ding entdeckt. Und Siggi hat... och den haben wir alle immer ins Herz geschlossen, weil Siggi ist einfach so ... ja der macht, und der tut, und der hat den Spaß seines Lebens gehabt und ja er hat mir mal irgendwann gesagt: hätte er das mal 20 Jahre früher angefangen. Aber auch so hat er einfach Spaß der Mensch, und es ist total schön zu sehen dass das geht. Und es ist nie zu spät. Ok.
Sonne
Es ist nie zu spät, die eigene Meinung zu ändern. Definitiv.
Sebastian
Liebes Publikum, wir haben ein kleines Päuschen gemacht und haben beratschlagt,
wie wir denn das hier alles auf dem Spickzettel unterbringen können.
Die Antwort lautet, können wir nicht. Es ist unmöglich. *lachen*
Es ist fürchterlich. Deshalb beschränken wir uns ein wenig. Und es gibt ein
ganz, ganz wichtiges Thema, das ich heute auf gar keinen Fall hinten runterfallen
lassen möchte. Und das ist das Thema Kink-Friendly-Professionals.
Du hast das ganze am Anfang mal mit einem Satz erwähnt.
Also Therapeutengruppen, Hilfsangebote, wo man auf Menschen trifft,
die auf kinky Menschen eingestellt sind.
Das kann sein, vermute ich jetzt einfach mal. Klar, die Therapeuten,
vom Psychotherapeuten bis hin zum Urologen, zur, wie heißt das bei den Mädels?
Sonne
Gynäkologen.
Sebastian
Zum Gynäkologen, wo man also nicht Todesängste ausstehen muss,
wenn man ein paar Spuren am Hintern hat. Und dann den Termin immer verschieben
muss, wo man auch mal sagen kann: Mensch, wir haben da kinky Sachen gemacht,
jetzt sieht das so aus, wie ist es denn?
Also dass man dahin gehen kann, ohne dass man quasi als kinky-perverser Mensch
verurteilt wird und dann kriegt man gleich noch eine Diagnose hinten aufgedrückt. S
ondern man kriegt vielleicht die Salbe gegen Probleme am Popo und dann ist das Problem erledigt.
Jetzt stotter ich mir hier ein zurecht. Der Tag ist lang irgendwie und ich rede
viel, viel zu viel. Lass ich dich doch einfach ein bisschen reden.
Wo kommt das Projekt her? Warum
macht man sich die Arbeit und fängt an zu sammeln und Leute aufzulisten?
Sonne
Also ich habe ja gesagt, dass ich 2005 schon relativ früh angefangen habe ehrenamtlich
für SMart zu arbeiten und da kamen immer wieder Menschen, die TherapeutInnen
suchten und so Erfahrung haben.
Ich habe gesagt, dass ich in der Therapie... in der Therapie gesagt,
dass ich BDSMerin bin und dann wurde mir gesagt, solange ich nicht anerkenne,
dass es ein Problem ist, kann ich nicht arbeiten. und die wollten mir das wegtherapieren und so."
Und da war schon ganz früh bei mir der Wunsch, und auch in der Szene allgemein
der Wunsch nach einer Datenbank. Und "Mayday SM" hat das mal eine Weile gehabt,
hat es angefangen, hatten dann eine andere Lösung gefunden.
"SM Outing" hat das mal gemacht und hat auch immer noch eine Liste.
Aber im Grunde genommen gibt es in ganz Deutschland eigentlich nichts,
was das macht. Ich war also in der Babypause, bin zurück zu SMart gekommen und
hab gesagt: wie sieht's denn aus mit der Liste?
Ich würde da jetzt wohl... ich hätte Kapazitäten mitzuarbeiten.
"Ja, haben wir immer noch nicht." Und dann hab ich gedacht: alter,
geht gar nicht. Und hab's halt glücklicherweise mit der Unterstützung von SMart in die Hand genommen.
Und das Projekt wächst viel langsamer als gedacht, weil ich das natürlich ehrenamtlich mache. A
ber es wächst und es gibt ganz viele Menschen die sich melden,
die mithelfen, und ich suche aber auch immer noch Mithelfende. A
lso wer Lust hat da Daten zu sammeln, in unsere Meetings zu kommen,
die Homepage zu pflegen, irgendwas zu machen, ist herzlich willkommen.
Und es wächst, und im Moment ist der Fokus auf Menschen, die beraten im Kink-,
Queer- oder Poly-Kontext.
Wir haben viel zu wenig Menschen, die das mit einem abprobierten Kassensitz
machen, die also von der Krankenkasse bezahlt werden.
Ich habe aber gerade einen neuen Kontakt zu einer Person, die sich mit Kostenerstattung
beschäftigt. Da wird gerade eine Homepage gebaut, wo man dann ganz viele Informationen
kriegt, wie man therapeutische Leistungen von der Krankenkasse bezahlt bekommen kann.
Insofern werden die Personen, die wir sammeln... und die Liste wächst wirklich
jeden Tag, ich komme nur nicht dazu, sie ins Internet zu bringen.
Sodass man dann sich an diese Personen wenden kann, und über ein Kostenerstattungsverfahren
im Idealfall von der Krankenkasse Geld dafür kriegt, dass man dort therapiert wird.
Aber mein Wunsch ist auch, dass es dort Anwälte und eben Gynäkologen,
Proktologen, Urologen gibt, die eben da AnsprechpartnerInnen sein können.
Zukunftsmusik ist, also wir vernetzen uns gerade mit QueerMate, Mayday S
M habe ich schon gesagt, versuchen da auch im ganzen deutschsprachigen
Raum Vernetzung zu starten.
Aber Utopia ist natürlich, dass es irgendwann nicht mehr nötig ist,
weil jeder weiß, dass Kink keine Krankheit ist und dass es überhaupt kein Problem ist.
Sebastian
Jeder weiß es ja eben nicht, deshalb braucht es ja die Liste.
Sonne
Genau, noch ist es nicht so weit und deswegen... wenn wir davon ausgehen,
dass... also die WHO hat 1992 Homosexualität aus dem ICD gestrichen, und es ist
jetzt bei uns letztes Jahr passiert, wir haben also noch 30 Jahre vor uns, denke ich.
Und ja, solange wird es hoffentlich eine ausführliche Liste geben,
aber da brauchen wir Leute, die die mit pflegen und die das Projekt mit verbreiten.
Und ja, ich freue mich immer, wenn Menschen sich da melden zum mithelfen oder
auch, wenn sie auf der Liste noch nicht fündig werden in ihrem Gebiet. D
ass sie sich dann melden, aufdas wir gucken können, dass es eine andere Lösung gibt.
Sebastian
Ich habe es gerade mal aufgerufen. Erstmal, liebes Publikum,
wenn ihr diese Liste sucht, smart-ev.de,
da auf Projekte klicken und dann auf Kink-Friendly-Professionals oder einfach
kunstderunvernunft.de und unten links gibt es einen Button, der heißt "Hilfe".
Und da habe ich das auch schon seit einem halben Jahr verlinkt.
Ich weiß auch, der Link wird manchmal angeklickt. Ich habe da keine genauen
Statistiken zu sowas, aber ich weiß, er wird gelegentlich angeklickt.
Und als er mal nicht ging, kam auch innerhalb von drei Tagen eine Mail:
hallo der Link geht nicht. Also weiß ich, er wird gebraucht.
Und ich habe gerade mal drauf geschaut. Also bei "Liste von Fachkräften"
sehe ich hier tatsächlich, nach Postleitzahl sortiert und Bundesland, einige. Und
da steht dann auch immer noch so ein kleiner Kommentar dabei. Hier zum Beispiel
auch "telefonisch nur Selbstzahler,
Geschlechter- und altersneutral, Sex-positiv" also da scheint eine Validierung drin zu sein.
Also wenn ich jetzt feststelle mein Hautarzt ist kink-friendly,
kann ich den auf die Liste setzen lassen oder muss der das selber wollen?
Sonne
Der muss das selber wollen. Also jede Listenpflegeinstitution,
wie zum Beispiel Qeernet ... hat da einen eigenen Prozess.
Bei uns läuft das so, dass wir Empfehlungen bekommen, dann sprechen wir die Personen an,
schicken denen so eine Maske mit einer Einverständniserklärung, und in diese
Maske tragen sie dann die Informationen ein, die sie dort im Internet stehen haben möchten.
Es ist geplant, und das wird hoffentlich spätestens nächstes Jahr in einem regelmäßigen
Rhythmus sein, dass wir die Leute nochmal anschreiben.
Stimmen die Angaben noch? Möchtet ihr sie verändern? Habt ihr Bock auf Vernetzung?
Was wir nicht machen ist eine Qualitätskontrolle. Wir nehmen aber durchaus... oder
freuen uns auch über Hinweise, wie die Beratungen empfunden wurden,
dass wir gegebenenfalls nachhaken können, falls sich da ein schwarzes Schaf verbirgt.
Sebastian
Also wann brauche ich das? Also klar, ich habe gespielt und habe Spuren,
dann ist es einfacher, wenn ich einen Arzt habe,
eine Ärztin, die sich damit auskennt und das auch einordnet und dann eben nicht
gleich die Polizei schon mal ins Wartezimmer ruft,
während der ich im Behandlungsraum bin, weil offenbar selbstverletzendes Verhalten
oder so gewittert wird, sondern wo man sagt: ach, okay, hatten sie Spaß, ja.
Jetzt hast du eben auch gesagt Anwälte und sowas. Wann brauche ich die denn?
Mit meinem Steuerberater rede ich über Sex, ja, das liegt aber auch daran,
dass er die Podcast Buchführung macht.
Aber wann brauche ich Anwälte, die kink-friendly sind?
Sonne
Zum Beispiel in Sorgerechtsstreits, wenn die Sorgerechtsfrage daran festgemacht
wird, ob jemand abnorme Sexualitäten oder Beziehungsformen hat.
Sebastian
as gibt's noch?
Sonne
Ja, leider. Im Poly-Bereich ist es auch relativ beliebt.
Sebastian
Ja, da wird jede schmutzige Wäsche gesucht, gefunden und gewaschen, egal was geht.
Sonne
Oder wenn jemand gekündigt wird aufgrund von sexuellen Neigungen.
Also ganz bewusst nehmen wir auch Menschen auf die Liste, die polyfreundlich
oder queerfreundlich sind.
Und auch da gibt es immer wieder Kündigungen aufgrund von...
Und es wird dann natürlich gesagt: nein, ist natürlich nicht aufgrund der Neigung, aufgrund dessen.
Aber letztendlich ist es oft spätestens eine Rolle.
Sebastian
Und dann ist es natürlich gut, wenn man eine Fachkraft hat, die...
Achso, müssen die nur friendly sein oder müssen die auch ein bisschen wissen wovon sie da reden?
Also muss der Gynäkologe selber Sadist sein, damit er qualifiziert ist, sag ich mal?
Sonne
Es kommt drauf an, in welchem Bereich wir uns bewegen, auf den Kontext.
Also wenn ich zum Beispiel, wenn ich... sagen wir mal eine Panikstörung habe
und bin gleichzeitig BDSMerin. Dann reicht kink friendly, dann reicht es,
wenn das Thema bekannt ist.
Wenn es aber darum geht, dass eventuell eine Session schief geht,
die Aftercare nicht so funktioniert hat, dann ist es durchaus günstig
einen Therapeuten zu haben, der sich mit der Thematik auskennt.
Was die Juristerei angeht, würde ich mir wünschen...
und auch hier wieder ein Aufruf, meldet euch wenn ihr jemanden kennt....
dass wir einen Anwalt haben, der sich auf das Thema vielleicht spezialisiert
hat, oder der häufiger Fälle in der Richtung hatte, weil der natürlich Tricks
und Kniffe kennt, die andere Menschen nicht kennen.
Also, um auf deine Frage zurückzukommen; es kommt auf den Kontext an.
Es wäre sinnvoll, also an vielen Stellen ist es sinnvoll, wenn die Leute selbst
mit BDSM Praxiserfahrungen haben, selbst
in der Szene unterwegs waren oder Erfahrungen mit der Thematik haben.
Aber es gibt einfach auch Fälle, da geht es einfach darum, dass ich mich nicht
abgelehnt fühle und das BDSM ist ein Teil meines Lebens, aber das spielt in
der Therapie meistens keine Rolle.
Nur ich möchte es auch nicht verstecken, weil Therapie funktioniert nur,
wenn ich mich als ganzer Mensch zeige und wenn da Themen ausgeklammert werden,
dann ist das meistens nicht günstig.
Sebastian
Ja, du hast ja selber auch die Erfahrung gemacht, das heißt,
es geht hier nicht weiter. Solange wir das nicht wegtherapiert haben,
dann ist ja, das ist ja die maximale Katastrophe.
Es hören ja auch vielleicht Menschen, die selber auf diese Liste gehören,
hier zu. Das ist ja durchaus möglich.
Das heißt, die schreiben dir eine Mail am besten.
Sonne
Korrekt, die schreiben mich an und dann kriegen die eine Maske, da tragen die ein,
was sie drin haben wollen. Und ja, im Idealfall, also wenn die Kapazitäten reichen,
werden wir ab nächstem Jahr auch Fortbildungen haben, die halt helfen,
Menschen, die vielleicht selber nicht in der Szene unterwegs sind oder keine
Erfahrung haben.. ja, kink friendly zu beraten.
Weil tatsächlich im systemischen Ansatz ist es ja so, dass du im Grunde genommen alles beraten kannst.
Egal ob du selbst Kink oder Queer oder Poly bist. Und insofern,
die Kompetenzen sind an vielen Stellen da. Der Wille muss da sein und die Information
muss da sein. Und dafür muss es ein Netzwerk geben, und dafür sind hoffentlich die KFPs ein Anfang.
Sebastian
KFP?
Sonne
Kink Friendly Professionals". *lacht*
Sebastian
Ah, okay.
Sonne
Das ist ja ein fürchterlicher Zungenbrecher.
Sebastian
Warum eigentlich das alles so wichtig ist, also warum es eigentlich auch noch TherapeutInnen gibt,
die da nicht fit sind, beantwortet übrigens Folge Nummer 76,
noch ein Verweis, mit Jörg Signerski und Stefanie Verführt, die beide mal erklärt
haben, was TherapeutInnen denn beigebracht kriegen in ihrer Ausbildung zum Thema Kink.
Sonne
Auch eine sehr wertvolle Folge.
Sebastian
Genau, sie bekommen genau gar nichts beigebracht und deshalb,
das ist gar nicht Bösartigkeit, glaube ich, sondern auch manchmal einfach fehlendes Wissen.
Sonne
Es gibt tatsächlich auch einfach insgesamt in der Thematik, also ob das nun
Kink ist oder Poly oder Queer oder Trans, die ganzen Ausbildungen decken diese
Themen nicht oder nur extrem unzureichend ab.
Das heißt, du brauchst eigentlich Zusatzausbildungen und die gibt es aber in
Deutschland überhaupt nicht. Es gibt ganz wenige Institute, die so langsam anfangen
das mit einzuschließen. Aber ja, da gibt es einfach ganz viel Nachholbedarf.
Sebastian
Okay, also machen wir erstmal zwei Dinge. Das erste, ich verlinke natürlich
die passenden Daten in den Show Notes, wenn ihr einen kink-friendly Menschen
habt, der auf die Liste soll: melden, schreiben, Bescheid geben.
Wenn ihr das selber seid und sagt "ja super, auf der Liste würde ich mich wohlfühlen"
gar nicht zögern: schreiben, draufsetzen lassen, ihr helft Menschen.
Und irgendwie ist das doch auch cool, wenn man zum Beispiel als Therapeut weiß:
okay, ja, ich hab da selber ein bisschen Interesse und dann muss ich auch nicht
so höllisch aufpassen gegenüber meinen Klienten, Klientinnen,
dass mir niemals ein falsches Wort rausrutscht. M
Das ist ja auch irgendwie auch angenehmeres Arbeiten, ne? Also in meinem Brotjob
weiß ich auch, dass die Menschen, die kinky sind, mit denen ist der Umgang einfach
ein bisschen zwangloser.
Ich weiß nicht, ob das eine Perspektive ist, die okay ist, aber...?
Sonne
Das ist deine Perspektive, also ist sie okay.
Sebastian
Ja, okay. *lacht* Vielleicht kann ich mich ja als Kink-Friendly-Podcaster da drauf schreiben lassen.
Nein, nicht zu voll, aber das soll ja wirklich Menschen helfen,
die Menschen brauchen. Und die nicht auch noch Probleme mit diesen Hilfspersonen
haben möchten, und sich da auch noch rechtfertigen müssen.
Sonne
Ich versuche regelmäßig einen Vortrag online dazu zu machen,
was ich eigentlich machen kann, wenn ich mich gar nicht traue
diese Menschen anzusprechen.
Wir wollen einen Brief aufsetzen, der so als Standard erstes Anschreiben für
TherapeutInnen genutzt werden kann, und einfach insgesamt so ein bisschen Hilfestellung geben.
Und die Termine kann man auf meiner Homepage finden,
wann diese Vorträge sind. Und man kann mich anschreiben, was ich tun kann,
wenn ich keine Therapie bekomme, wenn ich keinen Juristen bekomme
der mir da helfen kann, damit die Wartezeit überbrückt wird oder einfach damit
ich das bekomme, was ich brauche.
Sebastian
Ich habe eine Sache, die würde ich jetzt vielleicht mal als Anregung loswerden wollen.
Manchmal ist der Arzt, die Ärztin, der Anwalt, die sind kink friendly.
Der Kraken an dem Telefon aber, der nicht. Also an der Sprechstundenhilfe vorbeikommen.
Ich fände es eigentlich cool, wenn irgendein nettes Passwort oder so vereinbart würde,
was man dann einfach bei einem ersten Anruf oder ersten Mail einfach mit reinsetzt,
was nicht unbedingt "Kink" heißt und man dann sagt: okay, wenn ich das erwähne,
dann ahnen die Menschen schon, worum es geht und man muss es nicht in der ganzen Praxis herum erzählen.
Also so eine Art Code. Fände ich ganz cool, wenn es eine Möglichkeit gäbe.
Einfach mal so als Anregung.
Sonne
Ja, voll gut.
Sebastian
Generell mal für alle.
Okay, ich werde das Projekt weiter beobachten und das wird wachsen und hoffentlich
ganz viele Menschen helfen, die richtigen Personen zu finden. Bin gespannt.
Sonne
Ja, ich auch. Vielen Dank, dass du das so pusht. Das ist wirklich hilfreich
und ich freue mich über jeden der sich diesbezüglich meldet und vielleicht mithelfen möchte.
Sebastian
Äußerst gerne. Es gibt noch Dinge der Woche, das weiß ich. Die will ich nicht
vergessen. Ich weiß, du hast sogar mehrere mitgebracht.
Komm, ich bin neugierig. Ich beiß mir schon seit einer Stunde auf die Zunge.
Denk mir so: ah, irgendwann muss du das unterbringen. Willste wissen,
was hat sie angeschleppt?
Sonne
Okay, also.
Sebastian
Du holst was raus. Nicht erzählen, erst mal zeigen. Ah ja.
Okay, liebes Publikum, eine Premiere. Gemüse. Eine,
Möhre.
Eine verdammt dicke Möhre. Mein Gott. Warum ist das ein Ding der Woche?
Jetzt bin ich gespannt. Also sie ist orange, ich werde gleich ein Foto davon
machen, natürlich, kommt ja in die Shownotes.
Sonne
Und das liegt nicht daran, was wir heute Abend hier kochen werden.
Sebastian
Erzähl, wieso ist sie hier?
Sonne
Naja, ich bin heute... hab meine Wohnung verlassen mit dem "oh Gott ich muss ein Ding der Woche mitbringen".
Und es sollte lustig sein, und außergewöhnlich und nicht schon alle 192 andere...
Sebastian
Ja, gelungen.
Sonne
Und dann hab ich in den Kühlschrank geguckt und hab die Möhre gefunden. Und hab gedacht:
Alter, die ist obszön, die ist einfach obszön groß!
Und ich hab sie mitgebracht, um uns alle daran zu erinnern dass Sex was wundervolles ist und wir im Alltag durchaus auch mal an Sex denken dürfen.
Weil ich dachte an Sex, als ich diese Möhre gesehen habe! *lacht*
Sebastian
Ja, da kann man an gar nichts anderes denken.
Als du sie eben rausholtest aus der Tasche hab ich gedacht "um Gottes Willen, was hat sie jetzt?
Das ist einer der hässlichsten Dildos von der Farbe her. In orange." Da hab ich noch gar nicht erkannt was das ist. *lacht*
Wird sie geschnippelt und gegessen oder wird sie vorher anders verwendet?
Sonne
Nein, sie wird geschnippelt und gegessen.
Sebastian
Okay, die Frage muss gestellt werden, definitiv. Und dann haben wir noch ein zweites.
Sonne
Genau, das ist mein eigentliches Ding der Woche. Das ist ganz unspektakulär.
Sebastian
Ich finde das sehr spektakulär. Das ist nämlich eine Peitsche.
Eine schwarze Peitsche. Auch da mache ich wieder ein Foto von.
Wenn du möchtest, ich mache immer nur so Schnappschüsse, du darfst mir aber
gerne Fotos schicken, die ich dann in die Show Notes baue, weil in der Regel
sind alle Menschen in der Lage, bessere Bilder zu machen als ich.
Eine Peitsche. So, ich erzähle mal kurz. Also, liebes Publikum,
in den Shownotes findet ihr natürlich ein passendes Bild.
Aber, was haben wir hier? Das sind ca. 25 cm. Das sind schwarze Gummiriemen.
Schön ein bisschen dehnbar. Und wenn man auf den Tisch haut... das darf ich? D
ann klingt das auch noch wunderbar.
Und der Griff, auch alles schwarz, auch Gummi und hinten natürlich die Öse zum Aufhängen. Warum die?
Sonne
Damals bei SMart gab es ganz viele Do-it-yourself-Workshops,
wo man Peitschen selber machen konnte und das ist eine davon.
Und ich mag sie einfach fürchterlich gern, weil sie in jede Handtasche passt,
unglaublich schöne, viele, vielfältige Einsatzmöglichkeiten hat.
Und ist einfach eins meiner Lieblingsspielzeuge.
Sebastian
Das ist ein Fahrradlenkergriff, ne?
Sonne
Ja.
Sebastian
Habe ich erkannt.
Sonne
Sehr gut.
Sebastian
Okay, dann lass mich doch mal fragen, wenn du ja nun mal mit mehreren Menschen
Dinge tust? Ich weiß gar nicht, wie dein Polykül im Moment aussieht,
vielleicht kommen wir gleich noch dazu, aber diese Peitsche,
die ist ja immerhin abwaschbar, ist sie seelengebunden?
Also darf sie nur auf dir verwendet werden und von wem?
Wie weit bist du da an Dinge gekoppelt und wie weit gehören Dinge zu Menschen?
Oder würdest du den Vibrator quasi mitnehmen und dann ist er morgens in einer
anderen Person und abends in der nächsten oder... Also in wie weit...
ja ich nenne es ja immer seelengebunden. Wie handhabst du das?
Sonne
Ich bin da sehr praktikabel. Also für mich muss es praktisch passen. D
as heißt es muss desinfizierbar sein, dann darf es auch geteilt werden,
aber was meins ist, ist meins. Es geht auch wieder mit mir nach Hause.
Sebastian
Genau, da gibt's keine Seelenverbundenheit, aber ich hab drüber nachgedacht. E
s gibt eigentlich auch keine Seelenverbundenheit zu irgendeinem Spielzeug,
außer…
Ah, ich dachte jetzt auch so an die Sache mit dem Subbie-Halsband,
das ist ja auch so was, das ist so ein emotionales Ding. Teilt man sowas? [Sonne: Nein]
Da ist ja auch die Frage... neulich bei Twitter wurde die Frage gestellt:
verbrennen, wegwerfen oder für die nächste Sub nutzen?
Ja, wo ich auch denke so: das müsst ihr ja jetzt für euch beantworten. E
s ist natürlich, wenn man zum Beispiel in derselben Szene unterwegs ist,
ziemlich scheiße, wenn man als Sub dann zwei Monate später die nächste mit dem
eigenen Halsband, was man sich hart erkämpft hat und was man lieb geworden hat, dann sieht.
Das ist auch einfach, ob Menschen scheiße sein wollen, eine Entscheidung,
ganz ehrlich, egal was das Ding gekostet haben mag, da darf man auch einfach nett sein, finde ich.
Sonne
Also was solche Zeichen angeht, Halsbänder und so, die würde ich nicht teilen.
Also ich meine das Halsband ist im BDSM ein bisschen wie so der Liebesring in
der Beziehung. Und ja, da ist es egal ob das 250 Euro gekostet hat, das würde ich niemals
für eine andere Person verwenden. Ist einfach so.
Sebastian
Kann es ja, um da sicher zu gehen, kann man es am Ende der Beziehung,
wenn es aus Stahl ist zum Beispiel, dann zersägt man es in der Mitte,
dann können beide jeweils die Hälfte aufbewahren als Andenken und das ist garantiert
unverwendbar.
Sonne
Es gibt tatsächlich eine besondere Fessel, die ich von meiner damaligen Partnerin
noch habe, die wir gar nicht so häufig benutzt haben, aber die ich auch immer
noch aufhebe, einfach: weil. Ja.
Und das Letzte ist das.
Sebastian
Ein Schlüssel.
Sonne
Ja, nicht ganz. DAS ist es nämlich.
Sebastian
Ja, ein Schlüssel. Ein Handschellen-Schlüssel würde ich sagen.
Sonne
te du meinst das ganze Konglomerat. Dankeschön.
Sebastian
Ich versuche mal nur ein Bild von diesem Handschellen-Schlüssel zu machen.
Es ist ein normaler Handschellen-Schlüssel würde ich jetzt sagen.
Also ich versuche mal nicht zu viele Schlüssel mit drauf zu haben.
Wahrscheinlich hat das Bild die Qualität, dass man ihn sogar nachmachen kann
aufgrund des Bildes. Ich bin gespannt, wozu dieser Schlüssel gehört?
Sonne
Der gehört einfach zu meinen Handschellen. Ganz normale Polizeihandschellen.
Und das, was ich daran so schön finde, ist, man sieht mir ja meinen BDSM-Sein
nicht an. Ich habe keine Halsbänder, ich habe keine Zeichen,
bis auf natürlich dieses legendäre.
Sebastian
Und jetzt lüftest du etwas. Ein T-Shirt.
Das SMart Rhein Ruhr e.V. T-Shirt. Mit der riesengroßen Triskele vorne drauf.
Sonne
Genau.
Sebastian
Sehr gut, das trägst du drunter?
Sonne
Ja, aber das habe ich extra für dich angezogen, das trage ich nicht so häufig.
Sebastian
Wunderbar, Dankeschön.
Sonne
Weil das ist ja wertvoll, das ist ja über 20 Jahre schon alt.
Oder 20 Jahre, 15, ich weiß nicht. Aber man sieht mir mein BDSM-Sein nicht an
und ich erfreue mich sehr daran, diesen Schlüssel ständig bei mir zu haben.
Und damit eigentlich immer ein Zeichen für mich zu haben, um mich daran zu erinnern,
dass es das gibt und dass es Teil meines Lebens ist.
Es ist ein bisschen für mich wie so ein verstecktes Zeichen,
das nur ich verstehe oder die wenigen Menschen, die wissen, jetzt wissen es
ein paar mehr, dass es an meinem Schlüsselbund ist.
Und das hat für mich was Emotionales, weil dieser Schlüssel steht halt für mein
Leben mit dem BDSM Und das war echt "a hell of a ride". Und das hat mir..
ja, und deswegen, den habe ich immer dabei.
Sebastian
Manchmal ist es auch so ein kleines Symbol, was für einen selber da ist.
Jetzt hast du natürlich von mir auch einen Keyholder bekommen.
Sonne
Ja, das stimmt.
Sebastian
Das wäre ja das Upgrade für deinen Schlüsselbund. Das wäre ein bisschen offensichtlicher.
[Sonne:
Sonne
Nee, mittlerweile nicht mehr. Also ich meine, ich lebe das ja jetzt inzwischen sehr, sehr offen.
Das war eine der größten Entscheidungen meines Businesses, dass ich halt da
mich nicht mehr verstecken will. Da habe ich auch lange darüber nachgedacht,
weil es ja nicht nur mich betrifft.
Keine Ahnung, ob ich in zehn Jahren feststelle: ist ein Fehler. A
ber mittlerweile verstecke ich das nicht mehr und ich werde den Schlüsselanhänger
mit Stolz tragen. Das kann ich dir auf jeden Fall sagen.
Sebastian
Okay, die Uhr zwingt mich dazu, jetzt so wirklich Richtung Ende zu kommen.
Jetzt haben wir ja deine ganze eigene BDSM-Geschichte, da habe ich ja abgebrochen am Anfang.
Vielleicht magst du doch noch mal ein bisschen erzählen, wo du jetzt selbst angekommen bist.
Wie sieht dein Polykül aus, was magst du da verraten, wie vielen Menschen unterwirfst
du dich und all solche Sachen. Also welchen Stellenwert hat BDSM inzwischen
abseits von Beruf bei dir im Leben eingenommen? Wo bist du heute?
Sonne
Also die größte Veränderung ist sicher, dass BDSM einfach Teil von mir geworden ist.
Ich muss es nicht mehr wie eine Fahne vor mir her tragen, sondern es ist einfach
ein Teil meiner Lust, meiner Identität geworden.
Und ich bin unglaublich entspannt mit meinem BDSM geworden. Es ist nicht mehr
so, dass ich denke, es muss sein. Es muss auch nicht nicht-sein.
Es gab auch Phasen, wo ich dachte: vielleicht bin ich keine BDSMerin.
Und das, was ich sehr schön finde, ist, dass ich jetzt einfach,
ist immer so ein schönes Wort, dass ich jetzt einfach anfange,
BDSM-Elemente in meine Sexualität einzubauen. Das ist etwas,
das ich früher nicht gemacht hätte. Früher war das für mich relativ stark getrennt.
Und inzwischen gibt es einfach so Elemente, wo ich jetzt gerade Bock drauf habe,
und dann wird das mit integriert.
Aber als du fragtest "wie oft unterwirfst du dich?", da kann ich nur eins sagen: viel zu selten!
Sebastian
Ja aber ... wie viele Menschen? Also ich weiß nicht...
da du jetzt nun mal Sub bist...
Sonne
Nein, das würde ich so nicht sagen. Ich kombiniere schon auch ganz gerne,
aber wenn der Mangel gerade sehr groß ist oder das letzte mal schon sehr lange
her ist, dann ist die Sub auf jeden Fall sehr viel lauter als die Dom.
Sebastian
Ja, meine Überlegung wäre so ein bisschen gewesen: wenn du dann zwei Menschen
hast, die tendenziell dominant sind und beide mit dir spielen,
dann hat man ja so ein leichtes Loyalitätsproblem oder man muss sich immer erinnern, wer
welche Regeln wie wann aufgestellt hat.
Ein kompliziertes Ding, aber ich glaube, das ist ein Thema für die nächste Folge.
Sonne
Ja, das würde ich auch... Also, mein Herz könnte das nicht.
Sebastian
Wo geht die Reise hin? Dieser schöne "Einstellungsgesprächs-Ding",
wo sehen sie sich in fünf Jahren?
Also wird alles mehr oder weniger oder musst du umstrukturieren?
Oh Gott, hoffentlich hören das die Menschen nicht, die dann davon betroffen sind.
Wo sagst du, wo geht der Weg hin?
Sonne
Also wenn ich mir so mein Traum-Setting bauen würde,
dann wäre es so,
dass ich noch eine sehr deutlich BDSM als Vorliebe nutzende zusätzliche Partnerperson hätte,
die nicht 200 Kilometer entfernt wohnt, was tatsächlich sehr häufig der Fall ist im Poly-Kontext.
Ich wäre weiterhin mit meinem großartigen Partner zusammen, der so geduldig
und so gesprächsoffen und so wundervoll ist.
Und die Partnerperson, die in seinem Herzen wohnt, dürfte auch weiterhin gerne
Teil unseres Lebens sein. Also so viel wird sich nicht verändern,
außer mehr BDSM in meinem Leben.
Sebastian
Okay, mehr BDSM, das ist ja... ganz ehrlich, wer sagt das nicht?
Sonne
Ja, da braucht man ja auch Zeit für. Also ich meine,
so ein Quickie unter der Dusche kann man halt irgendwie morgens mal einschieben. A
ber ich finde so richtig ordentliches BDSM mit irgendwelchen Nachrichten, oder
dass man sich zwischendurch mal ein bisschen teast und so, das kostet halt auch
Zeit und Ressourcen und das kann ich mir bei meinem aktuellen Leben auch gerade gar nicht vorstellen.
Da ist so eine Session "every once in a while" schon ganz okay, aber so BDSM,
der auch so ein bisschen Richtung D/S, 24/7 geht... wobei ich komplett 24/7 nicht leben möchte,
aber der so ein bisschen mich im Alltag auch trägt, der braucht Zeit und der braucht Ressourcen,
das kann ich mir momentan nicht vorstellen. Würde ich mir aber für in fünf Jahren
wünschen, weil da sind meine Kinder schon ein bisschen was älter und mein Job
ist vielleicht ein bisschen entspannter, weil ich da eine bessere Organisation hätte.
Weil ich momentan noch mit diesem ganzen Bürokratie-Krempel struggle. J
a das würde ich mir so wünschen.
Dass es jemanden gibt, der genauso fasziniert und experimentierfreudig mit dem
BDSM unterwegs ist wie ich.
Sebastian
Ganz ehrlich, ich drück dir bei alledem a
bsolut die Daumen, das klingt alles machbar und nicht erst bei Renteneintritt.
Aber selbst dann wäre es ja noch nicht zu spät, haben wir ja schon rausgekriegt.
Okay, ich habe noch so die ein paar letzte kleine Shorts, das heißt ich werfe
dir nochmal einen Begriff oder einen Satz an den Kopf, und dann kannst du einfach
ganz kurz dazu was sagen. Und dann haben wir es auch schon geschafft. Schon. Haha
Sonne
Mal gucken ob ich es ganz kurz schaffe, weil das ist nämlich etwas,
das kann ich überhaupt nicht.
Sebastian
Okay, also erster Punkt: Safeword und Ampelsystem.
Sonne
Das sind gute Sachen, wenn man gut damit umgehen kann.
Sebastian
Beim wie vielten Date sollte man sagen, dass da noch andere Polypartner sind?
Sonne
Vor dem ersten Date.
Sebastian
Mhm. Die einfachste und letzte aller Fragen. Bist du glücklich?
Sonne
Ja, sehr! Und total dankbar, dass ich hier gewesen sein durfte.
Sebastian
Oh Gott, ich bedanke mich, dass du dir die Zeit genommen hast,
dass du den weiten Weg hier angetreten bist.
Und Sonne, ganz ehrlich, vielen, vielen Dank. Das Gespräch ist es länger
geworden als erwartet, und zu kurz eigentlich für alles was wir besprechen wollten.
Das heißt wir müssen da nochmal was dranhängen. Für die Menschen die dich suchen.
Erstmal der Hinweis: kunstderunvernunft.de, da findet ihr alles,
da findet ihr alle Links und so. Aber du hast ja auch eine Webseite,
komm einmal kannst du das sagen. Wo findet man dich im Netz?
Sonne
Man findet mich unter sonjajoengling.de, weil ich Jüngling mit Nachnamen heiße.
Ich bin auf Insta unter sonjajünglingembrace.
Ich bin auf Youtube, auf meinem Youtube Kanal. Ich bin im Joyclub mit meinen
Veranstaltungen zu finden.
Du wirst mich finden, mein Nachname ist nicht so häufig.
Sebastian
Okay, also Sonja Jüngling, alles klar. Boah, viel Erfolg bei allem!
Viel Gelassenheit und Ruhe, wenn's mal ein bisschen hoch hergeht.
Und dass die ausgedehnten Sessions mit ganz viel D/S und Impact,
dass die einfach nicht allzu lange auf sich warten lassen und dass du die einfach
genießen kannst, damit du Energie tankst für alles, was du noch an Projekten hast.
Und ja, vielen Dank für deine Zeit. Mach's gut.
Sonne
Vielen Dank. Einen schönen Abend noch.
Sebastian
Ja, tschüss.
Sonne
Tschüss.